Behrendt | Mit Freunden im Wald der Geschichten | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 200 Seiten

Behrendt Mit Freunden im Wald der Geschichten

Eine Sammlung fröhlicher und besinnlicher Geschichten
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7546-4964-0
Verlag: tolino media
Format: EPUB
Kopierschutz: PC/MAC/eReader/Tablet/DL/kein Kopierschutz

Eine Sammlung fröhlicher und besinnlicher Geschichten

E-Book, Deutsch, 200 Seiten

ISBN: 978-3-7546-4964-0
Verlag: tolino media
Format: EPUB
Kopierschutz: PC/MAC/eReader/Tablet/DL/kein Kopierschutz



Von der Vielfalt des Lebens in wunderschönen Kurzgeschichten berichten einige hervorragende Autoren und schufen damit eine großartige Sammlung fröhlicher und besinnlicher Erzählungen. Liebevoll verpackten sie dabei das Gestern, Heute und Morgen in märchenhafte Farben und zeigten, wie eng Glückseligkeit und Leid beieinanderstehen. Eine großartige Sammlung von besinnlichen und fröhlichen Zeilen, welche die Menschen in den Mittelpunkt stellt und zum Nachdenken anregen.

Bernd H. Behrendt, geboren 1943 in Berlin, veröffentlichte 1961 durch die UNESCO sein erstes Buch. Absolvierte 1965 sein Studium zum Dipl.-Ing. an der TU, verfasste nebenberuflich Sachbücher über Psychologie und Kybernetik, ab 2008 dann Romane + Anthologie der Belletristik. Arbeitet heute in einem Autoren-Workshop und beim 'Autorentreff Bad Camberg e.V.' Er veröffentlicht Stories auf Online-Plattformen und in Zeitschriften. Lebt in Hessen und liest gerne Bücher von seinem Vorbild Oliver Sacks.

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Autoren/Hrsg.


