Mit Humor und allen Sinnen älter werden
E-Book, Deutsch, 176 Seiten
ISBN: 978-3-7751-7604-0
Verlag: Hänssler
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Lutz Barth (Jg. 1957) ist badischer Religionspädagoge mit rheinischem Migrationshintergrund. Der ehemalige Florist und angehender Ruheständler ist 1957 geboren und lebt in Linkenheim bei Karlsruhe. Im Jahr 2000 eröffneten er und seine Frau Annette den ersten Sinnenpark Ostergarten und damit eine ganz neue, segensreiche, missionarische Arbeit. Bibel erlebbar zu machen ist ihre Passion. Als Diakon leitete er in mehreren Gemeinden die Kinder- und Jugendarbeit. Er engagierte sich intensiv in den Medien um auch hier auf Jesus Christus aufmerksam zu machen. Ein Leben im Glauben an Jesus Christus ist tragfähig. Das bezeugte Lutz Barth, in Talkshows, in einem ZDF Familiengottesdienst mit seiner Bauchrednerpuppe Lari und in vielen Interviews. Die meisten TV und Radiobeiträge berichteten über Ostergärten und andere Projekte der Sinnenarbeit. Die größte mediale Aufmerksamkeit erfuhr der engagierte Christ mit dem Ostergarten im Europa-Park. Freizeitpark und Kirche damals unvorstellbar - aber es funktioniert bis heute. Barth schreibt für verschiedene Zeitschriften und Magazine. Er nennt sich selbst eine 'Volksausgabe'. Aus der Praxis für den Alltag, aufbauend, seelsorgerlich und ermutigend, schreibt er aus den persönlichen Erfahrungen im Leben und Glauben. Privat ist er Familienmensch und leidenschaftlicher Opi von mehreren Enkelkindern. Vögel zu beobachten, auf verschiedenen Musikinstrumenten zu spielen und in 'seinem' Baggersee zu schwimmen, das erfüllt ihn großer Freude.
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ICH WERDE ÄLTER UND DAS IST GUT SO
Wie würde die Alternative aussehen? Unterirdisch! Wer älter werden darf, ist im Vorteil, denn er darf noch leben. Natürlich möchte jeder möglichst bis zum Ende jung, schön und gesund sein. Nur, wie würde dann unser Abgang aussehen? Fällt es nicht leichter, ihn zu akzeptieren, wenn jemand sichtbar lange gelebt hat? Manchmal denke ich, ob mir manche Beschwerden nicht auch den Abschied erleichtern. Interessant fände ich auch, dem Gedanken nachzugehen, was es bedeuten würde, äußerlich und innerlich nicht zu altern.
Aber wir beide haben noch interessante Seiten vor uns und schließlich geht es hier um ein Leben, das auch beim Älterwerden noch überraschend viel zu bieten hat.
In dem Buch »Altern wie ein Gentleman« habe ich den Satz gelesen: »Die höchste Form der Weisheit ist der Friede mit dem eigenen Alter.«3 Da ist viel dran. Was uns zu der Frage leitet:
Wann ist man alt?
So lautete auch eine Sendung im Radio, die ich eine Zeit lang mitverfolgt habe. Die Antwort eines Anrufers auf diese Frage fand ich recht lustig: »Wenn ich nicht mehr Headbangen kann!« Also dann, wenn ich nicht mehr den Kopf munter zum Takt der Musik durch die Luft werfen kann. Also, wenn ich nicht mehr das tun kann, was ich als junger Mensch konnte, bin ich alt. Das Wort »alt« ist ein Schreckgespenst. Nur weil die Alternative der Tod ist, nimmt man es halt noch in Kauf, dass man dann eben alt ist.
Meine Mutter antwortete einem Arzt auf die Frage, wie alt sie sei: »Ich werde in 13 Jahren hundert!« Wobei es aufgrund ihrer genetischen Veranlagung und ihres Lebensstils durchaus realistisch ist, dass sie dieses hohe Alter erreichen wird. Ein Grund, ein Buch über das Alter zu schreiben, war, dass ich mich an einigen Stellen mit den sogenannten Falten schwertat. Hast du gemerkt, dass ich mit »schwertat« schon von der Vergangenheit rede? In der Tat hat mein Schreckgespenst etwas von seiner Größe verloren, seit ich mich intensiv mit dem Thema beschäftige. Nun musst du wissen, dass ich als junger Mensch darunter gelitten habe, immer für jünger gehalten zu werden. Das liegt bei uns Barths in den Genen, es ging meiner Mutter so und auch meinen Töchtern. Später empfand ich es als angenehm, weil ich nie auf mein wirkliches Alter geschätzt wurde – jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, an dem ich dieses Buch herausgab.
