E-Book, Deutsch, Band 200, 64 Seiten
Reihe: Lore-Roman
Bergen Lore-Roman 200
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7517-7209-9
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
... und niemand sieht ihre Tränen
E-Book, Deutsch, Band 200, 64 Seiten
Reihe: Lore-Roman
ISBN: 978-3-7517-7209-9
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
In einer Zeit, in der ein uneheliches Kind '... die Moral verdirbt, jawohl, die Moral!' hat Übersetzerin Regina mit ihrem süßen Töchterchen Uschi keinen leichten Stand. Wie glücklich ist sie, als das Schicksal es endlich einmal gut mit ihr zu meinen scheint und ihr den jungen Naturwissenschaftler Dr. Christian Wilken über den Weg führt. Der aufrichtig und ehrlich wirkende, vom Leben ebenfalls bisher nicht verwöhnte Mann ist der Erste, dem Regina wieder Vertrauen und sogar Liebe entgegenbringen kann.
Doch das junge Eheglück wird auf eine harte Probe gestellt, als Christian zu einer langen Expedition nach Südamerika aufbricht. Denn von dort erreichen Regina Post und Fotos, bei deren Anblick ihr schwindlig wird: Ihr geliebter Christian in den Armen einer anderen! Doch ist wirklich alles so, wie es scheint?
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... und niemand sieht ihre Tränen
Üble Verleumdungen vergiften ihr Herz
Von Gitta van Bergen
In einer Zeit, in der ein uneheliches Kind als Schande und moralisches Vergehen angesehen wird, hat Übersetzerin Regina mit ihrem süßen Töchterchen Uschi keinen leichten Stand. Wie glücklich ist sie, als das Schicksal es endlich einmal gut mit ihr zu meinen scheint und ihr den jungen Naturwissenschaftler Dr. Christian Wilken über den Weg führt. Der aufrichtig und ehrlich wirkende, vom Leben ebenfalls bisher nicht verwöhnte Mann ist der Erste, dem Regina wieder Vertrauen und sogar Liebe entgegenbringen kann.
Doch das junge Eheglück wird auf eine harte Probe gestellt, als Christian zu einer langen Expedition nach Südamerika aufbricht. Denn von dort erreichen Regina Post und Fotos, bei deren Anblick ihr schwindlig wird: Ihr geliebter Christian in den Armen einer anderen! Doch ist wirklich alles so, wie es scheint?
An einem sonnendurchglühten Augusttag bog ein kleiner grauer Sportwagen in die breite Allee von Gut Eichen ein. Der junge Mann im hellen Sportanzug hatte kaum einen Blick für die Schönheiten der Natur rings um sich, um seine Lippen lag Bitternis. Erst als er die letzte Toreinfahrt passiert hatte und seinen Wagen in dem weiträumigen Innenhof abstellte, gingen seine Augen überrascht in die Runde.
»Das ist ja ein richtiges Schloss!«, murmelte er vor sich hin. »Und da hat Georg stets nur von Gut Eichen gesprochen!« Er strich sich die dunkelblonde Haarsträhne aus der Stirn. »Es muss schön sein, wenn man so ein Vaterhaus besitzt, wenn man weiß, wohin man gehört und – woher man kommt. Erst jetzt verstehe ich Georgs selbstsichere Art und weiß sein Verständnis mir gegenüber doppelt zu schätzen. Nie hat er mich den Unterschied fühlen lassen, der zwischen seinen und meinen Lebensverhältnissen besteht – und ich möchte wetten, dass er unsere letzte Expedition selbst finanziert hat und der reiche Geldmann im Hintergrund gar nicht existiert, von dem er gesprochen hat.«
Seine Gestalt straffte sich, als er auf die Freitreppe zuschritt. Man merkte seinem Gang nichts von der Beklommenheit an, die auf ihm lastete.
Ein grauhaariger Diener kam ihm entgegen.
