E-Book, Deutsch, 256 Seiten
Reihe: Historical
Allen Eine Liebe auf Korfu
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-7337-6479-1
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 256 Seiten
Reihe: Historical
ISBN: 978-3-7337-6479-1
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Auch wenn er aussieht wie ein griechischer Gott, benimmt er sich wie ein englischer Snob: Benedict, Earl of Blakeney. Er lässt Alessas Herz höher schlagen, obwohl er doch einer der vornehmen Aristokraten ist, die sie verachtet. Sie liebt ihr einfaches, freies Leben auf der idyllischen Insel Korfu. Er hingegen lässt nichts unversucht, um sie nach England in den Schoß ihrer konservativen Familie zurückzubringen. Die Kluft zwischen ihnen scheint unüberwindbar. Bis Benedict aus Liebe zu Alessa zum Piraten wird ...
Louise Allen lebt mit ihrem Mann - für sie das perfekte Vorbild für einen romantischen Helden - in einem Cottage im englischen Norfolk. Sie hat Geografie und Archäologie studiert, was ihr beim Schreiben ihrer historischen Liebesromane durchaus nützlich ist.
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1. KAPITEL
Korfu – April 1817
Jemand versuchte einen Mord zu begehen. Offenbar direkt vor ihrem Haus … Kampfgeräusche waren zu hören, verzweifelte, keuchende Atemzüge.
Müde seufzte Alessa auf, drückte den Weidenkorb an ihre Hüfte und eilte um die Ecke, zurück zu einer dunklen Stelle, wo sie ihre Last vor neugierigen Blicken verstecken konnte. Um elf Uhr abends herrschte, bis auf den Radau vor ihrem Haus, tiefe Stille in den vertrauten Straßen der Stadt, und scheinbar waren sie menschenleer. Doch wie es schien, trieben sich zwielichtige Gestalten hier herum.
Zumindest eine befand sich auf dem kleinen Platz zwischen der Rückfront der Kirche Sankt Stefanos, Spiros Bäckerei und zwei Häusern, die so hoch emporragten, dass auch tagsüber nur ein paar Stunden lang Licht auf das Pflaster fiel. Alessa zog ein Messer aus der Scheide in ihrem Stiefel und verschmolz mit den nächtlichen Schatten.
Während sie in die schmale Gasse bog, sah sie den Widerschein der Laterne über Spiros Eingang. Auch durch die Kirchenfenster fiel Licht, und der Schein der Öllampe, die Kate bei Einbruch der Dunkelheit vor die Tür der gemeinsamen Behausung gestellt hatte, erhellte ein wenig die Szenerie.
Breite Schultern versperrten Alessa die Sicht. An die Wand gelehnt, stocherte der Mann mit einem Fingernagel in seinen Zähnen. Der Geruch nach Fisch, Knoblauch und ungewaschener Haut wehte ihr entgegen, so vertraut, dass sie kaum die Nase rümpfte. Natürlich, der Fischer Georgi, stets in der Nähe von Ereignissen zu finden, von denen er vielleicht profitieren könnte, ohne sich zu überanstrengen …
Lautlos schlich sie zu ihm und drückte die Messerspitze auf die schmutzige Stelle zwischen seiner Lederweste und dem Gürtel. Er zuckte zusammen und erstarrte.
„Hérete, Georgi“, flüsterte sie ihm auf Griechisch ins Ohr und presste das Messer noch fester in den Fettwulst. „Ich glaube, Sie müssen verschwinden. Oder sollen die Männer von Sir Thomas, dem Lord High Commissioner, erfahren, was Sie tun, wenn Sie Ihr kaiki in mondlosen Nächten aufs Meer hinausrudern? Dafür würden sie sich brennend interessieren.“
Mit einem gemurmelten Fluch fuhr er herum, schob sich an ihr vorbei und stapfte davon. Sie wartete, bis seine Schritte verhallten, dann huschte sie zum Ende der Gasse.