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Meine Freundin Inge
Breslau 1943. Inge ist im ersten Schuljahr. Da noch Krieg war, wurde die Schule geschlossen, weil es für die Kinder und ihre Lehrer dort zu gefährlich war weiter zu unterrichten, denn die Front rückte immer näher. Die Lehrpersonen fragten die Kinder: „Wer von euch möchte denn weiter eine Schule besuchen?“ 14 Kinder von 50 meldeten sich, sie wollten weiter lernen, die anderen durften nach Hause gehen. Zu den 14 Kindern gehörte auch Inge. Sie hatte schon als Kind erkannt wie schwer zum Beispiel das Leben ihrer Mutter war, die nie die Möglichkeit bekommen hatte Lesen und Schreiben zu erlernen. Wenn es etwas Schriftliches zu erledigen gab, dann musste sie in der Nachbarschaft nachfragen, wer ihr behilflich wäre das Gewünschte zu entziffern. Doch so ein Leben wollte Inge nicht. Sie hatte schon gemerkt, dass es den Nachbarn auch nicht immer recht war. Manchmal ließen sie die Mutter tagelang im Ungewissen über das, was in der Nachricht stand. So kam es also, dass die 14 Kinder in einen Zug gesetzt wurden und mit allen Lehrpersonen von Breslau aus in ein Dorf namens ‚Zechen‘ im Kreis Gorau gebracht wurden. Dann lautete die Anweisung, setzt Euch auf den Marktplatz, es wird jemand kommen der Euch mit nach Hause nimmt. Nach und nach tauchten Männer und Frauen auf die sich die Kinder anschauten. Die Jungen und überhaupt die größten und kräftigsten unter ihnen wurden natürlich zuallererst mitgenommen. Sicher dachten die Leute, wenn wir sie nun schon ernähren müssen, sollen sie auch zupacken können. Inge, die selbst heute noch zierlich ist, aber trotzdem keine Arbeit scheute, saß zum Schluss noch mutterseelenalleine auf dem Platz. Erschwerend kam bei ihr hinzu, dass sie auch noch rote Haare hatte, diese Farbe galt damals als ein Makel. Viele der Kinder, vor allem die Jungen, waren schon nicht mehr zu sehen. Inge hielt den Kopf gesenkt und die Tränen, die sich aus ihren Kinderaugen drängten, konnte sie nicht mehr zurückhalten. Inge sah sich um und bemerkte, sie war als letzte übrig. Sie kam sich so verlassen und alleine vor, so begann sie zu beten: Lieber Gott, ich möchte doch so gerne zur Schule gehen, warum kommt niemand, der mich auch nur ein bissel mag? Nach einer Weile hatte sie wohl auch ein wenig Kraft aus ihrem Gebet geschöpft. Jedenfalls hob sie ihren Kopf und wischte mit ihrem Mantelärmel ihre Tränen weg. Sie schaute sich nachdenklich um. Tatsächlich, sie war wirklich außer zwei Frauen, die noch am Rande des Marktplatzes standen und miteinander sprachen, allein hier am Platze. Nun sah sie, wie diese mit ihren Köpfen nickten und auf sie zukamen. Tatsächlich, sie sprachen Inge an und nahmen sie mit zu sich nach Hause. Inge fragte sich nachher immer, hatte der liebe Gott sie nun wirklich erhört, hatte er diesen beiden Frauen das Gefühl vermittelt, wir nehmen dieses Mädel zu uns, auch wenn es nur aus Mitleid wäre. Bald ging sie in die Schule in die 2. Klasse. Weihnachten 1944 durften die Kinder zu ihren Eltern fahren. Es war herrlich, denn ihr Breslau lag Inge zu Füßen. Sie wusste, dass sie jeden bekannten Winkel aufsuchen würde und hatte so viel Freude und Spaß, dass sie keine Sekunde daran dachte, auch Ferien gehen einmal wieder zu Ende. Sie war sehr überrascht als sie wieder zurück zur Schule musste. Es fiel Inge so unsagbar schwer, denn sie wollte Breslau nicht mehr verlassen. Niemand ahnte die Nähe der Front und keiner wusste, dass bald die meisten von hier flüchten mussten. Die Mutter brachte Inge persönlich zurück zur Schule, doch nur wenige Zeit danach war klar, sie mussten auch hier flüchten. Die beiden Frauen kümmerten sich nicht mehr um Inge, denn jetzt hatten sie genug mit sich selbst und ihren Familien zu tun. So kam es, dass Inge ihre vermeintlichen, besten Sachen, das waren zum Beispiel im richtigen Sinne ihre allerbesten Schuhe, Lackschuhe, die sie sehr liebte und alles, was ihr am liebsten war, einpackte. Wichtig für sie waren ihre Puppe und die Wolle mit Häkelnadel und ein wenig ihrer Wäsche. Dann packte sie in ihren Koffer. Die Kinder wurden in eine Wolldecke auf dem Leiterwagen eingehüllt, so verfrachtet ging es los und die Koffer landeten auf einem anderen Wagen, der mit vielen anderen auch im Treck mitfuhr. Auf ihrem Wagen saß eine weißrussische Lehrerin und ein polnischer Kutscher. Der Pole kam auch aus diesem Dorf Zechen. Er hatte eine Familie, die er dort zurücklassen musste. Darüber war er so erbost, dass er irgendwann den Wagen in einen Graben lenkte und alle Leute herunter direkt in den Schnee mussten, um den Wagen wiederaufzurichten. Inge hatte danach so kalte Füße, dass sie diese kaum mehr spürte. Durch diesen Aufenthalt, fuhren sie schon bald am Ende des Trecks. Dadurch waren sie noch ungeschützter vor der Kälte. Kurz vor einem Dorf fuhr der Kutscher noch einmal aus Hass in einen Graben. Der Wagen war kaputt und alle Kinder mussten bis ins Dorf laufen. Inge sagte zu ihren Leidensgenossinnen: „Lasst uns beten, wir wollen doch nicht erfrieren, bevor wir das nächste Dorf erreichen!