E-Book, Deutsch, 124 Seiten
Beck Ausgestempelt
1. Auflage 2003
ISBN: 978-3-86520-029-7
Verlag: Verlag der Criminale
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
E-Book, Deutsch, 124 Seiten
ISBN: 978-3-86520-029-7
Verlag: Verlag der Criminale
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Tim Börne, Anwalt und allein erziehender Vater einer neunjährigen Tochter, lebt und arbeitet im Hamburger Süden. Er freut sich über jeden neuen Mandanten, der den Weg in seine Kanzlei findet. Als ein Betriebsratsmitglied ihn um anwaltliche Hilfe bittet, scheint es zunächst um eine vergleichsweise einfache arbeitsrechtliche Frage zu gehen. Fast zeitgleich werden die fußballbegeisterte Hauptkommissarin Hanna Steinbach und ihr Assistent Pit Schmeichel an einen Tatort gerufen. Die ermordete junge Frau arbeitete ausgerechnet im gleichen Betrieb wie Tim Börnes neuer Mandant. Wer hat ein Interesse am Tod der jungen Frau? Und was hat es mit den geheimnisvollen Botschaften auf sich, die Börne und Steinbach zugestellt werden? Zunehmend wird der Anwalt in einen Fall verwickelt, der immer weitere Kreise zieht …
Eingeweihte werden die Hamburger Lokalitäten unschwer erkennen; die präzisen Milieuschilderungen, nicht zuletzt aus der Welt des Fußballs, bieten vergnüglichen und spannenden Lesestoff auch für Nicht-Hamburger.
Der Autor
Thorsten Beck, 1956 in Hamburg geboren, ist Richter am Arbeitsgericht. Seit Ende der 90er Jahre schreibt er Kriminalromane. Sein erster Krimi »Harburg Blues« zählt zu den erfolgreichsten Büchern der Hamburger Krimireihe »Schwarze Hefte«. Er lebt in Hamburg-Heimfeld.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1;I.;6
2;II.;11
3;III.;20
4;IV.;30
5;V.;36
6;VI.;45
7;VII.;55
8;VIII.;72
9;IX.;91
10;X.;102
11;XI.;122
V. (S. 35-36)
Als Tim Börne die Tür der Ballettschule geöffnet hatte, hörte er schon von weitem die Anweisungen der Lehrerin. »Kleines Plié«, »Grand Plié« und »Tendu« schallte es ihm entgegen. Die jungen Elevinnen in ihren rosa und weißen Balletttrikots mit Feetwarmers wirkten heute besonders angestrengt bei ihren Figuren. Seine Tochter winkte ihm kurz zu. Die einzige anwesende Mutter teilte Tim mit, dass der Unterricht heute wegen der Aufführung am nächsten Mittwoch eine Stunde länger dauern würde und er zu früh gekommen sei. Tim ärgerte sich über seine Vergesslichkeit. Die Stunde hätte er in seiner Kanzlei noch gut nutzen können. Er beschloss, sich ein wenig die Beine zu vertreten. Die frische Luft würde ihm gut tun.
Tim ging die Winsener Straße hinunter. Linker Hand befand sich das Haus, in dem früher einmal das »Radiant-Kino« untergebracht gewesen war. Heute gab es in ganz Harburg nur noch ein Multiplex-Kino, in dem überwiegend Hollywood-Mainstream und Kinderfi lme gezeigt wurden. Auf der Höhe der neobarocken katholischen Kirche, die aussah, als habe sie früher im Salzkammergut gestanden, überquerte er die Straße. Er bog in die Nöldekestraße ein. Die Häuser auf der rechten Seite waren alle pastellfarben angestrichen: Blaugrün, rosa, ocker. Man konnte deutlich die später angebauten Toilettenschächte erkennen. Rechts ging die Anzengruberstraße ab, die nach einem Wiener Heimatdichter benannt war. Weiter oben gab es auch noch die Roseggerstraße, deren Namensgeber ein steirischer Volksschriftsteller war. Tim erinnerte sich an seine Großmutter, die ihm als Jugendlichem immer die Lektüre von Als ich noch ein Waldbauernbub war empfohlen hatte.
In dieser Gegend war alles irgendwie österreichisch. Dies hing damit zusammen, dass die Phoenix Gummiwerke und die alte Jute- Spinnerei zur Zeit der Industrialisierung Harburgs in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts unter Arbeitskräftemangel gelitten hat ten, der vornehmlich durch Zuwanderer aus der Donaumonarchie behoben worden war.
Tim schlenderte direkt auf einen mächtigen, mehrstöckigen Backsteinbau mit zwei übergiebelten Mittelrisaliten und einer abgerundeten Gebäudeecke zu, in dem eine Polizeiwache untergebracht war. In der Außenmauer befand sich eine Gedenkplatte, die an die Verschleppung der Sinti und Roma im Mai 1940 erinnerte. »Eure Leiden, Euer Schmerz sind die Narben im Fleisch der Welt«, stand auf der Tafel. Ihm fi el ein irgendwo gelesen zu haben, dass sich während der Nazi-Zeit hier die Harburger Dienststelle der Gestapo befunden hatte.