»Bitte melden Sie mich dem Grafen Georg von Eichen. Mein Name ist Christian Wilken.«
»Bitte – treten Sie ein, Herr Wilken. Ich werde Sie dem Grafen melden.«
Die hohe Halle mit den altertümlichen Möbeln und kostbaren Wandbehängen beeindruckte den Besucher abermals, aber er kam nicht weiter mit seinen Gedanken, denn von der breiten, gewundenen Holztreppe, die von den oberen Räumen in die Halle mündete, klang ihm die Stimme des Freundes entgegen.
»Christian! Das ist eine Überraschung! Sei mir herzlich willkommen!« Graf von Eichen streckte ihm beide Hände entgegen und wandte sich dann an den Diener: »Alfons! Herr Doktor Wilken ist mein bester Freund und hat mich im vergangenen Jahr auf unserer Expedition durch Afrika begleitet. Ich stünde nicht hier, wenn er mir auf einer Löwenjagd nicht unter Einsatz seines eigenen Lebens beigestanden wäre ... Ich freue mich über seinen Besuch und bin gewiss, dass Sie ihn währenddessen umsorgen und verwöhnen werden.«
»Gewiss, Herr Graf«, entgegnete der Alte. »Herrn Doktor Wilken soll es an nichts fehlen ... Darf ich das Gepäck von Herrn Doktor besorgen?«
»Ich möchte heute noch weiter«, warf dieser unschlüssig ein, aber Georg von Eichen ließ das nicht gelten.
»Über deine Weiterreise sprechen wir in den nächsten Tagen, Christian. Zunächst bist du unser Gast – und ich möchte wetten, dass Alfons längst beschlossen hat, dich in unser reizvollstes Fremdenzimmer, das Turmzimmer, einzuquartieren. Stimmt es?«
Der Diener nickte und begab sich hinaus an den Wagen, um das Gepäck zu holen. Er verehrte seinen jungen Herrn, und seit er erfahren hatte, wie hoch dieser den Fremden schätzte, würde er auch ihm seine ungeteilte Fürsorge angedeihen lassen.
Graf Georg geleitete den Freund selbst zu dem ihm zugedachten Turmzimmer und weidete sich an dessen ungläubigen Blicken, als sie den wohnlichen Raum, der keinen Komfort vermissen ließ, betraten.
»Wahrlich, hier lässt es sich aushalten, Georg!«, befand Christian.
»Mein alter Herr hat Spaß an vielerlei Dingen«, erklärte der junge Graf lachend. »Und du wirst noch oft staunen, wenn du Schloss Eichen erst kennenlernst.« Er öffnete eine Tapetentür. »Hier ist dein eigenes Bad, du findest zu jeder Tageszeit heißes Wasser vor.«
»Donnerwetter! So würde ich jetzt sagen, wenn wir irgendwo in der Wildnis wären«, scherzte Christian. »Aber hierher passt es doch nicht ganz.«
Auch der Freund lachte herzlich.
»Fall mir nur nicht zu sehr in Ehrfurcht, lieber Freund! Auf Schloss Eichen kannst du reden, wie dir der Schnabel gewachsen ist. Mein Vater und ich haben es noch alle Tage so gehalten. Meine Braut ist allerdings anderer Meinung – sie liebt das Konventionelle.«
»Du bist verlobt?«
»Ja ... seit vier Wochen. Mit Sigrid Baroness von Waldenberg ... Allmählich kommen wir in die Jahre, Christian, wenn man auf die dreißig zugeht. Wie ist es mit dir?«
Es klang ruhig und gelassen, und der Freund meinte, von seiner zukünftigen Frau müsse man in ganz anderen Tönen sprechen.
