Beaton | Hamish Macbeth und der tote Witzbold | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 7, 222 Seiten

Reihe: Schottland-Krimis

Beaton Hamish Macbeth und der tote Witzbold

Kriminalroman
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7325-7805-4
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Kriminalroman

E-Book, Deutsch, Band 7, 222 Seiten

Reihe: Schottland-Krimis

ISBN: 978-3-7325-7805-4
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Als der schottische Dorfpolizist Hamish Macbeth die Nachricht erhält, dass im Gutshaus des schonungslosen Witzbolds Arthur Trent ein Mord geschehen ist, hält er das zunächst für einen schlechten Scherz. Umso überraschter ist er, als er Trent tatsächlich erstochen und in einen Schrank gestopft auffindet. An Verdächtigen herrscht auch kein Mangel: Das Haus ist voller habgieriger Verwandter, die alle mehr am Inhalt des Testaments als an der Aufklärung des Verbrechens interessiert sind ...

M. C. Beaton ist eines der Pseudonyme der schottischen Autorin Marion Chesney. Nachdem sie lange Zeit als Theaterkritikerin und Journalistin tätig war, beschloss sie, sich ganz der Schriftstellerei zu widmen. Mit ihren Krimi-Reihen um den Dorfpolizisten Hamish Macbeth und die Detektivin Agatha Raisin feiert sie bis heute große Erfolge. M. C. Beaton lebt abwechselnd in Paris und in den Cotswolds.
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Zweites Kapitel


Ein unterschiedlicher Sinn für Humor
kann die Zuneigung arg strapazieren.

GEORGE ELIOT

Was während der nächsten Tage in Arrat House für zusätzliche Spannung sorgte, war nicht bloß, dass sie eingeschneit waren oder immer wieder Opfer gemeiner Streiche wurden, sondern der Umstand, dass die gesamte Verwandtschaft beschlossen hatte, Amüsiertheit vorzutäuschen. Charles hatte angefangen, jedes Mal mit seinem Adoptivvater mitzulachen, was den Wettbewerbsgeist der anderen geweckt hatte.

Und welch unerschöpfliches Repertoire an Scherzen der alte Mr. Trent bereithielt! Von Stechginsterzweigen unten in den Betten bis hin zu Eiswassereimern über Türen, von Furzkissen bis hin zu Geräten in der Ecke, die unvermittelt irres Gelächter ausstießen. Melissa gewöhnte sich an, ihren Teller beim Essen fest mit der Gabel nach unten zu drücken, damit er ihr nicht plötzlich ins Gesicht flog. Wie Paul fühlte sich Melissa nicht im Mindesten verpflichtet, Amüsement angesichts der nur sehr bedingt heiteren Streiche und Scherze des Hausherrn vorzugaukeln. Vielmehr bekam sie das Gefühl, in einem überheizten Irrenhaus eingesperrt zu sein.

Es hatte aufgehört zu schneien, aber Enrico sagte, dass alle umliegenden Straßen blockiert seien.

»Bald geht Ihnen das Essen aus«, bemerkte Melissa, doch der Diener erklärte schulterzuckend, er sei stets auf solches Wetter gefasst und habe reichlich Vorräte.

Melissa versuchte, Mitgefühl mit Enrico zu zeigen. »Es muss eine schwierige Arbeit sein«, sagte sie.

Hierauf bedachte Enrico sie mit einem frostigen Blick und erwiderte, er betrachte sie als Glücksfall. Er hatte eine leicht überhebliche, selbstgefällige Art und sprach ein sorgsam akzentuiertes Englisch. Seine kleine Frau war sogar noch hochnäsiger und noch weniger kommunikativ.

Was Paul betraf, fragte Melissa sich, warum er sie eingeladen hatte. Er hatte noch keinen einzigen Annäherungsversuch unternommen und schien schrecklich viel Zeit lesend in der Bibliothek zu verbringen. Melissa zog ihre Lederjacke und ein Paar Kampfstiefel an und wagte sich nach draußen. Dort hatte Enrico einigen Schnee aus der Einfahrt geschippt, sodass an der Seite ein Weg frei war. Der Himmel war trist grau. Von draußen sah sie das Haus erstmals richtig klar: ein großer grauer, quadratischer Bau mit Türmen in allen vier Ecken, die ihn wie ein französisches Miniatur-Château anmuten ließen. Arrat House lag am Fuße eines Berges, der bedrohlich hoch aufragte. Das Haus selbst stand auf einer Anhöhe, und rechts unterhalb von ihm konnte Melissa die dicht aneinandergedrängten Häuser eines Dorfes ausmachen.

