E-Book, Deutsch, 196 Seiten
Aurel Selbstbetrachtungen
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-8187-8563-5
Verlag: neobooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 196 Seiten
ISBN: 978-3-8187-8563-5
Verlag: neobooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Marc Aurel (121-180 n. Chr.) war römischer Kaiser und einer der bedeutendsten Vertreter der stoischen Philosophie. In seinen Selbstbetrachtungen hielt er persönliche Gedanken über Ethik, Verantwortung und die Kunst innerer Gelassenheit fest, die bis heute weltweit gelesen werden.
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Erstes Buch.
1.
Mein Großvater VerusDer Kaiser gedenkt zuerst seines Großvaters, weil er in dessen Hause erzogen worden war. Annius Verus, ein römischer Senator, war dreimal Konsul gewesen.gab mir das Beispiel der Milde und Gelassenheit.
2.
Meinem VaterSeinen Vater, der ebenfalls Annius Verus hieß und Prätor gewesen war, hatte er früh verloren, er konnte sich seiner nur noch schwach erinnern; deshalb spricht er von dem, was er über ihn gehört hat.rühmte man nach, er habe einen echt männlichen und dabei bescheidenen Charakter besessen, worin ich ihm nachahmte.
3.
Meine Mutter war mir durch ihre Frömmigkeit und Wohltätigkeit ein Vorbild; ich bestrebte mich, ihr gleichzukommen und das Böse weder zu tun noch auch nur zu denken und wie sie einfach und mäßig zu leben, weit entfernt von dem gewöhnlichen Luxus der Großen.
4.
Meinem Urgroßvater nach dessen Willen ich die öffentlichen Schulen nicht besuchen sollte, verdanke ich es, daß ich zu Hause den Unterricht tüchtiger Lehrer genoß, und ich erkannte, daß man hierin nicht genug tun könne.
5.
Von meinem Erzieher lernte ich, in den Zirkusspielen weder für die Grünen noch für die Blauen, in den Gladiatorengefechten weder für die Rundschilde noch für die LangschildeDas Parteinehmen und Wetten bei den Zirkus- und Fechterspielen unterließen sogar die Kaiser nicht. Marc Aurel sagt, zu solchen Torheiten sei er von seinem Erzieher nicht angehalten worden, vielmehr zu weit wichtigeren Dingen.Partei zu nehmen, wohl aber Anstrengungen zu ertragen, mit wenigem zufrieden zu sein, selbst die Hand ans Werk zu legen, mich nicht in die Angelegenheiten anderer zu mischen und unzugänglich für AngebereiDas Delatoren-Unwesen hatte unter verschiedenen Kaisern bedenkliche Dimensionen angenommen. Es gab Leute, die aus der Angeberei ein förmliches Gewerbe machten. Marc Aurel sah mit Verachtung auf dieses Treiben hinab.zu sein.
6.
DiognetusBei Diognetus, seinem Hauslehrer, hatte er auch Unterricht im Malen. Nachdem Marc Aurel in 1-4 von seinen Eltern gesprochen, gedenkt er in 5 flg. seiner sämtlichen Erzieher und Lehrer.flößte mir Haß gegen alle nichtigen Befürchtungen ein und Ungläubigkeit gegenüber den Gauklern, Beschwörern, Wahrsagern und dergleichen, hielt mich von der WachtelpflegeDie Wachteln wurden gepflegt und abgerichtet, um dann zu einem Spiele, Wachtelkampf, benutzt zu werden.und ähnlichem Aberglauben zurück und lehrte mich das freie Wort dulden und mich ganz der Philosophie ergeben. Er ließ mich erst den Bacchius, dann den Tandasis und Marcianus hören, unterwies mich, als Knabe Dialoge zu schreiben, und bewirkte es, daß ich kein anderes Nachtlager als ein Bretterbett und eine Tierhaut begehrte und was sonst zur Lebensart der griechischen PhilosophenD.h. der Stoiker. Sie forderten die Abhärtung des Körpers, um nicht durch Verweichlichung zu sinnlichen Vergehungen gereizt zu werden.gehört.
7.
