Barns | Bratapfel am Meer (Neuauflage) | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 352 Seiten

Reihe: HarperCollins

Barns Bratapfel am Meer (Neuauflage)


1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7499-5094-2
Verlag: HarperCollins
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 352 Seiten

Reihe: HarperCollins

ISBN: 978-3-7499-5094-2
Verlag: HarperCollins
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



»Bring meine Kette zurück zu meiner großen Liebe, nach Juist!« Nur wenige Stunden vor ihrem Tod hat Caros Patientin ihr dieses Versprechen abgenommen. Nun steht Caro auf dem Klinikflur, der ihr alltäglicher Arbeitsplatz ist, und hält Elfriedes kunstvoll gearbeitete Perlenkette in den Händen. Sie spürt, dass dieses Schmuckstück ein ganz besonderes Geheimnis birgt, und beschließt, zum Jahreswechsel auf die kleine Nordseeinsel Juist zu fahren. So kann sie Elfriedes Wunsch erfüllen und sich, bei eisigem Wind und rauer Brandung vor den Fenstern, mit heißem Apfelpunsch die kleine Auszeit nehmen, nach der sie sich schon lange sehnt.
»Ich habe sehnsüchtig auf das neue Buch von Anne Barns gewartet und wurde nicht enttäuscht.«
Leserstimme auf Amazon
»Ein wunderschöner Roman, der mich zum Lachen und Weinen gebracht hat.«
Leserstimme auf Lovelybooks über »Apfelkuchen am Meer«



Anne Barns ist ein Pseudonym der Autorin Andrea Russo. Sie hat vor einigen Jahren ihren Beruf als Lehrerin aufgegeben, um sich ganz auf ihre Bücher konzentrieren zu können. Sie liebt Lesen, Kuchen und das Meer. Zum Schreiben zieht sie sich am liebsten auf eine Insel zurück, wenn möglich in die Nähe einer guten Bäckerei.

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1. Kapitel

Es gibt Dinge, die ich für immer mit meiner Großmutter verbinden werde. Sie war es, die mir Radfahren beigebracht hat. Von ihr habe ich gelernt, wie man Kirschen entkernt. Und sie hat mir gezeigt, wie man den weltbesten aller Stollen backt, ohne Hefe, ohne Gehzeiten, und er schmeckt sofort nach dem Backen.

Ich schütte Zitronat und Orangeat in den Mixer, gebe zwei Eier dazu und püriere alles zu einer homogenen Masse. Im Originalrezept werden die kandierten Zitrusschalen in gehackter Form zum Teig gegeben. Aber als Kind mochte ich es gar nicht, auf die relativ festen kleinen Teilchen zu beißen. Deswegen hat Oma immer den kleinen Kniff angewendet, sie vorher zu pürieren. Genau wie die Zwiebeln, die sie so in die Fleischklopse gemogelt hat, denke ich, und ein Lächeln huscht über mein Gesicht.

Seit heute Nachmittag läuft der Backofen auf Hochtouren. Die Küche sieht aus wie ein Schlachtfeld. Etliche Schüsseln, Löffel, Messbecher, leere Eierschachteln, halb volle Mehl- und Zuckerpackungen, leere Backpulvertüten und andere Verpackungsreste stapeln sich auf der Arbeitsplatte. Eine Mehlspur verläuft vom Küchentisch über den Fußboden bis zur Spüle. Und an den Fliesen kleben Teigspritzer. Wie ich das wieder geschafft habe, weiß ich nicht.

Egal, denke ich und schütte die Eiermischung in die Schüssel mit den restlichen Zutaten. Das Geschirr kann warten, das Leben nicht! So steht es auf dem Blechschild, das ich letztens in einem kleinen Geschenkladen entdeckt habe und unbedingt kaufen musste. Jetzt hat es einen Ehrenplatz, dort, wo bis vor sechs Monaten noch Jörns Smoothie-Maker stand. Beide gehören mittlerweile der Vergangenheit an. Ein kleiner Stich fährt durch mein Herz. Es wird noch eine Weile dauern, bis ich endgültig darüber hinweg bin. Aber immerhin breche ich inzwischen nicht mehr unkontrolliert in Tränen aus. Ich straffe die Schultern. Positiv denken, Caro. Das Single-Dasein hat auch seine Vorteile. Und außerdem steckt in jeder Krise auch eine Chance, wie man so schön sagt. Noch einmal schaue ich auf das Blechschild, nehme mir felsenfest vor, mich nie wieder auf einen Mann mit Ordnungstick einzulassen, und greife genussvoll mit beiden Händen in den Teig.