Bibbernd vor Kälte kehrte sie ins Herrenhaus zurück, wobei sie die Tür zunächst mit einem Fuß auftrat und einen Schritt rückwärts sprang, falls irgendetwas oben von der Türkante fallen sollte.

Paul war in der Bibliothek. Melissa setzte sich ihm gegenüber hin und sagte: »Können wir nicht irgendwie von hier weg?«

Er seufzte gereizt und markierte sich die Seite im Buch mit einem Finger. »Ich gewöhne mich daran. Etwas anderes können wir nicht tun. Hör mal, ich will nicht unhöflich sein, aber dieses Buch ist sehr interessant.«

»Da du mich in diese Irrenanstalt geschleppt hast, finde ich, dass du dich wenigstens ein bisschen um mein Wohlergehen sorgen kannst«, entgegnete Melissa steif.

»Was soll ich denn machen?«, fragte er verärgert. »Es ist ja wohl kaum ein Gefängnis. Das Essen ist gut, und Mutter hat gesagt …«

»Mich interessiert nicht, was deine Mutter sagt«, fiel Melissa ihm wütend ins Wort. »Ehrlich, ihr alle stolziert hier herum wie die Gutsherren, dabei guck dir diese Müllhalde doch mal an. Grausam geschmacklos! Scheußliche Karoteppiche und rosa Lampen. Bäh!«

»Ich hätte gedacht«, erwiderte Paul leise, »dass eine Frau, die pinkes Haar und Kampfstiefel trägt, die Bedeutung des Wortes ›Geschmack‹ gar nicht kennt. Mutter hat gesagt …«

Melissa sprang auf. Sie empfahl Paul und dessen Mutter, loszugehen und anatomisch Unmögliches mit sich anzustellen, bevor sie aus der Bibliothek stürmte.

Von dort lief sie auf ihr Zimmer, setzte sich auf das Fußende ihres Bettes und blickte sich ratlos um. Sie sehnte sich nach ihrer Mutter, wollte den Kopf an deren von einer Schürze verhüllte Brust lehnen, die ständig nach Zwiebeln zu riechen schien, und sich die Augen aus dem Kopf weinen.

Die Tür wurde geöffnet, und Paul kam herein.

»Was willst du?«, fragte Melissa.

Er setzte sich neben sie und sah sie mit seinem Eulenblick an. »Ich wollte nur sagen, dass ich dein Haar mag.« Er nahm ihre Hand. »Du hast das ganze Gel rausgewaschen, und jetzt sieht es aus wie pinke Federn.«

»Hat deine Mutter dir erlaubt, das zu sagen?«

»Lass es gut sein, Melissa. Ich bin ein bisschen angespannt. Das hier ist völlig falsch. Schon seit ich dich zum ersten Mal gesehen habe, versuche ich, den Mut aufzubringen, dich mal einzuladen. Es waren deine Augen, denke ich. Die sind so groß und grau. Wir hätten essen gehen sollen und … und uns unterhalten, doch jetzt sind wir hier. Ich will wirklich nicht über Mutter reden. Ich möchte allerdings darauf hinweisen, dass es leichter ist zu lieben, als geliebt zu werden. Sie ist sehr besitzergreifend. Mein Vater war ein stiller Mann ohne Ehrgeiz. Ich glaube, sie hat sich von ihm scheiden lassen und Jeffrey geheiratet, weil sie nur das Beste für mich wollte – die beste Schule, die beste Universität. Ich … ich bin froh, dass ich jetzt in gewisser Weise frei bin, meine eigene Wohnung und einen Job habe, den ich mag. Du weißt ja nicht, wie das ist, schüchtern zu sein und sich in die Arbeit zu vergraben. Sicher hast du jede Menge Freunde.«

