E-Book, Deutsch, 380 Seiten
Apel / Laun / Motte-Fouqué Wunderbuch - Drei Bände in einem Band
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-7528-3831-2
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 380 Seiten
ISBN: 978-3-7528-3831-2
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Das "Wunderbuch", Nachfolgewerk des berühmten "Gespensterbuchs" von Johann August Apel und Friedrich Laun, enthält eine Fülle erlesener literarischer Kost in Form von schaurigen und nachdenklichen Geschichten und Gedichten der Schwarzen Romantik. Wunderbuch. 1. Band. Der Hecketaler. (F. Laun) Der Liebesschwur. (F. Laun) Die Ruine von Paulinzell. (J. A. Apel) Die Hausehre. (F. Laun) Die Schuhe auf den Stangen. (J. A. Apel) Legende. (F. Laun) Das silberne Fräulein. (J. A. Apel) Wunderbuch. 2. Band. Swanehild. (F. Laun) Der Schutzgeist. Anekdote. (J. A. Apel) Die Wachsfigur. (F. Laun) Blendwerke. (F. Laun) Das Meerfräulein. (F. Laun) Der Mönch. (F. Laun) Der rote Faden. (F. Laun) Der Lügenstein. (F. Laun) Wunderbuch 3. Band. Die drei Templer. (F. d. l. Motte-Fouqué) Der Liebesring. (F. Laun) Die Jungfrau des Pöhlberges. (F. Laun) Der Bergmönch. (K. B. v. Miltitz) Die Fräulein vom See. (F. Laun) Muhme Bleich. (K. B. v. Miltitz) Friedbert. (K. B. v. Miltitz) Altmeister Ehrenfried und seine Familie. (F. d. l. Motte-Fouqué)
Autoren/Hrsg.
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WUNDEBUCH 1. Band. Der Hecketaler. Vor mehreren hundert Jahren, als eben einmal ein roter, herrlicher Sonnenuntergang die Einförmigkeit des Waldes mit mannigfachen Lichtern und Schatten belebte, kam ein junger Gesell des Weges, nahm gerade da, wo die Straße auseinanderging, sein schweres Bündel vom Rücken; und setzte sich unter einem alten Tannenbaum nieder. Seine schwarze Trauerkleidung stand seltsam genug zu dem munteren, jugendfrohen Gesicht, das der heiße Tag zwar tüchtig in Schweiß gebracht, dennoch aber durchaus mit keinem unfreundlichen Zug belästigt hatte. Wohlgemut strich der junge Mann das hellglänzende Haar aus dem großen, blauen Auge, sah auf das Bündel neben sich, und dann nach dem Himmel hinauf, gleichsam als ob er diesem nicht genug Dank dafür sagen könne. So saß er denn bis der rote Sonnenglanz völlig verschwunden war, und das bläuliche Mondlicht ihm eine leichtere Wanderung verhieß. Nur hätte er zuvor noch gern einen Menschen gesehen, teils um ihm seine innige Freude an Erde und Himmel mitzuteilen, teils um zu hören, welches der rechte, und womöglich nächste, Weg nach Augsburg sei. Denn obgleich er dort schon gewesen war, so hatte er doch von dieser Seite die Reise noch niemals gemacht. Wirklich bewegte sich jetzt durch das Dickicht etwas heran. Auch entdeckte sein gutes Auge bald, daß es ein menschliches Wesen war, was späterhin in Gestalt eines Köhlers an ihm vorüberging. „Guter Freund“, so rief der Reisefertige ihn an, „unfehlbar seid Ihr unter diesen Bäumen zu Hause, sagt mir daher doch, wie ich am schnellsten nach Augsburg kommen mag?“ „Da könnt Ihr mich auf diesem Fußsteig begleiten. Bei ganz gemächlichem Schritt müßt Ihr dann nach Tagesanbruch vor der Stadtmauer sein.