E-Book, Deutsch, 180 Seiten
Allweyer Prozessautomatisierung mit BPMN
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7597-6457-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 180 Seiten
ISBN: 978-3-7597-6457-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Systeme zur Orchestrierung von Ende-zu-Ende-Geschäftsprozessen, auch bekannt als Workflow- oder Business-Process-Management-Systeme (BPMS), bilden das Herzstück der Prozessautomatisierung. Anhand zahlreicher Beispielprozesse lernen Sie, wie ein solches System funktioniert und wie man ausführbare Prozesse entwickelt. Dazu werden die folgenden Aspekte ausführlich dargestellt: - Modellierung des Ablaufs mit dem Modellierungsstandard BPMN - Verarbeitung und Speicherung von Daten in Prozessen - Festlegung und Zuordnung der Bearbeiterinnen und Bearbeiter - Gestaltung und Einbindung von Benutzungsdialogen - Zusammenspiel mehrerer Prozesse und Systeme - Einbindung von Entscheidungsregeln nach dem Standard DMN - Verknüpfung mit Robotic-Process-Automation (RPA) Die vorgestellten Beispiele können von der Webseite zum Buch heruntergeladen und mit der kostenlosen Open-Source-Version des Systems "Bonita" ausgeführt werden. Die im Buch vermittelten Grundlagen sind allgemeingültig und unabhängig von einem bestimmten Softwareprodukt anwendbar.
Thomas Allweyer ist Professor für Unternehmensmodellierung an der Hochschule Kaiserslautern, Standort Zweibrücken. Zu seinen thematischen Schwerpunkten gehören Geschäftsprozessmanagement, IT-Management und Software-Engineering.
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3 Sequenzfluss
Im Zentrum eines Prozessmodells steht der Sequenzfluss. Er bestimmt, welche einzelnen Aktivitäten aufeinander folgen. Der einfachste Fall besteht darin, dass sie nacheinander in immer derselben Reihenfolge abgearbeitet werden. Hierzu müssen sie – ausgehend von einem Startereignis – einfach nur über Sequenzfluss-Pfeile miteinander verbunden werden. Der Abschluss wird durch ein Endereignis markiert. Der Sequenzfluss lässt sich mithilfe von „Tokens“ (Marken) veranschaulichen. Dabei stellt man sich vor, dass das Startereignis jedes Mal, wenn eine Prozessinstanz gestartet wird, eine Marke erzeugt. Diese Marke fließt dann entlang des Sequenzflusses durch das Prozessmodell, bis sie schließlich von einem Endereignis verschluckt wird. 3.1 Exklusiver Gateway
In dem eingangs verwendeten Beispielprozess „Create Proposal“ („Angebot erstellen“) aus Abbildung 1 wurde im Anschluss an den Task „Price proposal“ („Angebot kalkulieren) ein exklusiver Gateway mit drei Ausgängen verwendet. Kommt an diesem Gateway eine Marke an, so wird sie über einen der drei Ausgänge weitergeleitet – je nachdem, welche Bedingung zutrifft. Bei einem exklusiven Gateway wird jedes Mal, wenn eine Marke eintrifft, genau ein Ausgang gewählt. Daher muss jeder Ausgang über eine Bedingung verfügen, und die Bedingungen müssen so formuliert sein, dass immer genau eine davon zutrifft. Einzige Ausnahme: Wird ein Ausgang mit einem kleinen Schrägstrich als Standard- oder Default-Ausgang gekennzeichnet, so muss an diesem Ausgang keine Bedingung angegeben werden. In Abbildung 1 wurde dies beim obersten Ausgang gemacht, der mit „Complete“ („Komplett“) bezeichnet ist. Dieser Ausgang wird immer dann gewählt, wenn keine der Bedingungen an den anderen Ausgängen zutrifft. In den Bedingungen werden meist die Werte bestimmter Variablen mit Sollwerten verglichen. Eine für das betrachtete Beispiel formulierte Bedingung wurde in Abschnitt 2.5.5 vorgestellt. An dem zusammenführenden exklusiven Gateway vor „Price proposal“ („Angebot kalkulieren“) wird jede ankommende Marke über den einzigen Ausgang weitergeleitet, unabhängig davon, an welchem Eingang sie ankommt. Es wäre auch möglich, den zusammenführenden Gateway wegzulassen und die beiden eingehenden Sequenzflüsse direkt in den folgenden Task münden zu lassen. Es ist aber empfehlenswert, einen Gateway zu verwenden. Es wird dann im Modell deutlicher sichtbar, dass an dieser Stelle mehrere exklusive Sequenzflüsse zusammengeführt werden. Abbildung 23: Prozess mit parallelen Gateways 3.2 Paralleler Gateway
Den mit einem „+“-Zeichen markierten Gateway verwendet man zur Modellierung parallel ablaufender Prozessabschnitte. Der Prozess in Abbildung 23 zur Erstellung eines Produktblatts wird durch das Startereignis „Text written“ („Text geschrieben“) ausgelöst. Dieses Startereignis wird erzeugt, wenn die Produktmanagerin oder der Produktmanager in dem Start-Dialog des Prozesses einen Text eingibt und den Dialog abschickt. Auf das Startereignis folgen die beiden parallelen Arbeitsschritte „Write Hardware Specification“ („Hardwarespezifikation schreiben“) und „Write Software Specification“ („Softwarespezifikation schreiben)“. Eine am parallelen Gateway ankommende Marke wird in zwei Teilmarken aufgesplittet, sodass über jeden Ausgang eine Marke ausgegeben wird. Wenn der einführende Text erstellt wurde, dann erhalten sowohl die für die Hardware-Entwicklung als auch die für die