»Eigentlich nicht«, antwortete Melissa. In einem seltenen Anfall von Offenheit ergänzte sie: »Im Grunde bin ich ein schrecklicher Snob. Ich schäme mich so sehr meiner ärmlichen Herkunft, dass ich mir eine arrogante Haltung angewöhnt habe. Und schüchtern bin ich auch. Ich war nicht mal gut als Linke, weil mich Politik überhaupt nicht interessiert. Da habe ich an der Uni bloß mitgemacht, weil ich so eine Rolle spielen konnte. Und als ich in die Kernforschung ging, habe ich den Kontakt zu allen alten Bekannten abgebrochen. Zuerst waren sie ganz begeistert, dass ich den Job bekommen hatte, und meinten, ich könnte ihnen Insider-Informationen zukommen lassen. Da habe ich Angst bekommen und sie nicht wieder getroffen. Also sind wir beide uns gar nicht unähnlich.«

Vorsichtig nahm er die Brille ab und steckte sie in seine Tasche. Dann legte er die Hände an Melissas Schultern und küsste sie ungelenk auf den Mund.

Sie schlang die Arme um ihn und erwiderte den Kuss.

»Wow«, sagte er zittrig. Feuerrot im Gesicht angelte er seine Brille aus der Tasche und setzte sie wieder auf. Dann trat er ans Fenster, wo er plötzlich ausrief: »Komm her! Sieh dir das an!«

Melissa ging zu ihm. Unten stand Enrico auf Skiern und glitt aus der Einfahrt.

»Kannst du Ski fahren?«, fragte Paul.

»Ja, kann ich tatsächlich.«

»Hast du schon mal Langlauf gemacht?«

»Ja, ich war einmal in einem Skigebiet in den französischen Alpen. Es war eine dieser billigen Studentenreisen.«

Pauls Augen funkelten vor Begeisterung. »Wir könnten Enrico fragen, ob er noch ein Paar Skier hat und wir sie leihen dürfen. Dann packen wir alles ein, was wir brauchen. In einem Schrank im Spielezimmer sind alte Rucksäcke. Wir hauen einfach ab. Ich besorge eine Karte. Wir könnten es sogar bis Inverness schaffen, wenn wir frühmorgens aufbrechen und es nicht wieder zu schneien beginnt. Was sagst du?«

»Du meinst, von hier verschwinden? Sehr gern.«

»Wir verraten es keinem und schicken die Skier per Bahntransport von Inverness zurück. Jeder wird zunächst denken, wir sind nur ein bisschen Ski fahren. Sollen sie hierbleiben und den Alten umschleimen, wenn sie wollen!«

»Sobald die Straßen frei sind, müssen wir von hier verschwinden«, sagte Angela Trent zu ihrer Schwester.

»Ist das klug?«, fragte Betty. »Ich meine, Dad kann sehr eigen sein. Denk nur an seine jährliche Unterhaltszahlung an uns. Die könnte er jederzeit einstellen, wenn ihm danach ist – und Schlimmeres. Er könnte uns aus dem Testament streichen. Wir haben noch nie irgendwas gearbeitet, und jetzt sind wir zu alt, um damit anzufangen.«

Das Telefon gab ein leises »Ping« von sich. Angela nahm den Hörer ab. »Es funktioniert wieder«, sagte sie. »Das ist immerhin etwas. Ich glaube nicht, dass ich noch viel mehr ertrage, Betty.«

»Tja, mir gefällt es auch nicht«, antwortete ihre Schwester spitz. »Aber ich werde den anderen auf keinen Fall das Feld überlassen. Ist dir aufgefallen, wie sich Charles und diese Titchy an Dad heranmachen?«

»Ja.« Angela runzelte die Stirn. »Gegen das Pärchen muss etwas unternommen werden. Dad hat aufgehört, Titchy Streiche zu spielen, und sie himmelt ihn albern an, was er zu lieben scheint.«

»Ich denke mir etwas aus«, sagte Betty. »Du redest immer nur, Angela.«

»Und du bist immer nur zickig, zickig, zickig.«

Die Schwestern begannen zu zanken, obwohl Angela nicht wirklich bei der Sache war. Sie dachte über Titchy nach.

Als Betty sie darauf hinwies, dass Angela sich dringend rasieren müsste, nutzte diese es als Vorwand, um aus dem Zimmer zu stürmen. Leise schlich sie den Korridor entlang und öffnete die Tür zu Titchys Zimmer. Wie es jeder in Arrat House rasch gelernt hatte, blieb auch sie zunächst ein Stück zurück. Das Zimmer war leer.

Angela ging...



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