Alexander | Die Chimäre - Silben der Macht | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 414 Seiten

Alexander Die Chimäre - Silben der Macht

Roman
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7325-2352-8
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Roman

E-Book, Deutsch, 414 Seiten

ISBN: 978-3-7325-2352-8
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Ezra sieht aus wie eine gewöhnliche junge Frau, doch der Schein trügt. Zunehmend entwickelt sie besondere Fähigkeiten: Sie ist unmenschlich schnell und zäh, und ihre Sinne schärfen sich. Die Menschen im Dorf meiden sie, und als Inquisitoren der Sonnenkirche auf sie aufmerksam werden, muss Ezra fliehen. Auf ihrer Flucht findet sie heraus, dass sie tatsächlich etwas Besonderes ist: eine Chimäre. Das Ergebnis eines magischen Experiments der drei Türme. Von da an beherrscht Ezra nur noch ein Gedanke: sich an ihren Schöpfern zu rächen und ihren Fluch zu lösen ...

Martin Alexander, geboren 1974, hat mehrere Jahre als Kriminalkommissar gearbeitet, bevor ihn der Wissensdurst packte und er nordamerikanische Geschichte studierte. Seit seiner Kindheit interessiert er sich für alles Fantastische, und er hat ein Faible für untypische Helden. Sein erster Roman Der Meister der Türme stand auf der Shortlist des Seraph für das beste deutschsprachige Fantasydebüt. Alexander lebt mit seiner Frau in Berlin.

