E-Book, Deutsch, Band 3, 300 Seiten
Reihe: Simpel und Ziegler
Ballwieser / Rinkes SchneeWehen
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-86913-480-2
Verlag: ars vivendi
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Simpels und Zieglers dritter Fall
E-Book, Deutsch, Band 3, 300 Seiten
Reihe: Simpel und Ziegler
ISBN: 978-3-86913-480-2
Verlag: ars vivendi
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Eine tote Italienerin im niedergebrannten Dorfgasthof, zwei Babyleichen, vergraben unterm Walnussbaum, und eine Krankenschwester, die sich vom Dach des Nürnberger Südklinikums stürzt. Mitten im Vorweihnachtstrubel hat das ungleiche Ermittlerpaar Stefan Simpel und Mike Ziegler alle Hände voll zu tun, Licht in das Dunkel dieser Fälle zu bringen. Schnell ist klar: Nicht alle Dorfbewohner haben eine weiße Weste, doch wer weiß mehr, als er zugibt? Obendrein bremst ein handfester Jahrhundertwinter die Spurensucher, und auch der neue Dienststellenleiter stellt die Geduld der Kommissare hart auf die Probe. Erst eine Reise nach Trient bringt den entscheidenden Durchbruch ...
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»Verdammter …« »Frau Doktor Pfeiffer – hoppla!« Simpel hatte der Gerichtsmedizinerin gerade noch die Hand reichen können, sonst wäre sie ohne Zweifel auf ihrem Hosenboden gelandet. Die gefrorenen Löschwasserpfützen waren tückisch. Wie erwartet, war es hier draußen auf dem Land deutlich kälter als in Schwabach. »Danke. Sieh an, der Kommissar mit dem empfindlichen Magen. Wo ist denn Ihr charmanter Kollege?« Simpel erinnerte sich nur ungern an die Szene in der Rechtsmedizin, als ihm während der Obduktion der Goldschläger-Leiche speiübel geworden war. Und das ausgerechnet unter den spöttischen Augen von Mike Ziegler. »Hauptkommissar Ziegler ist nach Nürnberg versetzt worden. Aber vielleicht haben Sie bald die Gelegenheit ihn wiederzusehen, er ist dort ebenfalls bei der Mordkommission.« »Grüßen Sie ihn bitte recht herzlich von mir. Doch genug geplaudert. Was haben Sie für mich?« »Eine unbekannte Leiche, völlig verbrannt. Den Kleidungsresten nach zu urteilen eine Frau. Die Feuerwehr hat sie erst heute Morgen bei den Aufräumarbeiten gefunden. Sie war unter dem Schutt begraben.« Dr. Pfeiffer sah sich um. Beißender Brandgeruch lag in der Luft. Überall verkohlte Balken, zerbrochene Dachziegel und kaputte Fenster. Das Haus war nur noch ein Trümmerhaufen. »Die Decke ist eingestürzt, ich sehe schon. Weitere Opfer?« »Keine. Das Gebäude ist ein alter Gasthof, der schon länger leer steht. Die Tote, falls unsere Vermutung stimmt, dass es sich um eine Frau handelt, stammt aller Wahrscheinlichkeit nach nicht aus dem Dorf. Es wird jedenfalls niemand vermisst. Mehr wissen wir noch nicht.« »Na, jetzt bin ja ich da. Wäre doch gelacht, wenn wir unserer Unbekannten ihre Geheimnisse nicht entlocken könnten.« Sie zog sich den Einwegoverall über und machte sich an die Arbeit. Simpel schaute ihr eine Weile zu. Dr. Pfeiffer blickte zu ihm auf. »Haben Sie nichts zu tun? Zeugen befragen oder so?« Simpel wurde rot. Er hätte der forschen Rechtsmedizinerin gerne eine passende Bemerkung zurückgegeben, aber ihm fiel natürlich nichts Entsprechendes ein. Also ging er zur Absperrung. Dort stand Küppers und kritzelte etwas in sein Notizheft. »Was Interessantes bisher?