Anonymous | Codename Eisvogel – »The Kingfisher Secret« | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 368 Seiten

Anonymous Codename Eisvogel – »The Kingfisher Secret«


1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-641-24332-6
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 368 Seiten

ISBN: 978-3-641-24332-6
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Wem gehört der mächtigste Mann der Welt?

Ihr Codename ist Eisvogel. Ihre Mission: einen wohlhabenden, politisch einflussreichen Mann zu heiraten.

Oktober 2016: In Amerika stehen die Wahlen an. Die Journalistin Grace Elliott ist einem Knüller auf der Spur, der zum Sprungbrett ihrer Karriere werden könnte. Ein Pornostar ist bereit, über die Affäre mit dem Mann auszupacken, der der nächste Präsident der Vereinigten Staaten werden könnte. Aber niemand will das heikle Thema anfassen. Stattdessen schickt man Grace auf Reportage nach Europa. Dort stößt sie auf eine noch größere Story, die so explosiv ist, dass sie die Präsidentschaftswahlen entscheiden könnte. Wenn Grace lange genug am Leben bleibt, die Story an die Öffentlichkeit zu bringen.

Spione, Mord und eine der größten Verschwörungen der Gegenwart – um die Quelle zu schützen, die den Thriller motiviert hat, bleibt der Autor anonym.

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1

MONTREAL – 2016

Grace Elliott saß auf einem fleckigen lila Sofa im billigsten Hotel im Zentrum von Montreal. Die Juniorsuite war seit den Achtzigern nicht mehr renoviert worden, als blasse Fotos von Surfern am Strand noch als Kunst durchgegangen waren. Wände und Teppichboden waren löchrig, die Decke schimmelte, und über den trüben Spiegel verliefen neonpinkrote Streifen. Sie befanden sich auf der Raucheretage, und in Zimmer 927 roch es haargenau so, wie man es nach einem Menschenalter Zigaretten-und-Bier-Brodem, Körperausdünstung und Versagen erwarten würde.

Grace fand es ganz wunderbar. Sie merkte sich jedes kleine Detail, damit sie sich später umso besser an diesen Nachmittag zurückerinnern könnte, wo ihre Karriere einen neuen Anlauf genommen hatte.

Ihr Aufnahmegerät lief und zur Sicherheit auch die App auf ihrem Handy. Beide Geräte zeichneten die Reibeisenstimme der auf der Bettkante sitzenden großen Frau auf, die unter dem Künstlernamen Violet Rain agierte. Damit das Interview überhaupt stattfinden würde, hatte Grace ihr als Teil des Deals zusichern müssen, Davidoff-Slim-Zigaretten, Juicy-Fruit-Kaugummi und eine Achtundvierzig-Dollar-Flasche Rioja zu besorgen. Im Augenblick rauchte, kaute und trank Violet gleichzeitig. Trotz der Misshandlung waren die Zähne blendend weiß. Die gelben Flipflops waren leicht ausgeblichen, ihre Frisur und die lackierten Zehennägel sahen jedoch ebenso makellos aus wie die Zähne. Violets künstliche Brüste kamen Grace wie eine wundersame, wenn auch schmerzhafte Last vor, die ihr Gegenüber mit sich herumtragen musste.

»Dann hat er Ihnen also nie Geld gegeben?«

»Was ist denn das für eine Frage? Warum hätte er das tun sollen?« Violet sah sich um, als wären noch andere im Raum, die gleichermaßen beleidigt worden sein könnten. »Ich bin keine Nutte. Ich bin Schauspielerin. War Julia Roberts etwa eine Nutte, als sie den alten Knacker in Pretty Woman gevögelt hat? Nein. Sie hat in dem Film einfach nur die Nutte gespielt.«

Das widersprach völlig der Aussage von Grace’ Quelle. »Entschuldigung.«

»Egal. Sie sind da nicht die Einzige. Meine Eltern und mein ach so frommer Bruder, der das letzte Mal mit mir gesprochen hat, da war ich neunzehn, die kapieren das auch nicht. Sie haben doch auch schon echten Sex gehabt, oder? Das ganze Gestöhne und Aufschreien? Alles nur Schauspiel. Ich bin eine Schauspielerin wie andere auch. Wenn ich nicht auf dem Filmset, sondern im ganz normalen Leben mit jemand zusammen bin, mit einem Verehrer, dann bin ich einfach nur ich, und er ist einfach nur er.«