Beim Kneten beobachte ich die dicken Schneeflocken, die schon seit heute Morgen schwerfällig vom Himmel fallen. Auf den Straßen liegt zentimeterhoch Schnee. Irgendwo in der Nähe schippt ein Nachbar die Straße. Ein Geräusch, das man die letzten Tage häufiger hört. Gut, dass ich erst im neuen Jahr wieder mit Schippen dran bin, denke ich. Und dass ich unbedingt jemanden finden muss, der das für mich erledigt, wenn ich Frühdienst habe.

Im Wohnzimmer, das sich direkt an die offene Küche anschließt, läuft meine Weihnachtsplaylist. Gerade im Moment höre ich meine Lieblingsversion von »Ave Maria«. Wie immer breitet sich dabei eine wohlige Gänsehaut auf meinem Körper aus. Ich weiß nicht, warum, aber irgendwie berührt mich der Song ganz besonders, wenn Nina Hagen ihn mit ihrer tiefen und ganz speziellen Stimme singt.

Da der Teig noch zu feucht ist, schütte ich etwas Mehl dazu. Schließlich knete ich Haselnüsse und Datteln unter, fülle die Masse in eine Stollenform und stelle sie in den Ofen.

Ich wische mir die Hände ab, lasse mich auf einen der Küchenstühle sinken und schaue zur Uhr. Kurz vor sieben, jeden Moment müsste Jörn hier auftauchen, um mir Einstein zu bringen. Kaum habe ich den Gedanken zu Ende gedacht, klingelt es zweimal ganz kurz hintereinander. Ich atme tief ein, zähle bis fünf, und prompt klingelt es zum dritten Mal. Manche Dinge ändern sich nie. Geduld war noch nie Jörns Stärke. Ich stehe auf, öffne die Tür und warte.

»Da bist du ja, du alter Ganove.« Mein Herz geht auf, als der Bobtail die Treppe herauf- und auf mich zugestürmt kommt. Er wackelt vor Freude mit dem ganzen Körper und springt an mir hoch. »Unten bleiben«, schimpfe ich. »Du bist ganz nass.« Ich schnappe nach dem Handtuch, das ich extra bereitgelegt habe, und rubbele Einstein ab.

»Hi!«, ertönt da eine dunkle Männerstimme.

Ich schaue auf und sehe Jörn in der Tür stehen. »Hallo.«

»Wir mussten leider etwas weiter weg parken.« Jörn schnuppert durch die Luft. »Gut riecht es hier. Was backst du?«

»Momentan ist Stollen im Ofen. Aber vorher habe ich schon Apfelbrot und ein paar Lebkuchen gebacken.«

»Mmh«, macht Jörn. »Das klingt gut.«

»Ist es«, entgegne ich knapp.

Jörn fährt sich durchs Haar, auf dem gerade die letzten Schneeflocken schmelzen. »Ach, Scheiße, Caro.«

Alarmiert horche ich auf. In seiner Stimme klingt ein etwas höherer Ton mit, er klingt wehleidig. »Ist was mit Einstein?« Er ist schon über zehn Jahre alt, seine linke Hüfte macht nicht mehr so mit, und in der letzten Zeit hat er schlecht gefressen.

»Nein. Es ist nur so, dass …« Er winkt ab. »Ach, schon gut.«

Ich zögere einen Moment, bevor ich einen Schritt zur Seite gehe. »Komm doch kurz rein.« Ich wuschele Einstein noch einmal durch das Fell. »Und du, ab mit dir, in dein Körbchen. Da wartet etwas Leckeres auf dich.«

Einstein schießt los. Wie immer rutscht er mit seinen Pfoten etwas weg, als er über die glatten Fliesen rennt, und ich nehme mir vor, endlich ein paar Teppichläufer zu besorgen.

Jörn geht hinter mir her in die Küche und lässt seinen Blick über das Chaos schweifen. »Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich das hier alles vermisse.« Er lächelt wehmütig. »Dein Stollen ist der beste, den ich je gegessen habe.«

»Ich schreibe Fiona gerne das Rezept auf.« Den Sarkasmus in meiner Stimme versuche ich gar nicht erst zu unterdrücken.

»Ja, du hast ja recht«, sagt Jörn. »Ich kann verstehen, dass du immer noch sauer bist. Ich habe es nicht anders verdient, aber …« Er lächelt schief und zuckt mit den Schultern.

