Auger | Eine Sommerliebe in Paris | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Auger Eine Sommerliebe in Paris


1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-944576-69-5
Verlag: Verlag Krug & Schadenberg
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

ISBN: 978-3-944576-69-5
Verlag: Verlag Krug & Schadenberg
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ev und Isabelle - eine betörende Liebesgeschichte voller Lust und Leidenschaft, Zorn und Zärtlichkeit ... Als Isabelle Coache, frankokanadische Autorin und Psychologin, nach Paris reist, um dort ihr neuestes Buch zu präsentieren, begegnet sie der charismatischen Verlegerin Ev Anckert. Die Faszination ist gegenseitig. Beide Frauen begehren einander, haben aber eigentlich nur eine Affäre im Sinn. Sie verbringen einen Sommer voller Leidenschaft, wenngleich nicht ohne Konflikte und Machtkämpfe. Den herannahenden Abschied zögern sie hinaus. Als Isabelle schließlich heimkehren muss, haben sie keinen Briefkontakt vereinbart, kein Wiedersehen geplant. Zurück in Montreal kann Isabelle die Geliebte jedoch nicht vergessen ...

Louise Auger, geboren 1949 in Montreal, Quebec, kam über das Chanson und die Poesie zum Schreiben. Sie veröffentlichte zwei Gedichtbände und trug ihre Chansons in den siebziger Jahren im Radio, im Fernsehen und live auf den Bühnen Montreals vor. Mit Ende zwanzig nahm sie ein Studium auf und promovierte 1987 in Sozialpsychologie. »Ev Anckert« war Louise Augers erster Roman, der 2001 unter dem Titel »Eine Sommerliebe in Paris« auf Deutsch erschien und 2016 in dritter Auflage vorliegt.

