E-Book, Deutsch, 240 Seiten
Amos Widerstand - Hoffnung, Wandlung und Mut
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-85445-693-3
Verlag: Hannibal Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die Geschichte einer Songwriterin
E-Book, Deutsch, 240 Seiten
ISBN: 978-3-85445-693-3
Verlag: Hannibal Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Seelenschau einer sensiblen Künstlerin
Acht Grammy-Nominierungen, fünf MTV-Nominierungen und ein Echo »Klassik ohne Grenzen« für ihr Werk Night Of Hunters: Tori Amos hat während ihrer beeindruckenden Karriere nicht nur die Kritik begeistert, sondern mit über 15 Alben auch die zahlreichen Fans, besonders im deutschsprachigen Raum. Ihre Musik verzaubert und inspiriert. In einer Zeit der maskulinen Aggression, des Banalen und des Vulgären wirken Tori Amos’ facettenreiche Texte wie ein wohltuendes Gegengift. Nun erzählt die
starke Frau anhand von über 30 Songs von ihren wichtigsten Lebensstationen – mal lyrisch, mal provozierend, aber immer offen und ehrlich. Themen wie der tragische Tod ihrer Mutter, der Kampf gegen Unterdrückung, Ungerechtigkeit und Missbrauch oder die Schönheit der Natur sprechen ein großes Publikum an. Trotz aller Komplexität stehen intensive Gefühle im Vordergrund. Tori Amos repräsentiert die moderne Frau – kämpferisch und fragil, nachdenklich, emotional und unverkrampft feminin.
Weitere Infos & Material
NACH EINER WEILE VERLIESSEN einige den Proberaum, und wir machten uns zum Stadtzentrum auf. Überall eilten Menschen umher, in alle Richtungen. Die U-Bahnen waren geschlossen worden. Alle Flugzeuge befanden sich am Boden, ausgenommen die des Militärs oder der Strafverfolgungsbehörden. Wir gingen einen langen Weg, bis der ätzende Geruch geschmolzenen Metalls in unsere Nasen stieg. Mich überkam eine Hustenattacke, woraufhin wir kehrtmachten. Sogar Letterman war abgeschaltet worden, und niemand konnte sich sicher sein, wann er wieder auf Sendung ging. Ich hatte im Laufe der Jahre schon oft in der Show gespielt und sollte auch in dieser Woche parallel zur Veröffentlichung des Albums auftreten. Jerome hörte von Bussen, in denen die Menschen aus der Stadt flohen. Man konnte also raus, doch es war schwierig, wieder nach New York rein zu kommen. Die Leute eines Bandbusses mit dem Ziel Miami hatten mir netterweise eine Koje angeboten, hätte ich einen Ausweg gesucht. Doch es fühlte sich nicht richtig an, die Stadt zu dem Zeitpunkt zu verlassen. Ich hatte mit Mark wenige Minuten nach der Attacke mit dem zweiten Flugzeug gesprochen, doch danach konnte ich niemanden mehr erreichen. Einige aus der Crew kamen ins Hotel, um etwas zu essen. Im großen Speisesaal wurde ein Büffet aufgebaut. Eine ältere Dame bediente sich daran und ließ etwas in ihrer Handtasche verschwinden. Man sah die Angst in ihren Augen – das Unwissen darüber, ob es am nächsten Morgen noch Essen gäbe. An genau diesem Tag sagte George W. Bush: „Direkt nach dem ersten Angriff aktivierte ich den Notfallplan der Regierung. Unser Militär ist stark, und es ist vorbereitet … Wir werden keinen Unterschied zwischen den Terroristen machen, die diese schrecklichen Taten begangen haben, und denen, die ihnen Unterschlupf bieten … Amerika und unsere Freunde und Verbündeten schließen sich mit allen zusammen, die Frieden und Sicherheit in der Welt wollen, und wir werden zusammenstehen, um den Krieg gegen den Terrorismus zu gewinnen … Amerika hat schon früher Feinde zurückgeschlagen, und das werden wir wieder tun.“ Nun wurden die Kriegstrommeln geschlagen. Einer aus der europäischen Crew sprach das aus, was schon bald Realität sein würde: „Das ist es – nun haben wir es. Die Raubvögel haben die totale und gesamte Kontrolle an sich gerissen. Der Krieg wurde erklärt – jedem, der ihrer Meinung nach einen Terroristen versteckt.“ Bei der älteren Dame, die sich das Essen in die Handtasche gestopft hatte, funkelte die Angst vor dem Dritten Weltkrieg in den Augen. Während ich dies all die Jahre später niederschreibe, befinden wir uns immer noch im Krieg – und zwar im selben Krieg. Auf den Straßen von New York befestigten die Überlebenden nach 9/11 überall weiße Flyer und bettelten verzweifelt um neue Informationen über Vermisste. Das Foto eines Mitarbeiters oder eines Geliebten schaute dich direkt an. In dem Augenblick ertappte man sich dabei, eine kurze, intime Mahnwache für die Person zu halten, die man nicht gekannt hatte, aber nun kennen wollte. Und dann stand man vor einem anderen Fetzen Papier und sah das Antlitz eines Fremden, unsterblich in einem in der Zeit eingefrorenen Bildrahmen, doch verloren, irgendwo in der Gegenwart. Und ständig kreisten Flugzeuge über uns. Schon bald begann ich damit, all die überwältigenden Emotionen in Songs zu verarbeiten, Emotionen, die ich auf keine andere Art ausdrücken konnte. Bis zum heutigen Tag ist es für mich unmöglich, passende Worte zu finden, um die emotionale Färbung, die ich damals wahrnahm, auszumalen. Das liegt auch daran, dass es nicht nur eine einzige Stimmung gab. Und keinen