E-Book, Deutsch, 400 Seiten
Berg Von Spaß war nie die Rede
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-8412-3081-2
Verlag: Aufbau Verlage GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
(K)ein Mütter-Roman
E-Book, Deutsch, 400 Seiten
ISBN: 978-3-8412-3081-2
Verlag: Aufbau Verlage GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Eine Mutter auf Abwegen.
Eigentlich hat Fee viel erreicht: eine harmonische Ehe, zwei tolle Kinder, einen guten Job. Doch ein verunglückter Familienurlaub mit maulenden Kindern und dauerschweigendem Ehemann bringt sie ins Grübeln: War das schon alles? Was ist von meinen Träumen übrig? Wo stehe ich als Frau? Als ihr der attraktive Zumbatrainer Felix eine Selbstfindungsreise nach Bali vorschlägt, ist die Familie entsetzt. Egal, Fee will sich wieder lebendig fühlen! Nur, dass es gar nicht so leicht ist, von der braven Gattin und Mutter in den Abenteuermodus umzuschalten ...
Ellen Berg, geboren 1969, studierte Germanistik und arbeitete als Reiseleiterin und in der Gastronomie. Heute schreibt und lebt sie mit ihrer Tochter auf einem kleinen Bauernhof im Allgäu.
Ihre Romane 'Du mich auch. (K)ein Rache Roman', 'Das bisschen Kuchen. (K)ein Diät-Roman', 'Den lass ich gleich an. (K)ein Single-Roman', 'Ich koch dich tot. (K)ein Liebes-Roman', 'Gib's mir, Schatz! (K)ein Fessel-Roman', 'Zur Hölle mit Seniorentellern! (K)ein Rentner-Roman', 'Ich will es doch auch! (K)ein Beziehungs-Roman', 'Alles Tofu, oder was? (K)ein Koch-Roman', 'Blonder wird's nicht. (K)ein Friseur-Roman', 'Ich schenk dir die Hölle auf Erden. (K)ein Trennungs-Roman, 'Manche mögen's steil. (K)ein Liebes-Roman', 'Wie heiß ist das denn? (K)ein Liebes-Roman', 'Ich küss dich tot. (K)ein Familien-Roman', 'Trau dich doch. (K)ein Hochzeits-Roman', 'Der ist für die Tonne. (K)ein Männer-Roman', 'Willst du Blumen, kauf dir welche. (K)ein Romantik-Roman', 'Mach dich locker. (K)ein Frauen-Roman', 'Von Spaß war nie die Rede. (K)ein Mütter-Roman' und 'Alles muss man selber machen. (K)ein Frauen-Roman' liegen im Aufbau Taschenbuch vor und sind große Erfolge.
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Kapitel 1
»Frau Ziegler, kommen Sie mal?«
Selbstverständlich. Obwohl Herr Doktor Sennheiser das Zauberwort weggelassen hat, unterbreche ich sofort meine Arbeit am Computer. Als Praxisassistentin eines Dermatologen, für den ich seit acht Jahren halbtags arbeite, kenne ich die Dringlichkeitsstufen.
Bitte ist für sonntags reserviert, also nicht für mich. Könnten Sie mal kommen, sagt Doktor Sennheiser nur, wenn er sehr guter Laune ist. Was selten vorkommt und montags nie. Montags ist Hochbetrieb beim Hautarzt, weil die Leute am Wochenende endlich mal dazu kommen, richtig in den Spiegel zu gucken. Schon gewusst? Der Mensch hat durchschnittlich eins Komma neun Quadratmeter Hautfläche. Da findet man immer was Interessantes, sofern man sich genügend Zeit dafür nimmt und anschließend das Internet befragt.
Doch dass die Praxis voller Patienten ist, die bereits durch Doktor Google wissen, dass sie unter einer sehr seltenen Allergie leiden oder quasi mit einem Bein im Grab stehen, darf mich jetzt nicht stören.
Kommen Sie mal bedeutet: Alles stehen und liegen lassen, dringende Chefsache, mach dich auf was gefasst.