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Der Saal ist gedrängt voll. Wie jedes Mal in solchen Situationen kann sie plötzlich nichts mehr unterscheiden, nur noch ein Gewirr sich bewegender Formen, Krawattenstreifen, Haarbüschel, Blumen auf Blusen, Farbkleckse, Köpfe und Arme ohne Gesichter, Gelächter, unzusammenhängende menschliche Laute. Übelkeit steigt in ihr auf und der Wunsch, Hals über Kopf davonzulaufen. Sie weiß nicht einmal mehr, was sie hier überhaupt wollte. Sie kennt niemanden, bis auf die Rechercheurin von Femmes-Plus, wie hieß sie noch gleich? Heiliger Sigmund, sagt sich Isabelle, mach, dass ich ihr nicht über den Weg laufe! Sie sucht nach ihrem Namen, ihrem Vornamen, irgendetwas, einer Spur. Aber in ihrem Kopf herrscht absolute Leere. »Ein einmaliges Ereignis in der Verlagswelt«, hatte die Rechercheurin getönt, »eine Super-Party, Sie werden sehen, alle wichtigen Leute sind da!« »Ich mag solche gesellschaftlichen Anlässe nicht besonders«, hatte Isabelle erklärt. »Außerdem kenne ich niemanden.« »Ach was!«, hatte die andere ausgerufen. »Sie müssen sich sehen lassen, sich bekannt machen!« Und als letztes Argument, es würde ihr eine Freude sein, sie Pivot vorzustellen, »den ich gut kenne …«, hatte sie geflötet, mit verwegenem Blick. Im biblischen Sinne? Isabelle hatte die Replik zurückgehalten. Wenn der Geist galoppiert, müssen die Worte im Stall bleiben. Ihre Devise. Abgedroschen, hat ihr jedoch schon mehr als einen Tritt ins Fettnäpfchen erspart. Ihr Geist war ständig am Wiederkäuen, als müsste sie das Leben dreimal verdauen. Ihre stets hellwachen Sinne bohrten sich in die Menschen hinein, durchdrangen Gesichtsausdrücke, nahmen Blicke auseinander, loteten Betonungen aus, hakten sich an belanglosen Kleinigkeiten fest, nahmen Misstöne wahr, witterten kleinste Temperaturschwankungen; ohne dass sie es merkte, schlitzten ihre Sinne die Menschen auf, durchbrachen ihre Fassaden und spießten eine Menge zusammenhangloser Details auf. Sehr früh hatte sie lernen müssen, dieses fieberhafte Radarsystem einzudämmen, das zu viele Fragen stellte, zu viele Geheimnisse erriet, zu viel Unbedachtes sagte und die Erwachsenen störte. Es war besser, still zu sein. Nur schade um die Spontaneität, die sie bei anderen bewunderte. Ihre Augen gewöhnen sich an die Bewegungen im Saal. Ihr Körper regt sich, sie beginnt ihre Füße wieder zu spüren, den Boden durch ihre Schuhsohlen, sie wird wieder klar im Kopf, die Flecken nehmen nach und nach wieder menschliche Formen an, die Geräusche bilden Wörter, die sie im Flug auffängt, sie kommt langsam auf der Party des Verlegerverbandes an. Was ist das überhaupt für eine Veranstaltung? Erneut fühlt sie sich unbehaglich. Warum hat sie kein Auge für all die Kleinigkeiten des Lebens, denen die anderen so viel Bedeutung beimessen? Ein auffälliges buntes Plakat prangt überall an den Wänden des Saals: ein Liegestuhl aus blendendweißen Holzlatten steht zu drei Vierteln in hellbraunem Sand, in dem Fußspuren darauf hindeuten, dass das aufgeschlagene Buch, das neben einer Sonnenbrille und einem großen rosaroten Hut auf dem Stuhl liegt, von seiner Leserin nur für einen kurzen Augenblick hingelegt worden ist, während sie einem rosaroten und gelben Luftballon hinterherläuft, der in der Nähe des Wassers durch eine endlose türkisfarbene Fläche schwebt, auf der sich in sonnenfarbenen Lettern der Slogan abhebt: »Ein Buch an der Sonne«. Sie geht näher heran, um die Signatur zu entziffern. Cloustel, ein Comic-Zeichner vielleicht oder ein berühmter französischer Maler, dessen Name ihr natürlich nichts sagt. Die engen Grenzen ihrer Kultiviertheit lassen sie in dem überfüllten Saal abdriften und untergehen, ein Bild drängt sich ihr auf, ein Hintern zwischen zwei Stühlen. Eine Person auf einmal, zur Not drei oder vier, die sie bereits kennt, dann blüht sie auf, strahlt, schwelgt im Glück. Sie kann gut mit Menschen umgehen, in kleinem Rahmen. In der Masse, wie hier, verblasst der Mensch, vereinzelt in der Geselligkeit, und ihre Drachen werden panisch. Ihre Seele fühlt sich eingeengt und zwinkert im Dunkeln. All ihre Sinne sind überwach, es kommt zum Kurzschluss und sie fühlt sich leer und bodenlos. Sie ist niemand mehr in diesem Ozean, wo niemand ist, nichts als Spiegelflächen, stumm und taub. Die Menschen hier streifen einander nur, ohne sich wirklich zu berühren. Und sie beneidet sie. Sie schaffen es, da zu sein, ohne abwesend auszusehen; sie wissen, wie man redet, ohne etwas von sich preiszugeben; sie können schwimmen, ohne sich die Füße nasszumachen; sie beherrschen den Tanz und verstehen es wunderbar, einander nicht auf die Zehen zu treten. Und wenn sie sich weh tun, stecken sie es einfach weg; mit der größten Unbekümmertheit können sie Schläge austeilen wie einstecken. Sie hat es nicht gelernt, und das ist ein Handikap, nicht ganz sie selbst zu sein, ohne sich aus dem Blick zu verlieren. Stur beharrt sie darauf, sich ihren Ängsten zu stellen, ihre Drachen zu zähmen. Großtuerisch redet sie sich ein, dass sie sich diesmal mit Erfolg mondän geben wird, locker vom Hocker, wie Jackie bei Onassis, Régine im Elysée-Palast, jemand Entzückendes, Feinsinniges, Leichtes, den