Berg / Feber | Ein ganz heißes Ding | E-Book | www2.sack.de
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E-Book, Deutsch, 280 Seiten

Berg / Feber Ein ganz heißes Ding


1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-7528-3757-5
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 280 Seiten

ISBN: 978-3-7528-3757-5
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



'Ein ganz heißes Ding' ist ein Hauptstadtkrimi. In ihm treffen nicht nur die Kleinen auf die Großen der Politik, hier prallen ebenso die Kompetenzen der Ermittlungen aufeinander, wie auch die Interessen der unscheinbaren Gauner auf die der gewieften Ganoven. Was für die einen die Portokasse ist, bedeutet für die anderen die Altersversorgung, aber letztendlich geht es für alle nur ums eins ... um Geld. Als Grassi und Jens den Kiosk am Breslauer Platz in Berlin-Friedenau knacken ist das für sie Routine. Aber dann eskalieren die Ereignisse und es wird für sie 'Ein ganz heißes Ding'

Lothar Berg * 1951 Geboren im Kohlenpott Nach einem abwechslungsreichen Leben wand er sich 1999 der Schriftstellerei zu.Seitdem diverse Veröffentlichungen in Print und Hörbuch. Schreibt mit Vorliebe Krimis und Milieudramen, aber auch Biografien und Komödien. Besondere Merkmale seiner Arbeiten sind die Authentizität der Fakten und die Kompromisslosigkeit in der Sprache.
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Nachts sind alle Katzen grau … fast alle …


Eine unsichtbare Hand schob die Wolkenwand vor den Mond über dem Breslauer Platz. Zu dieser späten Stunde wehte der Wind den Unrat vor sich her. Irgendwo klapperte eine Blechdose, rollte herum und immer wieder flogen Papierreste auf, sammelten sich zu einem Tanz und fielen zurück zu Boden.

Auf dem Parkplatz vor dem Rathaus wechselten die Fahrzeuge, Leute stiegen ein, stiegen aus. Ein paar Gestalten huschten über die Gehwege, verdrückten sich in die Seitenstraßen. Die Rathausuhr zeigte 00.30 Uhr, als ein leichter Nieselregen einsetzte.

Scheiß Regen. Jens zog den Kragen seiner Lederjacke hoch, um sich ein wenig gegen das Frösteln zu schützen, das ihn überkam. Auf Nässe hatte er keinen Bock. Er blickte hinüber zur Hauptstraße. Mal kam der Nachtbus, mal ein Taxi. Dazwischen fuhr gelegentlich ein Auto vorbei. Jens schaute zu den erleuchteten Fenstern hoch. Die Menschen dahinter waren froh, in ihren warmen Wohnungen zu sitzen. Bei Chips und Bier wäre ihm jetzt auch wohler gewesen.

Jens drückte sich tiefer in die Hausnische neben der Eisdiele und beobachtete die Rückseite des Kiosks, der sich gut dreißig Meter vor ihm auf dem Parkplatz befand. Jens blickte rüber zum Fußgängerweg und die Lauterstrasse hinunter. Außer in der Kneipe auf der anderen Seite der Hauptstraße schien nirgendwo mehr Betrieb zu sein. Alles war ruhig. Im Lichtkranz der Laterne fielen dünne Fäden vom Himmel. Er seufzte, zog das linke Bein hoch und rieb den Schuhrand an seiner rechten Wade.

Die dreckige Jeans und das verwaschene Hemd waren einfach zu dünn. Wenn er doch bloß Socken gehabt hätte, aber sein einziges Paar hatte er sich am Tag versaut, als er besoffen darüber gekotzt hatte. Das würde sich als erstes nach der heutigen Nacht ändern. Jens musste sie nur nutzen. Sein Blick fiel wieder auf den Kiosk. Nichts, keine Bewegung, nirgendwo. Er fühlte sich steif, als er das Bein absetzte, stieß er mit dem Fuß gegen seine alte Aktentasche, die am Boden stand. Ein leicht klirrendes Geräusch, Jens fuhr zusammen. Er hielt den Atem an, niemand schien etwas gehört zu haben. Ein wenig unbehaglich war ihm doch. Da vorne beim Zeitungsladen, an der Verkaufsluke direkt neben dem Imbiss, hatte er jahrelang ab und zu seine Zeitung gekauft wie schon vorher als Kind seine Süßigkeiten. Er kannte die Ecke hier wie seine eigene Tasche. Jens schnaubte, die eigene Tasche seiner Jacke war so leer, dass er nur ein paar Dreckkrümel darin fühlen konnte.

