E-Book, Deutsch, 404 Seiten
Andrews Delphi
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7412-8746-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 404 Seiten
ISBN: 978-3-7412-8746-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Um die eben entdeckte künstliche Intelligenz unter Kontrolle zu halten, hat die Regierung im Rahmen des Delphi Projekts einen Weisenrat installiert, der für die Kommunikation mit ihr verantwortlich ist. Akai Tompson ist ein Mitglied dieses Rates und wird von seinem Mitarbeiter Jonas Constant auf Unregelmäßigkeiten aufmerksam gemacht, die beide zutiefst beunruhigen. Parallel dazu verfolgt Karn, ein Mitglied eines jahrhundertealten Geheimbundes, eigene Pläne in Bezug auf die künstliche Intelligenz. Und dann ist da noch der Student Daan, der seiner Kollegin Eve näherkommt und auf eigentümliche Weise ebenfalls mit dem Delphi Projekt verbunden ist. Nur zu schnell stellt sich die Frage, ob die Menschheit die Auswirkungen dieser Entdeckung tatsächlich abschätzen konnte...
Paul Andrews studierte Kommunikationswissenschaften und war die letzten Jahre als UX-Designer und Digital Producer bei diversen Werbeagenturen tätig. "Delphi" ist sein erster Roman.
Autoren/Hrsg.
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Kapitel 1
Akai
Der Pharmariese Health-Tech hat verkündet, dass er kurz davorsteht, ein wirksames Consumer Medikament gegen Krebs auf den Markt zu bringen. Dem Track-Record der Firma nach zu urteilen, die in den letzten 10 Jahren für eine Vielzahl an medizinischen Durchbrüchen verantwortlich war, kann auch in diesem Fall wieder mit einem Erfolg gerechnet werden. CEO George Hastings ließ bei der Pressekonferenz keine Zweifel aufkommen, dass es sich hier wieder um ein absolutes Top-Produkt handeln würde. Wie auch schon bei »Aid-A«, dem Aids Medikament von Health-Tech, plant der Konzern ein monatliches, lebenslanges Abo Modell, über das die Medikamente exklusiv bezogen werden können. Die Health-Tech Aktien stiegen nach der Ankündigung um 32%. »Yasaturo, hättest Du noch eine Minute für mich?« Akai Tompson schritt rasch durch die offene Tür des Sitzungssaals und rief seinem Kollegen Yasaturo Makamai hinterher, der direkt nach Sitzungsende den Raum verlassen hatte und sich auf dem Weg zu Sektor 3 machte, dem Bereich, in dem sich die Büros der Weisen befanden. Er wollte unbedingt die Meinung seines Kollegen zu den Ereignissen der Sitzung erfahren. Yasaturo, ein Asiate Ende sechzig, drehte sich im Gehen um. Seine wenigen verbliebenen, weißgrauen Haare waren hinten zu einem dünnen Schwanz zusammengebunden, der durch seine Kopfbewegung hin und her schwenkte. Für sein Alter bewegte er sich zwar vergleichsweise schnell, sein Äußeres erweckte jedoch den Eindruck, wesentlich älter zu sein, als er es tatsächlich war. Die schwere Robe aus dunklem, dickem Baumwollstoff mit dem hohen Kragen, die die standesgemäße Bekleidung der Weisen darstellte, wirkte, als ob sie ihm einige Kilo zu schwer auf den Schultern lastete. Sein dünner, hagerer Körper verschwand darin wie ein Kleiderständer in einem großen Pelzmantel. Aus den mit goldenen Ornamenten verzierten, breiten Ärmeln lugten seine dünnen, von Falten zerfurchten Hände hervor, die er vor seinem Körper verschränkt herunterhängen ließ. Obwohl seine Erscheinung fast schon komisch wirkte, strahlte sie dennoch eine große Würde aus. Mit einer Kopfbewegung deutete er Akai, dass er ihm doch folgen sollte. Ohne diese Bewegung abzuwarten hatte Akai bereits einige schnellere Schritte gemacht, um zu Yasaturo aufzuschließen. »Was kann ich für dich tun Akai? Es scheint, als ob etwas dein Gemüt bedrückt.