Software-Entwicklung zuständigen Personen jeweils eine Aufgabe in ihrer Taskliste (Abbildung 24). Welche Aufgabe zuerst durchgeführt wird, ist unerheblich. Sie können auch zur gleichen Zeit bearbeitet werden. Wichtig ist nur, dass alle beide erledigt werden. Denn erst, wenn beide abgeschlossen sind, erhält die Produktmanagerin bzw. der Produktmanager die Aufgabe „Finalize Product Description“ („Produktblatt fertigstellen“) in ihre bzw. seine Taskliste. Abbildung 24: Parallele Arbeitsschritte in den Tasklisten der beiden zuständigen Personen Dies wird durch den zusammenführenden parallelen Gateway erreicht. Dort wird so lange gewartet, bis über jeden Eingang eine Marke angekommen ist. Wenn die letzte dieser Marken eintrifft, werden alle Marken zu einer einzigen Marke verschmolzen, die dann weitergeleitet wird. Da bei einem verzweigenden parallelen Gateway immer über jeden Ausgang eine Marke ausgegeben wird, werden – anders als beim exklusiven Gateway – an den Ausgängen keine Bedingungen benötigt. 3.3 Inklusiver Gateway
Wird ein inklusiver, mit einem Kreis gekennzeichneter Gateway als Verzweigung eingesetzt, so werden immer ein oder mehrere Ausgänge gewählt. Wie beim exklusiven Gateway werden daher Bedingungen an den ausgehenden Sequenzflüssen benötigt, wobei auch mehrere oder alle gleichzeitig wahr werden dürfen. Bei mindestens einer aber muss dies der Fall sein. In Abbildung 25 wird im Gegensatz zu Abbildung 23 nicht mehr davon ausgegangen, dass ein Produktblatt immer sowohl eine Hardware- als auch eine Softwarespezifikation enthalten muss. Es kann auch Produkte geben, die nur aus Hardware oder nur aus Software bestehen. Nach wie vor sind aber auch Produkte möglich, die eine Kombination aus Hard- und Software bilden. Die Produktmanagerin bzw. der Produktmanager muss nun im Startdialog des Prozesses zusätzlich angeben, ob Hardware, Software oder beides enthalten ist. Diese Information wird in booleschen Variablen gespeichert, die an den Ausgängen des verzweigenden inklusiven Gateways überprüft werden. Gibt die Produktmanagerin bzw. der Produktmanager fälschlicherweise weder Hard- noch Software an, so bleibt der Prozess an der Verzweigung hängen, da keine der Bedingungen zutrifft. Bonita weist auf dieses Problem hin: Über das kleine Warnsymbol, das in Abbildung 25 am verzweigenden Gateway eingeblendet ist, wird man auf einen entsprechenden Hinweis aufmerksam gemacht. Abbildung 25: Prozess mit inklusiven Gateways Abbildung 26: Der Default-Ausgang mit dem Schrägstrich sorgt dafür, dass immer ein Pfad gewählt wird. In einem produktiv eingesetzten Prozess müsste ein solches Hängenbleiben verhindert werden. Hierfür kann man an der Verzweigung einen dritten Ausgang hinzufügen und mit einem Schrägstrich als Standard- oder Default-Ausgang kennzeichnen, der dann durchlaufen wird, wenn keine der Bedingungen an den anderen Ausgängen zutrifft. Damit ist sichergestellt, dass immer mindestens ein Ausgang gewählt wird. In der Variante in Abbildung 26 führt der Default-Ausgang direkt zu einem Endereignis. Wenn weder Hard- noch Software enthalten sind, bezieht sich das Produktblatt möglicherweise auf ein reines Dienstleistungsprodukt, und der Schritt „Finalize Product Description“ („Produktblatt fertigstellen“) kann entfallen. Alternativ hätte man den Default-Fluss auch zur Zusammenführung verlaufen lassen können. Auf jeden Fall wird das Hängenbleiben des Prozesses verhindert. Der zusammenführende inklusive Gateway stellt eine gewisse Herausforderung für eine Process-Engine dar. Die Ausführung der anderen bisher verwendeten Gateway-Typen ist einfach: Beim zusammenführenden exklusiven Gateway wird einfach jede ankommende Marke weitergeleitet. Beim parallelen Gateway wird gewartet, bis an jedem Eingang eine Marke angekommen ist. Im Gegensatz dazu muss die Process-Engine beim inklusiven Gateway wissen, auf welche Marken sie zu warten hat. Je nachdem, ob in Abbildung 25 nur einer der Pfade oder aber alle beide gewählt wurden, muss der zusammenführende Gateway nach Eingang einer Marke entweder auf eine zweite Marke warten oder nicht. Abbildung 27: Nicht jede ausgehende Marke muss am zusammenführenden Gateway ankommen. Dabei genügt es auch nicht, zu wissen, wie viele Marken ein vorangegangener verzweigender Gateway losgeschickt hat. In Abbildung 27 wird im unteren Zweig zunächst in dem Task „Check for Existing Software Specification“ geprüft, ob bereits eine geeignete Softwarespezifikation vorhanden ist. In diesem Fall zweigt die Marke ab zur nächsten Aktivität, „Create link from SW spec to new document“ („Link von der Softwarespezifikation zum neuen Dokument erstellen“). Falls die Aktivität „Write Hardware Specification“ („Hardwarespezifikation schreiben“) schon durchgeführt wurde, wartet an der Zusammenführung bereits die Marke aus dem oberen Zweig. Erst wenn die untere Marke den exklusiven Gateway durch den „Yes“-Ausgang verlassen hat, steht fest, dass sie nicht mehr an der Zusammenführung ankommen kann. Der zusammenführende inklusive Gateway muss davon erfahren...