Aus dem Schatten des Hausdurchganges auf der anderen Seite der Hauptstraße trat ein untersetzter Mann um die Fünfzig. Im Licht des Schaufensters des Frisörladens schaute der Mann nach rechts zur Kneipe, nach links in Richtung Hedwigstraße. Dann erfasste sein Blick den Kiosk auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Er steckte die Hände in die Taschen und zog unter dem Regen die Schultern hoch. Die Schirmmütze hatte er tief in die Stirn gezogen, kontrollierte den Verkehr, bevor er vom begrünten Mittelstreifen aus die Fahrbahn überquerte. Dort blieb er an der Bushaltestelle stehen, studierte anscheinend den Fahrplan. Jetzt ging er am Abgang der geschlossenen Toilettenanlage neben dem Kiosk vorbei auf den Parkplatz, quetschte sich zwischen den in Reihen parkenden Autos durch, bis er an der Rückseite der Verkaufsbude zum Stehen kam. Jens sah, wie ihm der Wind den Regen direkt in die Augen trieb. Für einen Augenblick wurde das Gesicht des Mannes von der Flamme eines Feuerzeugs beleuchtet. Die fleischige Nase warf einen großen Schatten über die Mundpartie, deren Oberlippe ein mächtiger Schnauzbart verzierte. Diesem verdankte Uwe Behlert seinen Spitznamen Grassi. Der Mann war mal der Doppelgänger eines Schriftstellers, der einen ebensolchen Schnurrbart trug und hier mal um die Ecke gewohnt hatte. Jens wartete. Noch zweimal flammte das Feuerzeug auf. Grassi fluchte leise vor sich hin und kramte in den Taschen seiner blauen dreiviertellangen Stoffjacke herum, bis er endlich ein Zippofeuerzeug und einen Zigarillo in den Händen hielt. Noch einmal sah er sich um. Dann zündete er es an.

Der Rauch biss ihn in den Augen. Für einen Augenblick war er blind. Dann erkannte er die dürre Gestalt in der Lederjacke, die gebückt zwischen den Autos zu ihm heranhuschte, kurz vor ihm stolperte, und mit einem dumpfen Geräusch gegen eins der Fahrzeuge fiel. "Verdammter Idiot, pass doch auf."

"T´schuldige Grassi", quetschte Jens heraus.

"Mann, keine Namen! Und nu mach hin.“ Wenn man sich mit Anfängern einließ.“

Der Junge nickte eifrig und kramte in der ledernen Tasche. Wieder klirrte Metall gegen Metall, dann leuchtete der matte Schein einer Taschenlampe auf. Er kniete am Boden und suchte sich aus einer Unmenge an Drähten, Zangen und Schraubenziehern einen Ring mit mehreren gebogenen Stahlhaken heraus.

"Ich kiek mal an der Ecke, ob jemand kommt. Beeile dich!", sagte Grassi und bewegte sich langsam zwischen den Autos davon.

Jens nickte eifrig, ohne hochzusehen. Schon immer hatte er mit Grassi zusammenarbeiten wollen. Das hier war endlich die Premiere.

Er untersuchte das Schlüsselloch in der Hintertür des Kiosks. Bei seiner Serie von Kellereinbrüchen im Wedding hatte er schon oft diese einfachen Schlösser geknackt. Für die Außentoilette seiner Wohnung, damals in Moabit, hatte er nicht mal einen Schlüssel besessen, sondern immer alles mit einem Dietrich erledigt. Zigmal hat er Nachbarn geholfen, die ihre Wohnungstür zugezogen hatten, ohne ihren Schlüssel mitzunehmen. Jens würde nur ein paar Augenblicke für den Kiosk brauchen.