»Wie kommst du darauf, dass ich immer noch sauer bin?«, frage ich. »Das würde heißen«, ich lächle zuckersüß, »dass du mir noch was bedeutest.«

»Autsch!«, sagt Jörn.

Das war gemein und so nicht ganz richtig. Ich habe jetzt ein halbes Jahr Zeit gehabt, um mich zu entlieben, aber es ist mir immer noch nicht ganz gelungen. Doch das muss ich Jörn nicht unbedingt auf die Nase binden. Mir liegt eine Entschuldigung für meine Bemerkung auf den Lippen, die ich mir jedoch im letzten Moment verkneife. Gerade noch rechtzeitig erscheint das Bild vor meinem inneren Auge, bei dem mir auch jetzt wieder die Galle hochkommt: Jörn und Fiona in inniger Umarmung und mit verschmolzenen Mündern im Vereinshaus unseres Sportvereins. Der Schmerz sitzt immer noch tief.

Ich betrachte meinen Noch-Mann einen Moment, schließlich seufze ich, gehe zum Kühlschrank, hole eine Flasche Apfelschorle heraus, gieße zwei meiner nigelnagelneuen Bechergläser damit voll und reiche ihm eins davon.

Jörn dreht das Glas in seinen Händen. »Deine Lieblingsfarbe. Blau.« Er lächelt schief und sieht sich noch einmal um. »Es ist wirklich schön hier. Die Küche passt zu dir.«

Ich ignoriere die Tatsache, dass Jörn sich plötzlich an meine Lieblingsfarbe erinnert, und betrachte ihn etwas genauer, während wir trinken. Mein Noch-Mann hat abgenommen und dunkle Ringe unter den Augen. Jörn stand seine Verfassung schon immer ins Gesicht geschrieben. Er sieht müde und traurig aus. Ob etwas mit seinen Eltern nicht stimmt? Sein Vater hat vor zwei Jahren einen Herzschrittmacher eingesetzt bekommen. Und seine Mutter kommt mit ihrem Diabetes nicht zurecht.

»Was ist los?«, frage ich.

Jörn zuckt mit den Schultern. Ich beobachte über den Gläserrand hinweg, dass seine Augenlider flattern. Irgendwas ist da passiert, da bin ich mir sicher.

»Fiona hat mich verlassen.«

Ich hätte nicht trinken sollen, nachdem ich Jörn die Frage gestellt habe. Sofort verschlucke ich mich und schaffe es gerade noch rechtzeitig bis zum Waschbecken, in das ich die Schorle pruste.

Als ich mich wieder aufrichte, zieht sich mein Oberbauch kolikartig zusammen.

»Scheiße«, fluche ich, krümme mich vor Schmerzen und schnappe nach Luft.

Jörn ist sofort zur Stelle.

Er legt seinen Arm um meine Schulter. »Was ist los? Muss ich einen Arzt rufen?«

»Quatsch«, ich schiebe seinen Arm von mir weg. »Das war ein Zwerchfellkrampf. Ich habe mich verschluckt und dabei zu viel Luft eingeatmet. In zwei Minuten geht es mir wieder gut.«

Jörn dreht sich um, geht zum Küchenschrank, zieht die zweite Schublade von oben auf, holt eine Serviette heraus und reicht sie mir. »Du bist ganz nass im Gesicht.«

»Nicht schlecht! Du stehst heute zum dritten Mal hier bei mir in der Küche und weißt, wo ich die Servietten aufbewahre.« Ich tupfe mir über das Gesicht. »Ich zieh immer noch eine Schublade nach der anderen auf, wenn ich irgendwas suche.«

»In unserer Wohnung hast du sie auch in der zweiten Schublade aufbewahrt. In die darüber hast du die Teelichte gepackt und darunter …« Er denkt einen Moment nach und lächelt. »… die Geflügelschere, den Nussknacker und andere Dinge, die wir nicht so oft gebraucht haben.«

»Stimmt.« Ein Lächeln huscht über mein Gesicht. Zum ersten Mal, seitdem Jörn hier ist, ist es echt. »Und wenn ich sie mal benutzen wollte, wusste ich trotzdem nicht, wo ich sie finde.«

»Ja, ich weiß.« Auch Jörn lächelt, aber seine Augen sind traurig.

Ich fühle kurz in mich hinein. Normalerweise müsste ich jetzt eine gewisse Schadenfreude verspüren, aber stattdessen ist es tatsächlich Mitleid, das in mir aufkeimt. Wahrscheinlich...



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