Auf dem kleinen Platz kämpften zwei Männer. Den einen kannte sie. Petro, ein kraftvoll gebauter Gauner, schwenkte mit einer Hand einen Knüppel, mit der anderen ein Messer. Aber seinen Gegner, der die bösartigen Attacken abzuwehren suchte, sah sie zum ersten Mal. Zunächst nahm sie an, er würde ein Rapier schwingen. Doch wie sie nach wenigen Sekunden bemerkte, war seine einzige Waffe ein dünner Spazierstock, mit dem er das Messer wegschlug. Wohlweislich wich er dem Knüppel aus, der den Stock zertrümmern würde.
Der Mann kann fechten, dachte Alessa anerkennend und beobachtete, wie er blitzschnell den Spazierstock bewegte, seine flinken, tänzelnden Schritte. Trotzdem würde er seinen Angreifer nicht besiegen. Was sollte sie tun? Sicher war er ein Gentleman, denn er trug einen eleganten Abendanzug. Nur der Hut, der am Boden lag, und das zerzauste Haar beeinträchtigten die vornehme Erscheinung. Geschickt verteidigte er sich gegen seinen Widersacher.
Wäre nicht ausgerechnet Petro sein Gegner, hätte er womöglich eine Chance zu entkommen, und sie könnte ihn seinem Schicksal überlassen. Aber diesem blutrünstigen Schurken war ein englischer Gentleman – offenbar ein Neuling auf der Insel – nicht gewachsen.
Alessa schlich an der Mauer entlang zu den Eingangsstufen ihres Hauses, verärgert über diese Gewaltaktionen vor dem Fenster ihrer Kinder. Nun zwang der Fremde den bulligen Petro nach hinten. Oder, was eher zutraf, der tückische Halunke trat einen taktischen Rückzug an.
Und dann sah sie, was ihn dazu bewog. In den Schatten am Fuß des Brunnens verborgen, wartete das Wasserrohr wie ein Fallstrick auf einen achtlosen Fuß. Sie zwang sich, einen Warnruf zu unterdrücken, damit man nicht auf sie aufmerksam wurde. Und da strauchelte der Fremde auch schon und fiel auf ein Knie. Sofort hob er den Gehstock, den Petro mit seiner Keule beiseitestieß, um sie im nächsten Moment auf die Schläfe des Gentlemans zu schlagen.
Der Engländer brach auf dem Brunnensockel zusammen, und Petro beugte sich mit einem zufriedenen Grinsen zu ihm hinab. In seiner Hand glitzerte das Messer.
Nein, das war zu viel. Eine Bluttat vor ihrem Haus würde sie nicht dulden – nicht einmal, wenn es um einen lästigen, unvorsichtigen englischen Touristen ging.
Alessa drehte ihr Messer herum, stürmte zu Petro und schmetterte den Griff auf seinen Nacken, so wie man es ihr beigebracht hatte. Schmerzhaft vibrierte der Aufprall in ihrem Arm, und der Schurke fiel grunzend auf die Beine des Fremden hinab. Also musste sie sich jetzt um zwei Bewusstlose kümmern. Wenn der eine zu sich kam, würde er in mörderische Wut geraten. Und der andere würde wahrscheinlich nach Sir Thomas, dem Vertreter der Krone schreien, nach der Army, der Navy und seinem Kammerdiener. Oder ein Dieb, der zufällig vorbeikam, würde ihn umbringen, bevor er aus seiner Ohnmacht erwachte. Deshalb durfte sie ihn, den Gesetzen der Menschlichkeit zufolge, nicht hier liegen lassen, mochte er ihr auch noch so viele Unannehmlichkeiten bereiten.
