E-Book, Deutsch, 79 Seiten
Bärfuss Parzival
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-8353-8665-5
Verlag: Wallstein Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 79 Seiten
ISBN: 978-3-8353-8665-5
Verlag: Wallstein Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
»Parzival« wächst in der Einöde auf und zieht in die Welt. Aber er versteht ihre Gesetze nicht. Und je mehr er sie befolgen will, versteht er sich selbst immer weniger.
Der Junge kann die Einöde verlassen, aber die Einöde nicht ihn. Schuldig wird er, aber ist er daran schuldlos? Die Gnade Gottes erfährt er am Ende. Warum? Bärfuss’ Stücke erzählen Geschichten, die an unsere Alltagserfahrungen anknüpfen und zugleich großen Themen von Schuld, Verantwortung, individueller Verwirklichung diskutieren - komisch, tragisch, grotesk. Voller überraschender Wendungen. Aufregend.
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Parzival
Personen: Parzival Herzeloyde Zwei Bauern Carnac Ritter Jeschute Orilus Sigune Ither Artus Cunneware Keye Ginover Segramors Iwanet Gurnemanz Page Liase Conduiramour Erster Ritter Zweiter Ritter Klamide Anfortas Knappe Höfling Cundrie Trevrizent Schauplätze: In Einöden, Grotten, Unterständen, Rauchhöhlen, Filzkammern, Sickergruben, Ställen, Koben, lichten Gespinsten, hellen Träumen; über Wipfeln, unter Steppdecken, Schabracken, im Gewöll, zwischen den Zähnen. Synopsis
Eine Welt des Übergangs. Jede Gewissheit ist verloren. Regeln werden nur behauptet, Werte vorgetäuscht, Ehre, Respekt, Aufrichtigkeit – alles leere Worte. Willkür herrscht, und nackte Gewalt ist ihr Instrument. Darin ein verwahrloster Junge, töricht, zornig, stark, schön. Du kannst den Jungen aus der Einöde holen, aber die Einöde nicht aus dem Jungen. Herzeloyde Eine Frau hat ihren Mann verloren. Er wurde ermordet. Die Witwe zieht in eine Einöde. Sie will ihren Sohn vor dieser Welt bewahren. Erklärt ihm nichts, und weil die Werte der Welt ganz verkehrt sind, verkehrt sie die Werte, die sie den Jungen lehrt. Verschweigt ihm seinen Namen. Lässt alle Vögel töten, da sie entdeckt, wie ihr Gesang seine Sehnsucht weckt. Er soll sich nicht sehnen. Fremde kommen. Bunt, laut, grausam. Sie verhöhnen ihn. Er will sein wie sie. In die Welt fahren. Er fragt der Mutter Löcher in den Bauch. Die Mutter steckt ihn in ein Narrenkleid und unterrichtet ihn: Grüße jeden! Nimm einer Frau den Ring vom Finger! Gehorche den Greisen! Er flieht. Sie stirbt. Jeschute Er trifft auf eine Frau. Nimmt ihr den Ring vom Finger. Fragt sie alles und jedes. Kommt ihr nahe. Raubt ihr einen Kuss. Sie wird von ihrem Mann darauf geschlagen, gedemütigt. Nackt wird sie auf einen alten Klepper gesetzt und durch die Welt getrieben. Er aber flieht. Sigune Im Wald eine Frau. Sie schmiegt sich an einen Toten. Es ist der Mann, der ihr versprochen war. Er wurde ermordet. Sie reißt sich alle Haare vom Kopf. Auch sie ist nicht sicher vor seinen Fragen. Sie enthüllt, wie der Junge heißt. Parzival. Er sei ein König. Er aber flieht. Artus Er trifft auf hohe Herren. Sie fressen, saufen, singen die ganze Zeit. Er stellt die dümmsten Fragen. Man bestaunt ihn, er scheint so unverdorben. Eine Frau, die geschworen hat, niemals zu lachen, bis der Erlöser erscheine, schenkt ihm ein Lächeln – und wird deswegen verdroschen. Der Junge verlangt Waffen und ein Pferd. Bestimmte Waffen und ein Pferd, Ithers nämlich. Artus zögert. Der Junge quengelt. Artus gibt nach. Parzival erschlägt Ither. Zieht seine Kleider an. Flieht. Gurnemanz Ein alter Mann unterrichtet ihn. Sagt ihm, was er tun soll. Und was nicht. Ist lieb und streng und gut. Er soll nicht immer fragen. Sein Gefasel von der Mutter nerve. Er gibt ihm Männer, die er einen Tag lang verprügeln darf, solange bis Blut spritzt. Er macht das gut. Der Alte hört, dass die Frau, die niemals lacht, bis der Erlöser erscheint, beim Anblick des Jungen lachte und er glaubt, in