»Sofort, Herr Doktor Sennheiser!«
Schon als ich sein Sprechzimmer betrete, einen weiß getünchten Raum voller Fotos von gruselig entstellten Menschen, weiß ich, dass mein Feierabend gelaufen ist. Ich sehe es an der steilen Falte zwischen den Augenbrauen meines Chefs.
»Meine Frau hat heute Geburtstag«, erklärt er etwas nervös. »Ich brauche einen anständigen Blumenstrauß, einen Tisch für zwei im Restaurant Piccolo Mondo und ein Präsent, das ich meiner Gattin überreichen kann.«
Unhörbar seufzend mustere ich Doktor Sennheisers hagere Gestalt im weißen Kittel, danach sein schmales Gesicht mit den bleistiftdünnen Lippen und den etwas vorstehenden Augen. Also hat er den Geburtstag seiner Frau vergessen, und ich soll es rausreißen.
Klar, ich könnte jetzt sagen: Tut mir leid, das gehört nicht zu meinen Aufgaben. Als medizinische Praxisassistentin umfasst meine Arbeitsplatzbeschreibung genau folgende vier Elemente: Empfang von Patientinnen und Patienten, Terminplanung, administrative Arbeiten, Unterstützung des behandelnden Arztes bei Laborarbeiten. Ende. Last-minute-Aktionen, weil mein Chef einen Geburtstag verdaddelt hat, sind definitiv nicht mein Job.
Aber ich kann den Mann doch nicht hängen lassen. Das brächte ich nicht übers Herz.
»Bestimmt fällt mir was ein«, nicke ich. »Blumen und Reservierung gehen klar. Als Präsent würde ich ein wertiges Seidentuch empfehlen. Oder eine hübsche Kette, die kann Ihre Frau dann gleich im Restaurant anlegen.«
»Sehr gut.« Mit gewichtiger Miene holt Doktor Sennheiser sein Portemonnaie aus der Hosentasche und reicht mir einen Schein. »Aber nicht die Quittungen vergessen, die kann ich als Werbungskosten von der Steuer absetzen.«
»Natürlich.«
»Und beeilen Sie sich, es ist schon halb vier.«
Das ist mir durchaus bewusst, weil ich offiziell nur von elf bis drei arbeite. Doch unbezahlte Überstunden werden einfach vorausgesetzt. Ich will schon gehen, als Doktor Sennheiser mit den Fingern schnippt.
»Eins noch, Frau Ziegler, könnten Sie auch einen Kuchen für meine Frau backen?«
Ich fürchte, mir entgleisen gerade die Gesichtszüge.
»Einen …«
Immerhin, er hat ausnahmsweise könnte gesagt, das muss ich ihm zugutehalten.
»Es ist nämlich so«, hüstelt er in die Patientenakte hinein, die vor ihm auf dem Tisch liegt, »Sie bringen an Ihrem Geburtstag doch immer diese phantastische Apfeltarte mit in die Praxis. Und ich würde meiner Frau gern sagen, sie sei bei meinen Angestellten so beliebt, dass die etwas für ihren Geburtstag vorbereitet haben.«
Dieser Gedankengang ist gleichermaßen abwegig wie die Bitte schräg. Wenn sich Frau Sennheiser überhaupt mal in der Praxis blicken lässt, behandelt sie mich wie Luft. Aber das habe ich eben davon. Es war ein Tipp meines Mannes, damals im Bewerbungsbogen »Backen« als Hobby anzugeben. Solche Mitarbeiter würden immer gern genommen, unabhängig von der Qualifikation, so seine Begründung.
Diese Bemerkung sagt einiges über Chefs. Letztlich sagt sie auch einiges über meinen Mann. Christian schätzt meine hausfraulichen Qualitäten, alles andere … nun ja, weiß nicht.
»Frau Ziegler?«
Im Kopf überschlage ich die Zeitfenster, die sich gerade knallend schließen. Ich führe halt ein Leben im Durchzug.
Also. Telefonat mit dem Restaurant zwei Minuten. Blumen und Präsent besorgen eine Stunde. Zwei Apfeltartes backen – eine habe ich schon meiner Freundin Catherine für heute Abend versprochen – zweieinhalb Stunden. Ist zu schaffen. Gerade so eben. Sagt Catherine nicht immer, man solle jeden Tag eine gute Tarte vollbringen? Dann sind es heute eben zwei.
