Bauer Der Buchdrucker der Medici
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-7099-7452-0
Verlag: Haymon Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Eine Hommage an Michael Wagner
E-Book, Deutsch, 152 Seiten
ISBN: 978-3-7099-7452-0
Verlag: Haymon Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Inmitten der Wirren des Dreißigjährigen Krieges lässt sich der Buchdruckergeselle Michael Wagner in Innsbruck nieder. Wenig später hält Wagner einen Brief der Tiroler Landesfürstin Claudia de' Medici in Händen, in dem sie ihn zum Hofdrucker ernennt. Welche Zukunft liegt vor der Wagner'schen Hofdruckerei und Buchhandlung? Welche Bücher werden dort in den Regalen stehen, welche Menschen in den Geschäftsräumen ein und aus gehen?
Christoph W. Bauer schickt Michael Wagner selbst auf die Reise. Er lässt ihn durch die Jahrzehnte und Jahrhunderte bis in unsere Gegenwart streifen, voller Neugier, Erstaunen und auch Befremden über die Umbrüche, denen er begegnet. Seine Chronik eines Unternehmens wird so zugleich zu einem unterhaltsamen, leichtfüßigen Streifzug durch mehrere Jahrhunderte der Geschichte des Buches und des Büchermachens.
Folgen Sie dem Hofbuchdrucker auf seiner mitreißenden Tour d'Horizon durch fast 400 Jahre Geschichte: Tauchen Sie ein in das Getümmel des barocken Innsbruck, erleben Sie die Wirren des Dreißigjährigen Krieges, den Ausbruch der Pest, den Tiroler Volksaufstand 1809 und die unrühmlichen Irrwege des Ersten und Zweiten Weltkrieges aus der Sicht des Buchdruckers, der über seinem Geschäft und seinen Nachfahren wacht - und so manches Mal ungläubig den Kopf schüttelt, die Augen verschließt oder sich ärgert.
Es ist eine lebendige, brillant recherchierte Alltagsgeschichte, der Christoph W. Bauer hier pulsierendes Leben einhaucht. Eine Erzählung, in der sich die großen Umbrüche und Herausforderungen der vergangenen Jahrhunderte spiegeln und nicht zuletzt ein großes Lesevergnügen, das mit spielerischer Leichtigkeit einige hundert Jahre Geschichte einfängt und erlebbar macht.
***Leichtfüßiger Streifzug durch die Geschichte des gedruckten Buches - gut recherchiert, eindrucksvoll erzählt, ein kurzweiliges Lesevergnügen.***
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März 1639. Gäch ist tot. Als Wagner davon erfährt, gibt es kein Halten mehr. Die plötzlich gebotene Chance nicht zu nützen, nie würde er sich das verzeihen. Er informiert Hans Wolf Zech, ein Glück, dass er den Schlossherrn von Kindheitstagen an kennt. Prompt fertigt Zech die benötigen Dokumente an. Einen Geburtsbrief braucht Wagner, ohne die Beglaubigung der ehelichen Abkunft stehen die Chancen schlecht. Und jetzt nichts wie – ins Bett der Gächin. Mitte August heiratet Wagner Maria Gäch. Der Rest ist nur noch ein formaler Akt. Wagner sucht bei der Landesfürstin um die Gewerbekonzession an. Nicht lange muss er auf Antwort warten: „Wir, Claudia, bekhennen offentlich mit diesem Brieff und thuen kundt meniglich, demnach unns Michael Wagner von Deubach in Unnterthänigkeit zu erkennen geben, wellichermassen er auf ableiben wailand Hans Gächen, gewesten Puechdrucker und Puechfürers allhie nachgelassenen Witib in eheliche Verheyratung sich eingelassen, auch des Khunstbrauch gemeß alhero beschrieben worden, seine erlehrnte Kunsst der Puechtruckherey neben der Puechfürerey zu yeben und zu treiben vorhabens, damit er aber solche Khunst und Hantierung unverhindert exercire, uns um unseren consens“ – Wagner ist am Ziel. „Das mainen wir gnediglich“, Claudia de’ Medici, gegeben zu Innsbruck den 11. Oktober 1639. Unverzüglich macht sich Wagner an die Arbeit. Als Drucker der Medici will er fortan nichts unversucht