Archan / Baumann / Neuwirth | Schaurige Orte in Österreich | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 4, 265 Seiten

Reihe: Schaurige Orte

Archan / Baumann / Neuwirth Schaurige Orte in Österreich

Unheimliche Geschichten
2023
ISBN: 978-3-8392-7630-3
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Unheimliche Geschichten

E-Book, Deutsch, Band 4, 265 Seiten

Reihe: Schaurige Orte

ISBN: 978-3-8392-7630-3
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Zwölf schaurige Geschichten von zwölf Autoren über zwölf reale Orte in Österreich, angelehnt an Legenden und Ereignisse von der Keltenzeit bis in die Gegenwart: Welch grausames Opferritual der Sohn eines Druiden in Niederösterreich über sich ergehen lassen musste. Was der Ostbahn-Kurti mit der Burg Hasegg in Tirol zu tun hat. Von den grausamen Gewohnheiten einer ungarischen Gräfin im winterlichen Wien. Und warum einem Geologen in den Steilwänden der Karnischen Alpen in Kärnten schaurige Dinge begegnen.

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Jasmin und der Pakt mit dem Teufel
von Andrea Nagele
In der Frauenkirche von Pernegg gab es an einer der Wände eine zugespachtelte Stelle, deren Kontur an eine Tür erinnerte. Als man nachforschte, fand man tatsächlich dahinter einen Ausgang, der zugemauert worden war. 1
Ich war noch nie in meinem ganzen Leben so richtig verliebt gewesen. Klar, ich war schon oft verknallt gewesen. In der Hauptschule konnte ich mich vor Verehrern kaum retten. Sehr zum Ärgernis meiner besten Freundinnen. Denn kaum hatte eine von ihnen sich in einen der Buben verschaut, bekam ich von demjenigen kleine Briefchen zugesteckt. In denen Unterschiedliches stand, zum Beispiel: »Kommst du nach dem Unterricht zum Apfelbaum auf der großen Wiese?« oder »Lust auf ein Zitroneneis? Ich zahle.« Oder zur Belustigung aller: »Am Abend um 19 Uhr vor dem Kino. Es läuft ›Bergkristall‹.« Was haben wir gelacht und die zusammengefalteten Papierchen zerrissen und durch die Luft gejagt. Einmal habe ich einen Flieger gebastelt und einem der Tollkühnen auf die Nase geschossen. Manchmal haben wir kunstvolle Boote aus den Botschaften mit dem linierten Schulheftpapier gebaut und die Mur hinabgeschickt. Richtig zerstritten haben wir Mädels uns wegen der Burschen nie. Hin und wieder kam es zu Kabbeleien, die jedoch immer mit einer herzlichen Versöhnung endeten. Meine Freundinnen wussten, dass ich mit keinem ihrer Auserwählten geflirtet hätte. Das war nicht mein Stil. Und ich konnte schließlich nichts dafür, lange blonde Locken, unzählige Sommersprossen auf der Nase und blitzend grüne Augen zu haben. Lotte war unsere Klassenbeste und stammte aus ärmlichen Verhältnissen. Sie besaß eine hässliche Zahnspange, hatte aber einen gutmütigen Charakter, und wir alle mochten sie und waren nett zu ihr, weil sie ein herzensgutes, pummeliges Ding war. Außerdem ließ Lotte uns von ihren Hausarbeiten abschreiben oder gab uns Nachhilfeunterricht in den unterschiedlichsten Fächern. Während der Schularbeiten steckte sie uns stets verschämt die Lösungen zu, sobald sie merkte, dass eine von uns zwischen den Zahlen oder Worten hing. Ihr war es wichtig, Teil unserer Clique zu sein, und sie passte wegen ihrer Schrulligkeit perfekt in die Gruppe. Irgendeine von uns hatte immer Leckereien für sie. Lilis Vater rauchte und achtete nicht auf seinen Zigarettenvorrat. Oder vielmehr traute er seiner braven Tochter keinen Diebstahl zu. Mein alter Herr besaß einen gut bestückten Weinkeller. Was kein Wunder war, denn am Ende verdiente er als alteingesessener Winzer mit dem Rebensaft einen Batzen Geld. Gabys Mutter arbeitete in einer Konditorei und wunderte