E-Book, Deutsch, 144 Seiten
Reihe: Bianca
Benjamin Nur mit dir sind wir eine Familie
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-95446-159-2
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 144 Seiten
Reihe: Bianca
ISBN: 978-3-95446-159-2
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
'Lass uns so tun, als seien wir glücklich verheiratet!' Der unverschämte Wunsch seiner Noch-Ehefrau Charlotte macht Sean fassungslos. Aber ohne ihn kann sie das lang ersehnte Baby nicht adoptieren. Und so erklärt er sich widerstrebend bereit, mit Charlotte nach Kasachstan zu reisen, um die Adoptionspapiere für ein süßes kleines Mädchen zu unterschreiben. Aber nur unter einer Bedingung: Sobald sie zurück in den USA sind, wird er endlich die Scheidung einreichen. Doch als Sean zum ersten Mal Familie spielt, verspürt er plötzlich unerwartet zärtliche Gefühle für Charlotte ...
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2. KAPITEL
Sean beeilte sich mit Duschen und Anziehen, damit er in der Küche noch etwas Zeit für sich allein hatte. Außerdem brauchte er erst mal einen starken Drink, bevor er Charlotte wieder gegenübertreten konnte.
Sie war der letzte Mensch, mit dem er an diesem stürmischen Januarabend gerechnet hätte. Nicht wegen der Gründe, die er ihr genannt hatte – ihrer Aversion gegen das Fahren bei schlechtem Wetter und ihrem anstrengenden Job an der Mayfair Highschool –, sondern weil sie sich im letzten halben Jahr so stark voneinander distanziert hatten.
Als er in Mayfair ausgezogen war, hatte er Charlottes Erleichterung deutlich sehen können. Sie schien seitdem auch nicht das geringste Interesse an seiner Rückkehr zu haben. Sogar die Feiertage hatte sie lieber ohne ihn verbracht. An Thanksgiving hatte sie ihre beste Freundin Ellen Herrington und deren Familie besucht, und in der Woche zwischen Weihnachten und Neujahr war sie mit ihrer anderen Freundin Quinn Sutton in den Skiurlaub gefahren.
Nicht dass Sean ihr die Gesellschaft nicht gönnte, aber schließlich war es Charlotte gewesen, die immer wieder betont hatte, dass man Feiertage mit seiner Familie verbringen sollte. Sie beide hatten keine engeren Verwandten mehr. Doch vermutlich betrachtete sie ihn gar nicht als ihre Familie, seitdem seine Wut, sein Überdruss und seine Frustration ihn dazu gebracht hatten, sich eine Auszeit von ihrer zehnjährigen Ehe zu nehmen.
Natürlich hätte er das Ganze damals behutsamer angehen können, doch die Spannungen zwischen ihnen waren so unerträglich gewesen, dass er einfach nicht mehr klar hatte denken können. Außerdem hatte er befürchtet, Charlotte endgültig zu verlieren, wenn er nicht die Notbremse zog.
Zudem hatte er gewusst, dass sie ihn früher oder später ohnehin rauswerfen würde. Da war es ihm als die bessere Option erschienen, ihr zuvorzukommen. Dabei hatte er jedoch nur eine vorübergehende Trennung im Auge gehabt – in der festen Überzeugung, dass eine kurze Auszeit ihnen beiden guttun und ihnen helfen würde, sich innerlich auf ein Leben ohne Kinder einzustellen. Mit seinem Hinweis, dass es genug kinderlose Paare gab, die trotzdem glücklich verheiratet waren, schien er jedoch alles kaputtgemacht zu haben.
War es denn wirklich so schlimm, dass er davon überzeugt war, dass man kein Kind brauchte, um ein glückliches Leben zu führen? Schließlich hatte Charlotte lange genug darunter gelitten, keine Kinder bekommen zu können. Wie viel Leid wollte sie denn noch auf sich nehmen, wo doch klar war, dass sie ihr Ziel niemals erreichen würde? Warum fiel es ihr nur so schwer zu akzeptieren, dass es ihnen offensichtlich einfach nicht bestimmt war, Eltern zu werden?
