Albom | Die fünf Menschen, die dir im Himmel begegnen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

Reihe: Ullstein eBooks

Albom Die fünf Menschen, die dir im Himmel begegnen

Roman

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

Reihe: Ullstein eBooks

ISBN: 978-3-8437-2109-7
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Eddie betreibt einen Rummelplatz und hält die Gondeln und damit das Geschäft in Schuss. Doch genau an seinem 83. Geburtstag stürzt eine "Free Fall"-Gondel aus großer Höhe ab. Im allerletzten Moment entdeckt er Annie - ein kleines Mädchen, das am Fuße des Towers hockt. Er zieht sie darunter hervor - wird selbst getroffen und stirbt.Mürrisch und ungläubig ob des eigenen Schicksals findet er sich im Himmel wieder. Nacheinander begegnen ihm fünf Menschen, die in seinem Dasein eine Rolle gespielt haben. In einer eindrucksvollen Rückschau versöhnt er sich mit seinem Schicksal und spürt den Wert seines eigenen Lebens.
Albom Die fünf Menschen, die dir im Himmel begegnen jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Das Ende
Dies ist die Geschichte eines Mannes namens Eddie, und sie beginnt mit ihrem Ende, als Eddie bei Sonnenschein stirbt. Es mag seltsam erscheinen, eine Geschichte an ihrem Ende zu beginnen. Aber jedes Ende ist auch ein Anfang. Das weiß man da nur noch nicht. Eddie verbrachte die letzte Stunde seines Lebens, so wie fast alle davon, im Ruby Pier, einem Vergnügungspark, der an einem großen, grauen Ozean lag. Der Park besaß die üblichen Attraktionen, eine hölzerne Strandpromenade, ein Riesenrad, Achterbahnen, Autoscooter, einen Süßigkeitenstand und eine Schießbude, wo man mit Wasserpistolen in den Mund eines Clowns zielte. Es gab auch ein großes, modernes Fahrgeschäft, Freddy’s Free Fall, und genau dort sollte Eddie durch einen Unfall sterben, der im ganzen Land für Schlagzeilen sorgen würde. Zum Zeitpunkt seines Todes war Eddie ein untersetzter, weißhaariger alter Mann mit kurzem Hals, gewölbter Brust, kräftigen Unterarmen und einer verblassten Army-Tätowierung an der rechten Schulter. Die Beine waren dünn und geädert, und die Arthritis hatte sein im Krieg verletztes linkes Knie endgültig ruiniert. Er ging am Stock. Das kantige, von der Sonne zerfurchte Gesicht mit dem grauweißen Schnurrbart und dem etwas vorstehenden Unterkiefer ließ ihn selbstbewusster aussehen, als er war. Hinterm linken Ohr hatte er eine Zigarette stecken, und am Gürtel war ein Schlüsselbund festgehakt. Er trug Schuhe mit Gummisohlen und eine alte Leinenmütze. Die hellbraune Uniform sah nach Handwerker aus, und nichts anderes war er. Eddie oblag die »Wartung der Fahrgeschäfte«, was im Grunde bedeutete, dass er für die Sicherheit während ihres Betriebs verantwortlich war. Jeden Nachmittag ging er durch den Park und überprüfte jedes einzelne Fahrgeschäft vom Riesenrad bis zur Achterbahn. Er suchte nach zerbrochenen Brettern, lockeren Schrauben und abgenutzten Stahlteilen. Manchmal blieb er mit glasigem Blick stehen, so dass die Leute, die an ihm vorbeigingen, sofort dachten, irgendetwas stimme nicht. Dabei lauschte er nur, mehr nicht. Nach so vielen Jahren, sagte er, könne er am Fauchen, Stottern und Klingeln einer Anlage hören, ob es Probleme gab. Als Eddie noch fünfzig Minuten zu leben hatte, ging er zum letzten Mal über den Ruby Pier. Er kam an einem älteren Paar vorbei. »Hallo«, begrüßte er sie und tippte sich an die Mütze. Die beiden nickten höflich. Die Besucher kannten Eddie. Zumindest die Stammkunden. Sie sahen ihn jeden Sommer wieder, ein Gesicht, das man mit einem bestimmten Ort verbindet. Sein Arbeitshemd hatte über der Brust einen Aufnäher, auf dem stand »EDDIE« und darunter »WARTUNG«, und manchmal sagten sie: »Tag, Eddie Wartung!«, obwohl er das nicht besonders witzig fand. Heute war zufällig Eddies Geburtstag, er wurde 83. Letzte Woche hatte ihm ein Arzt gesagt, er habe Gürtelrose. Gürtelrose? Eddie wusste nicht einmal, was das war. Früher war er so stark gewesen, dass er mit jeder Hand ein Karussellpferd hochheben konnte. Doch das lag lange zurück. »Eddie!«… »Nimm mich, Eddie!«… »Nimm mich!