sich kaum, wenn eines der Marzipantortenstückchen, eine Kokoskuppel oder ein Punschkrapferl verschwand. Sie war zu beschäftigt mit ihrer heimlichen Liebschaft. Der Bäcker und sie hatten es einander eben angetan. Babsis Tante arbeitete in einem Kaufhaus und litt unter einer seltsamen Krankheit. Ihr fiel nie auf, wenn T-Shirts, Kettchen oder bunte Socken fehlten. Babsi erklärte uns, dass die Tante als Kind mit dem Rodel gegen einen Baum gerast sei und danach in der Hilfsschule ihren Abschluss gemacht und durch die Beziehungen von Babsis Vater einen Integrationsarbeitsplatz erhalten hatte. Wir kapierten kein Wort davon, wussten bloß, dass die Tante leicht zu beklauen war. Wie gesagt, wir entlohnten unsere Lotte reichlich für ihre großmütigen Taten, die es uns ermöglichten, stets in die nächste Klasse versetzt zu werden. Unsere Lehrer wussten natürlich Bescheid, drückten aber fortwährend ein Auge zu. Lotte wurde aufgrund unserer liebevollen Gaben schon mit dreizehn zur Kettenraucherin und trank am liebsten Apfelschorle mit einem ordentlichen Schuss vom Roten aus dem Weinkeller meines Vaters. Sie wurde rundlicher als wir alle zusammen, das lag natürlich ebenfalls an unseren kleinen, köstlich süßen Geschenken. Doch wir verstanden uns, es war, wie wir uns damals versicherten, alles in reinster Butter. Wir lungerten vor den Eisdielen, ließen unsere Füße in die kalte Mur baumeln, rauchten hinter Gebüsch und Sträuchern und gaben uns so manchem Rausch hin. Im Winter flitzten wir über die zugefrorenen Teiche oder rutschten auf Nylonsäckchen die Hügel hinunter. Keine von uns prallte jemals gegen einen Baum. Lotte war uns allen bald eine Spur voraus, eine Eigenschaft, die sie zum Zentrum unserer eingeschworenen Mädelsbande machte. Es dauerte nicht lange, bis sie allein den Ton angab. Sie stürzte mich gewissermaßen vom Thron. Bisher waren Lotte, Babsi, Sissi, Gaby, Lili und Susi stets meinen Worten gefolgt. Das hatte sich nun geändert. Ein wenig weh tat es schon. 2
»Jasmin«, die Stimme meiner Mutter klang scharf, fast schneidend. »Waaaaas denn?«, fragte ich und zog das A absichtlich in die Länge. Sollte sie sich doch ärgern. »Hör auf, so pampig zu sein. Ich habe dir was zu erzählen. Es kommt ein neuer Schüler in eure Klasse. Ich habe es gerade erfahren. Halt dich bitte fern von dem Burschen. Der Umgang mit ihm bedeutet nichts Gutes. Sein schlechter Ruf eilt ihm voraus. Sein Vater ist Anwalt und hat ihn schon aus so einigen Schwierigkeiten herausgeboxt.« »Na und, Mutter?« Manchmal reizte die Alte mich bis aufs Blut. »Pass einfach auf dich auf, Schatz.« »Tu ich doch. Geh du lieber in den Weinkeller runter und ziehe den Papa aus einem Fass heraus. Nicht nur kleine Kinder können in so einer gefüllten Tonne absaufen.« Jetzt hatte ich es ihr gegeben. Mama verdrehte genervt die Augen. »Bist du fertig mit dem Blödsinn? Papa arbeitet am Feld bei den Reben. Ich fahre dich heute noch mit dem Auto, weil es dein erster Schultag ist, ab morgen nimmst du das Rad oder den Bus.« »Soll das eine Drohung sein, Mutter?« Mama schwieg in weiser Voraussicht. Wenig später hielten wir vor einem hellgelben Gebäude mit bröckeligem Mauerwerk, das wir Freundinnen insgeheim »Gefängnis« nannten. Ich war so froh, meine Clique wiederzusehen. Lili, Babsi, Gaby, Sissi, Susi und Lotte. Nichts anderes zählte. »Jassi!«, hörte ich meine Mädels brüllen, kaum, dass ich aus Mamas Auto sprang. »Vergiss deinen Schulrucksack bitte nicht.« Was dachte die sich denn? Darin waren all unsere Schätze verborgen. Tschicks, Sweetys, T-Shirts, zwei Flaschen aus Papas Keller und ein sehr cooles Shirt für unsere Lotte. Alle umringten und küssten mich stürmisch. Es war, als hätten wir uns Jahre nicht gesehen, dabei waren wir fast die gesamten Ferien über zusammen gewesen bis auf die letzten beiden Wochen, was uns noch mehr zusammengeschweißt hatte. »Wo ist Lotte?