Sean hatte dieser Gedanke nie richtig gestört. Sein eigener Vater war nicht gerade ein gutes Vorbild gewesen: beruflich ständig unterwegs und vom Wesen her kühl, distanziert und kritisch. Er hatte in Sean nie den Wunsch geweckt, selbst Kinder zu bekommen.
Im Grunde genommen hatte Sean sich Charlottes Wunsch nach einem Baby nur deshalb gefügt, weil er sie liebte und ihre Bedürfnisse und Wünsche respektierte.
In den letzten Monaten ihres Zusammenlebens war Charlotte in ihren Bemühungen, ein Kind zu bekommen, so verbissen gewesen, dass Sean sich von Tag zu Tag ausgeschlossener gefühlt hatte – wie eine bloße Randfigur. In dieser angespannten Situation ein Kind zu bekommen, hätte für ihre Beziehung bestimmt das endgültige Aus bedeutet.
Die ganze Situation hatte ihn so tief verunsichert, dass er es für die beste Lösung gehalten hatte, die Lage neu zu überdenken. Also hatte er den Hormonbehandlungen und weiteren künstlichen Befruchtungen nicht zugestimmt, kurz entschlossen seine Sachen gepackt und war nach New Orleans gezogen.
Hätte er jedoch geahnt, was für eine unüberwindbare Kluft sich in den nächsten Monaten zwischen ihm und Charlotte auftun würde, hätte er es nicht getan. Er wäre geblieben und hätte versucht, seine Frau an ihre schönen ersten acht Ehejahre zu erinnern. Denn die waren glücklich gewesen – bis Charlotte es sich in den Kopf gesetzt hatte, ein Kind zu bekommen.
Aber vermutlich hätte das auch alles nichts gebracht, dachte Sean resigniert, während er sich einen doppelten Whisky einschenkte. Charlotte hatte sich nämlich strikt geweigert, seinen Standpunkt zu akzeptieren. Wie er es auch drehte und wendete – es sah so aus, als wären sie in eine Sackgasse geraten.
Das beantwortete jedoch noch immer nicht die Frage, warum Charlotte ausgerechnet an einem so dunklen und stürmischen Abend zu ihm gekommen war. Wollte sie ihn womöglich um die Scheidung bitten? Allein bei dem Gedanken bekam Sean sofort heftiges Herzklopfen. Aber vielleicht sah er das Ganze ja auch viel zu pessimistisch. Möglicherweise verstand sie ihn inzwischen besser und wollte sich wieder mit ihm versöhnen. Die Vorstellung, dass sie ihrer Ehe vielleicht noch eine Chance geben wollte, beschleunigte seinen Herzschlag noch mehr.
Charlottes etwas zu muntere Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. „Wenn meine Sinne mich nicht trügen, riecht es hier nach warmem Muffuletta-Sandwich.“
Als Sean sie ansah, blieb sie zögernd stehen. Plötzlich wünschte er, er hätte sich eine geeignete Strategie für das bevorstehende Gespräch überlegt, anstatt über die Vergangenheit nachzugrübeln. Trotz seiner Wut auf sie fand er sie nämlich noch immer verdammt anziehend. Sogar in dem ausgebeulten Jogginganzug und den dicken Socken sah sie sexy aus.
Voller Entsetzen wurde Sean bewusst, dass er gerade eine Erektion bekam. Er hätte die körperliche Reaktion gern auf sein sechsmonatiges Zölibat geschoben, aber es steckte mehr dahinter als nur ein Ansturm von Testosteron. Denn keine Frau, der er je begegnet war – ganz egal wie kultiviert, glamourös oder willig –, hatte ihn je so angezogen wie Charlotte.
Jetzt war allerdings nicht der passende Zeitpunkt, ihr das zu zeigen. Zumindest nicht, bis er wusste, was sie von ihm wollte. Das Beste war, seine Gefühle und sein Verlangen hinter einer nüchternen geschäftsmäßigen Fassade zu verstecken.