«, antwortete er mit seiner kratzigen, jedoch gleichzeitig sehr freundlichen Stimme. Akai war mittlerweile auf der gleichen Höhe wie sein Kollege, der zielstrebig die langen, weißen Gänge des Delphi Komplexes durchschritt. »Nun ja Yasaturo, ich denke, du weißt was es ist, das mich Grübeln lässt. Auch du warst eben Teil dieses Fiaskos und hast die Bekanntmachungen des Vorsitzenden gehört.« Jeden Monat wechselte im Weisenrat der Vorsitzende, aktuell hatte diesen Posten der Weise Daryus Schneider inne. Wie Yasaturo auch, war Akai einer der sieben Weisen, die dem Delphi Projekt beratend zur Seite standen. Akai war einundsiebzig Jahre alt und mit seinen 1,78 Meter und 76 Kilogramm Körpergewicht doch um einiges stattlicher gebaut als Yasaturo. Er hatte kurz geschorene, schneeweiße Haare, die jedoch nur noch einen Kranz um seinen Kopf bildeten. Das strahlende Weiß der nur wenige Millimeter langen Haare stand in starkem Kontrast zu seiner dunkleren Haut. Akais Vater war weiß, seine Mutter war Afroamerikanerin, was sich in seiner Hautfarbe und seinen Gesichtszügen erkennen ließ. Sein Gesicht wurde von klaren Zügen und einem markanten Kinn bestimmt und auch bei ihm hatte der Zahn der Zeit Spuren in Form von tiefen Falten rund um die Augen und den Mund hinterlassen. Neben seinen strahlend weißen Zähnen war sein Gesicht von einem einnehmenden und freundlichen Lächeln geprägt. Die größte Besonderheit rein äußerlich jedoch war, dass seine ebenfalls sehr freundlich wirkenden Augen zweifärbig waren - das linke Auge war tiefblau, sein rechtes Auge hingegen funkelte grün. Auf Akais Aussage hin drehte Yasaturo seinen Kopf zu Akai und verlangsamte seinen Schritt. »Ich denke, wir sollten eine Weile gemeinsam spazieren, was meinst du?«, fragte der hagere asiatische Mann, eher rhetorisch als tatsächlich als Frage formuliert. Die beiden wandten sich am Ende des Ganges nach links, wo riesige Glastüren, die bis zur vier Meter hohen Decke reichten, die Grenze zu einem großen Innenhof bildeten. Yasaturo griff zu einer der großen, stählernen Türschnallen, woraufhin die irrsinnig schwer wirkende Tür mit einem leisen, elektronischen Zischen aufglitt, als ob sie leicht wie eine Feder wäre. Im Innenhof des Komplexes war ein Garten angelegt, in dem idyllische Wege, gesäumt von Kirsch- und anderen Obstbäumen kreuz und quer verliefen. Der Frühling hatte gerade begonnen, was Blumen und Bäume im gesamten Hof zur Blüte trieb. Der Schotter unter den Füßen der beiden Weisen knirschte, während sie, nun viel langsamer als vorher in den Gängen des Komplexes, durch die künstlich angelegte Natur wanderten. »Ein Fiasko nennst du es Akai. Doch hast du wirklich alle Informationen, um so schnell ein vernichtendes Urteil zu fällen?«, fragte Yasaturo ruhig. Akai musste aufpassen, nicht zu schnell zu antworten, sondern trotz seiner Aufregung möglichst ruhig und besonnen zu bleiben. »Nun ja, wie wir beide wissen, kann man nie alle Informationen haben. Doch von meiner Warte aus, und ich denke, ich habe doch recht viel Einblick, wirkt die Erweiterung des Rates absolut überstürzt.