ihm einen Stammhalter für sein sieches Geschlecht gefunden zu haben. Er gibt dem Jungen seine Tochter. Sie heißt Liase, und sie verliebt sich. Er verspricht, sie zu heiraten, sobald er die Welt gesehen hat. Danach flieht er. Conduiramour Eine Frau, die seit Jahren Hunger leidet, deren Welt arm ist, bedroht, ihre Freunde sind fahl wie Asche, die Gesichter gelb wie Lehm, sie selbst hohläugig, somnambul, halb verrückt vor Angst und Sehnsucht. Man stirbt allenthalben. Hier gefällt es Parzival. Zu dieser Frau legt er sich ins Bett, er glaubt, er könne sie lieben. Er bringt einen Nebenbuhler um. Wird impotent. Flieht. Taumelt. Anfortas Er kommt an einen Ort, den es nicht gibt, den man nicht suchen darf, eine Halluzination. Dort ist alles schön, und alles ist krank und verwesend und leidend. Ein einziger Schmerzensschrei. Man freut sich über den Gast. Der König ist verletzt an seinem Sack, seine ganze Welt dreht sich um eine Schale, die man unter großem Brimborium hereinträgt. Eine nächtliche Sause voller Schmerz und Rausch. Er wundert sich, schluckt jede Frage runter. Wie man ihn geheißen hat. Am nächsten Morgen sind alle verschwunden, die Halluzination verflogen. Ein Knecht verflucht Parzival und seine Maulfaulheit. Warum in drei Teufels Namen er den König nicht nach dem Grund für dessen Leiden gefragt habe? Er hätte alle erlösen können. Der Junge flucht und flieht. Sigune Er trifft auf seine Kusine. Sie ist kahl, vor Leid hat sie sich alle Haare ausgerissen, dafür hat sie ihrer geliebten Leiche und sich ein Loch gegraben, da drinnen hausen die beiden in der Gesellschaft fingerdicker Maden. Sie verflucht ihn, weil er den König nicht gefragt hat, was sein Leiden sei. Er flieht. Jeschute Nackt, zerschunden, wird sie von ihrem Gatten Orilus durch die Wälder getrieben. Parzival erkennt, dass er der Grund für ihr Leiden ist und will seinen Fehler beheben. So lässt er Orilus die Wahl: entweder das Weib zu lieben oder zu sterben. Der Mann wählt die Liebe. Er aber flieht. Artus Er weiß nun überhaupt nicht mehr, was das Ganze soll, die Suche, die Abenteuer, die Gepflogenheiten, die Ehre, der Respekt, taumelt zurück zu seinen feiernden Freunden. Dort wird er mit allen Ehren empfangen, als sei er ein gereifter Mann. Er zweifelt, er ist verwirrt wie nie zuvor. Wo die anderen ein System behaupten, sieht er nur Chaos, und doch beglückwünschen ihn alle, er weiß nicht, wozu. Doch er ist empfänglich für die Freuden der Herrenrunde, für das Vergessen im Rausch. Und genau im Moment, da er sich vergisst, einmal nur genießt und alle Zweifel fahren lässt, tritt eine Alte auf ihn zu, die seiner Mutter ähnelt, eine Irre, zerlumpt, stinkend, und verflucht ihn für was er ist und was er tut. Er fühlt sich erkannt. Und flieht. Trevrizent Ein alter Mann, ein Bettler, Gammler, Einsiedler, ein Ausgestoßener nimmt sich seiner an. Der Junge gesteht. Ich hasse Gott. Der Mann redet es ihm aus mit Allerweltsweisheiten, die mitnichten das System erklären, aber den jungen Mann anstacheln. Reine, hohle Phrasen. Du kannst es schaffen! Denke stets nur an den nächsten Schritt! Die Kraft liegt in dir! Solche Worte, er glaubt nicht, dass sie ihm helfen. Anfortas Er trifft die Bauern wieder, die mit ihm im Wald hausten, damals, vor vier Jahren, bei Herzeloyde. Sie wecken die Sehnsucht in ihm nach seinem Zuhause. Er zieht das Narrenkleid wieder an, das seine Mutter ihm gegeben hat. Und macht sich auf den Weg. Da er sie nicht sucht und jeden Ehrgeiz verloren hat, erscheint ihm die Gralsburg wieder. Parzival stellt die Frage und erlöst damit den siechen König. Wird sein Nachfolger. Rettet die taumelnde Welt. Richtet, was krumm war. Warum? ERSTENS. IN DER EINÖDE. *** HERZELOYDE Hier. ERSTER BAUER Hier. HERZELOYDE Hier bleiben wir. ZWEITER BAUER Hier ist nichts. HERZELOYDE Die Bäume, der Fluss, eine Lichtung. ERSTER BAUER Menschen. ZWEITER BAUER Keine. HERZELOYDE Gut. ...