E-Book, Deutsch, 572 Seiten
Apel / Laun Gespensterbuch
2. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7412-1432-5
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Vollständige Ausgabe
E-Book, Deutsch, 572 Seiten
ISBN: 978-3-7412-1432-5
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Das Gespensterbuch, eine Sammlung von über dreißig romantischen Schauergeschichten, erschien etwa zur selben Zeit wie die Kinder- und Hausmärchen der Gebrüder Grimm und war damals ebenso populär. Geschichten wie Der Freischütz und Der Hecketaler sind heute noch bekannt. Mary Shelley fühlte sich nach der Lektüre einer Auswahlausgabe des Gespensterbuchs gar dazu inspiriert, ihr großes Werk Frankenstein zu verfassen. Nun liegt mit dieser Edition eine einbändige Komplettausgabe des Gespensterbuchs vor, damit sich auch die heutigen Leser von seinem Inhalt verzaubern lassen können. Inhalt. 1. Band. Der Freischütz. (J. A. Apel) Das Ideal. (F. Laun) Der Geist des Verstorbenen. (F. Laun) König Pfau. (J. A. Apel) Die Verwandtschaft mit der Geisterwelt. (F. Laun) 2. Band. Die Totenbraut. (F. Laun) Die Bräutigamsvorschau. (J. A. Apel) Der Totenkopf. (F. Laun) Die schwarze Kammer. (J. A. Apel) Das Todesvorzeichen. (F. Laun) Der Brautschmuck. (J. A. Apel) Kleine Sagen und Märchen: 1. Empusa - Lamia. (J. A. Apel) 2. Asvit und Asmund. (J. A. Apel) 3. Alp. (J. A. Apel) 4. Der Rabe. (J. A. Apel) 5. Hildurs Zauberlied. (J. A. Apel) 3. Band. Die Vorbedeutungen. (F. Laun) Klara Mongomery. (J. A. Apel) Der Gespensterleugner. (F. Laun) Anekdoten: 1. Das Geisterschloß. (J. A. Apel) 2. Der Geisterruf. (J. A. Apel) 3. Der Totentanz. (J. A. Apel) 4. Band. Zwei Neujahrsnächte. (J. A. Apel) Der verhängnisvolle Abend. (F. Laun) Zauberliebe. (J. A. Apel) Die Braut im Sarge. (F. Laun) Das unterirdische Glück. (F. Laun) 5. Band. Der Hecketaler. (F. Laun) Der Liebesschwur. (F. Laun) Die Ruine von Paulinzell. (J. A. Apel) Die Hausehre. (F. Laun) Die Schuhe auf den Stangen. (J. A. Apel) Legende. (F. Laun) Das silberne Fräulein. (J. A. Apel) Anhang. Die Bilder der Ahnen. (J. A. Apel) Die graue Stube. (H. Clauren)
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Das Ideal.
Lange, lange vor der allgemeinen Sündflut gab es einen Prinzen, dem der Hof von Kindesbeinen an vorsagte, daß er in der Folge ganz charmant regieren würde, und der sich das gerne gesagt sein ließ. König Huldibert, sein Vater, hatte aber auch die berühmtesten Professoren der berühmtesten Universitäten in der ganzen Welt zu seiner Bildung zusammen holen lassen, so daß Prinz Heckerling Gelegenheit gehabt hätte, sich über ihre entgegengesetzten Ideen, Begriffe, Systeme, Meinungen und sonnenklaren Beweise totzulachen, wenn er seiner künftigen Bestimmung nicht besser eingedenk gewesen wäre. Schon im zwölften Jahre war er ein Weltwunder, und nun mußten die schönen Künste herhalten. Da währte es denn gar nicht lange, so tanzte er wie der damalige Vestris, komponierte besser als der damalige Haydn, und was Poesie betrifft, so hätte der damalige Goethe bei ihm in die Schule gehen können. Weil er obendrein ein Ausbund von Schönheit war, und das Reich, dessen Erbschaft ihm bevorstand, an Glanz und Größe alle Reiche umher weit übertraf, so müßte ja die Liebe noch viel blinder als gewöhnlich gewesen sein, wenn sie nicht auf ihn Jagd gemacht hätte. Alle benachbarten Prinzessinnen aber hatten keine Ruhe und ließen ihren Vätern keine Ruhe. Immer wollten sie den schönen Prinzen im Auge haben, und es hätte Not getan, daß die guten Väter ihren Thron an den Meistbietenden verkauft und an Huldiberts Hofe privatisiert hätten. Aber die benachbarten Prinzessinnen waren allesamt dem König Huldibert nicht berühmt und vornehm genug für seinen Sohn. Wenigstens nahm man bei der Verheiratung des Prinzen Heckerling auf keine einzige von ihnen Rücksicht. Niemand schien dem Stolz des königlichen Paares zur Schwiegertochter