Subkultur-Anthologie
E-Book, Deutsch, 180 Seiten
ISBN: 978-3-943412-97-0
Verlag: edition subkultur
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Mit Beiträgen von René Sydow, Falk Fatal, Marion Alexa Müller, Daniel Marschall, Sascha Dinse, Kristjan Knall, Henrik Lode, Sarah Strehle, Jane Steinbrecher, Joost Renders, Matthias Niklas, Clint Lukas, Florian Langbein, Laura Alt, Holly Loose, Jan Lindner, HC Roth, Carsten Klatte, Christian Todoroski, Thomas Manegold. Und einem Cover von AKU!
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Falk Fatal
Falk Fatal ist Autor, Kolumnist, Podcaster und Sänger der Oldie-Punkband Front. Zudem Herausgeber des gestreckten Mittelfinger Fanzines und Gründer und Moderator des Polytox Podcasts. Sein Kurzgeschichtenband „Im Sarg ist man wenigstens allein“ ist Ende 2019 in der Edition Subkultur erschienen. https://www.fatalerror.biz/ Deutschland anal
COVID-19 ist eine gefährliche und traurige Sache, keine Frage. Doch angesichts der vielen übertrieben-panischen Reaktionen auf das Virus fällt es bisweilen schwer, ernst zu bleiben. Menschen prügeln sich um die letzte Packung Toilettenpapier, andere gurgeln mit Klorix und Autobesitzer parken ihren SUV auf der Straße, um die Garage mit Nudeln und Mehl zu füllen, als gäbe es kein Morgen mehr. Das Bild, das den Irrsinn dieser Corona-Hysterie am besten verdeutlicht, ist das Foto von Markus Söder, auf dem er wie ein Feldherr in einer Lagerhalle steht und mit entschlossenem Blick auf die mit Toilettenpapier gefüllten Regale blickt. Dieses Foto ist ein Versprechen. Es sagt uns: „Sorgt euch nicht. Euer Markus ist für euch da. Und solange ich das Sagen habe, wird sich kein Bürger den Hintern mit der Hand abwischen müssen!“ Und schon ist das Volk beruhigt. Endlich ein Politiker, der seine Untertanen kennt, der sie umsorgt und der ihnen in diesen schweren Zeiten Zuversicht vermittelt. Andere Politiker hatten es da schwerer. Hitler musste Militärparaden abhalten, einen Weltkrieg anzetteln und sechs Millionen Juden vernichten, Helmut Kohl sich beim Panzerfahren fotografieren lassen und Gerhard Schröder immerhin noch Gummistiefel anziehen, um beliebtester Politiker Deutschlands zu werden. Markus Söder dagegen muss sich nur in eine Lagerhalle voller Klopapier stellen. Söder hat erkannt, was das Volk wirklich will: einen sauberen Arsch. Denn mit Hintern haben es die Deutschen. Wir haben eine merkwürdige Obsession mit dem Popo. Einerseits Lustobjekt, andererseits Symbol der Abwertung. „Arsch“ und „Arschloch“ gehören zum Standardrepertoire der deutschen Sprache – manchmal zur kumpeligen Begrüßung („Na, du Arsch, wie geht’s?“), öfter als Beleidigung („Du Arschloch, du!“). Will man schwereres Geschütz auffahren und seinem Kontrahenten wirklich Schlimmes wünschen, soll diese Person „mal kräftig in den Arsch gefickt“ werden. Gleichzeitig schauen wir uns aber gerne einen Arschfick an und ziehen eine lustvolle Befriedigung daraus. Seit Jahren ist „Anal“ die beliebteste Kategorie nach „German“ bei deutschen Pornhub-Masturbatoren. Vermutlich wird beides auch gerne zusammen genommen. Wir stöhnen vor Lust, wenn Deutschland in den Arsch gefickt wird. Aber das deutsche Arschloch ist keine