Aber er erwähnte seine Gedanken nicht, sondern sagte nur: »Meinen herzlichsten Glückwunsch! Ich werde noch etwas warten. Vorläufig habe ich keine Zeit zum Heiraten.«
»Das ist wahrscheinlich auch vernünftiger. Sigrid bringt unserer geplanten Expedition sehr wenig Verständnis entgegen. So ähnlich werden wohl die meisten Frauen empfinden.« Georg nickte ihm zu. »Und nun überlasse ich dich dir selbst, und sobald du dich erfrischt hast, werde ich dich meinem alten Herrn vorstellen.«
»Georg«, rief ihm Christian nach. »Ich habe aber keinen Gesellschaftsanzug bei mir.«
»Um Gottes willen! Komme so, wie du bist. Bei dieser Hitze machen wir es uns ebenfalls so bequem wie möglich. Und ...«, er zwinkerte ihm zu, »... meine Braut kommt erst in den nächsten Tagen.«
Ein Weilchen verharrte Christian Wilken noch sinnend, und die Gedanken, die ihn während seiner Autofahrt bedrückt hatten, wollten wieder Macht über ihn gewinnen. Aber er schüttelte sie entschieden von sich.
Ich werde mit Georg darüber sprechen, sagte er zu sich selbst. Er ist ein Mann mit vernünftigen Ansichten und wird mir raten können ... Ich bin es ihm schuldig, dass er endlich erfährt, wie meine Privatverhältnisse liegen ... Und was seine Anspielung auf das Heiraten betrifft, war diese gar nicht so unrecht. Vielleicht sollte ich auch wirklich bald eine Familie gründen? Dann hätte die Ruhelosigkeit ein Ende, und ich würde wissen, wohin ich gehöre.
Er entnahm seinem Koffer ein frisches Hemd, legte es bereit und ging ins Bad.
Etwa eine halbe Stunde mochte vergangen sein, als Christian Wilken von einem Diener zu Georg geleitet wurde.
Abermals verschlug es ihm vor Staunen beinahe die Rede, denn das Plätzchen, das er vorfand, war malerisch schön. Hoch über den Parkanlagen, die das Schloss umgaben, erhob sich eine vorgebaute überdachte Terrasse, von grünen Gewächsen umwuchert, die bei der glühenden Hitze angenehme Kühle spendeten.
»Nun, was habe ich dir bei deiner Ankunft gesagt?«, empfing ihn Graf von Eichen fröhlich. »Du wirst hier täglich neue Überraschungen erleben. Wie gefällt dir diese Veranda?«
»Wenn ich ein Junge wäre, würde ich sagen: entzückend! Als erwachsener Mann finde ich keinen passenden Ausdruck.«
Graf von Eichen deutete auf einen Sessel.
»Und nun fühle dich wie zu Hause, Christian.«
»Gerne.« Der Freund lächelte und setzte dann ernster hinzu: »Du hast mich noch nicht einmal nach dem Grund meines Besuches gefragt, Georg.«
»So? Ich nehme an, dass du gekommen bist, um mir die Antwort auf meinen Brief persönlich zu bringen und mir zu sagen, dass du mich auch auf meiner nächsten Expedition nicht im Stich lassen wirst?«
Über Christian Wilkens gebräuntes Gesicht flog ein heller Schein.
»Ich kann es nicht leugnen. Die grüne Hölle des Gran Chaco reizt mich ungemein, und das Naturwissenschaftliche Institut in Heidelberg hat meine Beurlaubung bereits bewilligt.«
»Wunderbar! Ich habe auch fest mit deiner Zusage gerechnet, denn nach unseren gemeinsamen Erlebnissen in Afrika möchte ich dich auch bei dem nächsten Unternehmen an meiner Seite wissen. Hast du den Vertrag dabei? Bist du mit den Bedingungen zufrieden?«
»Ein doppeltes Ja ... Das Angebot ist fantastisch!«, bestätigte der junge Wissenschaftler. »Aber ich unterschreibe erst, wenn du mir ehrlich gesagt hast, wer diese Expedition finanziert. Ich habe gewisse Vermutungen und möchte unbedingt klarsehen.«
Man merkte es Georg von Eichen an, dass er mit seiner Verlegenheit kämpfte. Aus reiner...