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1

ZU GAST BEI EINEM
MENSCHENFRESSER
17 JAHRE SPÄTER
UNTER DEM EWIGEN BERG, JUNGE BLUTSONNE,
JAHR 24 N.D.U. Unter dem Berg in Nebenstollen 719 herrschte absolute Finsternis. Doch das störte die beiden kleinen Gestalten nicht. Sie kannten sich hier aus wie in ihrer Westentasche, auch wenn sie ein solches Kleidungsstück gar nicht besaßen. Šurr und Ekšamad waren Enthüller. Sie gehörten der Kaste der Kristallgremlins an, deren Aufgabe es seit jeher war, die Marmorchroniken freizulegen – Inschriften, die der Sonnenvater zu Anbeginn der Zeit in den Fels des Ewigen Berges gebrannt hatte. Die Tafeln enthielten das tagtägliche Schicksal jeder beseelten Kreatur mit Ausnahme der Enthüller selbst. Ohne ihre nimmermüde Arbeit bliebe die Welt stehen. Aber wehe, wenn sie einmal zu schnell gruben. Dann kam es an der Oberfläche zu den fürchterlichsten Katastrophen: Saurer Regen ertränkte Mensch und Vieh, und Zeitenstürme verwüsteten das Land. Heute waren die beiden Gremlins jedoch nicht im Dienst. Sie waren auf eigene Faust unterwegs, und davon sollte besser niemand etwas mitbekommen – vor allem nicht die Zänker, die im Namen der Sonnenkirche durch die Gänge schlichen und nach faulenzenden Enthüllern Ausschau hielten. Mit ihren wizkirglani, von den Menschen nur abfällig Hackstöcke genannt, tasteten sich Šurr und Ekšamad klopfend durch die unterirdische Schwärze. An ihrem Kopfende verfügten die knapp einen Schritt langen Eisenstäbe über einen gehärteten Dorn, der einen spitzen Winkel bildete. Der wizkirglan war das Insigne der Enthüller. Darüber hinaus diente er als Spitzhacke, Stemmeisen und zur Not auch als Waffe gegen Felsenwürmer und anderes Geschmeiß. Im Augenblick nutzten die beiden ihre Hackstöcke jedoch lediglich als Schrittzähler. Klick, klack. Klick, klack. Langsam, aber sicher näherten sie sich ihrem Ziel. 2096 Schritte in den Stollen hinein und dann an der linken Wand klopfen. So hatte die Anweisung ihres mysteriösen Auftraggebers gelautet. Wenn der Ewige Berg tatsächlich ein Herz hatte, dann war man hier wohl am weitesten davon entfernt. »2011«, krächzte Šurr. Ekšamad antwortete mit einem nasalen »2012«. Dann griff er in seinen Beutel, holte etwas Leuchtsand hervor und warf ihn zu Boden. Zischend glühten die Körner auf und verblassten sogleich wieder, doch das kurze Gleißen machte die Augen der Gremlins so empfindlich, dass sie noch für gut hundert Schritte in der Dunkelheit sehen konnten. Die beiden Enthüller hätten unterschiedlicher kaum sein können. Zwar waren ihnen die katzenhaften Gesichtszüge, die graufleckige Haut und die vierfingrigen Hände gemein, doch damit endete ihre Ähnlichkeit auch schon. Ekšamad war von ungewöhnlich hohem Wuchs, und seine Stimme schnarrte nur so leicht, dass er im Halbdunkel glatt als ein zu kurz geratener Mensch durchgehen konnte. Sein Mund war nicht mehr als ein schmaler Schlitz, und seine Fledermausohren wurden von schwarzen Haarbüscheln geziert. Šurr hingegen ging gebeugt, und das nicht wegen seines hohen Alters, sondern wegen eines Stapels dünner Marmortafeln, die er auf den Rücken geschnallt trug. Auch er wies für einen Gremlin eine Besonderheit auf – seine Ohren waren gänzlich unbehaart. »Die Dinger sind verflucht schwer«, schimpfte er und leckte sich über die bräunlich verfärbten Lippen. Dann griff er nach einem Fläschchen, das in seinem Gürtel steckte. »Ich hätte dir geholfen, aber du wolltest ja nicht«, entgegnete Ekšamad beleidigt. »Zu zweit tragen sich die Platten noch bescheidener«, schnaufte Šurr und stapfte weiter. »Vor allem in dem Gang hier.« Ohne anzuhalten hatte er die Phiole geöffnet und einen Schluck von der klebrig braunen Flüssigkeit genommen. Mit einem wohligen Seufzer verstaute er die Flasche wieder und beschleunigte seinen Schritt. Klick, klack. Klick, klack. Die Wände des schmalen Tunnels waren mit Schicksalszeichen übersät. Hinter ihnen verbargen sich die Geschichten von Bettlern und Königen. Die geschwungenen Glyphen ergaben die aberwitzigsten Muster, die förmlich zu tanzen begannen, wenn man sie zu lange anstarrte. Wo eine Inschrift aufhörte und die nächste begann, war für ein ungeübtes Auge kaum festzustellen. »Ich sage dir, Ekš: Schritt 2096 ist entweder die alte Jungfer, die ihren Hefeteig zweimal ansetzen musste, weil er beim ersten Mal nicht aufgegangen ist, oder der Hirte, dem eine Ziege in sein bestes Stück gebissen hat, als er hinter einem Busch pinkeln war.