»Wollten Sie eigentlich immer Schauspielerin werden, Violet?«

»Ich hatte schon in der Mittelstufe und dann in der Oberstufe Theater belegt. Ich hab sogar mal die Julia gespielt, also irgendwie: So süß ist Trennungswehe, ich rief wohl gute Nacht, bis ich den Morgen sähe. Dass ich seit zwanzig Jahren hier in der dreckigen, französelnden Pornohauptstadt lebe, habe ich mir nicht selber ausgesucht. Ist einfach so gekommen. Aber jetzt habe ich endlich die Chance, den Sprung ins Fernsehgeschäft zu machen – und Sie, Grace, Sie sind mein Sprungbrett.«

Als Amerikanerin fiel es Grace nicht ganz leicht, Montreal als die Hauptstadt von was auch immer anzusehen – als die Hauptstadt der Pornografie schon gar nicht. Bevor sie selbst hatte hierherziehen müssen, war ihr nie bewusst gewesen, welche Vorurteile sie in dieser Hinsicht hegte. Zu Hause war ein wesentlicher Bestandteil ihrer psychologischen Erziehung gewesen, dass alles Moderne und Mächtige und Anständige und Unanständige selbstverständlich aus den USA stammte.

Grace stützte die Ellbogen auf die Knie und lehnte sich so weit vor, dass Violets Zigarettenrauch sich ihr ins Haar kräuselte. Anschließend müsste sie unbedingt duschen, aber natürlich keinesfalls hier. »Wenn er Ihnen kein Geld gegeben hat, was hat er Ihnen dann gegeben? Ich meine, er ist ein ganzes Stück älter als Sie. Sie sehen fantastisch aus, und er … Na ja. Er ist er.«

»Das Alter spielt keine Rolle. Im Grunde genommen sind die meisten Männer widerlich.« Violet seufzte, drückte die Zigarette aus und zündete sich die nächste an. »Ich kann es Ihnen wahrscheinlich auch einfach erzählen. Als Sie wegen dem Interview an mich rangetreten sind, habe ich Sie erst mal auf Abstand gehalten, weil ich keine Petze sein will. Das bin nicht ich – jemand andres in die Pfanne hauen. Er hat nichts Ungesetzliches oder auch nur Unnormales getan – außer man bezeichnet Fremdgehen als unnormal. Wissen Sie, warum ich mich letztlich doch noch gemeldet habe? Weil der Mann ein Lügner ist. Er hat mir versprochen – das schwör ich hoch und heilig –, dass er mich nach New York und L.A. bringt und mich ein paar Produzenten vorstellt. Er wollte für meinen großen Sprung ins Fernsehgeschäft sorgen.«

»Und das hat er dann nicht gemacht.«

»Wie wenn ich Luft wär. Wir waren fünf Mal zusammen, und es stand eigentlich schon kurz davor, also Reality-TV, Serien und so, und dann … nichts mehr. So was lass ich nicht mit mir machen.«

Eine halbe Stunde zuvor hatte Violet von ihrem strengen Elternhaus erzählt. Sie hatte die Highschool abgebrochen und war schon mit siebzehn aus dem nördlichen Ontario nach Montreal gezogen. Ursprünglich hatte sie Model werden wollen, dann nach New York oder London oder Paris gehen, Geld verdienen, die richtigen Leute kennenlernen, um schließlich ins Filmgeschäft einzusteigen. Inzwischen war sie sechsunddreißig und am Ende ihrer Pornokarriere angelangt. Bis vor kurzem hatte sie eine intime Beziehung mit einem verheirateten Versicherungsmathematiker gehabt, die dann an einer Geldstreiterei zerbrochen war.

Beim Zuhören hatte Grace der Gedanke beschlichen, dass ein Pornostar und die Redakteurin eines Klatschblatts durchaus eine Menge gemeinsam haben konnten. Beide waren sie beruflich bedingt in Montreal gelandet und hatten geglaubt, es wäre bloß vorübergehend. Beide hofften sie, dass die anderthalb Stunden hier im Hotel Clementine sie wieder auf den Weg ihrer Träume brächten, dass die Geschichte für sie alles veränderte.