“ So schafften die Kinder betend und singend das Stück kraftvoll zu laufen. Auf einem Leiterwagen sah Inge auf einmal ihren Koffer, sie öffnete ihn und holte ihre Puppe und die Wolle sowie eine Häkelnadel heraus. Sie steckte alles in ihren kleinen Beutel und versuchte den Koffer wieder zu schließen. Ihre kleinen Finger waren aber so kalt, dass das verrostete Schloss nicht mehr einrastete. Sie ließ den Koffer traurig derart zurück, es half ihr niemand den Koffer doch noch zuzuschließen. Beim Weitertransport musste sie zusehen wie ihre wenigen Habseligkeiten im Schnee verschwanden. In dem nächsten Ort gab es eine Rast, dort kamen die Kinder in einer Gaststätte unter. Es wurde Stroh auf die Erde gelegt und darauf mussten die Kinder ruhen. Es war so eng, wenn sich nur einer umdrehte, dann mussten sich alle mit umdrehen. Inge nahm das mit Zuversicht und sagte: „So wird uns endlich warm“. Sie konnte von ihrem Platz aus durch den Spalt einer Holztür schauen und sah von der Decke herab Würste und Schinken hängen. Sie hatten so einen Hunger und betete laut vor sich hin: „Lieber Gott, vielleicht kannst du es heute richten, dass wir eine kleine Menge von der Wurst bekommen, damit wir unseren Hunger stillen können!?“ Als der Gastwirt in den Raum kam, hatte er Brote für die Kinder, allerdings nur mit Gelee. Auch der Gastwirt durfte später nur wenig mitnehmen. Es fiel alles den Russen in die Hände, die es gierig verschlangen. Die russischen Truppen rückten schon am nächsten Tag heran, es musste also von dort baldigst weiter gen Westen geflüchtet werden. Die Lehrerin verlies uns und auch der polnische Kutscher war plötzlich fort. Der hatte mehr Angst vor den Russen als wir. Dann schließlich begegneten wir einem Engel, allerdings in menschlicher Gestalt. Dieser Engel leistet Übermenschliches. Es war eine Frau, die uns weiter in ein Dorf namens Childo führte, zu einer Metzgerei. Dort waren zwei Lausbuben, die uns bei der Ankunft mit Schweinsaugen bewarfen. Über uns flogen die amerikanischen und russischen Bomber, wir hatten viel Angst, obwohl man uns sagte, diese Bomben sind für Berlin gedacht und werden hier nicht abgeworfen. Wir sahen dann in weiter Ferne die sogenannten Christbäume, leuchtendes Lametta, Suchscheinwerfer und natürlich das brennende Berlin, getroffen von so vielen Bomben. Ein ganz furchtbarer Anblick. Wie es dieser Engel in Menschengestalt geschafft hat, uns 14 Kinder im Kemnizer Bahnhof in einen Waggon zu bekommen grenzt an ein Wunder. Polnische und russische Soldaten führten in dem Zug das Kommando. In Tschechien kamen wir alle in ein Lager, bestehend aus einfachen Holzbaracken. Die über 50-jährigen Menschen wurden in separaten Baracken untergebracht, verblieben dort und wurden sogleich dem Hungertot ausgeliefert, da sie dort keinerlei Verpflegung bekamen. Für uns Kinder gab es je ein Stück Brot, das in der Mitte einen dicken Wasserstreifen hatte und eine Wassersuppe, in der hier und da eine Kartoffel zu erkennen war. Und den Verteilern erschien es völlig gleichgültig, ob in einem Teller 2 oder 5 Kartoffelstückchen waren. Wir Kinder sahen es ganz genau, da so ein Stückchen Kartoffel uns durchaus vor dem Hungertot bewahren konnte. Doch keine von uns missgönnte dem anderen etwas, wir aßen brav unsere Suppe und lernten für das ganze Leben daraus. Inge sagte: “Nie bin ich im Leben neidisch gewesen, ich habe damals gelernt, dass der eine nun halt mal ein bissel mehr hat als der andere. Es kann sowieso niemand etwas mitnehmen.“ Wenn wir aus dem Fenster der Baracke sahen, erkannten alle Kinder so viele tote Menschen, die vorbeigetragen wurden. Das alles hat uns doch sehr verängstigt, dennoch vertrieb ich mir die Zeit mit meiner Puppe. Für sie häkelte ich eine Mütze, einen Schal, sowie Jacke und Hose. Allerdings, ich musste die Sachen stets wieder auftrennen, denn es gab nur die eine Wolle. Eine gänzlich andere Beschäftigung gab es für mich am Fluss. Dort blühten viele Blumen, da waren auch Vergissmeinnicht und Stiefmütterchen dabei. Die pflückte ich und zierte damit die leeren Gräber vieler verhungerter Menschen. Ein Jahr nach unserer Flucht hatte ich einen Wasserbauch, lag in einer Ecke und hatte wirklich keine Kraft mehr. Da endlich wurde das ganze Lager geräumt, ich war zu schwach, um zu laufen. Doch da haben mich dann der Engel und die Kinder in ihre Mitte genommen und gemeinsam erreichten wir noch den Zug. Da entflammte in mir wieder die neue Hoffnung, mein apathischer Zustand veränderte sich zur Freude am Leben. Auch beten konnte ich wieder, denn das hatte ich in meinem Zustand total vergessen, weil ich von Hoffnungslosigkeit beseelt war. Ich sprach oft mit Gott und unserem Engel darüber und fragte,...



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