lassen, seiner Landesfürstin zur Ehre zu gereichen. Sie ist die Tochter des Großherzogs der Toskana, des Gründers der Villa Medici in Rom, halbe Sachen duldet sie nicht. Nach dem Tod ihres Mannes Leopold hat Claudia die Regentschaft übernommen. Einer der Männer, dem sie vertraut, ist Wilhelm Biener. Dem begegnet Wagner oft, mit Behörden hat er ohnehin stets zu tun. Für jeden Druck muss er den Sanctus der Obrigkeiten einholen. Gerade in religiösen Belangen ist mit Claudia nicht zu scherzen. Neues Letternmaterial muss angeschafft werden, besser heute als morgen. Der Gäch’sche Setzkasten ist eine Katastrophe. Das erste Druckwerk, das Wagners Presse verlässt, ist eine Tragödie. Das Drama handelt vom Burgunderkönig Sigismund, der seinen Sohn erdrosseln lässt, da er in ihm einen Verschwörer vermutet. Doch schon der Untertitel des Stücks verweist auf das schlimme Schicksal, das dem strengen Katholiken Sigismund bevorsteht. Er wird von heidnischen Ostgoten kopfüber in einen Brunnen geworfen. Seitdem gilt er als christlicher Märtyrer. Zu den Autoren der frühen Stunde gehört Hippolytus Guarinoni. Wagner stellt sich gut mit ihm, man weiß ja nie. Die Schriften des Arztes und Pfalzgrafen Guarinoni sind weit über die Grenzen des Landes hinaus bekannt. Im ersten Jahr seiner Innsbrucker Tätigkeit trifft Wagner auch auf einen Mann, dem er zeitlebens freundschaftlich verbunden bleiben wird: Johann Stadlmayr. Für den Komponisten und Innsbrucker Hofkapellmeister fertigt er einen Notendruck um den anderen an. Stadlmayr hatte schon mit Hans Gäch zusammengearbeitet. In Sachen Notensatz gibt es an Gäch nichts zu bemäkeln. Auch andere Drucke seines Vorgängers findet Wagner nicht übel. Das Werk mit den Kupferstichen des Hans Sadeler ist ein wahres Meisterstück. Die Sadeler sind Wagner von Jugend an ein Begriff, vor allem Egidius Sadeler, der gebürtige Antwerpener, einer der berühmtesten Kupferstecher seiner Zeit. Stümper war Gäch keiner, als Drucker hatte er durchaus seine Qualitäten, als Mensch jedoch – Ein stadtbekannter Feuerkopf sei Gäch gewesen, stets für einen Streit zu haben und durchaus nicht abgeneigt, die Fäuste sprechen zu lassen, schildert der Stadtapotheker. Gäch und sein Rivale Paur hätten sich derart befetzt, dass sich mitunter Menschentrauben vor den Offizinen ansammelten. Zudem habe es Gäch mit der Treue nicht immer so genau genommen. Wagner hebt abwehrend die Hände: De mortuis nil nisi bene. Aber er kommt nicht dagegen an, die Neugier öffnet ihm die Ohren. Vor dem Stadtrat seien Vorwürfe gegen Gäch erhoben worden, er habe es mit seiner Schwägerin – Seiner Frau Maria verschweigt Wagner das Gehörte. Sie weiß ohnehin besser darüber Bescheid. Mitgenommen sieht sie aus, und doch blitzt in ihr die Schönheit auf, die sie einmal gewesen sein muss. Legt sie das Häubchen ab und löst das zum Dutt gesteckte Haar, fällt es ihr schlohweiß auf die Schultern. Sie mag es nicht, wenn er sie so sieht. Manchmal kommt es Wagnervor, als habe sie Angst vor ihm. Warum er sie geheiratet hat, weiß sie. Dass er ihre Altersvorsorge bedeutet, ist beiden bewusst. Kaum war das letzte Gebet für Hans Gäch verstummt, hatten die Stadtoberen Maria zu einer erneuten Hochzeit gedrängt. Viel haben sich Maria und er nicht zu sagen. Jeder geht seiner Tätigkeit nach. Er an der Presse, sie im Aberglauben. In allem will sie ein Zeichen sehen. Den Becher führt sie erst an die Lippen, wenn sie ihn zuvor an einen anderen angestoßen hat. Das Scheppern vertreibe die Dämonen, ist sie überzeugt. Hantiert sie nicht in der Küche, ballt sie die Fäuste, drückt den Daumen unter ihre Finger. Der Daumen sei ein Glücksbringer, das stärkste Glied der Hand, mit