E-Book, Deutsch, Band 6, 336 Seiten
Reihe: Kommissar Brander
Baecker Vermisst im Ammertal
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-98707-308-3
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Schwaben Krimi, Branders 6. Fall, bereits erschienen unter dem Titel »Mordsangst«
E-Book, Deutsch, Band 6, 336 Seiten
Reihe: Kommissar Brander
ISBN: 978-3-98707-308-3
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Sybille Baecker ist gebürtige Niedersächsin und Wahlschwäbin. Sie liebt das Ländle, ihr Herz schlägt aber auch für die Highlands und die rauen Küsten Schottlands, die sie immer wieder gern und ausgiebig bereist. Ebenso hegt sie ein Faible für den Scotch Whisky. Die Fachfrau für »Whisky & Crime« ist Autorin der erfolgreichen Krimiserie um den Kommissar und Whiskyfreund Andreas Brander. 2020 wurde sie mit dem Arbeitsstipendium des Autorinnennetzwerkes Mörderische Schwestern ausgezeichnet. www.sybille-baecker.de
Autoren/Hrsg.
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2
Karsten Beckmann tupfte sich mit der Serviette über die Mundwinkel. »Ein Gedicht, Amore.« Er strahlte Cecilia an, und Brander sah seine Frau verlegen lächeln, als Karsten ihr auch noch eine Kusshand zuwarf. Manuel verdrehte nachsichtig die Augen.
»Ceci, das Essen war vorzüglich. Kein Wunder, dass Andi immer so auf sein Gewicht achten muss!« Karsten konnte sich den Seitenhieb nicht verkneifen.
»Mein Gewicht ist genau richtig. Und jetzt hör auf, mit meiner Frau zu flirten«, beschwerte sich Brander. Er war froh, dass Karsten und Manuel gekommen waren und ihn auf andere Gedanken brachten. Noch immer saß ihm das schlechte Gefühl von Peppis Besuch im Nacken.
Cecilia hatte ein köstliches Drei-Gänge-Menü auf den Tisch gezaubert, aber sein Lob würde nach Karstens Schmeicheleien nur untergehen. Er würde es ihr später sagen, wenn sie zu zweit waren. Jetzt begnügte er sich damit, seine Hand auf ihre zu legen. Er spürte die zarte Haut unter seinen rauen Fingern. Sie trug einen weich fließenden, langen Rock, dazu ein legeres Shirt. Beides umschmeichelte sanft ihre frauliche Figur. Die dunkelbraun getönten Haare waren knapp schulterlang und die Spitzen verspielt nach außen geföhnt. Sie war dezent geschminkt. Eine dünne Halskette mit einem kleinen Stein als Anhänger zierte ihr Dekolleté. Sechzehn Jahre waren sie mittlerweile verheiratet. Was hatte er für ein Glück, ging es ihm verliebt durch den Kopf.
»Süß, oder?«, hörte er Karsten amüsiert flüstern.
»Wenn du mich nach so vielen Jahren auch noch so anschaust, werde ich der glücklichste Mann der Welt sein.« Manuel begann, das Geschirr zusammenzuräumen.
Brander fühlte sich ertappt, drückte Cecilias Hand und drängte seine romantischen Gefühle zurück.
Karsten warf einen Blick auf die Uhr. »Wann kommt die Jugend nach Hause?«
»Kurz nach elf, sofern die Ammertalbahn pünktlich ist.«
»Dann haben wir noch ein knappes halbes Stündchen. Ihr entschuldigt uns?« Karsten schob seinen Stuhl zurück und stand auf.
Brander folgte ihm in den Flur, nahm Jacke und Mütze von der Garderobe und schlüpfte in die Schuhe. Während er Sitzkissen auf die Bank neben dem Eingang zu seiner Doppelhaushälfte legte, ging Karsten zu seinem Wagen. Wenig später kehrte er mit zwei Gläsern und einer Flasche Whisky zurück.