einzigen Song, der das Geschehen in seiner Bandbreite einfangen konnte. Am Ende der Woche war das Studio von Letterman immer noch dunkel, und niemand wusste, wann sich das ändern würde. Wir hatten eine Autogrammstunde in einem Plattenladen am Union Square für den 19. September geplant, doch bis dahin wurde alles – womit die Promo gemeint ist – natürlich/unnatürlich abgesagt. Jerome fand einen leeren Tourbus, der in New Jersey wartete, und ich wollte unbedingt Mark und Tash sehen. In der Musikindustrie reisen die Road Crews meist in Bussen, ausgenommen Iron Maiden, die bei ihren Tourneen selbst fliegen. Doch die meisten Teams müssen sich die harte Straße gefallen lassen – und ich folge meist ihrem Beispiel. Zusammen mit zwei Fahrern machten wir uns auf den Weg nach Florida – Lesley (Make-up im Promoteam), Tony (Haare) und Jerome (Tourmanager). Wir hielten nur zum Tanken und Essen an. Einfach nur nach Florida kommen lautete die Devise, denn keiner wusste, wann wir vielleicht umdrehen müssten. Nach dem Passieren der Mason-Dixon-Linie, als wir immer weiter in den Sünden vordrangen, wurde das „Angestarrt werden“ zur Realität. Ich kann es immer noch sehen, eingebrannt in meinem Bewusstsein. Und was sie damit sagen wollten, war: KEIN EINZIGER von euch stammt aus dieser Gegend! Wir waren ein buntes Grüppchen: Les stammte aus der Modewelt und ihre Lippen waren immer mattrot, Tony, ein stolzer schwuler Latino, kam aus New York und New Jersey, Jerome, ein cooler afroamerikanischer Typ mit einem Händchen fürs Geschäft wohnte in L.A., nicht zu vergessen die zerzaust aussehende Feministin (also ich) und die beiden Busfahrer, die in nur wenigen Tagen Tausende von Kilometern abrissen. Wenn wir uns in der Gruppe zum Essen hinsetzten, fragte die Kellnerin gerade heraus: „Wo seid ihr denn alle her?“ Wenn wir antworteten: „Wir kommen gerade aus New York City“, begannen die Umarmungen. Trucker und andere Kellnerinnen gesellten sich zu uns. Nun gab es keine Nord/Süd-Trennlinie mehr. Es gab überhaupt keine Trennung mehr. Wir erlebten einen Austausch wahren Mitgefühls. Das geschah auch im tiefen, tiefsten Süden, wo man Les’ britischen Akzent nicht verstand und ich manchmal den Eiiin-grooooßes-Glaaaas-süüüüßen-Teeees-Akzent der Bedienung unser kleinen Gang übersetzen musste. Und sogar hier fand keine Trennung mehr statt, keine Diskriminierung. Und das trotz der Tatsache, dass der Evangelist Jerry Falwell Gast bei Pat Robertsons 700 Club gewesen war. An einem Punkt des Programms begann Falwell gegen die zu wettern, die er hinter den Terroranschlägen von 9/11 vermutete und begründete das folgendermaßen: „Was wir am Dienstag sahen, so schrecklich es auch war, könnte nur ein winziges Vorspiel gewesen sein, wenn Gott sich dazu entschließt, den Vorhang zu öffnen, und es den Feinden Amerikas erlaubt, uns das zu geben, was wir vermutlich auch verdienen.“ Dann fuhr er fort: „Die Abtreibungsbefürworter müssen einen Teil dieser Last tragen, denn Gott wird sich nie herausfordern lassen. Und wenn wir 40 Millionen kleine unschuldige Babys töten, treiben wir Gott in den Wahnsinn. Ich glaube fest daran, dass es die Heiden und die anderen Abtreibungsbefürworter sind und die Feministinnen und die Schwulen und die Lesben, die aktiv versuchen, das zu einem alternativen Lebensstil zu machen, die A.C.L.U., die People for the American Way, all diejenigen, die versucht haben, Amerika zu säkularisieren – ihnen zeige ich mit dem Finger ins Gesicht und sage: ‚Ihr habt mitgeholfen, dass das passiert ist.‘“ Robertson antwortete: „Nun, da stimme ich voll und ganz zu, und das Problem besteht darin, dass wir diese Agenda auf den höchsten Regierungsebenen übernommen haben.“ Die Worte solcher Menschen halfen sicherlich nicht. Du könntest ihre Art Schuldzuweisung als blinde Moral bezeichnen. Und dann gab es noch die Leute, die behaupteten, dass sie beim Einsturz der Türme in New Jersey jubelnde Moslems gesehen hätten. Menschen trafen die bewusste Entscheidung, als Opportunisten die schreckliche Tragödie auszuschlachten. Die Öffentlichkeit zu einem alles verzehrenden Hass aufzustacheln. Ja, die Terroranschläge waren zutiefst böse. Doch ein Land in der Trauerphase von hinten anzuquatschen und in Versuchung zu führen, einen bestimmten Gott ins Spiel zu bringen und von einer Position des Hasses aus zu wüten, war auch zutiefst böse. Das geschah am Tag vor dem Trauergottesdienst in der National Cathedral in Washington, der am 14. September stattfand. Bei dem Gottesdienst sprach Präsident Bush die Menge direkt an: „Unsere geschichtliche Verantwortung ist klar: Wir müssen auf die Anschläge antworten und die Welt vom Bösen befreien.“ PANCAKE I’m not sure who’s fooling who here as I’m watching your decay we both know you could deflate a 7 hurricane seems like you and your tribe decided you’d rewrite the law segregate the mind from body from soul You give me yours I’ll give you mine ’cause I can look your God right in the eye You give me yours I’ll give you mine You used to look my God right in the...