E-Book, Deutsch, 224 Seiten
Benni Von allen Reichtümern
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-8031-4147-7
Verlag: Verlag Klaus Wagenbach
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, 224 Seiten
ISBN: 978-3-8031-4147-7
Verlag: Verlag Klaus Wagenbach
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Stefano Benni wurde 1947 in Bologna geboren, wo er auch heute noch lebt. 1983 erlebte er seinen literarischen Durchbruch mit dem Science-Fiction-Roman »Terra!«. Seither zählt Benni zu den erfolgreichsten und bekanntesten Autoren Italiens, wo von seinen Büchern - Romane, Erzählungen und Gedichte - mehr als 2,5 Millionen Exemplare verkauft wurden. Bei Wagenbach erschienen u.a. »Geister«, »Terra!«, »Brot und Unwetter«, »Von allen Reichtümern« und »Die Pantherin«.
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Drei Tage sind vergangen. Das Geschäft ist eingetütet. Schon seit zwei Tagen verkehren kraftvolle eingeborene Reinigungskräfte mit Besen und Lappen bewaffnet in dem blauen Haus. Heute Morgen ist das leise Gebet meiner Espressomaschine von Motorengeräusch übertönt worden. Der schwarze Geländewagen ist zurückgekehrt, gefolgt von einem großen Lastwagen. Sie und Er und andere haben mit einer gewissen Hektik angefangen, Kisten und Koffer auszuladen.
Obwohl mein Wunsch, sie auszuspionieren, so groß war, dass ich fast platzte, bin ich in den Ort gegangen, um Besorgungen zu machen. (Ja, so ist es, wir Dichter leiden angesichts des Bösen in der Welt, aber auch angesichts eines leeren Kühlschranks.) Normalerweise bin ich mit meiner alten Dyane unterwegs, aber gerade ist sie in der Werkstatt wegen einer Arthrose am Treibriemen. Der Mechaniker, der legendäre Divano, hat mir ein kleines rotes Auto namens Flexus oder Nexus oder Sexus oder ähnliche Lateinereien geliehen. Als ich von der Schotterstraße auf die asphaltierte gekommen bin, habe ich zuerst den Zementpilz der Disko Bully auftauchen sehen, ein mitten in der Landschaft gelandetes Ufo mit traurigem Ruf: jeden Monat wegen Drogen geschlossen und jedesmal auf geheimnisvolle Weise wiedereröffnet. Dann die Bar Marlon mit dem großen Schild, das vom neonistischen Meister Scheggia geschaffen wurde. In dieser Bar pflegen sich die Marlons zu treffen, Zentauren, die Harley Davidsons reiten. Ihr Chef ist der bereits erwähnte Mechaniker Divano, der so genannt wird, weil er groß, dick und ganz mit schwarzem Leder bezogen ist. Ich habe diese Wunderwerke hinter mir gelassen und an einem kleinen, nach Putzmittel riechenden Supermarkt gehalten, wo ich wenig für mich und viel für Ombra gekauft habe. Ich kann es gar nicht abwarten, nach Hause zurückzufahren, um zu schnüffeln.
Die Geschäftigkeit meiner neuen Nachbarn war unermüdlich.
Vom Haus aus habe ich sie in Ruhe beobachtet. Zwischen ihnen und mir ist eine Lichtung mit Quecken und Lavendelsträuchern, die von der Schotterstraße in der Hälfte geteilt wird. Mein Haus steht auf einer kleinen Terrasse, dem höchsten Punkt dieses Teils der Talebene, man gelangt über sieben große Steinstufen hinein. Unsere Behausungen sind symmetrisch, von meiner Küche aus kann ich ihr Fenster in der Nähe des Eingangs sehen, vom Schlafzimmer aus das daneben. Ich darf es mit meiner Neugier nicht übertreiben, auch wenn die Versuchung groß ist, das Fernglas zu benutzen. Er war im T-Shirt und schien nervös. Sie hatte die Haare im Nacken zusammengebunden. Sie haben noch über eine Stunde weitergemacht, dann sind sie ruhiger geworden und ich habe ihre Köpfe abwechselnd an den Fenstern auftauchen sehen. Ich habe mir alle Tätigkeiten vorgestellt, die man in solchen Fällen verrichtet, den Möbelhaufen und die schmerzhafte Entdeckung des Staubs und entsetzlicher Spinnen. Ombra hat mich mit fragender Miene angesehen, dann ist er abgezogen, aber nicht in Richtung des blauen Hauses, er ist auf den Wald zugesteuert, wo er mit zwei üppigen jungen Hündinnen aus dem Dorf tobt.
Etwas widerwillig habe ich mich an den Computer gesetzt. Ich konnte mir aussuchen, ob ich ein Gedicht des Catena kommentiere, das er in seinem letzten Lebensjahr im Irrenhaus geschrieben hat.
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Oder ob ich noch an meinem Büchlein über komische Lyrik arbeite.
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An diesem Morgen wollte das Schicksal jedoch, dass ich nicht zum Arbeiten kam. Ich erhielt zwei Besuche. Der erste war ein Skorpion, der auf dem Fußboden erschien und den ich mit einem präzisen Pantoffelschlag tötete. Der zweite war Vudstok, ein leicht verwelktes Blumenkind.
Virgilio, genannt Vudstok, lebt in einem von Graffiti leuchtenden Haus anderthalb Kilometer von hier. Für ihn ist die Zeit in der Epoche von Paläo-Rock und von Woodstock stehen geblieben. Er ist in meinem Alter, aber er trägt bebilderte Schlaghosen, eine Lederweste, einen langen weißlichen Pferdeschwanz und als letzten Schliff ein Bandana in der Stirn. Er denkt, dass er Keith Richards von den Rolling Stones ähnelt, mich erinnert er eher an meine Urgroßmutter, die ich runzelig und im Sterben liegend sah, mit einem feuchten Taschentuch auf dem Kopf.
Er lebt mit einer spindeldürren Gefährtin zusammen, die mit Außerirdischen in Kontakt steht und...