E-Book, Deutsch, Band 0002, 224 Seiten
Reihe: Historical Herzensbrecher
Barclay Schottische Ballade
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7337-5301-6
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 0002, 224 Seiten
Reihe: Historical Herzensbrecher
ISBN: 978-3-7337-5301-6
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
'Du kannst dich nicht gegen das Unabwendbare wehren', flüstert Lion, Lord Sutherland, Rowena ins Ohr. Sein warmer Atem streicht über ihre Haut; seine zärtlichen Worte beschwören alte Gefühle herauf. Er war ihre große Liebe ... bis er aus Schottland verschwand. Ihn nun wiederzusehen ist schrecklich. Verwirrend. Und unglaublich erregend ...
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PROLOG
Highlands, Juli 1384
Er war nicht gekommen.
Rowena MacBean schloss die Augen und ließ den Kopf hängen. Ungewollt strich sie über ihren Bauch. Noch war er flach, doch wenn Old Meg recht behielt mit dem, was sie Rowena diesen Morgen gesagt hatte – und die Hebamme wusste, wovon sie sprach –, dann sollte es nicht lange so bleiben.
Rowena trug Lion Sutherlands Kind unter dem Herzen.
Die Freude, die sie bei dieser Nachricht empfunden hatte, hatte sich in Furcht und Schrecken gewandelt, als die Zeit verstrich und Lion nicht kam. Ein Schauder ergriff sie, als sie an zu Hause dachte.
„Du Närrin!“, würde ihre Mutter schelten. „Was hast du dir gedacht, dich mit seinesgleichen einzulassen? Wenn der Erbe des allmächtigen Sutherland-Clans freit, dann eine Frau, die so reich und nobel ist wie er selbst, und gewiss nicht eine niedrige MacBean-Dirne. Und warum sollte er auch, wenn du ihm alles freiwillig gibst?“
Rowena würde gewiss Schläge bekommen und den Schmerz in den Augen ihres älteren Bruders ertragen müssen, und den Hohn und Spott der Burschen, die sie ausgeschlagen hatte.
„Lion ist nicht wie die anderen, Mutter“, flüsterte sie und lehnte sich gegen den Stamm der alten Kiefer. Seit zwei Monaten, seit sie sich beim Sippentag im Mai kennengelernt hatten, hatten sie sich heimlich hier in den Wäldern zwischen dem Tarbert Keep und der großen Burg der Sutherlands in Kinduin getroffen.
Er würde kommen. Lion war immer gekommen. Auch wenn er von nobler Geburt war und in Reichtum lebte, stellte er die Ehre über alles. Er hatte gesagt, dass er sie liebe. Er hatte ihr versprochen, sie in drei Jahren zur Frau zu nehmen, wenn er aus Frankreich zurückkehrte, wohin sein Vater ihn zur Erziehung schickte. „Dann bist du achtzehn Jahre“, hatte Lion gesagt und sie fest in die Arme genommen. „Zusammen werden wir mein kleines Reich in Glenshee regieren.“
Der Gedanke an seine Liebe wärmte sie, gab ihrer niedergeschlagenen Seele einen Schimmer Hoffnung.
Lion liebte sie. Er würde kommen. Er hatte sich bloß verspätet.
Er hat sich noch niemals verspätet. Nicht ein einziges Mal in den letzten beiden Monaten. Meistens war er ihr bis kurz vor Tarbert entgegengekommen, so begierig war er gewesen, sie zu sehen. Er wäre sogar bis an ihre Haustür gekommen, hätte sie es ihm erlaubt, doch da sie den Zorn der Mutter fürchtete, hatte Rowena darauf bestanden, ihn im Geheimen zu treffen.
Die Vorbereitungen für seine Reise nach Frankreich, zu der er in zwei Wochen aufbrechen sollte, mussten ihn aufgehalten haben.
Könnte ihre Enthüllung seine Pläne zunichtemachen?
