Andres / Braungart / Kauffmann | »Nichts als die Schönheit« | Buch | 978-3-593-38334-7 | sack.de

Buch, Deutsch, Band 10, 368 Seiten, Format (B × H): 142 mm x 216 mm, Gewicht: 513 g

Reihe: Historische Politikforschung

Andres / Braungart / Kauffmann

»Nichts als die Schönheit«

Ästhetischer Konservatismus um 1900

Buch, Deutsch, Band 10, 368 Seiten, Format (B × H): 142 mm x 216 mm, Gewicht: 513 g

Reihe: Historische Politikforschung

ISBN: 978-3-593-38334-7
Verlag: Campus Verlag GmbH


Der politische Konservatismus entstand im 19. Jahrhundert als Begleiterscheinung der Modernisierung. Parallel dazu bildete sich ein ästhetischer Konservatismus heraus, der unter anderem von Hugo von Hofmannsthal, Heinrich Mann und Julius Meier-Graefe vertreten wurde. In Beiträgen aus Kunst-, Literatur-, Musik-, Politik- und Geschichtswissenschaft wird gezeigt, dass diese Richtung als ästhetisch-politischer Kommentar und als Entwurf einer anderen Moderne verstanden werden kann.
Andres / Braungart / Kauffmann »Nichts als die Schönheit« jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


Inhalt

Ästhetischer Konservatismus
Zur Einführung
Jan Andres/Wolfgang Braungart

Philosophische Gedanken über ästhetischen Konservatismus
Johannes Roggenhofer

'die schönheit die schönheit die schönheit'
Ästhetischer Konservatismus und Kulturkritik um 1900
Wolfgang Braungart

Bildung und Habitus in Bürgerfamilien um 1900
Ästhetische Praxis und soziale Distinktion: Wer liebt welche Kunst?
Carola Groppe

Historisierende Ästhetik – Ästhetisierte Historie
Beobachtungen zu den Ursprüngen des ästhetischen Konservatismus
Johannes Heinßen

'Das klassische Ideal', der 'Wille zum Stil' und die 'Falschmoderne'
Bewältigungsversuche des Fin de Siècle in Weimar
Justus H. Ulbricht

Konservatismus oder Existentialismus?
Anmerkungen zu Rembrandt als Erzieher
Stefan Breuer

'Corrector Germaniae'
Naturalismus-Kritik, Schönheitsstreben und Nationalpädagogik bei Richard Dehmel
Barbara Beßlich

Stefan Georges Erinnerungsorte in den Tafeln des Siebenten Ring
Jan Andres

Form und Gewalt
Zum ästhetisch-ethischen Konservatismus bei Hugo von Hofmannsthal
Toni Tholen

Konservative Anarchie
Individualismus als Politik bei Oscar Wilde, Karl Kraus, Peter Altenberg und Hugo von Hofmannsthal
Friedmar Apel

Konservatismus im Werk des frühen Heinrich Mann
Volker Riedel

Das Thingspiel – eine nationalsozialistische Literaturform zwischen Theatralität und Ritualität
Burckhard Dücker

Der Klang als Vorgang des Bildes
Die Diskussion über Modernität und Konservatismus in der Kunstkritik seit Meier-Graefes Der Fall Böcklin
Markus Bernauer

Traditionalismus in der Architektur um 1900 und seine politischen Konnotationen
Wolfgang Sonne

Avantgarde und Gnosis
Zur 'großen musikalischen Revolution' der frühen Schönberg-Schule
Werner Keil

