Beckert / Eckert / Kohli | Transnationale Solidarität | Buch | 978-3-593-37594-6 | sack.de

Buch, Deutsch, 298 Seiten, Format (B × H): 150 mm x 210 mm, Gewicht: 385 g

Beckert / Eckert / Kohli

Transnationale Solidarität

Chancen und Grenzen

Buch, Deutsch, 298 Seiten, Format (B × H): 150 mm x 210 mm, Gewicht: 385 g

ISBN: 978-3-593-37594-6
Verlag: Campus


Solidarität ist das Grundprinzip des Sozialstaates und eine wichtige und zugleich bedrohte Ressource moderner Gesellschaften. Bedroht ist sie, wenn Bürger sich Solidaritätspflichten entziehen oder Vorteile aus sozialen Rechten genießen, ohne die damit verbundenen solidarischen Verpflichtungen zu teilen. Globalisierung kann diese Probleme zuspitzen. Entnationalisierung führt zur Anonymisierung des Kollektivs, das Anspruch auf solidarische Unterstützung erheben kann. Die Autorinnen und Autoren des Bandes untersuchen die Grundlagen von Solidarität und ihre Bedrohung durch Prozesse der Entnationalisierung und zeigen auf, inwiefern auch zeitgenössische Gesellschaften auf Solidarität angewiesen sind.
Mit Beiträgen unter anderem von Helmut Anheier, Johannes Berger, Ays¸e Çaglar, Wolfgang van den Daele, Rainer Döbert, Jürgen Habermas, Franz-Xaver Kaufmann, Herfried Münkler, Claus Offe, Ilona Ostner, Klaus Schlichte, Reinhard Schulze, Steffen Sigmund, Rudolf Stichweh, Christian Tomuschat und Heike Walk.
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Weitere Infos & Material


Einleitung
Jens Beckert, Julia Eckert, Martin Kohli und Wolfgang Streeck

Enzyklopädie der Ideen der Zukunft: Solidarität
Herfried Münkler

I Grenzen nationalstaatlich organisierter Solidarität
Einleitung
Wolfgang Streeck

Pflichten versus Kosten: Typen und Kontexte solidarischen Handelns
Claus Offe

Sozialstaatliche Solidarität und Umverteilung im internationalen Wettbewerb
Franz-Xaver Kaufmann

II Diesseits des Nationalstaats: Verlust oder Neuerfindung von Solidarität?

Einleitung
Martin Kohli

Familiale Solidarität
Ilona Ostner

Solidarität durch intermediäre Institutionen: Stiftungen
Steffen Sigmund

Der Dritte Sektor im Diskurs des Dritten Weges
Helmut K. Anheier und Matthias Freise

III Transnationale Solidaritätsnetzwerke und
die Entstehung einer globalen Zivilgesellschaft

Einleitung
Julia Eckert und Jens Beckert

Die völkerrechtlichen Grundlagen der Zivilgesellschaft:
Internationale Abkommen als Garanten internationaler Solidarität?
Christian Tomuschat

Globale Solidarität und die Rechte des geistigen Eigentums
Wolfgang van den Daele und Rainer Döbert

Formen politischer Institutionalisierung:
NGOs als Hoffnungsträger globaler Demokratie
Heike Walk

Bewaffnete Gruppen und die moralische Ökonomie der Diaspora
Katrin Radtke und Klaus Schlichte

Islamische Solidaritätsnetzwerke:
Auswege aus den verlorenen Versprechen des modernen Staates
Reinhard Schulze

IV Braucht soziale Ordnung Solidarität?

Einleitung
Wolfgang Streeck

Solidarität jenseits des Nationalstaats. Notizen zu einer Diskussion
Jürgen Habermas

Der Zusammenhalt der Weltgesellschaft:
Nicht-normative Integrationstheorien in der Soziologie
Rudolf Stichweh

Expandierende Märkte, schrumpfende Solidarität?
Anmerkungen zu einer aktuellen Debatte
Johannes Berger