Sie schwankte in ihrem Glauben an ihn, doch dann rief sie sich Lions Ausdruck ins Gedächtnis, als er sie geküsst hatte, seinen Mund mit dem betörenden Lächeln, seine bernsteinfarbenen Augen, in denen die Liebe leuchtete. Lion, ihr Lion mit der schwarzen Mähne, würde sie nicht fallen lassen. Er würde seine Eltern überreden, einer Heirat zuzustimmen. Er würde sie mit sich nach Frankreich nehmen. Auch wenn der Hof dort prächtiger und reicher wäre als in Kinduin selbst, an Lions Seite wäre sie tapfer genug, vor den fremden Adeligen zu bestehen. Sie wollte sich samtene Kleider nähen, wie sie auch Lady Elspeth, Lions Mutter, trug. Rowena wollte selbst ihr blondes wildes Haar bändigen und unter einer steifen Haube verstecken, wie sie bei den hohen Frauen Mode war. Sie wollte so hart arbeiten, um eine Dame zu werden, deren Lion sich nicht schämen musste.
Ihr Lion. Stark und tapfer, von wildem Temperament, schnell von Zorn erfasst, noch schneller verzeihend. Und so zärtlich und sanft mit ihr. Die Erinnerung daran belebte ihre Sinne. Er liebte sie.
Rowena zog die Chamarre fester um sich und richtete ihren Blick auf den Pfad. Eine Stunde verging. Und noch eine. Sie ließ die Schultern hängen. Vier Stunden wartete sie nun schon. Bald würde die Nacht hereinbrechen. Wenn sie nicht bald losginge, müsste sie bei Dunkelheit nach Hause reiten.
Als die Sonne langsam hinter den majestätischen Bergen versank, band Rowena ihr Pony los und saß auf. Sie fühlte sich schwach und steif wie eine alte Frau, geschunden und geschlagen. Nun, sie sollte bald genug Schläge erhalten, wenn ihre Mutter herausfand, dass sie einen Bastard unter ihrem Herzen trug.
Als sie die Holzpforte von Tarbert erreichte, war es bereits völlig dunkel. Der zahnlose Will reckte sich über die Mauer und blickte auf sie herab.
„Du kommst aber spät, Mädchen.“
„Ja.“ Ihre Füße schienen zu Eisklumpen erstarrt, als sie im Hof vom Pferd stieg. In der Dunkelheit schien Tarbert Tower finster und abweisend. Durch die schmalen Pfeilschlitze der Großen Halle schimmerte Licht. Die Leute waren beim abendlichen Mahl versammelt. Rowenas Magen knurrte, doch sie konnte ihnen jetzt nicht unter die Augen treten. Schnell schlüpfte sie durch die Küche und über die Hintertreppe in ihre kleine Kammer.
Zitternd entkleidete sie sich im Dunkeln und kroch unter die klamme Decke. Nun erst ließ sie ihren Tränen freien Lauf. Sie weinte, wie sie es schon Jahre nicht mehr getan hatte. Erschöpft schlief sie ein, um beim ersten Morgengrauen wieder zu erwachen.
Was sollte sie bloß tun? Sie entwarf und verwarf ein gutes Dutzend Pläne. Nur eines machte Sinn. Sie musste nach Kinduin reiten und mit Lion sprechen. Erst dann konnte sie eine Entscheidung treffen.
Obgleich es bereits Sommer war, war es eisig kalt in der kleinen Kammer, als sie sich wusch und ihr bestes Festtagsgewand anlegte. Sie bürstete ihre langen Flechten und zwang sie in geordnete Zöpfe. Ihre Hände zitterten, als sie die Zöpfe um den Kopf feststeckte, wie sie es bei den feinen Damen gesehen hatte. Sie besaß nur ein einziges Schmuckstück, eine Nadel in Form eines Schwanes, die sie von ihrem Vater in ihrem dreizehnten Lebensjahr erhalten hatte. Sie befestigte damit ihre Chamarre und schlich sich aus der Kammer.