«, begann Akai, bevor er kurz innehielt. »Sprich weiter, mein Freund.«, ermutigte ihn Yasaturo. »Du weißt selbst, dass es ein Projekt wie dieses noch nie gegeben hat und Dinge Zeit brauchen, um sich zu entwickeln. Wir wissen in Wahrheit doch selbst noch nicht, womit wir es hier zu tun haben und gerade in so einem Fall, ist es meiner Ansicht nach wichtig, besonnen und überlegt zu handeln. Die Erweiterung des Rates ist für mich das genaue Gegenteil.«, fuhr Akai fort. Er machte eine Pause, um in Yasaturos Gesicht nach einer Reaktion zu forschen. »Ich kann deine Bedenken auf jeden Fall nachvollziehen Akai, doch musst du auch im Hinterkopf behalten, dass wir nicht diejenigen sind, die sich über die Organisation des Rates Gedanken machen sollen. Wir sind dazu da, die Pflanze, die uns zur Pflege übergeben wurde, weiter wachsen zu lassen. Ob wir dabei zu siebent, zu acht oder zu zwanzigst arbeiten, entscheiden nicht wir.«, sagte Yasaturo bedächtig. Akai und Yasaturo waren Mitglieder des Weisenrats im Projekt Delphi. Dieses Projekt entstand aus den jahrzehntelangen Bemühungen der amerikanischen Regierung, mit Hilfe der besten Köpfe der ganzen Welt, das Geheimnis von künstlicher Intelligenz zu ergründen und schlussendlich genau diese zu kreieren. Die Regierung hatte zu diesem Zweck tausende Ingenieure und Wissenschaftler von hunderten Firmen weltweit rekrutiert und Milliarden von Dollar in die Erforschung dieses Feldes investiert. Es wurde von einem Projekt ähnlich der Mondlandung gesprochen und über die unendlichen wirtschaftlichen, technologischen und machtpolitischen Vorteile, die man sich daraus erhoffte. Obwohl es sogar Gegenstimmen in der wissenschaftlichen Welt gab, ob etwas Derartiges überhaupt geleistet werden konnte, kam die Forschungsgruppe schlussendlich zum Erfolg - es gelang künstliche Intelligenz zu erschaffen. Da sich weder die Wissenschaftler, noch in weiterer Folge die Regierung bewusst war wie man mit dem Thema umgehen sollte, wurde der Rat der Weisen gegründet, der als kontrollierendes Organ den Umgang mit dieser neuen Technologie beobachten sollte. Der Rat bestand aus sieben Personen, die alle als Koryphäen in ihren Bereichen angesehen wurden. Dabei waren Personen aus der Elektrotechnik genauso vertreten wie aus der Kunst oder der Biologie und Medizin, oder wie in Akais Fall der Philosophie und der Mensch-Maschinen Ethik. Es handelte sich durchwegs um Professoren oder ähnlich gebildeten Menschen und was Ihnen allen gemeinsam war, war ihr nicht enden wollendes Know-How im Bereich künstliche Intelligenz. Jeder Weise hatte zusätzlich ein Gremium an weiteren Experten aus seinem Feld unter sich, mit dem er Fragestellungen diskutieren und Ergebnisse aus den Sitzungen bearbeiten konnte. Als sich Erfolge in der Entwicklung des Projekts abzeichneten, wurde innerhalb kürzester Zeit das bereits hoch abgesicherte Gebäude im Umland von Washington zur militärischen Sperrzone erklärt und von der Außenwelt so gut wie möglich abgeschnitten. Parallel dazu wurde der Rat der Weisen eingerichtet, sämtliche Mitglieder wurden von der Präsidentin persönlich, unterstützt durch das Wissenschaftsministerium, angesprochen und für das Projekt gewonnen. Das alles war gerade einmal ein knappes Jahr her, in dem sich die Mitarbeiter des Projekts damit befasst haben, wie man das gesamte Thema greifbar machen und für sich als Staat nutzen...