«, fragte Simpel. »Eigentlich nicht. Niemand hat irgendwas gesehen, außer dem Feuer natürlich. Ein paar Jugendliche haben am Kanal Halloween gefeiert und den Brand entdeckt. Danach war das ganze Dorf auf den Beinen und hat bei den Löscharbeiten zugesehen. Wie der Brand entstanden ist, dazu konnte bisher keiner etwas sagen. Zumindest diejenigen nicht, die wir angetroffen haben. Die anderen befragen wir später.« Sabine Mayr von der Brandermittlung schlüpfte unter der Absperrung hindurch. Sie hatte ein junges Mädchen dabei. »Das ist Franziska Eberlinger. Ihr ist gestern Nacht etwas aufgefallen. Das wird euch sicher interessieren«, sagte sie. »Ich weiß nicht … Wahrscheinlich war da gar nichts … Ich habe nur gedacht …« Das Mädchen sprach sehr leise. »Was haben Sie gedacht?« Simpel lächelte die junge Frau an. »Jede Beobachtung kann uns weiterhelfen, auch wenn sie Ihnen noch so unbedeutend erscheinen mag.« »Na ja«, fuhr das Mädchen etwas lauter fort, »wir haben Halloween gefeiert, also die anderen und ich, und wir haben uns beim Krug getroffen.« »Dorfkrug, so hieß das alte Gasthaus«, erklärte Mayr. »Und da hab ich meine Handschuhe liegen lassen«, fuhr das Mädchen fort. »Und als ich sie später geholt habe, da …«, sie zögerte, »… da habe ich was gehört.« »Was haben Sie gehört?«, fragte Simpel. »Ich weiß nicht, aber da waren so Geräusche, ein Poltern, und dann klang es, als wenn etwas über den Boden geschleift wird, aber nur ganz leise, und vielleicht war es auch nur der Wind. Es war Halloween, und ich habe gedacht, ich bilde mir das ein, wegen dem ganzen Gruseln und so. Und die anderen haben nur darüber gelacht. Aber jetzt ist jemand tot, und ich …« Das Mädchen stockte und ein paar Tränen liefen ihr über die Wangen. »Vielleicht, wenn wir nachgesehen hätten …« Die Brandermittlerin gab ihr ein Taschentuch. »Machen Sie sich darüber keine Gedanken. Sie konnten ja nicht ahnen, was dort los war«, sagte Simpel. »Erinnern Sie sich noch, wie spät es gewesen ist, als Sie die Geräusche hörten?« »Ich weiß nicht genau, aber so halb zehn ungefähr.« Simpel schrieb sich die Adresse des Mädchens auf. »Vielen Dank, dass Sie zu uns gekommen sind. Wenn Ihnen noch etwas einfällt, rufen Sie uns bitte an.« Das Mädchen nickte und ging zurück hinter die Absperrung zu ihren Freunden, die das Treiben der Spurensicherung gebannt beobachteten. »Der Brand wurde kurz vor zehn entdeckt. Könnte also schon etwas miteinander zu tun haben«, sagte Simpel. »Oder sie hat sich das wirklich nur eingebildet«, meinte Mayr. »Bestimmt war Alkohol im Spiel. Wenn junge Leute feiern, gehört das ja dazu.« »Wer ist eigentlich der Eigentümer des Gebäudes?«, fragte Simpel. Mayr zog ihren Notizblock heraus und blätterte. »Michaela Sterz, wohnt in Roth. Die ist aber nicht zu Hause. Die Nachbarn meinten, sie sei im Urlaub. Die Kollegen versuchen, sie ausfindig zu machen.« »Hoffentlich ist sie wirklich im Urlaub«, sagte Simpel. Mayr deutete mit dem Kopf zu Dr. Pfeiffer, die neben der Toten kniete. »Denkst du, Frau Sterz ist unsere Leiche?« »Könnte schon sein. Aber was hatte die mitten in der Nacht in ihrem verlassenen Gasthof zu tun?« »Vielleicht ein warmer Abriss«, sagte Mayr. »Wäre nicht das erste Mal, dass so etwas vorkommt. Und dabei ist dann irgendwas schiefgegangen.« Ein Mann, etwa Ende vierzig, mit sauber gestutztem Bart und Brille, kam auf sie zu und streckte Simpel seine Hand hin. »Entschuldigung, sind Sie der leitende Kommissar?