Asen / Fonagy | Mentalisieren in der systemischen Praxis | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 295 Seiten

Reihe: Systemische Therapie

Asen / Fonagy Mentalisieren in der systemischen Praxis

Eine Einführung in die mentalisierungsinspirierte systemische Therapie
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-8497-8425-6
Verlag: Carl-Auer Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Eine Einführung in die mentalisierungsinspirierte systemische Therapie

E-Book, Deutsch, 295 Seiten

Reihe: Systemische Therapie

ISBN: 978-3-8497-8425-6
Verlag: Carl-Auer Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Was in einem anderen Menschen wirklich vorgeht, lässt sich nur erahnen. Wer sein Verhalten verstehen will, ist auf Interpretationen angewiesen. Dieses Mentalisieren kann jedoch durch eigene Vorstellungen eingeschränkt sein, was wiederum mögliche Problemlösungen behindert. In einer Beratung oder Therapie geht es deshalb auch darum, diese Hemmnisse zu erkennen und auszuräumen und so die Mentalisierungsfähigkeit der Klientin, des Klienten wiederherzustellen.

Eia Asen und Peter Fonagy kombinieren mentalisierungsbasiertes Vorgehen mit systemischen Konzepten und Techniken zu einer Verfahrensweise, die sich gut in die therapeutische Praxis integrieren lässt, nahezu unabhängig von ihrer theoretischen Ausrichtung. Abgesehen von der Arbeit mit Individuen, Paaren und Familien haben sie dabei auch Helfersysteme wie Jugendhilfeeinrichtungen sowie Schulen im Blick, und das über kulturelle Grenzen hinweg.

Neben den theoretischen Konzepten enthält das Buch Anregungen für konkrete Aktivitäten, Übungen und Spiele, die effektives Mentalisieren in der klinischen Arbeit auf spielerische Weise fördern. Sie erhöhen sowohl das Verständnis als auch die Motivation auf Seiten der Klientinnen und Klienten und erleichtern die Überwindung problematischer Muster, z. B. in innerfamiliären Beziehungen.