»Den hab ich schon eine Weile im Regal stehen, aber noch nicht probiert. Ein Highland Malt.«
Brander nahm die Flasche entgegen. »anCnoc« stand auf dem Etikett, ein Whisky aus der Knockdhu Destillerie, destilliert im Jahr 2000, abgefüllt im September 2014.
»Es gab nur sechshundert Flaschen auf dem deutschen Markt, und eine davon hältst du gerade in Händen. Lass sie nicht fallen.« Karsten setzte sich neben ihn und streckte ihm erwartungsvoll die Gläser entgegen.
Brander löste die Banderole und zog den Korken ab. Seine Nase erhaschte einen ersten Hauch des Aromas. Er versuchte, die Düfte zu identifizieren, Süße, vielleicht etwas Schokolade, aber auch eine leichte Würzigkeit. Und da war noch mehr. Brander seufzte zufrieden, obwohl er noch nicht von dem Malt getrunken hatte. Seit einer Eskalation mit Nathalie gab es im Hause Brander keinen Alkohol mehr. Mittlerweile war es schon Tradition geworden, dass Karsten einen guten Tropfen mitbrachte, den sie zu zweit irgendwann im Laufe des Abends vor der Tür genossen. Aber immer nur ein, maximal zwei Gläser, damit Nathalie sich nicht zwei betrunkenen Männern gegenübersah.
Sein Kumpel grinste über Branders genießerisches Schnuppern. »Ich hab gewusst, dass er dir gefallen wird.«
Brander goss die bronzefarbene Flüssigkeit in die Gläser, verschloss die Flasche wieder und stellte sie neben die Bank auf den Boden.
»Was ist los, Andi?«, fragte Karsten.
»Wieso?«
»Du wirkst bedrückt. Du hattest zwei Wochen Urlaub, du solltest entspannt und erholt sein.«
Brander brummte unbestimmt und prostete ihm zu. Sie kannten sich mittlerweile gut vier Jahre, ihre erste Begegnung war allerdings beruflich gewesen. Karsten hatte von Anfang an ein Gespür für Branders Stimmungen gehabt, eine Feinfühligkeit, die ihn nicht nur als Kommissar, sondern auch persönlich verunsichert hatte.
Sie tranken einen Schluck. Brander ließ den Whisky einen Moment im Mund verweilen und spürte dem Geschmack nach, als er sanft die Kehle hinunterglitt. Er meinte, eine ganz leichte Torfnote zu schmecken.
»Hat was Schokoladiges, oder?«, überlegte Karsten, während er das Glas vor seinen Augen zwischen den Fingern drehte.
Es raschelte in den Sträuchern, eine Fledermaus flatterte lautlos an ihnen vorbei. Die kühle Nachtluft kroch in ihre Kleidung, während der Whisky von innen wärmte.
»Da ist aber auch was Frisches … Zitrone? Orange?« Brander war sich nicht sicher. Er hob den Blick zum dunklen Himmel. Kein Mond, keine Sterne. Es war bewölkt. Vielleicht würde es in der Nacht regnen. Aprilwetter. Er mochte diese ruhigen Momente mit Karsten. Sie konnten nebeneinandersitzen, über Gott und die Welt reden oder einfach nur schweigend genießen.
»Und?« Karsten hatte anscheinend nicht vor, stumm in den Nachthimmel zu schauen.
»Und was?«
»Was ist los? Trouble mit Nathalie? Mit Ceci? Im Job?«
»Du nervst.«
»Jetzt erzähl schon.«
»Ich hab’s mir mit Peppi verscherzt.« Er berichtete von ihrem Besuch.
»Du hättest mit ihr beizeiten reden sollen«, wiederholte Karsten, was Cecilia Brander vor wenigen Stunden bereits gesagt hatte.