Seufzend sperrte sie ihre Tür auf und rief: „Éla, Kate, bist du da?“
Im oberen Stockwerk erklangen Schritte, eine vollbusige Frau beugte sich über das Treppengeländer. „Aye, hier bin ich, Liebes. Soll ich dir mit dem schweren Wäschekorb helfen?“
„Nein, mit einem Mann. Ist Fred bei dir?“
„Gewiss, soeben hat er zu Abend gegessen. Macht dir jemand Schwierigkeiten. Vorhin habe ich irgendwas da draußen gehört … Fred!“
„Ja, Liebste?“ Ein dunkler Kopf erschien neben Kate. „Guten Abend, Alessa.“ Sie stiegen die Treppe herab, und Sergeant Fred Court ging zu den verkrümmten Gestalten, die er mit professioneller Sachlichkeit betrachtete. „Wen haben wir denn da?“
Kate, die Liebe seines Lebens, Alessas Freundin und Nachbarin, fragte besorgt: „Wer sind die beiden, Alessa? Könnten sie tot sein?“
„Nun, der eine ist ein englischer Gentleman, ein leichtsinniger Tourist, der hierher spazierte und von Petro und seinem Kumpan Georgi überfallen wurde. Nur der Himmel mag wissen, ob er tot ist. Jedenfalls hat Petro ihm kraftvoll genug seinen Knüppel auf den Kopf geschlagen. Der wird zumindest an einem steifen Nacken und einem Brummschädel leiden.“
„Am besten bringe ich den Engländer in die Residenz von Sir Thomas.“ Sergeant Court strich über sein stoppelbärtiges Kinn. „Lasst mich meine Jacke holen, dann trage ich ihn hin.“
„Nein, das würde eine halbe Stunde dauern“, protestierte Alessa, „und ihm nichts nützen, nachdem Petro ihn so brutal niedergeschlagen hat. Schaffen wir ihn in unser Haus.“
„Soll ich Seine Lordschaft verständigen?“ Fred stieß Petros schlaffen Körper mit einer Stiefelspitze zur Seite und bückte sich zu dem Opfer hinab.
„Spar dir die Mühe, morgen früh schicke ich Demetri hinüber. Und jetzt muss ich erst mal die Wäsche holen.“
Als Alessa mit dem Korb zurückkehrte, hatte der Sergeant sich den Engländer bereits über die Schulter geworfen und trug ihn die Treppe hinauf.
„Pass auf seinen Kopf auf, Alessa“, mahnte Kate und nahm ihr den Korb aus den Armen. „Allzu vorsichtig geht Fred nicht mit ihm um.“
Hastig stieg Alessa hinter dem Sergeant die Stufen hinauf und ergriff den pendelnden Kopf des Bewusstlosen, um ihn festzuhalten. Weiter unten beschmutzten Blutflecken das Geländer, das sie zusammen mit Kate weiß gestrichen hatte. Aber sie machte Fred keine Vorwürfe wegen seiner Nachlässigkeit, denn er bekundete einfach nur jene Verachtung, die fast alle Soldaten für ihre Herren und Meister hegten. Warum musste der leichtfertige Idiot auch mitten in der Nacht durch diese dunklen Gassen laufen, sich in Schwierigkeiten bringen – und hart arbeitende Leute behelligen?
„Leg ihn aufs Sofa.“ Sie schob einen Berg Flickwäsche und eine Fetzenpuppe vom abgewetzten Leder, dann wandte sie sich zu Kate, die ihr gefolgt war. „Schlafen die Kinder?“
„Wie Steine, dem Himmel sei Dank. Vor zehn Minuten habe ich nach dem Feuer gesehen“, fügte Kate hinzu und zeigte auf das Eisengitter, das die schwelende Asche im Ziegelherd schützte.
Alessa nahm ein Kissen und eine Decke aus dem Schrank und musterte den Fremden. Inzwischen blutete die Kopfwunde nicht mehr. „Ich werde ihn untersuchen. Wahrscheinlich hat er sich auch noch den Knöchel verstaucht, als er gestolpert ist.“
„Bringen wir’s hinter uns.“ Kate drehte sich zu ihrem Liebhaber um, der am Fenster stand. „Was siehst du denn, Fred?“
„Gerade taumelt Petro davon. Ich glaube, morgen wird er gar nicht mehr wissen, was passiert ist. Soll ich euch Mädchen helfen? Aber ich muss bald ins Fort zurückgehen.“
„Danke, mein Schatz, wir kommen schon zurecht.“ Kate begleitete ihn vor die Tür, um sich zu verabschieden, und ließ Alessa mit dem unfreiwilligen Gast allein.
Nachdenklich betrachtete sie ihn. Warum sah er so typisch englisch aus? Wegen seiner Haut, die nur leicht gebräunt war, vermutlich infolge der Schiffsreise?...