Diskussion

V Auswahlbibliographie
Stefan Klusemann

Danksagung

Autorenverzeichnis


Solidarität ist ein Schlüsselbegriff soziologischen Denkens. Soziale Ordnung kann nach übereinstimmender Auffassung der Klassiker des Fachs - Emile Durkheim, Max Weber, Talcott Parsons - nicht allein auf Macht oder den kollektiv wünschenswerten Konsequenzen individueller Interessenverfolgung basieren, sondern verlangt auch die Bereitschaft zu solidarischem Verzicht zugunsten anderer. In der Tradition der Soziologie wird die soziale Integration von Gesellschaften als abhängig von der Bereitschaft der Gesellschaftsmitglieder betrachtet, füreinander einzustehen. Trotz der funktionalen Vorteile sozialer Differenzierung, der wirtschaftlichen und Freiheit
ermöglichenden Vorzüge von Marktbeziehungen und der Bedeutung staatlicher Herrschaftsstrukturen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt bleibt soziale Integration immer auch auf Solidarität angewiesen. Solidarität ist eine moralische Kraft, die individuelle Egoismen zügelt. Sie lässt sich als Gegenbegriff zum Trittbrettfahren verstehen (Bayertz 1998: 44). Solidarität ist die Bereitschaft, Opfer für das Wohlergehen der anderen Mitglieder einer Gruppe zu erbringen. Fehlt es einer Gesellschaft an dieser Bereitschaft, so hat insbesondere Emile Durkheim betont, muss mit Anomie, also dem Zerfall der sozialen Ordnung gerechnet werden.
Solidarität ist keine universalistische Norm. Verpflichtungen zu solidarischem Handeln entstehen aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Gruppe und beschränken sich auf diese. Darin unterscheiden sich Solidarnormen von universellen Gerechtigkeitsnormen und allgemeinen Normen der Hilfeleistung und Barmherzigkeit. Erkennbar wird der partikulare Charakter solidarischer Verpflichtung schon aus der begrifflichen Herkunft. Brüderlichkeit war der Term der Französischen Revolution, aus dem sich im 19. Jahrhundert das Konzept der Solidarität entwickelte. Darin klingt nach, dass Solidarität in vormodernen Gesellschaften vornehmlich an verwandtschaftliche und nachbarschaftliche Beziehungen gebunden war, nicht jedoch gegenüber Fremden galt. Basierte die Gruppenbildung zunächst auf dem Prinzip der Blutsverwandtschaft und der lokalen Gemeinschaft, so führten später auch ethnische, kulturelle und politische Gruppenbildungen zur Herausbildung solidarischer Pflichten und Rechte. Grundlage ist jedoch immer das Gefühl der Verbundenheit mit einer spezifischen Gruppe, nicht mit der Menschheit als solcher. Solidarisches Handeln ist demnach nicht "ortlos", sondern endet an sozialen Grenzen der Exklusion. Zwischen Mitgliedern und Nichtmitgliedern der Gruppe besteht ein Verhältnis der "ethischen Asymmetrie" (Kersting 1998: 415).
Der Zusammenhang solidarischer Pflichten und Rechte mit politischer Gemeinschaftsbildung scheint Solidarität als Steuerungsprinzip auf den sozialen Nahbereich zu beschränken. David Hume vertrat diese Auffassung, die bis heute weit verbreitet ist: Je kleiner und homogener eine soziale Gruppe, desto eher ist sie in der Lage, Solidaritätsgefühle und solidarische Handlungen zu erzeugen. Solidarität scheint damit, in der Unterscheidung von Ferdinand Tönnies, eher ein Konzept der "Gemeinschaft" als eines der "Gesellschaft" zu sein. Dass Solidarität die engen Grenzen des persönlichen Kontakts überschreiten kann, steht allerdings außer Frage. Dies bezeugen nicht nur die Arbeiterbewegung und die Kirchen. Seit dem 19. Jahrhundert ist insbesondere die Nation die Gruppe, der gegenüber die Einzelnen solidarisch verpflichtet sind. Das Gefühl der Zugehörigkeit als Legitimationsgrundlage für die nationalstaatliche Abgrenzung von Solidaritätspflichten und -rechten beruhte dabei auf der sozial konstruierten Vorstellung gemeinsamer Herkunft, Geschichte, Kultur und Ideale (Bayertz 1998: 23).