»Ach was?« Brander nippte an seinem Glas, schmeckte eine dezente Zitrusnote aus dem Whisky, zumindest bildete er es sich ein. »Verrate mir lieber, wie ich das wieder geradebiegen kann.«
»Du kennst sie besser als ich. Allerdings …« Karsten zögerte. »Wenn ein Mensch, den Peppi mag, sie sehr verletzt hat, kann sie ziemlich nachtragend sein – selbst, wenn es unbeabsichtigt war.«
Brander wurde hellhörig. Er wusste, dass Peppi nicht gut auf Karsten zu sprechen war, aber er hatte bisher nicht herausfinden können, warum. »Eigentlich ist sie nicht nachtragend.«
»Rede mit ihr, was anderes kann ich dir auch nicht raten.« Karsten deutete mit dem Glas auf den Weg.
»Schau an, wer da kommt.«
Nathalie schlenderte den Weg entlang. Sie war groß und kräftig, kein kleines, zartes Mädchen. Seit einem Jahr ging sie regelmäßig zu Karsten ins Dojang und lernte Taekwondo. Der Sport tat ihr gut. Brander hatte befürchtet, dass es sie noch aggressiver machen könnte, aber Karsten brachte ihr bei, mit Hilfe des Kampfsports ihre Gefühle zu kontrollieren. Im Training am Boxsack fand sie ein Ventil, um die Wut, die in ihr steckte, rauszulassen. Seit Weihnachten hing ein großes, rotes Exemplar in Branders Keller. Neben Nathalie ging ein junger Mann, wenig größer, schlaksig, schwarz gekleidet – Julian, Branders Neffe. Der Neunzehnjährige war Ostern zu Besuch gekommen und würde am Sonntag wieder zurück zu seinen Eltern nach Düsseldorf fahren.
Ein Strahlen breitete sich auf Nathalies Gesicht aus, als sie Karsten entdeckte. Als sie vor ihm stehen blieb, schüttelte sie tadelnd den Kopf. »Ey, Trainer, was is ’n das für ’n Scheiß? Alkohol ist voll ungesund und verlangsamt die Reflexe.«
»Um ’ne Göre wie dich auf die Matte zu schicken, reicht es allemal.«
Sie setzte spielerisch zu einem Tritt an. Karsten parierte, packte ihr Bein und zog sie auf seinen Schoß, damit sie nicht zu Boden fiel.
»Leg dich nicht mit deinem Meister an.«
»Eines Tages krieg ich dich«, prophezeite die Sechzehnjährige selbstbewusst. Sie schmiegte sich an Karstens Schulter.
Brander registrierte es mit gemischten Gefühlen. Einerseits freute er sich, dass sie so viel Vertrauen zu ihrem Trainer gefasst hatte, andererseits befürchtete er, dass eine jugendliche Schwärmerei dahintersteckte. Karsten war humorvoll, galant, hatte einen durchtrainierten Körper, dazu ein markantes, männliches Gesicht und einen Blick, der die Frauen – und Mädchen – magisch anzuziehen schien.
Julian blieb vor der Dreiergruppe stehen und mimte den erwachsenen Mann, der so ein Geplänkel für Kinderkram hielt.
»Was is ’n eigentlich in Entringen los? Waren voll viele Bullen unterwegs.« Nathalie sah fragend zu Brander.
»Ein Viehauftrieb mitten in der Nacht?«, flachste Karsten.
Nathalie verdrehte die Augen.
»Wie bist du eigentlich angezogen? Der Rock ist viel zu kurz.«
»Dass du danach guckst. Ich dachte, du bist schwul.«
»Aber nicht blind. So würde ich dir nicht erlauben, aus dem Haus zu gehen! Gut, dass du einen Aufpasser dabeihattest.«
Julian hob die Mundwinkel zu einem minimalen Lächeln. Karsten schubste das Mädchen von seinem Schoß.
»Geh rein, damit du dich nicht erkältest, und lass uns hier mal in Ruhe Männergespräche führen.«
Nathalie zeigte streng...