tauglich, als die Thronerbin eines viele hunderttausend Meilen weit entlegenen ungeheuren Reiches, deren Schönheit der Ruf von Stadt zu Stadt, von Land zu Land, bis in König Huldiberts Schloß ausposaunt hatte. König und Königin entdeckten dem Prinzen, daß es zu einer würdigen Vermählung allmählich Zeit werde, und auf wen ihre Wahl gefallen sei. Wenn nun auch der Prinz des festen Glaubens lebte, daß die Natur ganz speziell für ihn ein Ideal habe aufwachsen lassen, so ward er’s doch überdrüssig darauf zu warten, und ließ sich’s nach und nach übel und böse gefallen, daß eine Gesandtschaft an den Hof des Königs Isegrimm geschickt wurde, welche dessen Tochter, die bezaubernde Isola, für ihn zur Gemahlin abholen sollte. Man hatte schon ein entsetzlich großes Gesandtschaftspersonal ernannt, als der Hofnarr die naseweise Frage aufwarf, in wie langer Zeit man denn wohl die Reise von vielen hunderttausend Meilen zweimal machen wolle? Das war bis dahin keinem Menschen eingefallen. Ehe die schwerfällige Gesandtschaft nur beim König Isegrimm anlangte, konnte die Prinzessin Isola längst verheiratet oder gar verstorben sein, und falls sie noch ledig und lebendig gefunden wurde, so kam sie doch gewiß durch die Jahre schon unscheinbar gemacht und nicht eher an König Huldiberts Hof an, als bis der König und seine Gemahlin längst zu ihren Vätern und Müttern, versammelt waren. Denn der Ruf, der Isolas Schönheit hergebracht hatte, hätte viel Flügel haben müssen, um sie dem ansehnlichen Zuge zu borgen, und an Jakob Degen und seine Flugmaschinen war damals noch mit keinem Atem gedacht worden. Diese Frage zerbrach mit einem Mal dem König und seinem Staatsrat die Köpfe, und ein allgemeines Achselzucken war der Erfolg nach mancher qualvollen Nachtwache. Um jedoch wenigstens etwas in der Sache zu tun, wurde eine Preisaufgabe daraus gemacht, wer den Gesandten und seinen Sekretär in Zeit von wenigen Wochen zum König Isegrimm hin, und nach glücklich beendigtem Auftrag, wenigstens die Prinzessin und den Gesandten, wieder zurückschaffen würde. Je unmöglicher die Sache schien, desto höher konnte der Preis gesetzt werden, und wirklich versprach König Huldibert dem glücklichen Beförderer seine reizende Tochter, die Prinzessin Floribella, zur Gemahlin. An allen Straßenecken und in allen Zeitungen war Floribella auf diese Weise ausgeboten worden, auch hatte man bereits einige unbefugte Schriftsteller, die sich über die Wohlfeilheit einer dergleichen Preisaufgabe vorlaut genug ausgelassen, bei den Ohren genommen, als ein Mann, der unter der vorigen Regierung des Landes verwiesen worden war, und an den keine Seele mehr gedacht hatte, mit dem Versprechen, des Königs Willen auszuführen, um sicheres Geleit ansuchte. Der Grund zu des Mannes damaliger Landesverweisung lag in einem Paar Siebenmeilenstiefeln und zwei außerordentlich hervorstehenden Höckern, womit seine Brust und sein Rücken versehen war. Mittelst der Stiefeln betrieb er nämlich nicht nur das Botenlaufen außerordentlich gut, sondern er machte sich obendrein zur lebendigen Postkalesche, indem er seine beiden Höcker also zu satteln verstand, daß vorn und hinten ein Passagier darauf reiten konnte. So schlecht nun auch die Reisemaschine aussah, so gewährte sie doch jedem Reisenden, der bald an Ort und Stelle sein wollte, den unleugbarsten Vorteil, daher denn der Mann, welcher nur unter dem Namen Höckerlein bekannt war, so viel Kunden hatte, daß, um alle zu fördern, hundert Höcker mehr kaum hingereicht haben würden. Was aber das gesamte Publikum dabei gewann, das verloren einzelne Innungen und Gewerbe. So litten z. B. die Roßkämme, Wagner, Landkutscher und Schmiede gewaltig darunter, und den Schuhmachern kam ihre Einbuße auch nicht zugute, denn Höckerleins Siebenmeilenstiefel waren so vortrefflich zusammengezaubert, daß sie niemals besohlt oder ausgebessert werden durften. Nicht minder war Höckerlein Schneidern