Die im Konzept des Nationalstaats als Solidargemeinschaft zum Ausdruck kommenden Verpflichtungen gegenüber Fremden lassen Solidarität als spezifisch modernes Konzept erscheinen (Preuß 1998). Doch bleibt eine paradoxe Verknüpfung von Gemeinschaft und Gesellschaft im Solidaritätsbegriff enthalten. Solidarität in der modernen Gesellschaft verbindet persönliche Sympathiegefühle auf der einen Seite mit modernen, unpersönlichen Institutionen auf der anderen. Solidarität verknüpft damit Mechanismen der Sozialintegration mit solchen der Systemintegration (Preuß 1998). Allein auf Systemintegration kann Solidarität nicht fußen, ohne dass Pflichten und Rechte ihre Legitimation einbüßen. Solidarität bedarf der lebensweltlich-kulturellen Verankerung. Die Ausweitung solidarischer Pflichten und Rechte auch gegenüber Fremden bedeutet deshalb auch nicht, dass Solidarität in der modernen Gesellschaft universalistisch würde. Die mit dem Nationalstaat entstandenen Grenzen der Zugehörigkeit beruhen nicht nur auf einer geteilten Geschichte und kultureller Homogenität, sondern insbesondere auch auf der klaren Begrenzung von Solidaritätspflichten auf die Bürger des eigenen Staates, im Unterschied zu anderen Mitmenschen. Die Grenzen, die durch den Bürgerstatus gezogen wurden, schufen beides: eine institutionell-kulturelle und eine quantitative Begrenzung von Anspruchsberechtigungen.
Die Beschränkung ethischer Verpflichtungen auf ein abgrenzbares Kollektiv war in den Ordnungsmodellen der Soziologie immer mitgedacht. Für die Klassiker war die integrierende Leistung von Solidarität in modernen Gesellschaften von Anbeginn mit deren nationalstaatlicher Organisation verbunden. Der Nationalstaat zog die Grenzen, innerhalb derer den Staatsbürgern Verpflichtungen zu solidarischem Handeln zugemutet wurden, und umgekehrt trug die räumliche und soziale Begrenzung von Solidaritätspflichten zur Einigung der Nationen und zur Legitimation des Solidarprinzips bei. Nach außen ging es bei den Pflichten der Bürger um die Sicherung des
Überlebens der Nation in einem auf Gewalt gegründeten internationalen System mit Hilfe einer allgemeinen Wehrpflicht, die in den Nationalstaaten des 19. Jahrhunderts meist parallel zur Gewährung des allgemeinen Wahlrechts eingeführt wurde. Nach innen ging es um die gemeinsame Absicherung der ungleich verteilten Risiken von Alter, Krankheit und Arbeitslosigkeit - eine Entwicklung, die nicht nur durch die Demokratisierung gefördert wurde, sondern sich in vielen Fällen auch an die staatliche Fürsorge für die Veteranen und Hinterbliebenen der nationalen Kriege anlehnen konnte, deren Recht auf Solidarität sich komplementär zu ihrer Pflicht verhielt, ihr Leben für ihr Land aufs Spiel zu setzen ("welfare-warfare state"). Dabei war die Anspruchsbegrenzung gegenüber wohlfahrtsstaatlichen Leistungen nach außen nicht nur Grundlage der moralischen Legitimation des sich entwickelnden Sozialstaats, sondern auch Voraussetzung seiner Finanzierbarkeit.
Was aber geschieht, wenn der Nationalstaat als zentrale Ordnungsstruktur zur Gewährleistung und Beschränkung von
Solidaritätsansprüchen seiner Aufgabe der Abgrenzung des zu Solidarität verpflichteten und berechtigten Kollektivs zunehmend weniger nachkommen kann? Wenn Rechte nicht mehr auf diejenigen zu beschränken sind, die für sie auch in die Pflicht genommen werden
können, und zugleich die Einforderung von Beiträgen zum Kollektivgut Solidarität durch die Möglichkeit der Abwanderung politisch immer schwieriger durchzusetzen ist, könnte es sich um eine der nachhaltigsten sozialstrukturellen Folgen der Globalisierung handeln. Vermuten ließe sich, dass die seit vielen Jahren diagnostizierte Krise jener Institutionen, die solidarische Verpflichtungen hauptsächlich organisieren - des Sozialstaats und der allgemeinen Wehrpflicht - mit den unter den Begriffen Globalisierung und europäischer Integration diskutierten Prozessen der Entnationalisierung in Verbindung steht. In der Tat scheint es, dass parallel zu den gegenwärtigen Entnationalisierungsprozessen die moralische Legitimation von Solidaritätsverpflichtungen zunehmend schwerer wird und die Verteidigung von Institutionen solidarischen Handelns sich entweder auf Effizienzargumente verlagert oder aber sich in reiner Interessenpolitik