«, fragte ich und schwenkte ihr T-Shirt, das mir Babsi ein paar Tage vorher zugesteckt hatte, fröhlich durch die Luft. »Lotte?« Lili, Susi, Gaby, Babsi und Sissi betrachten einander betreten. »Weißt du das noch nicht? Die ist mit Charly unterwegs.« »Charly?« Ich stand auf der Leitung. Keine Ahnung, wer das sein könnte. »Welche Charly? Die kenne ich nicht. Eine der Neuen?« Meine Freundinnen kicherten. »Jassi«, ergriff Lili das Wort. »Es ist keine Sie, Charly ist ein Typ. Er ist der neue Schüler in unsrer Klasse. Ein ziemlich heißer Feger.« »Ach«, jetzt fiel es mir wieder ein. »Mama hat vorhin so etwas erwähnt. Na und, soll sie doch ihr Vergnügen haben. Hat ja sonst nicht viel im Leben außer uns.« »Warte mal ab. Du wirst staunen.« Und dann bogen die beiden um die Ecke. Eng ineinander verschlungen. Lotte erkannte ich kaum wieder. Sie war die Einzige aus unserer Clique, die wir in den Ferien nur selten gesehen hatten, da sie im Nebendorf als Kellnerin ihr Geld verdient hatte. Mir hatte das den Vorteil gebracht, erneut das große Wort zu führen. War gar kein so ein übles Gefühl gewesen. Lotte. Ich musste zweimal hinschauen und meinen Blick scharf stellen. Sie war fast so dünn wie ich und ihr Haar war kinnlang und blau gefärbt. Charly war, ich musste es zugeben, ein heißer Typ. Unter seinen langen Wimpern funkelten seine dunklen Augen unternehmungslustig. Dass der einiges auf dem Kerbholz hatte, konnte ich mir gut vorstellen. Sissi legte den Arm um mich und flüsterte in mein Ohr: »Lotte hat es darauf angelegt, uns alle auszustechen. Dabei waren wir immer lieb zu ihr und haben sie unterstützt, so gut wir konnten.« »Sie uns doch auch beim Schwindeln«, antwortete ich und schlupfte unter ihrem Arm weg. 3
Schon sehr bald hatte Lotte das Kommando unserer Truppe wieder komplett übernommen. Zu meinem Missfallen, denn den anderen Mädels bereiteten die Veränderungen, die Lotte vorgenommen hatte, uneingeschränkte Freude. Bestand das Biest doch glatt darauf, Charly und dessen besten Freund Louis in unsere, vormals MEINE Bande aufzunehmen. Zudem fand ich Louis sonderbar, irgendwie seltsam auf eine bedrohliche Art, warum das so war, konnte ich mir selbst nicht erklären. Vielleicht gefiel mir der stechende Blick aus seinen seelenlosen Augen nicht. Sie erinnerten mich an Glasmurmeln. »Jassi.« Lili zog mich sanft beiseite. »Mach bitte kein Theater. Lotte hat halt das große Los gezogen. Es sei ihr gegönnt.« Bevor ich Lili eine entsprechende Antwort geben konnte, packte Sissi mich unter dem Arm. »Sei nicht so abweisend zu ihr. Wir sind doch immer auf deiner Seite. Auch wenn Lotte jetzt so toll aussieht und diesen coolen Kerl an der Angel...


Reichl, Eva
Lutz Kreutzer wurde 1959 in Stolberg geboren. Er schreibt Thriller, Kriminalromane sowie Sachbücher und gibt Kurzgeschichten-Bände heraus. Auf den großen Buchmessen in Frankfurt und Leipzig sowie auf Kongressen coacht er Autoren, ebenso richtet er den Self-Publishing-Day aus. Am Forschungsministerium in Wien hat er ein Büro für Öffentlichkeitsarbeit gegründet. Über seine Arbeit wurden im Hörfunk und TV zahlreiche Beiträge gesendet. Seine beruflichen Reisen und alpinen Abenteuer nimmt er zum Anlass, komplexe Sachverhalte in spannende Literatur zu verwandeln. Lutz Kreutzer war lange als Manager in der IT- und Hightech-Industrie tätig. Seine Arbeit wurde mit mehreren Stipendien gefördert. Heute lebt er in München.



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