überirdischen Fähigkeiten ausgestattet. Und um dem Teufel nicht Tür und Tor zu öffnen, reißt sie beim Gähnen die Hand vor den Mund. So halte sie den Antichrist ab, der ihr in Mückengestalt in den Körper fahren wolle. Maria ist wesentlich älter als er, jede Schwangerschaft bedeutet ein Risiko. Doch die Ehe ist zu vollziehen. Und das Ergebnis bleibt nicht aus. Wird sie Wagner einen Sohn schenken? Er hofft inständig darauf. Warum sich gegenseitig behindern? Wagner arrangiert sich mit Paur. Probleme schaffen ohnehin die Behörden. Vor allem dieser Biener. Der beißt doch die Hand, die ihn füttert. Andererseits hält Claudia große Stücke auf ihren Kanzler. Kann sich eine Landesfürstin so irren? Höflich distanziert bleibt Wagner, wenn er Biener antrifft. Mit dem möchte er sich besser nicht anlegen. Wagner misstraut ihm. Tut er genug im Kampf gegen die Schweden? Immer noch schrickt Wagner nachts auf. Zwar ist der Löwe aus Mitternacht gefallen, doch Graf Axel Oxenstierna führt den Krieg mit unverminderter Härte weiter. Bet’ Kinder bet’! Morgen kommt der Schwed. Morgen kommt der Ochsenstern. Wird den Kindern ’s Beten lern’ – Ein Glück, dass es die Porta Claudia gibt! An der Befestigungsanlage in Scharnitz war Wagner auf dem Weg nach Innsbruck vorbeigekommen. Die Regentin hatte sie errichten lassen. Augsburg vermisst Wagner sehr. Was ist Innsbruck doch für ein Dorf im Vergleich zur Residenzstadt. Allerdings weiß er sich zurückzuhalten. Man schnappt nicht nach der Hand, die einen – Die Auftragslage ist gut. Die vom Hof erlassenen Dekrete sorgen für Auslastung der Pressen. Hinzu kommt das Kalendergeschäft. Viel ist Wagner unterwegs, nach Hall, nach Brixen und Bozen, ein Marktfahrerleben eben. Es ist ein Sohn, er wird auf den Namen des Vaters getauft. Stolz wiegt Wagner seinen Nachfolger im Arm – und verbietet seiner Frau den Mund. Ein Unwetter bleibe ein Unwetter, schnauzt er sie an. Maria aber ahnt, es ist ein Zeichen, Inn und Sill treten über die Ufer, braun und stinkend wälzen sich Wasser- und Schlammmassen durch die Stadt. Und hat nicht der Arzt ihre Annahme bestätigt? Er gibt dem Neugeborenen wenig Überlebenschancen. Guarinoni schließt sich der Meinung an. Nur Wagner will nicht sehen, was sich wenige Wochen später bewahrheitet. Nach dem Tod des Kindes verfällt Maria zunehmend. Sieben Geburten haben sie geschwächt, keines der Kinder sah sie wachsen. Den ersten Mann hat sie überlebt, den zweiten kann sie nicht glücklich machen. Die einst stolze Bürgerstochter mag nicht mehr. Was haben die Städter sich nicht das Maul über sie und Hans Gäch zerrissen. Und der Wagner? Der hat sie geheiratet, wie er ihre Schwestern geehelicht hätte, um ans Ziel zu gelangen. Kaum noch verlässt Maria das Bett. Wagner starrt ins Leere. Hält er die Hand der Frau, die ihm die Tür zur Offizin geöffnet hat? Drei Monate nach dem Tod der Gächin tritt Wagner erneut vor den Traualter. Er heiratet Maria Barbisch aus Bludenz. Jung und stark ist die Barbischin, sie wird ihm den ersehnten Nachwuchs schenken, ist sich Wagner sicher. Nach Feierlichkeiten steht ihm nicht der Sinn, die Offizin braucht ihn. Doch seine Zuneigung zu Maria Barbisch ist durchaus groß. Zum ersten Mal empfindet er Liebe, die über die zum Geschäft hinausgeht. Anders als bei seiner ersten Frau fühlt sich Wagner von Maria Barbisch angezogen. Sie lehrt ihn, dass es ein Leben ohne Druckerschwärze gibt. Ungetrübt ist das Glück der beiden nicht. Ihr erstes Kind Gabriel stirbt wenige Wochen nach der Geburt. Auch Maria Elisabeth überlebt die kritischen Monate nicht. Dann kommt Ursula zur Welt, ihr folgt Maria Katharina; und endlich ein Sohn, der das Erbe antreten...