„Stimmt, ich wärme gerade eins im Ofen auf“, antwortete er kühl. „Ich habe es auf dem Rückweg von der Arbeit vom Markt mitgebracht.“ In diesem Moment fiel sein Blick auf den dicken braunen Umschlag, den Charlotte an die Brust gepresst hielt.
„Ich habe kein Muffuletta-Sandwich gegessen, seit … seitdem wir das letzte Mal zusammen hier waren“, sagte sie und lächelte wehmütig. Sie ging zur Kücheninsel, setzte sich auf einen der hohen schwarzen Hocker und legte den Umschlag mit dem Absender nach unten vorsichtig vor sich auf die Tischplatte.
„Das Sandwich ist in ein paar Minuten fertig.“ Sean stellte sein Glas ab und füllte Wasser in die Kaffeemaschine. „Ich mache dir jetzt erst mal einen Kaffee.“
„Ehrlich gesagt hätte ich lieber einen Whisky mit Eis“, sagte Charlotte.
Sean drehte sich verblüfft zu ihr um. Sie war zwar keine Abstinenzlerin, trank normalerweise jedoch nur Wein oder Bier. Und in den letzten zwei Jahren sogar nur Mineralwasser. „Ich habe auch Wein, wenn du …“
„Danke, aber ich möchte jetzt einen Whisky“, unterbrach Charlotte ihn. „Mir steckt noch immer die Kälte von draußen in den Knochen.“
„Ich kann gern die Heizung höher drehen, wenn du willst.“
„Gib mir einfach einen Whisky, Sean!“, antwortete sie genervt. „Ich verspreche dir auch, nicht wieder einen hysterischen Anfall zu kriegen“, fügte sie sarkastisch hinzu. „Einer reicht für heute.“
Sean behagte die Vorstellung, dass sie hochprozentigen Alkohol trank, überhaupt nicht. Er wusste nämlich aus Erfahrung, wie emotional Charlotte werden konnte, sobald sie sich so richtig entspannte. Und dass es dann unmöglich war, vernünftig mit ihr zu reden.
Widerstrebend nahm er ein zweites Glas aus dem Schrank und füllte es mit Eis. Ganz bewusst schenkte er nur eine winzige Menge Whisky ein. Als er Charlotte das Glas reichte, sah er ihre spöttisch erhobenen Augenbrauen. Sie durchschaute seinen Trick. Herausfordernd blickte sie ihn an, führte das Glas zu den Lippen und trank einen großen Schluck, ohne auch nur das Gesicht zu verziehen.
Sean verspürte den Impuls, ihr die Hände auf die Schultern zu legen und … was? Sie zu schütteln? Oder sie in die Arme zu nehmen und ihr das spöttische Lächeln von den Lippen zu küssen? Was zum Teufel war eigentlich los mit ihm?
„Müsste unser Sandwich nicht inzwischen fertig sein?“, fragte sie.
Unser Sandwich? dachte Sean genervt. Das hier war sein Sandwich, und ihr besitzergreifender Tonfall gefiel ihm überhaupt nicht. „Warum holst du nicht schon mal zwei Teller und Servietten, während ich den Kaffee aufsetze?“, fragte er kurz angebunden.
„Okay.“
Charlotte glitt vom Hocker. Plötzlich stand sie so dicht neben Sean, dass sie beim Öffnen der Schranktür seinen Arm streifte. Ihre körperliche Nähe brachte ihn so aus der Fassung, dass er fast bereute, sie um Hilfe gebeten zu haben. Der Duft nach Lavendel, den sie verströmte, weckte Erinnerungen an bessere Tage … und an aufregende Nächte …
Als sie ihn im Vorbeigehen mit der Hüfte berührte, musste er unwillkürlich daran denken, wie schlank und fest ihr Körper sich immer unter seinen Händen angefühlt hatte. Sie hat abgenommen, dachte er, als er der Versuchung nachgab und sie verstohlen beim Tischdecken beobachtete. Sie stellte ihre Teller nicht einander gegenüber, was...