Einbahnstraße. Das wusste schon der Kanzler der Einheit: Wichtig ist, was hinten rauskommt! Und so verwundert es nicht, dass einer der beliebtesten Forumseinträge ever im deutschsprachigen Internet ein Eintrag aus einem Handwerkerforum aus dem Jahr 2005 ist. Ein besorgter Familienvater wollte wissen, bei welchen WC-Herstellern die Durchflussöffnung besonders groß ausgeführt ist. Also bei welchen Toiletten die Scheißhaufen besonders gut durchrutschen. Denn, das muss man wissen: „Wir alle scheißen große Haufen.“ Im Anschluss passiert das, was schon immer im Internet passiert ist: eine hitzige Diskussion entbrennt. In dieser erfährt man so einiges. Zum Beispiel, dass es einen sogenannten „Normschiss“ gibt und in Thailand Elefanten WCs mit Wasserspülung nutzen. Andere Diskutanten empfehlen eine Ernährungsumstellung oder gleich einen Arztbesuch, denn bei Haufen mit 7-8 cm Durchmesser gleiche der Stuhlgang wohl eher einer Geburt. „Ist doch kein Problem“, meint ein anderer. „Alles, was durch eine 1-Zoll-Rosette passt, passt bestimmt auch durch ein 3-Zoll-Rohr.“ Andere Forumsmitglieder rufen um Hilfe, weil sie lachend unter dem Schreibtisch liegen und nicht mehr hochkommen. Irgendwann wird es dem Familienvater zu bunt. Er konkretisiert die Angaben in der Hoffnung, doch noch eine Antwort auf seine Frage zu bekommen: „Es geht nicht um den Durchmesser der Haufen, sondern eher um deren Volumen/Masse. Einlagen von 2-3 kg sind bei uns keine Seltenheit!“ Und dann explodiert der Thread erst richtig! Ob die Familie Blei frisst, will ein Kommentator wissen. Ein anderer stellt nüchtern fest: „2-3 kg? Das ist doch Größenwahnsinn!“ Den monatlichen Klogang auf mehrere, vielleicht sogar tägliche Sitzungen zu verteilen, wird ebenfalls empfohlen. Der fragende Familienvater merkt langsam, dass seine Frage nicht ernst genommen wird, und sieht sich zu einer erneuten Klarstellung bemüßigt: „Gewogen hab ich noch keinen Haufen, eher rechnerisch ermittelt. Hab mich vorher auf die Waage gestellt. Stolze 115,4 kg, nach dem Geschäft waren es noch 113,6 kg. Das macht, wenn man mal vernachlässigt, was ich in den 20 Minuten herausgeschwitzt habe, nach Adam Riese 1,8 kg.“ Ein kritischer User gibt sich damit nicht zufrieden: „Mhhmmm, deine Berechnung mit dem Vorher-Nachher-Wiegen würde natürlich voraussetzen, dass du während des Geschäftes auch keinen Tropfen Pipi verloren hast. Meistens geht das aber zusammen ab. Sodass bei 1,8 kg Gewichtsverlust durchaus 800g Flüssigkeit dabei gewesen sein können. Dann bliebe noch immer ein stolzer Zweipfünder als Häufchen. Mir machen mittlerweile aber andere Dinge Sorgen. Wenn du, wie du sagst, einen Flachspüler von V&B hast, stelle ich mir gerade vor, wie das Wasser beim Spülen gegen diesen Fels brandet. Da heißt es, schnell Deckel zu und zurücktreten.