“ Das war unserem Wanderer eine gar angenehme Post. Denn so gern er auch das schwere Bündel auf seinem Rücken trug, so fehlte ihm doch lange schon jemand, der ihm die Last seines Glückes tragen helfe. Die teilnehmendste Miene hatte der Köhler freilich nicht. Sein Auge sah aus den Büschen der Augenbrauen so starr und lieblos über die Habichtsnase in die Welt hinein, als ob sein Herz längst mit zu Kohle verbrannt sein müsse. Dazu klang seine Stimme so rauh und unerfreulich, daß es dem Reisenden auffiel. Doch schalt er sich selbst wegen seines anfänglichen Mißtrauens gegen den Alten. „Ist er ja doch ein Mensch“, dachte er. „Was kann er dafür, daß ihm Gott kein einnehmender Gesicht verliehen und vielleicht der Kohlenstaub seine Stimme verdorben hat? Zudem sähe er auch wohl einnehmender aus, wenn die schwarzen Spuren eines traurigen Gewerbes seine Züge weniger entstellten!“ – Dabei ging des Jünglings Blick zum Himmel hinauf, dankend für Gestalt und Gewerbe, womit er sich dagegen so wohl versehen fühlte. „Führen Euch Geschäfte nach Augsburg?“ so fragte der Köhler, als sie den Weg schon angetreten hatten, und eine solche Frage war es eben, was der Erzählenslustige schon eine Weile erwartete, weil er so unter dem Vorwand einer erschöpfenden Antwort sein Herz besser, als ohne äußere Anregung, entschütten zu können glaubte. „Jawohl, Geschäfte“, versetzte er, „und recht süße und liebe obendrein!“ „Hm“, sagte der andere, „in dieser schlechten, nahrlosen Zeit wird es nicht jedem so gut. Laßt mich drum doch etwas von diesen Dingen und Eurem ganzen Treiben vernehmen.“ „Ich bin“, so fing hierauf der Jüngling an, „ich bin von Schwabmünchen, und meines Zeichens ein Schieferdecker, wie mein Vater seliger auch gewesen ist, heiße auch Franz Pilsner, wie er. Es gab große Not in meiner lieben Eltern Hause, als ich das Handwerk ergreifen wollte, Die Mutter nämlich hatte viel dagegen. „Mein Schatz“, so sagte sie einstmals beim Frühstück zum Vater, als wieder die Rede darauf kam, „ich habe ja Todesangst genug, wenn ich dich oben in den Lüften herumklimmen sehe, soll ich denn nun auch noch den einzigen Sohn deiner gefährlichen, wenig lohnenden Hantierung abgeben?“ Bei dieser Rede wurde mir so übel zu Mute, daß ich den Löffel kaum zum Mund bringen konnte. Denn ich hatte ein gar zu großes Wohlgefallen an der Schieferdeckerkunst und wußte recht gut, daß der Vater der Mutter Bitten und Wünschen immer gern zu Gefallen lebte. Diesmal aber war es nicht so; vielmehr sagte er: „Das heißt nicht wie eine gute Christin sprechen, mein Schatz. Habe ich dir doch tausend und abertausendmal gesagt, daß ohne des Herrn Willen kein Sperling vom Dache fällt. Wie magst du denn noch immerfort glauben, daß ein Mann, den sein Beruf hinauf in die Luft führt, der dort die heiligen Häuser des Allerhöchsten vollenden muß, daß ein solcher Mann weniger unter seiner Obhut stehe, als ein geringer Vogel? Und was den schlechten Lohn anlangt, so frage ich dich, wann sind wir, ich, du und unser Franz, hungrig zu Bett gegangen? Daß wir nicht Mammon zurücklegen können, ist wahrlich kein Unglück. Wenn nur unser Kind in der Zucht und Vermahnung zum Herrn aufwächst, dann wird der, der die Lilien auf dem Felde kleidet, ihm seine Nahrung auch zukommen lassen.“ Hiermit hob er die Hände auf und betete: „Wer Gott vertraut, hat wohl gebaut, im Himmel und auf Erden, wer sich verläßt auf Jesus Christus, dem wird der Himmel werden.“ „Aber, was ist Euch?