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Vorwort
Vor drei Jahrzehnten bewohnten wir, die Autoren, zwei deutlich voneinander verschiedene Therapiewelten: Der eine von uns war ganz dem systemischen Paradigma verpflichtet, der andere praktizierte Psychoanalyse und tiefenpsychologische Therapie. Wir hatten aber beide immer mehr das Gefühl, dass diese Welten ziemlich eng und exklusiv wurden, und vor etwa fünfzehn Jahren, nachdem wir bei verschiedenen Forschungsprojekten kooperiert hatten, beschlossen wir, die klinische Arbeitsweise des jeweils anderen und die ihr zugrundeliegenden Theorien und Konzepte einmal genauer in Augenschein zu nehmen. Als wir beide die Einladung annahmen, in Skandinavien einen zweitägigen Workshop zu geben – wir gaben ihm den Titel »Psyche Meets Systems« –, bot sich die willkommene Gelegenheit, unsere Denkmodelle »live«, vor einem großen Publikum aus Therapeutinnen und Therapeuten mit ganz unterschiedlichen fachlichen Orientierungen, wechselseitig zu ergründen und miteinander zu vergleichen. Dies war der Beginn einer inspirierenden Zusammenarbeit, in der wir im Laufe der Jahre das entwickelt haben, was wir heute »mentalisierungsinspirierte systemische Therapie« nennen (Mentalization-Informed Systemic Therapy, kurz MIST). Darum wird es in diesem Buch gehen: um unsere Version einer mentalisierungsinspirierten Familientherapie, für die wir durchgängig das Kürzel MIST verwenden werden. Sie entspricht in der Struktur dem systemischen Ansatz, wird aber ergänzt durch Mentalisierungskonzepte und -techniken. »Mentalisierungsinspirierte systemische Therapie« dürfte die treffendere Bezeichnung sein, doch wir könnten ebenso auch von »systemischer mentalisierungsinspirierter Behandlung« sprechen, also einem mentalisierungsinspirierten Vorgehen, das durch systemische Konzepte und Techniken ergänzt wird. Dass beide Begriffsvarianten denkbar sind, verdeutlicht die Flexibilität, mit der wir an die Aufgabe herangehen, unsere beiden Arbeitsweisen zu integrieren. Es geht uns nicht darum, eine weitere psychotherapeutische »Schule« zu gründen, sondern darum, wirksame und effiziente Verfahrensweisen zu bestimmen, mit denen wir Kinder, Jugendliche und Familien unterstützen können. Bei unserem Publikum in Skandinavien stieß unser im Entstehen begriffener neuer Ansatz damals auf einiges Interesse, ebenso wie in den zahlreichen Workshops, die wir seitdem in vielen europäischen Ländern und in Nordamerika gegeben haben. Wir hoffen, dass auch dieses Buch Kolleginnen und Kollegen mit unterschiedlichen therapeutischen Orientierungen, die mit Einzelpersonen, Paaren, Familien und größeren Gruppen arbeiten, dazu anregen kann, sichere Rahmenbedingungen für sich zu schaffen, unter denen sie – wie wir beide das zu tun versucht haben – über ihre Arbeit nachdenken und neue Wege erkunden können. Die MIST ist indes kein rundum neues Konzept. Wir erheben nicht den Anspruch, neue Entdeckungen gemacht oder neue Einsichten in mentale Vorgänge bei Familien und Individuen erschlossen zu haben. Das Konzept der MIST bringt Vorstellungen und Verfahrensweisen zusammen, die sich in die aktuelle Praxis der meisten Therapeutinnen und Therapeuten, nahezu unabhängig von ihrer theoretischen Ausrichtung, integrieren lassen. Die MIST dient dem spezifischen Ziel, Klientinnen und Klienten dabei zu unterstützen, Mentalisierungshemmnisse zu erkennen und auszuräumen. Gemäß der optimistischen Perspektive auf die menschliche Psyche, die dem Modell zugrunde liegt, wird die Wiederherstellung der Mentalisierungsfähigkeit sicherstellen, dass sich Lösungen finden, dass Schwierigkeiten und Hindernisse überwunden werden und dass ein natürlicher Heilungsprozess in Gang kommt. Wir möchten Ihnen einen kurzen Überblick über Aufbau und Inhalt des Buchs geben. Jedes Kapitel enthält Fallbeispiele aus der klinischen Praxis – allesamt sorgfältig anonymisiert –, welche typische Szenarien und therapeutische Dilemmata aufzeigen sowie Konzepte und Prinzipien verdeutlichen, an denen wir uns in der MIST orientieren, und welche die Techniken veranschaulichen, die wir einsetzen. In Kapitel 1 erläutern wir zum einen, dass uns eine mentalisierende Perspektive hilft, menschliche Verhaltensweisen und Interaktionen unter dem Aspekt intentionaler mentaler Zustände wahrzunehmen und zu interpretieren, und stellen unseren Grundgedanken vor, dass das Mentalisieren ein seinem Wesen nach bidirektionaler (transaktionaler) sozialer Prozess ist. Zum anderen gibt die systemische Perspektive uns die Möglichkeit, Individuen und Beziehungen im Kontext zu betrachten. Aus der Kombination der beiden Perspektiven in der MIST ergeben sich innovative Leitideen für die therapeutische Praxis. In Kapitel 2 gehen wir auf die Unterschiede zwischen effektivem und ineffektivem Mentalisieren ein und nehmen dabei insbesondere in den Blick, wie Menschen, wenn ihnen das Mentalisieren nicht gut gelingt, über ihr eigenes Handeln und das der anderen denken und wie sich dies im klinischen Kontext äußern kann. Wir machen deutlich, wie sich Mentalisierungsprozesse anhand einer Reihe von Dimensionen (oder Gegensatzpaaren) einschätzen lassen und wie diese helfen können, das therapeutische Vorgehen zu strukturieren. In Kapitel 3 zeigen wir, wie wir ein Umfeld für mentalisierungsfokussierte Interventionen schaffen können, indem wir die Sichtweisen von Familienmitgliedern und Fachkräften bei einem Netzwerktreffen zusammenbringen. Diese Anfangsphase setzt, wie alle darauffolgenden Phasen des Therapieprozesses, bei uns eine mentalisierende Haltung voraus, die wir auch dann beibehalten müssen, wenn im klinischen Setting das Arousal ansteigt – was nicht ausbleiben wird. In Kapitel 4 stellen wir das pragmatische Instrument der Mentalisierungsschleife vor, das darauf angelegt ist, die Entwicklung effektiven Mentalisierens zu fördern. Kapitel 5 und 6 sind das Herzstück des Buchs. Sie enthalten viele Beispiele für konkrete Aktivitäten, Übungen und Spiele, mit denen wir Mentalisieren auf spielerische Weise anregen können, um die Überwindung problematischer Muster in innerfamiliären Beziehungen zu ermöglichen. Alle diese Techniken zielen darauf ab, Gelegenheiten für gemeinsame Reflexion zu schaffen. Kapitel 7 dreht sich darum, wie sich die MIST als ein diagnoseübergreifender Ansatz verstehen lässt und wie die Berücksichtigung des »p-Faktors«, der die allgemeine Anfälligkeit für psychische Störungen beschreibt, uns helfen kann, den Fokus auf die gemeinsamen Komponenten verschiedener Störungsformen zu legen, welche emotionale Fehlregulation, Exekutivfunktionen und soziales Lernen betreffen. In diesem Zusammenhang hat sich das Konzept des epistemischen Vertrauens als hilfreich erwiesen, vor allem wo es um den Verlust von Vertrauen geht, den viele schwer traumatisierte Menschen erleben. In Kapitel 8 beschäftigen wir uns mit dem Einfluss digitaler Medien auf das Familienleben sowie mit den Möglichkeiten der Fernbehandlung, die sich für die Mentalisierungsarbeit nutzen lassen. In Kapitel 9 blicken wir über den Kontext der einzelnen Familie hinaus und untersuchen die Potenziale, die sich aus dem Mentalisierungsansatz für die Multifamilientherapie in verschiedenen Settings ergeben, vor allem in Schulen. Außerdem geht es um das Konzept der »Familienklasse«. Im letzten Kapitel weiten wir den Blick erneut und befassen uns mit der Frage der Anwendbarkeit des MIST-Konzepts über kulturelle Grenzen hinweg: Was geschieht, wenn Therapeutin und Klient aus unterschiedlichen Kulturen kommen? Wir fokussieren uns auf die Rolle, die das soziale Umfeld von Individuen und Familien für unser Verständnis von psychischer Gesundheit und von Anfälligkeit für psychische Störungen spielt. Der MIST-Ansatz ist zum einen innovativ, zum anderen knüpft er an Vertrautes an. In ihm verbindet sich Ernsthaftigkeit mit einer spielerischen Haltung. Wir versuchen in diesem Buch immer wieder deutlich zu machen, wie simpel erscheinende Interventionen, wenn sie gut gewählt sind, enorme Wirkung zeigen können, indem sie ganz einfach natürliche Prozesse der zwischenmenschlichen Interaktion, die ohne großen Aufwand zum Mentalisieren anregen, wieder in Gang bringen. Die MIST ist kein »Heilverfahren«, sondern eine Methode, mit der wir zeitweilige oder seit Längerem bestehende Blockaden in familiären Beziehungen auflösen können. Sie fordert nicht nur von der jeweiligen Familie, aufgeschlossen für neue Gedanken und Vorstellungen zu sein, sondern verlangt auch von uns Therapeutinnen und Therapeuten, dass wir stets offen für neue Aspekte sind und eine mentalisierende Haltung einnehmen (und vorleben). Wir hoffen sehr, dass Sie den therapeutischen Ansatz, den wir in diesem Buch vorstellen, mit ebensolcher Offenheit betrachten werden. Eine Anmerkung zur Sprache
Die um Geschlechtergerechtigkeit bemühte Sprache des Originals soll, wo dies praktikabel erscheint, durch einen Wechsel zwischen generischem Maskulinum und generischem Femininum...