und Sattlern ein Dorn im Auge, weil er Kleider und Sattel durch unzünftige Gesellen machen ließ, die darauf besser als die zünftigen Leute eingerichtet waren. Die Gastwirte murrten laut, daß wegen der so üblich gewordenen Riesenschritte kein Mensch mehr bei ihnen einkehre. Die Weiber wollten nicht mehr schwanger werden, so lange Höckerlein im Lande herumginge. Sie fürchteten nämlich, daß wenn sie sich ja nicht an seinen Höckern versähen, dies doch gewiß an seiner Nase einmal geschehen würde, die in der Tat so unförmlich war, daß es gar nicht aussah, als ob er jemand einen ordentlichen Kuß zu geben vermöchte. Das Murren von einer Menge Gewerbe dauerte eine geraume Zeit fort, als endlich Zollbediente und Postmeister eine Beschwerde einreichten, die Hände und Füße hatte. Da nun Post- und Mietpferde mit ihren Gründen für Höckerlein kein Gehör fanden, so wurde der Mann durch Urteil und Recht des Landes auf ewig verwiesen. König Huldibert schwankte einen Augenblick, ob er Höckerleins jetziges Erbieten annehmen sollte. Einer solchen Mißgeburt konnte er doch unmöglich seine schöne, sechzehnjährige Prinzessin geben! In der Hoffnung jedoch, daß der Mann, der ohnedies inzwischen alt geworden sein mußte, solche ungereimte Dinge nicht prätendieren, sondern mit Reichtümern und Titeln leicht abzufinden sein würde, ließ der König den Geleitsbrief ausfertigen und abgehen. Prinzessin Floribella fiel in Ohnmacht, als sich Höckerlein auf dem Schloß einstellte, der König aber redete ihn folgendermaßen an: „Mein lieber Höckerlein, ich denke mich eurer in der bewußten, wichtigen Sache zu bedienen, und verspreche euch, wenn ihr euer Wort erfüllt, und die Prinzessin Isola wirklich auf hiesigem Schloß angekommen ist, ein paar tüchtige Hände voll der edelsten Edelsteine, und ein paar hundert schöne Rittergüter. Auch sollt ihr fortan von jedermann als mein Oberreisemarschall angesehen werden, und es dabei in euerm Belieben stehen, ob ihr in dieser Qualität Dienste leisten möget oder nicht. Das seht ihr übrigens wohl ein, daß ihr kein Mann seid für eine bildschöne Prinzessin aus meinem Hause.“ Darauf antwortete die Mißgeburt: „Nein, Herr König, das sehe ich gar nicht ein. Ich glaube vielmehr, daß mir die gerechte Natur eben durch meine enorme Häßlichkeit die nächsten Ansprüche auf eine Frau von enormer Schönheit gegeben habe. Und wahrlich, ich bin keineswegs gesonnen, meine Rechte selber mit Füßen zu treten.“ „Aber, bedenkt nur“, versetzte der erschrockene König, „meine Tochter ist schon jetzt in Ohnmacht gefallen über euern Anblick, was würde nicht erst geschehen, wenn sie euer Weib werden sollte!“ Auch hiervon aber wurde das Tigertier nicht gerührt, sondern erwiderte ganz kaltblütig, daß sich die Prinzessin allmählich an seine Häßlichkeit gewöhnen, und sie für den Stachel ansehen würde, welcher der schönen Rose zugeteilt worden. „Wie ich über ihrer Schönheit das Unheil meines Spiegels vergessen werde“, fügte er hinzu, „so wird sie über ihrem Spiegel meine Häßlichkeit vergessen, und alles gar bald in die rechte Ordnung kommen.“ Der König, welcher sich über diese so kecken als grausamen Reden gewaltig betrübte, versprach ihm alles Mögliche außer der Prinzessin, und gab ihm obendrein die schönsten guten Worte. Doch Höckerlein blieb dabei, daß er die Prinzessin eben verlange und sonst gar nichts. Huldibert entließ ihn hierauf mit der Weisung, in zwei Stunden wiederzukommen, und berief seinen Staatsrat. Daß dieser schon wieder nichts als Achselzucken zu geben hatte, verdroß ihn dermaßen, daß er ihn auf der Stelle abdankte. Aber freilich blieb das königliche Wort, das demjenigen, der die bewußte Sache ausführte, die Prinzessin Floribella versprach, nichtsdestoweniger an allen Straßenecken und in allen Zeitungen stehen. Endlich hatte noch der Gesandte einen Ausweg gefunden. Der König möchte nämlich Höckerlein immerhin die Prinzessin zusagen, er und...