Ästhetischer Konservatismus, revisited
Kai Kauffmann

Autorinnen und Autoren


Ästhetischer Konservatismus ist nicht umstandslos gleichzusetzen mit politischem Konservatismus. Politischer Konservatismus ist wertsetzend, traditions- und kontinuitätsorientiert. Ästhetischer Konservatismus verträgt sich dagegen mit politisch-gesellschaftlicher und kultureller Radikalität, zumindest in der Zeit von etwa 1870–1933. Es kommt immer darauf an, von woher man sich zunächst definiert. Wer sich primär politisch radikal oder sogar revolutionär versteht, produziert, die Geschichte lehrt es unübersehbar, ästhetisch in der Regel Uninteressantes. Es gibt aber durchaus einen Konservatismus der ästhetischen Avantgarden. Kandinsky zum Beispiel, Bauhausmeister in den Jahren 1922–1932, hat das von ihm bezogene Meisterhaus in Dessau, sehr zum Unmut von Walter Gropius, ausgesprochen bürgerlich und russisch-traditionalistisch ausstaffiert.
Politischer Konservatismus ist eine Erscheinungsform der neuzeitlichen Modernisierungsprozesse. Er setzt mit der späten Aufklärung ein, etabliert und konturiert sich im Verlauf des 19. Jahrhunderts und faltet sich im Verlauf des 20. Jahrhunderts in seine unterschiedlichen Varianten aus. Die politik- und geschichtswissenschaftliche Forschung dazu ist mittlerweile breit, wenngleich sich bislang kein systematischer, konsensfähiger Konservatismus-Begriff herausgebildet hat. Als heuristisches Konzept ist die Rede vom politischen Konservatismus in der historischen Makroepoche 'Moderne' dennoch fest eingeführt.
Ganz anders ist die Lage auf dem Gebiet des Ästhetischen: Bislang ist noch nicht im historischen Überblick danach gefragt worden, wie sich parallel zu den gesellschaftlichen Modernisierungsprozessen auch ein ästhetischer Konservatismus entwickelt, ob dessen Struktur und Geschichte selbst einen inneren Zusammenhang bilden könnte, und wie sich ein solcher ästhetischer Konservatismus womöglich auf das Politische und Gesellschaftliche beziehen lässt.
Für die Alltagsästhetik kann man sich das Problem noch relativ leicht klarmachen: Man kann sich, zum Beispiel, so kleiden, dass eine Aura der Sicherheit, des Stabilen, des Traditionellen, des Kontinuierlichen, des Wertebewussten entsteht. Man kann entsprechend wohnen und sich auch so verhalten; man kann die sozialen Beziehungen entsprechend gestalten. Wer uns so – 'konservativ' – begegnet, von dem erwarten wir nicht, dass er uns mit radikalen und forcierten Ansichten konfrontiert. Hier passen 'ästhetisch' und 'konservativ' in der Regel zusammen. Auf dem Gebiet der Künste ist das weniger einfach.
Über den grundsätzlich inszenatorischen Charakter des Politischen ist viel geschrieben worden. Unter den Bedingungen der Mediengesellschaft nimmt Politik immer stärker die Form des Politainment an, auch vermeintlich noch konservative Politik. Dann können Spannungen zwischen der konservativen Schauseite und der tatsächlichen Praxis auftreten, die das Konzept des Konservatismus als historisch überständig oder bloß noch ideologisch erscheinen lassen. Nicht anders im ehemals traditionalen Milieu der Gesellschaft: Ein bayerischer Politiker kann es kaum zu etwas bringen, wenn er die konservative Rhetorik und Ästhetik der Leutseligkeit nicht wenigstens in ihren Grundzügen beherrscht und hin und wieder das Oktoberfest aufsucht – um am nächsten Tag München als Hightech-Metropole zu feiern. Bayern München, dieser äußerst professionell als hochprofitables Wirtschaftsunternehmen geführte Fußballverein, präsentiert sich bei seinen Meisterfeiern gern als bayerischer Trachtenclub. Der ehemalige 'Revoluzzer' Paul Breitner in Lederhosen: Der ideologische Charakter dieser konservativen Selbstinszenierung ist so manifest, dass sie schon wieder ins Lächerliche rutscht. Kein Verein sonst hat das doch konservativ-traditionale Milieu des Fußballs in Deutschland so dynamisiert wie der bayerische Lederhosen-Club.


Wolfgang Braungart und Kai Kauffmann sind Professoren für Neuere deutsche Literatur an der Universität Bielefeld. Jan Andres, Dr. phil., ist dort wissenschaftlicher Mitarbeiter.


Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.