Niemand außer ihr war bereits auf den Beinen, als sie ihr Pony sattelte. Der Wache am Tor erzählte sie, dass sie einen Botengang im Dorf zu erledigen habe. Die fünf Meilen bis nach Kinduin vergingen zu schnell und doch zu langsam, denn alles in ihr war verkrampft, ihre Sinne waren bis aufs Äußerste gespannt. Angst hatte sie übermannt, als sie die Tore von Kinduin erreicht hatte. Ihre Stimme klang zittrig, als sie der Wache im Torhaus ihren Namen nannte. Nach schier endlos langem Warten öffnete sich die schmale Pforte in der Zugbrücke, und ein Soldat im dunklen Tartan der Sutherlands trat auf sie zu.
„Was willst du?“, fragte er schroff.
„I…ich wollte L…Lion Sutherland sehen.“
„Bist du allein?“ Er blickte sich um, als erwartete er, dass hinter ihr Männer aus den Felsen hervorbrachen.
„Ja. K…kann ich mit ihm sprechen?“
„Er ist nicht da.“
„Nicht hier? Wo …?“
„Frankreich“, entgegnete der Soldat kurz. „Er ist nach Frankreich abgereist.“
„Aber … er sollte doch erst in zwei Wochen fort.“
„Pläne ändern sich.“
Nein. Er konnte nicht gegangen sein … nicht, ohne ihr ein Wort zu sagen. Wie betäubt schwankte Rowena im Sattel. „Warum?“, flüsterte sie.
Der Mann blickte misstrauisch. „Wer bist du?“
„R…Rowena MacBean. Ich …“
„MacBean!“ Er kniff die Augen zusammen. Er trat näher und blickte ihr finster ins Gesicht. „Was will denn eine niedrige MacBean-Dirne von unserem Sir Lion? Glaubst du, du kannst ihn in dein Bett locken und dir so einen reichen Ehemann angeln? Verschwinde, bevor ich dich mit meinem Schwert davonjage.“
Rowena wandte ihr Pferd und trieb es den steilen Pfad hinunter, mehr um dem entsetzlichen Schmerz zu entgehen als aus Angst vor den Drohungen. Am Fuße des Hügels gab sie ihrem Pony die Zügel, doch auch der Wind vertrieb nicht den Zorn in ihrem Herzen. Er war gegangen. Er hatte sie ohne ein Wort verlassen. Als sie Tarbert erreichte, hatte sich ihr Schmerz in Wut gewandelt.
Sie war niemals leichtgläubig und vertrauensselig gewesen. Doch mit Verstand, Zärtlichkeit und Verführungskunst hatte Lion sie dazu gebracht, ihm zu vertrauen. Wie musste er triumphiert haben, als sie ihm ihre Unschuld darbot. So böse sie ihm auch war, noch zorniger war sie mit sich selbst. Sie hätte es besser wissen sollen.
„Niedrige MacBean-Dirne“ hatte die Wache sie genannt, und Tarbert bot gewiss nicht viel – einige heruntergekommene Gebäude, ein paar Stück mageres Vieh. Seit Generationen hatten die MacBeans ihr Auskommen gefunden, indem sie anderer Leute Pferde zuritten. Es brachte Essen auf ihren Tisch, Kleidung auf den Leib, doch nicht mehr. Der Burgfried indes war sauber, ihre Leute waren ehrlich. Und das ist mehr, als man vom Erben der Sutherlands sagen kann, dachte sie.
Die MacBeans waren beim Mittagsmahl versammelt, als sie in den Hof ritt. Niemand kam, um ihr das Pony abzunehmen, so führte sie es selbst in den Stall. Sie löste den Sattelgurt, dann hob sie den schweren Sattel vom Pferd.
„Lass mich das machen“, befahl eine raue Stimme.
Rowena erschrak und wandte sich um. „Oh, Ihr seid es, Laird Padruig.“ Sie beugte ihr Haupt zum Gruße, denn er war ein Auftraggeber ihres Bruders John, der seine Ponys zugeritten hatte.
„Wo warst du?“, fragte er. Selbst beim schwachen Licht waren die Falten in seinem wettergegerbten Gesicht und seine rauen Züge zu sehen. Seine Augen blickten kalt, sein Mund lächelte niemals.
„R…reiten.“ Sie verspürte keine Lust auf...