“ Dann betreten die Mathenerds die Arena. Das verstaubte Wissen aus der 9. Klasse wird hervorgekramt und stolz präsentiert. Dichte = 1 3000 g entsprechen 3000 qcm. 1-Zoll-Rohr r * r * Pi * h = 3000 r = 1,27 h = 600 cm (?) Eine 6-Meter-Wurst? Oder habe ich mich verrechnet? „Ja“, meint anderer Mathecrack. Er hält die Dichte von 1 für zu gering. Er tippt eher auf eine doppelt so hohe Dichte und rechnet vor: Volumen einer Säule: Pi * r * r * h h = Volumen / (Pi * r * r) Annahmen: a) Dichte = 2 (Scheiße schwimmt nicht im Wasser, sondern geht sofort unter.) b) Durchmesser einer Wurst ist der Einfachheit halber 2 cm Folgerungen: a) 1 kg Masse entsprechen 500 cm³ Volumen b) Radius ist 1 (halber Durchmesser) h = 500 / (3.14 * 1 * 1) = 159 cm Um seine Berechnungen anerkennend zu schließen: „Stramme Leistung, das!“ Woraufhin einem anderen Kommentator nur noch einfällt: „Sch … schwimmt immer!!! Sonst würde unser gesamtes Kanalnetz nie und nimmer funktionieren …“ Genau dieses möchte der ratlose Familienvater doch mittels einer neuen Toilettenschüssel befüllen, doch die Hoffnung, eine Antwort zu bekommen, platzt im Verlauf der Diskussion wie ein Luftballon. Bei welchen WC-Herstellern die Durchflussöffnung besonders groß ausgeführt ist, bleibt ein Geheimnis. Dafür wird – der Familienvater hat das Forum längst verlassen – die Lösung für den aktuellen Klopapiernotstand präsentiert. Kommentatorin Benita weiß nämlich, dass in Sri Lanka aus Elefantendung Papier hergestellt wird. Und wenn das schon geht, wird es auch möglich sein, Menschenscheiße in Hackle feucht zu verwandeln, damit das deutsche Arschloch sauber bleibt. Markus Söder wird es schon richten. Seid unbesorgt.
Jede Pandemie hat auch ihre gute Seiten. Hier sind die Top Ten der positivsten Corona-Auswirkungen:
10. Männer waschen sich endlich die Hände. 9. Immer mehr Menschen entdecken Po-Duschen für sich. 8. Die Volksgesundheit profitiert. Noch nie waren so viele untrainierte Menschen joggen wie seit dem Shutdown. 7. Pendler freuen sich: endlich keine Staus im Berufsverkehr mehr. 6. Das Klima atmet auf: Die CO2-Belastung geht zurück. 5. Impfgegner sagen ihre Demonstration in München wegen der Corona-Ansteckungsgefahr ab. Die Demo wird nachgeholt, wenn es einen Impfstoff gibt. 4. Schwere Zeiten für Einbrecher. Wenn alle zu Hause im Homeoffice sitzen, ist Einbruch nur noch schwer möglich. 3. Die Terrorgefahr sinkt. Der IS hat eine Reisewarnung für Europa ausgegeben. Die angehenden Selbstmordattentäter sollen Europa meiden, solange hier das Virus grassiert. Andererseits: Es dürfte zurzeit schwer sein, eine öffentliche Versammlung zu finden, bei der es sich lohnt, den Bombengürtel zu zünden. 2. Keine blöden Ausreden mehr, um Tante Hedwigs achtzigstem Geburtstag fernbleiben zu können. Ein Verweis auf den Neun-Punkte-Plan genügt. 1. Fernsehwerbung schauen macht endlich Spaß. Man muss sie sich nur mit den Social-Distancing-Maßnahmen und Versammlungsverboten vorstellen. Lügen haben gute Beine
Wer mich ein bisschen kennt, weiß, dass ich mich gerne in den Untiefen des Trash-TVs bewege. Diese Vorliebe führt dazu, dass ich beim Zappen regelmäßig bei „Dschungelcamp“, „Promi Big Brother“ oder „Sommerhaus der Stars“ hängen bleibe, aber auch bei Datingmüll wie „Temptation Island“, „Bachelor“, „Are you the one“ oder „Ex on the Beach“. Ist euch mal aufgefallen, dass in diesen Sendungen die Protagonisten sich immer einen Partner wünschen, der nicht lügt? Nee, ist euch natürlich nicht aufgefallen. Ihr schaut euch so einen Scheiß nicht an. Diese armseligen, grottendummen Sendungen, dieses Idiotenfernsehen, diese...