« Der Mann trug einen eleganten Mantel. Seine Lederschuhe waren schlammbespritzt. »Martin Waldmüller«, sagte der Mann. »Ich bin der Zweite Bürgermeister und voraussichtlich der neue Landrat. Sie haben ja sicher vom tragischen Unfall des bisherigen Amtsinhabers gehört.« Simpel schüttelte ihm die Hand. »Nein, davon weiß ich nichts.« »Ein Unfall mit dem Ultraleichtflugzeug. Schlimme Sache. Ich kenne die Familie sehr gut. Ja, und deswegen gibt es in drei Monaten Neuwahlen. Ich wurde von der Partei gebeten zu kandidieren, und so wie es aussieht, habe ich durchaus große Erfolgsaussichten.« »Das freut mich für Sie, Herr Waldmüller, aber was kann ich eigentlich für Sie tun?« »Wissen Sie …«, Waldmüller schob sich ein Stück näher an Simpel heran und senkte seine Stimme, »wir leben hier in einer ländlich geprägten Gegend, in einer heilen Welt sozusagen, da wirbelt so ein Vorfall ziemlich Staub auf. Erst die Brandserie im Landkreis Roth, und jetzt sogar eine Tote hier bei uns im Dorf. Ich als Bürgermeister fühle mich irgendwie verantwortlich. Noch dazu liegt unser Erster Bürgermeister wegen eines Herzinfarktes im Krankenhaus. Es hängt also alles an mir. Da wäre es schön, wenn Sie mich über Ihre Erkenntnisse informieren könnten. Dann fällt es mir leichter, die besorgten Bürgerinnen und Bürger zu beruhigen.« Daher weht also der Wind, dachte Simpel. Der Herr Bürgermeister hat Angst um seine Wählerstimmen. »Ich kann Ihnen leider nicht mehr sagen als jedem anderen auch. Über laufende Ermittlungen gebe ich grundsätzlich keine Auskünfte. Wenden Sie sich bitte an unsere Pressestelle, dort wird man Ihnen weiterhelfen, sobald die Informationen freigegeben sind.« Der Bürgermeister setzte ein verschwörerisches Lächeln auf. »Wissen Sie, wenn ich mich ein bisschen umhöre, erfahre ich bestimmt mehr als Sie von der Polizei. Die Leute hier sind Fremden gegenüber ziemlich misstrauisch.« Simpel lächelte jetzt ebenfalls. »Das hört sich ja an, als wären wir in einem süditalienischen Bergdorf und nicht in Mittelfranken.« Er wurde ernst. »Jeder, der uns Informationen vorenthält, macht sich strafbar. Das müssten Sie als Bürgermeister eigentlich wissen. Und ich denke, jedem hier im Dorf muss daran gelegen sein, dass dieser Todesfall so schnell wie möglich aufgeklärt wird. Fragen Sie einfach mal herum, ob jemand vermisst wird. Hat jemand Besuch erwartet, der nicht eingetroffen ist? Steht irgendwo ein herrenloses Fahrzeug herum? Bei der Beantwortung dieser Fragen können Sie uns gerne behilflich sein, Herr Bürgermeister. Und jetzt muss ich wieder an meine Arbeit. Entschuldigen Sie mich bitte!« Simpel nickte dem Mann knapp zu und ging wieder hinter die Absperrung, wo Sabine Mayr ein paar Proben in Plastiktütchen verpackte. »Na, hat der Herr Bürgermeister jetzt versucht, dich auszufragen? Bei mir hat er es auch schon probiert, den habe ich aber eiskalt abblitzen lassen.« »Was ist denn das für einer? Weißt du irgendwas über ihn?«, fragte Simpel. »Nur, was halt so in der Zeitung steht. Ich komme ja aus Roth. Hier in der Gemeinde ist er nur der Zweite Bürgermeister, aber soweit ich weiß, ist er im Bauernverband irgendwas Größeres. Bezirksobmann, oder wie das bei denen heißt. Und jetzt will er Landrat werden. Da passt es ihm natürlich nicht, dass in seinem schönen Landkreis ein Feuerteufel umgeht. Schließlich steht seine Partei für Recht und Ordnung.« »Für Recht und Ordnung sind immer noch wir zuständig!«, sagte Simpel. »Der soll sich...