Buch, Deutsch, Band 71, 80 Seiten, Format (B × H): 190 mm x 300 mm, Gewicht: 273 g
Reihe: Ariadne
Diffamierende Reden. Antifeminismen im Wandel
Buch, Deutsch, Band 71, 80 Seiten, Format (B × H): 190 mm x 300 mm, Gewicht: 273 g
Reihe: Ariadne
ISBN: 978-3-926068-25-5
Verlag: Stiftung Archiv der deutschen Frauenbewegung
Seit den 2000er Jahren artikulieren sich in der medialen Öffentlichkeit
zunehmend Stimmen gegen Gleichstellung (der Geschlechter, hetero- und
homosexueller Lebensweisen), die vor allem in der Bezeichnung ›Gender‹
den Kern allen Übels ausmachen und mit dem Kampfbegriff ›Genderismus‹
ein Phänomen beschreiben, welches sie für den ›Untergang des
Abendlandes‹ verantwortlich machen. Sie richten sich gleichermaßen gegen
die Geschlechterforschung wie gegen Geschlechterpolitik. ›Gender‹ steht
in den Aussagen der selbsterklärten ›Anti-GenderistInnen‹ sowohl für ein
gleichmachendes und das angeblich biologisch feststehende Abgrenzen von
lediglich zwei Geschlechtern negierendes Verständnis von Geschlecht als
auch für einen Platzhalter für vermeintliche Zwangsregularien, für die
Zerstörung der ›guten alten Ordnung‹ – vor allem der heterosexuellen
(Kern-)Familie.
Diese Stimmen werden in jüngster Zeit im Zuge des Aufschwungs
rechtspopulistischer Bewegungen und Parteien immer lauter, da hier die
Politisierung von Gender einen großen Resonanzraum erfährt und sich
offenbar hervorragend zur Mobilisierung eignet. Dabei setzten die ›Anti-
GenderistInnen‹ auf eine autoritäre Politik, die primär Ressentiments
mobilisiert und mit dieser besonderen Form der Affektpolitik offenbar an
weitverbreitete Ängste anschließen kann. Da sich dieses Phänomen in
vielen europäischen Ländern zeigt, haben (nicht nur) wir uns gefragt, ob
wir hier eine neue Konjunktur des Anti-Feminismus erleben?
Der Kampf gegen Unterdrückung und Ungleichheit von Frauen hat von jeher
auch einen erbitterten Widerstand jener mobilisiert, die den Verlust von
Privilegien und den Umsturz der (Geschlechter-)Ordnung fürchteten. Das
ist nicht erst seit der ersten Frauenbewegung offenbar; zu dieser Zeit
entstand aber der Begriff des Antifeminismus. Hedwig Dohms bekannte
Schrift ›Die Antifeministen‹ von 1902 galt jenem Phänomen. Die
Antifeminist:innen der damaligen Zeit sahen durch die Berufstätigkeit
der Ehefrau das Glück und Gelingen der (heterosexuellen) Ehe gefährdet.
Die heutigen ›Anti-GenderistInnen‹ richten sich gegen
Geschlechterforschung, politische Gleichstellungsmaßnahmen und
progressive Sexualpädagogik. Befürchteten damals die AntifeministInnen
die Auflösung der bürgerlichen Ehe, befürchten heutige ›Anti-
Genderisten‹ und ›Anti-Genderistinnen‹ darüber hinaus die Umerziehung
der Menschheit zu geschlechtslosen Wesen und die Abschaffung der als
natürlich verstandenen zwei Geschlechter. AntifeministInnen und ›Anti-
GenderistInnen‹ reagierten und reagieren damit sowohl auf
gesellschaftlichen Wandel im Allgemeinen als auch auf feministische
Bewegungen und Veränderungen im Geschlechterverhältnis im Besonderen.
Mit diesem Heft wollen wir den Kontinuitäten, Wandlungen und
Verschiebungen von Angriffen auf Feminismus nachgehen und danach fragen,
ob und inwiefern Frauenfeindlichkeit und Antifeminismus verschiedenen
Konjunkturen unterliegen und unterschiedliche Formen annehmen. Die
versammelten Beiträge liefern dazu hilfreiche historische, international
vergleichende wie analytische und empirische Hinweise.
Zielgruppe
Forschung und Wissenschaft,
interessierte Leser:innen