Zwei-, dreimal wechselte er das Einbruchswerkzeug gegen ein anderes aus. Die Nässe drang am Knie durch den Stoff seiner Hose, seine Haut wurde kalt. Er versuchte den Sperrriegel im Schloss zu fassen, doch immer wieder rutschte er ab. Scheiße. Jens hörte seinen eigenen Atem. Plötzlich Schritte, die sich zögernd in seine Richtung bewegten. Jens’ Herz pochte. Die Schritte blieben stehen. Mit fester Hand packte Jens die stabile Taschenlampe. Ganz langsam versuchte er aus der knienden Haltung auf die Füße zu kommen. Ein Schatten fiel auf ihn.

"Wat is nu Männeken, haste das Ding endlich auf?" Die sonore Stimme von Grassi riss Jens herum.

In diesem Augenblick hätte er seinen Partner erschlagen können.

„Musste du dich so anschleichen? Bin gleich soweit, nur noch ein paar Sekunden."

Grassi lehnte sich an eines der Autos und beobachtete Jens. Der Junge war nervös, so wie er herüberschielte. Grassi sah wie die Nässe Jens den Rücken hinunter perlte.

Vorsichtig tastete sein Passmann mit dem Dietrich im Schloss herum. Verdammt, warum fand der Junge die Schlosszunge nicht? Grassi gab sich einen Ruck. Das dauerte zu lang.

Dann war er neben ihm und stieß Jens mit dem Knie an. "Wat is nu, ich denke du bist ein Guter? Mach auf, oder soll ick mal?"

Grassi schob einen Schraubenzieher zwischen das Türblatt und die Zarge. Mit kurzen Rucken versuchte er den Spalt zu vergrößern. Grassi spürte den Widerstand. Seine Hände fassten den Schraubendreher fester, die Muskeln spannten sich. Wie von selbst hakte sich das Werkzeug von Jens in diesem Augenblick im Schloss ein und mit einem harten Knacken drehte sich die Sperre. Grassi hielt fest. Jens versuchte nun die Tür zu öffnen. Sie bewegte sich nicht. Scheißding.

"Ist wohl zweimal rumgeschlossen", murmelte der Junge.

Grassi holte gerade Luft, als es zum zweiten Mal im Schloss knackte. Die Tür gab nach und öffnete sich einen Spalt.

In Erwartung einer Anerkennung sah Jens hoch.

Grassi gab es ihm lieber dicke. "Quatsch bloß keene Soße. Bring das Werkzeug weg und hol die Taschen!" Grassi stieß Jens zur Seite und schob sich in den Kiosk.

So also ist der große Grassi. Jens rieb sich die rechte Niere, er ging zum alten Opel, den sie neben dem Platz geparkt hatten.

Er entnahm auf dessen Rückbank aus der Werkzeugtasche ein Stemmeisen. Die Elle war sein Notschlüssel. Das Eisen war nur ein Unterarm lang und an der einen Seite gebogen, um eine optimale Hebelwirkung zu erzielen, am anderen Ende abgeflacht, damit sie in alle Zwischenräume passte. Jens schmiss das restliche Werkzeug auf den Rücksitz und holte aus dem Kofferraum vier große, leere Sporttaschen. Jens schaute sich sicherheitshalber noch einmal um. Für einen Augenblick glaubte er auf dem Balkon im ersten Stock eine Bewegung zu sehen. Für einige Momente beobachtete er konzentriert den Balkon. Es tat sich aber nichts. Er durfte jetzt nicht nervös werden. Jens machte kehrt zurück zum Kiosk.

Grassi versuchte sich im schummrigen Licht in dem Häuschen zu orientieren. Er hatte sich Handschuhe übergezogen und betrachtete die Regale. Neben der Kaffeemaschine lag eine Armbanduhr. Davon brauchte der Bengel nichts zu wissen. Als kleinen Promibonus schob er sie schnell in seine Jackentasche. Grassi wusste genau, welche Wirkung er auf Jens hatte. Schließlich wurde er im Kreis der Kleinganoven als Legende bewundert. Durch insgesamt zwölf Jahre im Knast war er eine Größe geworden, selbst wenn nicht alle Geschichten, die man über ihn...



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