erschöpft.
Wenn dies so wäre, dann wären die heutigen Legitimationsprobleme sowohl des Sozialstaats ("Überforderung der Beitragszahler") als auch des allgemeinen Wehrdienstes (Krise der "Wehrgerechtigkeit") nicht zum geringsten Teil Ausdruck einer Erosion der sozialstrukturellen Basis, von der aus seit dem späten 19. Jahrhundert solidarische Verpflichtungen mit öffentlicher Gewalt geschaffen und begründet wurden. Der wesentliche strukturelle Grund für diese Entwicklung bestünde in einer zunehmenden Abstraktheit und Unbestimmbarkeit des Kollektivs, das Anspruch auf solidarische Unterstützung erheben kann und das umgekehrt zu deren Bereitstellung sich moralisch verpflichtet fühlt; vor allem in dieser Hinsicht unterscheiden sich die Europäische Union oder gar die Vereinten Nationen von den Nationalstaaten. In dem Maße, wie Politik und Wirtschaftsbeziehungen ihren nationalen Charakter verlieren, wäre damit zu rechnen, dass das Verhältnis von Solidaritätsrechten und -pflichten, das den modernen Sozialstaat getragen hat, aus dem Gleichgewicht gerät.
Globale Mobilität von Kapital und Unternehmen, aber auch des Faktors Arbeit durch die Entwicklung der Kommunikationstechnologie, die Senkung von Transportkosten und die Liberalisierung des Marktzugangs - kurz: die Entnationalisierung wirtschaftlicher Beziehungen - schaffen neue Opportunitätsstrukturen. Durch sie können sich Akteure entweder Solidaritätspflichten entziehen oder aber aus
Vorteilsüberlegungen von den sozialen Rechten angezogen werden, ohne die ursprünglich mit ihnen gekoppelten solidarischen Verpflichtungen teilen zu müssen. Dies erschüttert die legitimatorische Basis bestehender Solidaritätsbeziehungen, weil die moralischen Anforderungen an die verbleibenden Akteure in möglicherweise unzumutbarer Weise wachsen könnten. Zugleich nimmt das
Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gruppe mit ihrer zunehmenden Ausweitung und Heterogenität ab und kann von anderen
Gruppenzugehörigkeiten ethnischer, religiöser oder privater Art überlagert werden. Erweiterte Anspruchsrechte können einhergehen mit einer Abnahme subjektiver Verpflichtung, Solidaritätszumutungen nachzukommen. Je weniger eng die Grenzen des Bürgerstatus gezogen und je niedriger die Ein- und Austrittsbarrieren gehalten werden, desto weniger lassen sich Solidaritätsansprüche begründen. Die USA sind als traditionelles Einwanderungsland mit ihren niedrigen Sozialstandards ein Beispiel hierfür. Die Liberalisierung von Märkten im Zuge der europäischen Integration und der weltweiten Reduzierung von Handelsbeschränkungen schafft "exit"-Optionen, die den Druck auf sozialstaatliche Sicherungsinstitutionen wachsen lassen.
Wie lässt sich auf diese Veränderungen der sozialstrukturellen Grundlagen solidarischen Handelns reagieren? Solidaritätsbereitschaft lässt sich - wenn überhaupt - weit schwieriger internationalisieren als Politik und Wirtschaft. Dies gilt nicht nur wegen der finanziellen
Überforderung der Beitragszahler, sondern auch, weil damit eine kulturelle und institutionelle Homogenisierung einhergehen müsste, die auf erhebliche Widerstände träfe. Politische Gemeinschaftsbildung auf europäischer Ebene besteht allenfalls rudimentär; von einer Weltgemeinschaft in substantiellem Sinn kann ernsthaft nicht gesprochen werden. Ob die Europäische Union langfristig eine kulturell-lebensweltliche Einheit wird, die eine Institutionalisierung solidarischer Pflichten und Rechte jenseits der Nationalstaaten legitimieren