« »Tja, das Schicksal hält nicht für jeden etwas Großes bereit«, erwiderte Ekšamad trocken. »Aber ich glaube, du hast unrecht. Bei Schritt 2096 müsste der fette Oger auf uns warten, der an einem Taubenknochen erstickt ist.« »Kann auch sein«, murrte Šurr. »Wir werden ohnehin nie erfahren, was davor oder danach in ihren Leben geschehen ist. Oder hast du je von einem Gremlin gehört, der mehrere Tafeln derselben Person enthüllt hätte?« Ekšamad schwieg. Sie kannten beide die Antwort. »Und genau das ist unsere Chance«, stellte Šurr schließlich fest. »Ich weiß nicht«, murmelte Ekš und zuckte die Schultern. »Mir ist die Sache nicht ganz geheuer.« »Hast du dich denn nie gefragt, warum unsere Schicksale die einzigen sind, die nicht an den Felswänden stehen?« Šurr fuchtelte wild mit dem Hackstock herum, um seine Ausführung zu untermalen. »So hält man uns hier unten gefangen! Für die da oben existieren wir gar nicht. Verstehst du nicht? Wir müssen unser Schicksal selbst in die Hand nehmen! Wenn wir ein ganzes Menschenleben offenlegen, dann wären wir sicher die ersten Enthüller, die in den Marmorchroniken erwähnt werden. Und dann, mein Lieber, können wir den Berg als freie Gremlins verlassen.« »Was sollen wir denn da draußen?«, gab Ekš zu bedenken. »Dieses Royum klingt wie eine feindliche Welt. Seuchen, Kriege und, nicht zu vergessen, Ziegen, die sich von Weichteilen ernähren.« »Freiheit! Wie wär’s denn damit?«, entgegnete Šurr energisch. »Oder habe ich mich so sehr in dir getäuscht? Ich dachte, du wärst anders als die anderen. Ich dachte, du bist einer, der auch über den Tunnelrand hinausblickt. Sonst hätte ich dich gar nicht unter meine Fittiche genommen. Willst du etwa dein ganzes Leben hier unten verbringen? Tagein, tagaus Steine klopfen und die Schicksale von irgendwelchen Fremden freilegen?« »N-Nein«, stotterte Ekšamad. »Aber woher willst du wissen, dass es auf diese Weise wirklich klappt? Dass dann unser Schicksal plötzlich in den Chroniken steht?« »Weil ich es weiß, darum!«, blaffte Šurr ihn an. Ekšamad blieb stehen. »Und das soll mich überzeugen? Du behauptest einfach, wir wären unser eigener Herr, wenn wir das ganze Schicksal einer einzelnen Person enthüllen?« »Ja«, antwortete Šurr knapp. Ekš schlug die Hände über dem Kopf zusammen. »Bei den Sechs Sonnen, was macht dich nur so sicher?« »Meine Liebe«, murmelte Šurr vor sich hin. »Deine Liebe?« Der alte Gremlin nickte kaum merklich. Ekš sah ihn entgeistert an. »Ich wusste gar nicht, dass du eine Liebste hast … oder … hattest?« »Hat es dich nie gewundert, dass ein Gremlin meines Alters nie den Bund eingegangen ist?« »Na ja, ich dachte halt immer, du wärst ein komischer Kauz«, gab Ekšamad offen zu. »Danke für die Blumen«, ätzte Šurr, doch schon im nächsten Augenblick hatte seine Stimme einen sanfteren Ton angenommen. »Meine süße Oglo hatte immer davon geträumt, einmal ein ganzes Menschenleben zu enthüllen – von der Wiege bis zum Sterbebett. Sie hat geglaubt, danach könnte sie frei unter den Sechs Sonnen wandeln … Jahrzehnte ist das her … Hab sie nie für voll genommen, es als Träumerei abgetan … Und eines Tages war sie weg …« »Weil sie ein Schicksal entschlüsselt hat?«, platzte es aus Ekš heraus. »Davon gehe ich aus.« »Oder, weil ihr etwas zugestoßen ist?« »Dann hätte ich sie gefunden«, erwiderte Šurr. »Ich habe sie sonatelang gesucht.« Daran wagte Ekš nicht zu zweifeln. Schweigend trotteten sie weiter durch den Stollen, vorbei an unzähligen Schicksalen, die in den Fels des Berges gebrannt waren. Klick, klack. Klick, klack. Nachdenklich fuhr Ekš mit der Hand über das Gestein. Er spürte die Inschriften unter seinen Fingern entlanggleiten. Viele davon hatte er selbst freigelegt – Ausschnitte aus den Leben der verschiedensten Leute. Die Bäckerin … der Ziegenhirte … der Oger! »So, da wären wir«, flüsterte er und deutete auf die verschlungenen Inschriften zu seiner Linken. »Und übrigens hatte ich recht: Es ist der verfressene Oger.« »Na, dann klopf mal«, sagte Šurr und lachte heiser. »Wollen wir nur hoffen, dass uns nicht der Menschenfresser höchstpersönlich aufmacht.« »Ein Oger wäre mir allemal lieber, als dieses Tauscherpack. Kaum zu glauben, dass du mit einer von ihnen ins Geschäft gekommen bist. Was die Menschen über uns denken müssen, wenn sie nur mit der Sorte Gremlins zu tun haben?« »Das kann uns doch egal sein, Ekš. Also los, klopf schon an«, forderte Šurr seinen jüngeren Freund zum zweiten Mal auf. »Ich kann die Platten nicht ewig halten.« Doch Ekšamad zögerte. »Was wir hier vorhaben«, raunte er,...



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