»Schon erledigt«, strahle ich.
»Das wäre dann alles«, werde ich knapp abserviert.
So wie das Wörtchen Bitte sucht man auch das Wörtchen Danke vergeblich im Wortschatz meines Chefs.
Während ich zurück in den Wartebereich eile und meinen Arbeitsplatz hinter dem Empfangstresen ansteuere, frage ich mich, wie es die Leute immer wieder schaffen, mich zu allen möglichen Gefälligkeiten rumzukriegen. Ich tue es ja gern. Nur, dass ich langsam auf dem Zahnfleisch krieche.
»Frau Ziegler, schön, dass ich Sie antreffe«, spricht mich eine alte weißhaarige Dame im grauen Popelinemantel an. »Ich wollte mich bedanken, dass Sie mir die Wurmkur für meinen kleinen Liebling besorgt haben.«
»Nicht der Rede wert, Frau Kaspers, wirklich gern geschehen«, versichere ich.
Ich mag Frau Kaspers, weil mich diese süße alte Dame immer an meine verstorbene Oma erinnert: winzig von Statur, mit einem lieben gütigen Greisinnengesicht, in dem Tausende kleiner Fältchen von einem abwechslungsreichen und sicher nicht einfachen Leben erzählen. In die Praxis kommt Frau Kaspers eigentlich nur, weil sie sonst niemanden mehr hat und von Zeit zu Zeit unter Menschen muss. Ihre einzige Freude ist ihr kleiner Pudel Chico. Da versteht es sich doch von selbst, dass ich ihr helfe.
»Ist Ihr Kleiner denn wieder gesund?«, erkundige ich mich.
»O ja, Chico frisst wieder richtig, und beim Gassigehen ist er auch wieder munter«, schwärmt sie. »Gestern wollte er sogar eine Dogge beglücken.«
»Das freut mich.«
»Schönen guten Tag, die Damen«, erklingt ein volltönendes männliches Organ, das an den Solisten eines Donkosakenchors erinnert.
Sofort richten sich die Augen sämtlicher wartender Patienten auf den Besitzer dieser sensationellen Stimme. Herr Paltow ist hier der Star. Er sieht umwerfend aus, groß, breitschultrig, stets elegant gekleidet, und hat das Fluidum eines charmanten Hallodris. Nie tritt er an den Empfangstresen, ohne mir mit einer kleinen flirtigen Bemerkung den Tag zu versüßen. Auch heute.
»Wolken sind die Seele des Himmels, Frau Ziegler. Und Ihre schönen Augen sind die Seele dieser Praxis.«
Wenn ich so was höre, fühle ich mich wieder als Frau. Christian bringt solche Sätze schon lange nicht mehr über die Lippen. Vielleicht sollte ich an dieser Stelle erwähnen, dass ich seit Ewigkeiten verheiratet bin. Mein durchschnittlicher Romantiklevel liegt ungefähr bei: »Schlaf gut, Schatz, und vergiss bitte nicht, mir morgen die Fußpilzcreme aus der Apotheke mitzubringen.« Deshalb bin ich sehr empfänglich für Herrn Paltows geschraubte Sprüche. Unlängst hat er mir sogar Blumen mitgebracht, auch etwas, das Christian seit Jahren nicht mehr tut. Herr Paltow ist einfach eine Wucht.
»Wissen Sie was?«, raunt er mir über den Tresen zu. »So, wie Düfte die Botschafter der Blumen sind, ist Ihr Lächeln eine Botschaft, auf die ich mich schon Tage vorher freue.«
Verzückt schaue ich ihn an. Wenn du wüsstest.
In Ermangelung romantischer Erlebnisse entfliehe ich meinem Alltag manchmal, indem ich in Tagträume und Phantasien eintauche. Ja, ich führe ein geheimes Doppelleben. In meinem Kopf. Zum Beispiel stelle ich mir vor, wie ich Arm in Arm mit Herrn Paltow durch einen Park schlendere, wo wir dann stundenlang...