Rusticus machte mir begreiflich, daß ich immer an der Bildung und Besserung meines Charakters zu arbeiten hätte, die falschen Wege der Sophisten vermeiden müßte, keine leeren Theorien aufstellen, keine Reden des Beifalls wegen halten, noch den Mann von großer Wirksamkeit und Mildtätigkeit vor den Augen der Menge spielen sollte. Durch ihn blieb mir jedes rednerische und dichterische Wortgepränge, jede Schönrednerei fremd, sowie jede Eitelkeit in der Kleidung oder sonstiger Luxus. Er riet mir auch, meine Briefe immer ganz einfach zu schreiben, wie er einen solchen von Sinuessa aus an meine Mutter schrieb; mich leicht versöhnlich zu zeigen, jeden Augenblick zum Verzeihen bereit zu sein,Erinnert an die christliche Lehre: »Sei willfährig deinem Widersacher usw.«. Vgl. Matth. 5, 25, Luc. 17, 34. Daß Marc Aurel wirklich so handelte, zeigt sein Verhalten gegen Cassius, der sich gegen ihn empört hatte.sobald diejenigen, die mich beleidigt haben, durch ihre Worte oder ihr Benehmen mir ihr Entgegenkommen zeigen; auf meine Lektüre eine gewisse Sorgfalt zu wenden; mich nicht mit oberflächlichem Wissen zu begnügen, nie den Großsprechern vorschnell meine Zustimmung zu geben. Endlich verdanke ich ihm die Erklärungen des Epictet,Ein berühmter Stoiker, um 50 n. Chr. geboren. Als Sklave zu Rom ertrug er die Mißhandlungen seines Herrn mit echt stoischer Ruhe. Als ihm letzterer einst einen heftigen Schlag auf den Schenkel gab, sagte Epictet: »Du wirst mir das Bein zerschmettern.« Sogleich verdoppelte jener den Schlag und zerschlug ihm das Bein. Epictet fuhr ruhig fort: »Hab' ich es dir nicht vorausgesagt?« Später wurde er freigelassen und lebte als Philosoph ganz seiner ernsten sittlichen Weltansicht. Epictet hatte nichts geschrieben; seine Aussprüche wurden von seinem Schüler Arrianus gesammelt.die er mir aus seiner Büchersammlung mitteilte.
8.
Von ApolloniusEin berühmter Stoiker aus Chalcis, den Antonins Pius, selbst ein Weisheitsfreund, zum Lehrer Marc Aurels berief. Als Apollonius in Rom angelangt war, ließ ihm der Kaiser sagen, er möge in den Palast kommen, sein Schüler solle ihm sofort übergeben werden. Der Stoiker ließ antworten: Es komme dem Schüler zu, sich zum Lehrer zu verfügen, und nicht dem Lehrer, sich zum Schüler zu bemühen. Der Kaiser versetzte auf diese Antwort mit Lachen: »Ich sehe wohl, es kostet dem Apollonius mehr Mühe, von seiner Wohnung zu Hofe zu kommen, als von Athen nach Rom zu reisen«, und schickte sofort den Marcus Aurelius zu ihm.lernte ich die freie Denkart, zwar mit Bedachtsamkeit, doch ohne Wankelmut auf nichts Rücksicht zu nehmen als auf die gesunde Vernunft und stete Seelenruhe zu bewahren unter den heftigsten Schmerzen, beim Verlust eines Kindes und in langwierigen Krankheiten. Er war mir ein lebendiges Beispiel, wie man zugleich ernsthaft und doch leutselig sein könne. Er zeigte sich beim Unterrichte nie mürrisch oder ungeduldig und war dabei auf seine Lehrgeschicklichkeit nicht im geringsten eingebildet. Von ihm endlich lernte ich, wie man Wohltaten von Freunden anzunehmen hat, ohne sich weder zu demütigen noch auch unerkenntlich dafür zu sein.
9.
Sextus war mir das Muster des Wohlwollens, das Beispiel eines echten Familienvaters; an ihm lernte ich, was es heißt, nach der Natur leben.Was unter diesem Hauptgrundsatz des Stoizismus zu verstehen ist, geht aus Marc Aurels Selbstbetrachtungen am besten hervor.Seine Würde hatte nichts Gezwungenes, er wußte zuvorkommend die Wünsche seiner Freunde zu erraten und ertrug geduldig die Unwissenden und diejenigen, die ohne Überlegung urteilen. Er schickte sich in alle Menschen, und so fand man seinen Umgang angenehmer als alle Schmeicheleien, und dabei empfand man gleichzeitig eine tiefe Hochachtung für ihn. Er verstand es, die zur Lebensweisheit erforderlichen Vorschriften klar und regelrecht zu entwickeln und zu verknüpfen. Man bemerkte niemals das geringste Zeichen des Zornes oder irgendeiner andern Leidenschaft an ihm, aber bei aller Leidenschaftslosigkeit war er der liebreichste Mensch. Er hielt auf den guten Ruf, jedoch ohne Aufsehen, er war ein Gelehrter ohne Kleinigkeitskrämerei.
10.
Von Alexander,Ein Gelehrter aus Phrygien. Man sieht aus diesem Abschnitt daß die Grammatiker nicht bloß in der Sprache Unterricht erteilten sondern auch in der Rednerkunst.dem Grammatiker, sah ich, daß er gegen jedermann nur mit Schonung verfuhr; er machte niemals eine beleidigende Bemerkung wegen eines fremdartigen oder sprachwidrigen Ausdrucks oder wenn sonst jemand fehlerhaft sprach; an dessen Stelle nannte er einfach den richtigen Ausdruck, doch nicht so, daß es eine absichtliche Korrektur schien, sondern als wäre es eine Antwort oder Bestätigung oder um zu untersuchen, nicht etwa das Wort, sondern die fragliche Sache, oder er machte einen andern derartigen Ausweg, den der Unterricht mit sich brachte.
11.
Durch FrontoEin berühmter römischer Redner; er wurde von seinem kaiserlichen Schüler später zu hohen Staatsämtern emporgehoben.wurde ich belehrt, daß mit der Willkürherrschaft Neid, Ränkesucht und Verstellungskunst verknüpft...