man als Appetitanreger genießt. Aber sie ist unverbesserlich, sobald sie die Nase herausstreckt, wird sie verletzlich, ein Nichts bringt sie aus der Fassung, wie Proust bei Guermantes sucht sie die verlorene Zeit. Alle haben ein Glas in der Hand. Isabelle sucht die Bar, sagt sich, das ist etwas, was sie noch immer gefunden hat. Ihre Selbstironie muntert sie ein wenig auf. Sie macht einen kleinen Bogen um ein Grüppchen von vier Personen; im Vorbeigehen erkennt sie den vertrauten Duft von Eau Sauvage, dann die wohlklingende Stimme, den dunkelblauen und zerknitterten Anzug von … Wie hieß er doch gleich? Von den Leuten, die zu ihr in die Praxis kommen, behält sie die Namen, die Vornamen; ihre Eltern, ihre Kinder, ihren Großvater, ihre Großmutter, ihre Geliebte, ihren Liebhaber, gegebenenfalls auch im Plural, alles über sie weiß sie auswendig, sogar den Namen ihres Hundes, eine Stunde genügt ihr und es ist gespeichert, eingeordnet, ein für allemal in ihr Gedächtnis gegraben. Aber jetzt, da sie es braucht, entgleiten ihr sämtliche Anhaltspunkte; sie wird dastehen wie eine Sphinx, wenn er sie anspricht. Er bemerkt sie aus dem Augenwinkel, als er sich zu einer blonden Frau zu seiner Linken umdreht. Ihre Blicke begegnen sich. Jean-Louis, nun fällt es ihr wieder ein! Sie grüßt ihn mit einem Kopfnicken, ergänzt durch ein Lächeln, von dem sie zu ihrem eigenen Erstaunen spürt, dass es äußerst gewinnend ist. Jean-Louis und wie weiter? Er schnappt nach ihren rechten Arm: »Isabelle Coache!« Er spricht die Silben ihres Nachnamens korrekt einzeln aus, ihres französischen Nachnamens, den seine Landsleute hartnäckig englisch auszusprechen pflegen, Coach, ganz abgehackt und mit einer Bremse hinten, eine klapprige Kutsche in einem staubigen Western, mit den Sioux auf den Fersen und von Pfeilen durchlöcherter Plane … Jean-Louis Trouë! Der Journalist, der sie in einem Interview in eine peinliche Situation gebracht hat: »Sagen Sie mir, könnten die Frauen denn Ihrer Meinung nach ohne Männer auskommen?« Sie saß da wie ein Armleuchter und faselte: »Das würde freilich keine starken Kinder ergeben!« Die unsinnige Antwort ließ ihn in der Sendung losprusten, ohne dass sie gewusst hätte, ob er sich über sie lustig machte oder ob er versuchte, vor seinem treuen Publikum zu verbergen, wie ungeniert sie mit ihrer Antwort die Plumpheit seiner Frage herausgestellt hatte. Sein vertrauliches Auftreten lässt darauf schließen, dass er ihr jedenfalls nichts nachträgt. »Wie geht es Ihnen, meine liebe Madame Coache?« Mit Betonung auf »liebe«, was sie die Zudringlichkeit seiner Hand, die ihren Unterarm knetet, noch stärker spüren lässt. Isabelle beobachtet ihn aufmerksam. Meine leichteste Übung, amüsiert sie sich innerlich. Mit seinen bald fünfzig Jahren und gewappnet mit dem Glanz seiner Berühmtheit, trägt Jean-Louis Trouë seine hohe, spitze Gestalt dennoch wie einen Anzug, den er sich ausgeliehen hat. Den Oberkörper gebeugt, als würde er gleich vornüberkippen, widersteht er dem Taifun in seinem Rücken; er wankt eher, als dass er sich umdreht, um sie direkt anzusprechen. Mit durchdringender Stimme, eine echte Sackpfeife, redet er ohne Punkt und Komma, ruft aus, wundert sich, ereifert sich, stellt sich Fragen und antwortet im selben Atemzug. Er hat ein Mundwerk, das nie stillsteht und in den hohen Lagen quietscht; er ist wach und aufgekratzt, während er sich mit seinem zerknitterten Gesicht über sie beugt, in dem ernst und ergreifend zwei traurige Mandelaugen funkeln, die um Liebe flehen. Sie mit seinem Grüppchen bekanntzumachen bereitet ihm unverhohlene Freude. Ihm zufolge sei sie genial, ein Muss, an dem kein Weg vorbeiführe, ein in ihren Kreisen verkannter Stern, den jedoch er, der glückliche Visionär, vor ihnen allen entdeckt habe. Seine unermüdlichen Lippen murmeln Lobeshymnen, seine Baritonstimme gleitet von einem Ohr zum nächsten und schmeichelt ihr unablässig. In seiner Gier nach ihrer Dankbarkeit trägt er so dick auf, dass Isabelle sich wundert, dass der Journalist und der Regisseur, denen er sie vorstellt, nicht loslachen. Aber er selbst ist es, den zwischen zwei Strichpunkten ein verlegenes Lachen überkommt; mit fieberhafter Geste streicht er eine ergrauende Strähne zurück, immer dieselbe, die sogleich wieder nach vorn fällt, rebellisch wie er selbst, ein ewiger Jüngling, dem es an Eroberungen mangelt. Sie findet ihn rührend; er macht ihr den Hof, wie er seine Interviews führt, mit dem naiven Ungestüm eines alternden Schuljungen. Ihr malvenfarbener Blick richtet sich auf Isabelle, die darin hängenbleibt, während eine Hand mit langen Fingern...


Louise Auger, geboren 1949 in Montreal, Quebec, kam über das Chanson und die Poesie zum Schreiben. Sie veröffentlichte zwei Gedichtbände und trug ihre Chansons in den siebziger Jahren im Radio, im Fernsehen und live auf den Bühnen Montreals vor. Mit Ende zwanzig nahm sie ein Studium auf und promovierte 1987 in Sozialpsychologie. »Ev Anckert« war Louise Augers erster Roman, der 2001 unter dem Titel »Eine Sommerliebe in Paris« auf Deutsch erschien und 2016 in dritter Auflage vorliegt.



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