In der Siebten hatte Grace in ihrer Heimatstadt Bloomington in Minnesota einen Schreibwettbewerb gewonnen. Teil des Gewinns war ein Mittagessen in Minneapolis mit einem Lokalreporter der Star Tribune gewesen. Sie konnte sich noch genau an alles erinnern. Es war ihr wie ein Wunder vorgekommen, dass sie sich aus der Karte aussuchen durfte, was immer sie mochte, Hauptspeise und Vorspeise … Ihr hatte sich eine neue Welt eröffnet.

Allerdings war 1998, als sie vorzeitig mit einem Master in Publizistik die Uni verließ, für die Zeitungen ein hartes Jahr. Oder zumindest für eine gewisse Grace Elliott im Zeitungswesen. Sie hatte ihren Lebenslauf an jede große Tageszeitung im Land geschickt, einschließlich die Star Tribune. Weil sie daraufhin so gar keine Antworten erhielt, danach auch an mittelgroße Zeitungen und Zeitschriften. Sie war zunächst geknickt gewesen, dann restlos am Boden zerstört. An der Uni hatte sie sich nie um einen Mentor bemüht, und der Reporter, der sie in Minneapolis zum Essen ausgeführt hatte, war mittlerweile gestorben. Die einzige Reaktion auf ihre Bewerbungen war das Angebot vom Esquire, ein unbezahltes Praktikum zu absolvieren. Allerdings erlaubte ihre finanzielle Lage kein unbezahltes Praktikum, erst recht nicht in einer der teuersten Städte der Welt. Also antwortete sie eines düsteren Wochenendes auf einen halbseidenen Aushang am Schwarzen Brett ihrer Uni, in dem weder der National Flash noch der Sitz dieser Boulevardzeitschrift namentlich erwähnt wurde. Die Konzernmutter war gerade von New York nach Kanada umgezogen, weil der Vorstand einen Mietvertrag über dreißig Jahre ergattert hatte, und zwar für einen Loft in einem alten Lagergebäude in der Altstadt von Montreal, der einen Dollar Miete pro Jahr kosten sollte. Der symbolische Deal hatte etwas mit den wirtschaftlichen Fördermaßnahmen zu tun, die man seit der Wahlniederlage der Separatisten in Quebec ergriffen hatte. Irgendwie hatte Grace nie recht verstanden, wie die Einheimischen eigentlich von all dem profitierten. Der Flash beschäftigte sage und schreibe drei Kanadier.

»Wann ist das Fotoshooting?«, fragte Violet, als sie fertig waren. »Wenn Sie niemand kennen – ich wüsste da wen. Der hat schon Werbung für Guess-Jeans fotografiert.«

»So eine hatte ich sogar schon mal.« Grace juckte es schon in den Fingern. Violet hatte in sämtlichen düsteren, erniedrigenden Einzelheiten von ihrer Affäre mit dem Mann berichtet, der womöglich der nächste Präsident der Vereinigten Staaten würde, wie einige hofften und viele befürchteten. Sie würden beide alsbald in New York ihren Auftritt haben und auf CNN Interviews geben. Noch während Grace die Aufnahmegeräte ausschaltete, hatte Violet den Rioja auf zwei Plastikbecher verteilt, und sie stießen auf all das an, was als Nächstes kommen würde. »Ich schreibe Ihnen, sobald ich die Termine weiß. Aber wir machen es so, dass die Fotos auch garantiert sexy und selbstbewusst aussehen.«

»Auf die Frauenpower!« Violet hob ihren Becher.

»Frauenpower!« Grace stieß mit dem Plastikrand ihres Bechers gegen den von Violet, und sie nahmen beide einen Schluck. Mit ihren bestimmt eins achtzig war Violet deutlich größer als Grace, und sie war wesentlich kurviger. Grace’ letzter Freund hatte sie einmal als »sehnig im positiven Sinne« bezeichnet, und sie hatte sich so verführerisch wie ein ausgemergelter Marathonläufer...



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