Das Alter ist relativ. Das Älterwerden kann sehr früh anfangen, je nach Sichtweise und Alter des Gegenübers. Vor vielen Jahren erzählte unsere Babysitterin, die damals vierzehn Jahre alt war, meiner Frau, dass sie in der Jungschar mit einer alten Frau zusammenarbeiten würde. »Ja, wie alt ist sie denn?«, fragte meine Frau. »Dreißig!«, kam es wie aus der Pistole geschossen. Meine Frau war gerade dreißig geworden – kannst du dir vorstellen, wie alt sie sich in diesem Moment fühlte? Dieses junge Mädchen feierte später jahrelang immer ihren 29. Geburtstag. Mittlerweile gibt es sogar Karten: Schon wieder 29 – herzlichen Glückwunsch!
Alt klingt oft nach Ende und keine Freude mehr haben, aber so ist es Gott sei Dank meistens nicht. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich mit vielen Jahren Erfahrung auf dem Buckel realistischer lebe. Außerdem weiß ich, dass es nicht die großen Highlights sind, sondern die kleinen Dinge und Erlebnisse, die das Leben schön und lebenswert machen. Und wenn man aufgrund seiner langjährigen Erfahrung eine Lösung für ein Problem gefunden hat, ist das ebenso ein enormer Glücksfaktor.
Ein Beispiel hierzu. Du kennst wahrscheinlich Vorschläge wie: Wir sollten uns einmal in der Woche für eine halbe Stunde treffen. Meine Erfahrung ist die, dass dies nur so lange funktioniert, solange die Zeit auch tatsächlich eingehalten wird. Aber oft wird es länger und anfangs ist das auch geduldet, aber dann brechen diese Treffen irgendwann ab. Wird jedoch von Anfang an grundsätzlich auf die Zeit geachtet, funktionieren solche Treffen oder Telefonate auf lange Sicht. Solche Erkenntnisse helfen.
Wann ist man also alt? Muss man diese Frage überhaupt stellen? Welche Antwort kann ich darauf erwarten?
Alt ist man erst mit 75. So wurde es von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) 1980 festgelegt. Mit 90 ist man hochbetagt und ab 100 gilt man als Langlebiger. Die Gruppe der 60- bis 74-Jährigen sind die älteren Menschen.4 Wobei ich bei der Einteilung auch andere Zahlen gelesen habe.
Das Alter richtet sich nach dem Abbauprozess, der mit dem Tod endet. Diese Aussage fand ich bei Gesundheit mal vier.5
Jetzt ist die Frage geklärt, oder? Ich glaube, vieles hängt an der unausgesprochenen Frage: »Ist mein Abbauprozess schon so weit, dass ich dem Tod näher bin?«
Wenn der Humor zielgerichtet angewendet werden sollte, dann doch auf die Frage, wie ich jetzt mit allen Einschränkungen und Falten gut leben kann. Wie kann es funktionieren, fröhlicher, leichter und trotzdem realistischer zu leben? Was geht und was kann ich ausbauen, wie kann ich intensiv leben?
Als meine Frau kurz vor ihren Hüft-OPs stand und ich sie Hinkebeinchen nannte, waren manche irritiert. Aber ich benutzte diesen nett gemeinten Kosenamen zur Verniedlichung und um die Schwere aufzuheben. Das wusste sie und hörte es hinter meinen Worten. Schmerzen machen mürbe, aber sie sind besser zu ertragen, wenn man ihnen nicht auch noch einen großen Stellenwert einräumt. Zwischendurch werden sie mit Humor einfach entmachtet – so!
Wie wäre es an dieser Stelle mit zwei Witzen zur Auflockerung?
»Wie bringt man eine Frauenrunde zum Schweigen? Indem man sagt: Die Älteste beginnt!«
»Die Schmerzen im linken Bein sind altersbedingt«, sagt der Arzt zum Patienten. »Das kann nicht sein! Mein rechtes Bein ist genauso alt und tut nicht weh!«
Jetzt erst einmal eine gute Nachricht, die mich sehr überrascht hat: Menschen nach dem 65. Lebensjahr sind besonders glücklich.