“ so unterbrach der junge Schieferdecker hier seine Erzählung selbst, als sein Blick auf den Begleiter fiel, dessen Gesicht sich recht widerwärtig verzogen hatte. „Krämpfe, weiter nichts!“ antwortete der Alte, und Franz fuhr also fort: „Schon glaubte ich, daß Ihr Anstoß nehmt an dem Vers, der freilich von einem lutherischen Probst, mit dem mein seliger Vater, wegen eines Kirchenbaues viel zu tun hatte, an ihn gekommen ist. Er hatte überhaupt manches von dem Probst angenommen, auch einige schöne Lieder bei Seite gelegt, und pflegte zu sprechen: „Ob ich schon bei meinem wahren Glauben bis an’s Ende verharren will, so scheint mir doch manches, was Luthers Anhänger sagen, recht gut und tröstlich. Auch würde ihnen ja die Obrigkeit sonst keine Kirchen zugestehen! – Doch auf meine Geschichte zurückzukommen: Als der Vater denn so betete, da faltete auch die Mutter ihre Hände andächtig mit. Dann aber weinte sie sehr und nahm mich beim Kopf und herzte und küßte mich. „In Gottes Namen denn!“ sprach hierauf der Vater und sie machte keine Einwendung weiter. Doch war sie nicht immer so gefaßt, und in der Folge brannten mich ihre roten Augen manchmal tief im Herzen, wenn ich abends mit dem Vater seliger nach Hause kam. Ich hätte aber die Hantierung nicht aufgeben mögen, um aller Welt Wunder nicht. Denn Ihr könnt gar nicht glauben, wie köstlich es ist, da droben von der Spitze eines heiligen Gotteshauses herunterzusehen, auf die kleinen Städte und Dörfer und Menschen, denen schwindelt, wenn sie von der Erde, an der sie kleben, hinaufblicken und dort einen gewahr werden, der dem Himmel so nahe lebt. Nicht glauben könnt Ihr’s, wie das Herz so weit und groß wird in den blauen Lüften, dicht unter dem Auge des Herrn, an dessen irdischer Wohnung man arbeitet!“ Die Krämpfe des Köhlers schienen zuzunehmen; denn sein Gesicht warf immer häßlichere Falten. Daher fragte der Schieferdecker wohlwollend, ob vielleicht das Sitzen ihm besser tun würde. Aber der Alte schüttelte den Kopf. „Laßt Euch davon nicht irren“, sagte er, „und gebt mir nur mehr von Eurer Historie. Wo möglich, so behaltet den Überfluß an Bemerkungen und Nebendingen im Sinne, weil manches davon wie gute Lehren aussieht, wogegen das Alter nicht sehr empfänglich ist.“ „Nach Eurem Gefallen!“ versetzte Franz weitererzählend: „Da ich sonach mein Werk mit Liebe trieb, so verging mir die Lehrzeit, ich wußte kaum, wie. Auch hatte ich die Freude, meine Mutter mit mir und meinem Stande zufrieden zu sehen, als sie von meiner Tüchtigkeit hörte, und am Tage, wo ich losgesprochen wurde, die Meister meinen Kenntnissen das beste Zeugnis erteilten. Während meiner Gesellen und Wanderjahre hatte ich Gelegenheit, manche schöne Arbeit zu fertigen, und wie ich zurück in der Eltern Haus kam, war mein Vater schon so schwach geworden, daß er wenig mehr verrichten konnte. Ich wurde daher Meister, und erhielt durch ihn gleich Anfangs eine schöne Kundschaft, so daß ohne mich in der Gegend so leicht keine Kirche gedeckt oder erneuert wurde. Eine gar schlimme Zeit stand ich während seiner letzten Tage aus. Auch sie ging jedoch vorüber, und es gewährt mir noch immer Beruhigung, wenn ich seiner Todesstunde gedenke. Ach, er starb gar so schön! In der Entzückung sah er rings um sich einen Kreis frommer Heiligen und Wundertäter, von deren Abglanz sein eigenes Gesicht schon wie im Sonnenlicht der Verklärung uns...