könnte, ist eine offene Frage.
Die Relevanz der Suche nach vorhandenen und sich neu ausbildenden Grundlagen solidarischen Handelns ergibt sich aus der Bedeutung des Steuerungsmechanismus Solidarität für die Integration von Gesellschaften. Bei der Diskussion lassen sich drei Ebenen unterscheiden, nach denen auch die Beiträge in diesem Band geordnet sind. Die erste Ebene betrifft die tatsächlichen Konsequenzen gegenwärtiger Prozesse der Globalisierung für die nationalstaatlichen Institutionen solidarischer Umverteilung. Sind letztere wirklich unwiderruflich in der Defensive? Lassen sie sich durch Reformen auf die neuen sozialstrukturellen Bedingungen einstellen? Ist es überhaupt wünschenswert, sie in einer globalen Ökonomie beizubehalten? Die zweite Ebene betrifft Strukturen solidarischen Handelns "unterhalb" des Nationalstaats. Neben der staatlich organisierten Solidarität bestanden immer auch andere Institutionen, die zur solidarischen Integration der modernen Gesellschaft beigetragen haben. Hierzu zählt insbesondere die Familie. Im intermediären Bereich spielen Institutionen der Zivilgesellschaft wie Vereine, Stiftungen, Gewerkschaften, Parteien und die Kirchen eine wichtige Rolle. Können diese Institutionen die neuartigen Funktionsdefizite bei den staatlich organisierten Strukturen der Solidarität ausgleichen? Oder sind sie damit überfordert und geraten durch die Krise nationalstaatlicher Solidarität selbst in Bedrängnis?
Auf der dritten Ebene kommen Formen solidarischen Handelns ins Blickfeld, die die Grenzen des Nationalstaats übersteigen. Traditionell haben Religionsgemeinschaften und mitunter auch die Gewerkschaften den Begrenzungen des Nationalstaats wenig Beachtung geschenkt. Auch neue Formen der Selbstorganisation zivilgesellschaftlicher Akteure in globalen Handlungskontexten lassen sich erkennen. Hierzu
zählen die Netzwerke von Migranten und auf globale Problemstellungen ausgerichtete Nichtregierungsorganisationen (NGOs) sowie das sich weiterentwickelnde Völkerrecht und multilaterale Abkommen zwischen Staaten. Sind derartige Akteure und Institutionen in der Lage, Solidarnormen ein transnationales Fundament zu geben, die dem globaler werdenden Wirtschaftsraum und der weltweit vernetzten Produktion besser gerecht werden als der traditionelle Nationalstaat? Lassen sich Beispiele für erfolgreiche Institutionalisierung solidarischen Handeln jenseits des Nationalstaats finden? Welche normativen Grundlagen bestehen hierfür und welche sozialen
Trägergruppen lassen sich erkennen?
Der Zusammenhang zwischen Nationalstaat und Solidarität beziehungsweise Entnationalisierung und möglicher Entsolidarisierung ist Gegenstand der in diesem Buch veröffentlichten Beiträge. Die Suche nach Möglichkeiten und Bedingungen der Institutionalisierung von Solidarität jenseits der organisationalen Basis des Nationalstaats ist ein herausragendes Thema der Gesellschaftstheorie und der empirischen sozialwissenschaftlichen Forschung. Wenn nationalstaatliche Grenzziehungen an Bedeutung verlieren, wie lässt sich der Bedarf menschlicher Gesellschaften an Solidarität noch decken? Die Klärung des Zusammenhangs zwischen Solidarität, sozialer Ordnung und Internationalisierung verweist auf eine zentrale Frage für die zukünftige Gesellschaftsentwicklung. Sie könnte auf eine Veränderung der Basis sozialer Integration hinweisen, auf die sich auch die Ordnungsvorstellungen der Soziologie einstellen müssten.


Jens Beckert ist Direktor am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung, Köln. Julia Eckert, Dr. phil., arbeitet am MPI für Ethnologie in Halle/S. Martin Kohli ist Prof. für Soziologie an der FU Berlin, Wolfgang Streeck Direktor am MPI für Gesellschaftsforschung in Köln.


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