Die Statistik macht Mut – unglaubliche Erkenntnisse
Nun könntest du glauben, dass ich Statistik liebe. Nein, trockene Statistik ist nicht mein Fall. Aber manchmal, wenn sie nah am Leben ist, dann finde ich sie hilfreich. Sie kann dann objektiv den Überblick geben, weil meine Wahrnehmung meist punktuell und nicht für eine Verallgemeinerung taugt. Wenn die Ergebnisse der Statistik sich mit meinen eigenen Erfahrungen decken, dann umso besser. Hier können die Menschen mit vielen Jahresringen natürlich mehr abschöpfen.
So, und jetzt zu den interessanten Statistiken, die uns in Bezug auf das Älterwerden Ängste nehmen können, Hinweise für einen guten Umgang mit den Veränderungen geben oder uns einfach staunen lassen. Ich beziehe mich hier weitgehend auf das Buch »Die bessere Hälfte« von Dr. Eckart von Hirschhausen und Prof. Dr. Tobias Esch. Auf vergleichbare Studien bin ich auch bei anderen Autoren gestoßen.
Ob wir Menschen uns wohlfühlen, hängt der britischen Million Women Study zufolge offensichtlich mehr von dem inneren Wohlempfinden ab als von äußeren Faktoren. Hirschhausen und Esch entnehmen der Studie, dass Frauen ab sechzig zufriedener werden. Eine echte Sensation nennen sie es, dass viele Menschen der Jugend nicht nachtrauern. Die stillen, zufriedenen Alten fallen nicht auf, sie sind weniger krank und sind auch für die Wirtschaft keine lukrative Gruppe, weil man ihnen nichts Unnützes verkaufen kann. Die deutsche Langzeitstudie Sozio-ökonomisches Panel (SOEP) belegt ebenfalls, dass nach der Lebensmitte ein Anstieg der Zufriedenheit erfolgt.6
In seiner Studie Experiences of Salience and Happiness mit 3 000 Teilnehmern kommt der Glücksforscher Tobias Esch zu dem Ergebnis, dass Männer etwa ab dem 60. Lebensjahr Frauen in der Zufriedenheit überholen. Außerdem stellt er fest: »Die Gleichung ›unzufrieden = ungesund = früher tot‹ oder ›zufrieden = gesund = langes Leben‹ funktioniert so nicht.«7
Ich weiß – das Leben kann sich durch einen Unfall oder eine Krankheit sehr schnell ändern. Und wenn die finanziellen Umstände sehr miserabel sind, fällt da manches auch aus der Spur. Trotzdem möchte ich eine Tür öffnen, die mir und dir und anderen sicherlich Mut machen kann.
Aus den Medien erhalten wir kein realistisches Bild über die Älteren. Sie werden eher als Problemfall geschildert, weil sie zu lange leben, im Pflegeheim hohe Kosten anfallen, sie die Krankenkassen belasten, ältere Arbeitnehmer häufiger krank sind und so weiter. Die große Mehrheit der glücklichen und zufriedenen Älteren fällt nicht auf. Wie viele fitte Senioren stützen ehrenamtliche Tätigkeiten? Opas und Omas, die die jungen Familien stützen und sich einbringen in die Versorgung der Kleinen? Mittlerweile schätzen es immer mehr Firmen, wenn sie eine gute Mischung von jungen und älteren Mitarbeitenden haben. Das Wissen und die Erfahrung gepaart mit Energie und dem Durst der Jungen nach Neuem gibt gute Früchte.
Eine Überraschung für mich war, dass der geringste Anteil der älteren Bevölkerung in Heimen lebt. Die allermeisten leben in ihren eigenen vier Wänden. Die Medien bilden immer nur einen Teil der Realität ab. Schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten – weil sie mehr Aufmerksamkeit und somit mehr Geld bringen.
Wer mit negativem Stress gut zurechtkommt, der gewinnt Jahre dazu. Die eigenen Umstände zu akzeptieren, setzt Energie frei. So auch beim Altern mitsamt seinen Begleitumständen. Trotz zahlreicher gesundheitlicher Baustellen, die mich hin und wieder nerven, Schmerzen verursachen und viele Termine bei Ärzten mit sich bringen, bin ich nicht unglücklich. Die...