Eia Asen, Prof. Dr. med., FRCPsych (Fellow of the Royal College of Psychiatrists), ist Psychiater für Kinder, Jugendliche und Erwachsene und arbeitete 40 Jahre im britischen National Health Service. Er war viele Jahre lang klinischer Leiter des Marlborough Family Service, einer systemisch orientierten psychiatrischen Einrichtung für Kinder, Jugendliche und Familien im Zentrum von London. Seit 2013 arbeitet er als Psychiater und Familientherapeut für das Anna Freud National Centre for Children and Families. Neben seiner Gastprofessur am University College London hält er Lehrveranstaltungen in Europa, den USA und Asien ab. Veröffentlichungen u. a.: Praxis der Multifamilientherapie (4. Aufl. 2019), Handbuch der Multifamilientherapie (2017, beide zus. mit Michael Scholz).

Peter Fonagy, Prof., PhD, FMedSci (Fellow of the Academy of Medical Sciences), FBA (Fellow of the British Academy), FAcSS (Fellow of the Academy of Social Sciences), OBE (Officer of the Order of the British Empire), ist Professor für zeitgenössische Psychoanalyse und Entwicklungswissenschaften und Leiter der Fakultät für Psychologie und Sprachwissenschaften am University College London sowie Hauptgeschäftsführer des Anna Freud National Centre for Children and Families. Er ist leitender klinischer Referent zur psychischen Gesundheit von Kindern beim englischen NHS, Leiter des Programms Mental Health and Behaviour Change von UCLPartners, Berater der Menninger-Fakultät für Psychiatrie und Verhaltenswissenschaften am Baylor College of Medicine und Gastprofessor an den medizinischen Fakultäten der Universitäten Yale und Harvard. Schwerpunkte: frühe Bindungsbeziehungen, soziale Kognition, Borderline-Persönlichkeitsstörung und Gewalt. Er ist Mitbegründer der mentalitätsbasierten Psychotherapie und Autor von zahlreichen Fachartikeln und Büchern.



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