« Noch vierzig Minuten bis zu seinem Tod. Eddie bahnte sich einen Weg an den Anfang der Warteschlange vor der Achterbahn. Er fuhr mit jeder Attraktion mindestens einmal pro Woche, um sicher zu sein, dass Bremsen und Steuerung funktionierten. Heute war Achterbahn-Tag – diese hier hieß The Ghoster Coaster –, und die Kinder, die Eddie kannten, schrien, weil sie mit ihm zusammen fahren wollten. Eddie mochte Kinder, Jugendliche dagegen nicht. Sie bereiteten ihm Kopfschmerzen. Im Lauf der Jahre hatte Eddie bestimmt jede nur denkbare Art von arbeitsscheuen, motzigen Jugendlichen erlebt. Kinder, die waren anders. Kinder strahlten Eddie an – mit seinem vorstehenden Unterkiefer schien er immer zu lachen, wie ein Delphin – und vertrauten ihm sofort. Sie fühlten sich zu ihm hingezogen wie kalte Hände zum Feuer. Sie umarmten sein Bein. Sie spielten mit seinen Schlüsseln. Eddie brummte meist nur, er sagte nie viel. Und er glaubte, dass sie ihn gerade deshalb mochten. Jetzt gab Eddie zwei kleinen Jungen mit verkehrt herum aufgesetzten Baseballmützen einen Klaps. Sie rannten zum Wagen und purzelten hinein. Eddie gab dem Achterbahn-Mann seinen Stock und ließ sich langsam zwischen den beiden nieder. »Los … los!«, quiekte der eine Junge, während der andere sich Eddies Arm um die Schulter legte. Eddie zog den Sicherheitsbügel herunter, und klick-klick-klick ging es nach oben. Von Eddie, der hier am Pier aufgewachsen war, erzählte man sich folgende Geschichte: Als Junge war er in eine Rauferei geraten. Fünf Jungen von der Pitkin Avenue hatten seinen Bruder Joe in die Zange genommen und wollten ihn verprügeln. Eddie saß eine Straße weiter auf einer Veranda und aß gerade ein Sandwich. Er hörte seinen Bruder schreien, rannte in die Gasse hinüber, griff sich einen Mülltonnendeckel und schlug zwei Jungen krankenhausreif. Joe redete monatelang nicht mit ihm. Er schämte sich. Joe war der Ältere, der Erstgeborene, aber Eddie hatte gekämpft. »Dürfen wir noch mal fahren, Eddie? Bitte!« Noch vierunddreißig Minuten zu leben. Eddie schob den Sicherheitsbügel hoch, schenkte jedem Jungen einen Lutscher, bekam seinen Stock zurück und hinkte zur Werkstatt, um sich dort von der Sommerhitze zu erholen. Wenn er von seinem nahen Tod gewusst hätte, wäre er vielleicht woanders hingegangen. Stattdessen tat er, was wir alle tun. Er machte weiter in seinem langweiligen Trott, als hätte er alle Zeit der Welt. Einer der Werkstattarbeiter, ein schlaksiger, hagerer junger Mann namens Dominguez, stand an der Ölwanne und wischte Schmiere von einem Rad. »Hey, Eddie«, sagte er. »Dom«, sagte Eddie. Die Werkstatt roch nach Sägespänen. Sie war dunkel und eng, hatte eine niedrige Decke und an den Wänden Lochbleche mit Bohrern, Sägen und Hämmern. Überall lagen Bauteile aus dem Inneren der Fahrgeschäfte herum: Kompressoren, Motoren, Treibriemen, Glühbirnen, der obere Teil eines Piratenschädels. An einer Wand stapelten sich Kaffeebüchsen voller Nägel und Schrauben, und an einer anderen standen zahllose Kübel mit Schmierfett. Zum Gleisschmieren, sagte Eddie immer, braucht man nicht mehr Hirn als zum Geschirrspülen, der einzige Unterschied ist, man wird dabei schmutziger, nicht sauberer. Und genau solche Arbeiten verrichtete Eddie: schmieren, Bremsen einstellen, Schrauben festziehen, Schalttafeln kontrollieren. Oft hatte er sich danach gesehnt, diesen Ort zu verlassen, sich eine andere Arbeit zu suchen, ein anderes Leben aufzubauen. Aber dann kam der Krieg. Seine Pläne wurden nie Wirklichkeit. Im Lauf der Zeit merkte er, dass er grau wurde, weitere Hosen trug und resigniert hinnahm, welche Art von Mann er war und immer bleiben würde: ein Mann mit Sand in den Schuhen, umgeben von künstlichem Gelächter und Grillwürstchen. Wie vor ihm sein Vater und wie es der Aufnäher auf seinem Hemd verriet: Eddie war »die Wartung« – der Chef der Wartung – oder, wie die Kinder ihn manchmal nannten, der »Karussell-Mann vom Ruby Pier«. Noch dreißig Minuten. »Hey, alles Gute zum Geburtstag«, sagte Dominguez. Eddie grunzte. »Keine Party oder so was?« Eddie bedachte Dominguez mit einem Blick, als halte er ihn für verrückt. Und es streifte ihn der Gedanke, wie komisch es doch war, an einem Ort alt zu werden, an dem es nach Zuckerwatte roch. »Übrigens, denk dran, Eddie, nächste Woche bin ich weg, ich flieg am Montag. Nach Mexiko.« Eddie nickte, und Dominguez führte einen kleinen Tanz auf. »Ich und Theresa. Die ganze Familie besuchen. Parrr-ty!« Als er merkte, wie Eddie ihn anstarrte, hörte er auf zu tanzen. »Schon mal da gewesen?« »Was?« »In Mexiko.« Eddie schnaubte. »Junge, ich war nur da, wo man mich mit einem Gewehr hingeschickt hat.« Er sah Dominguez zu, der wieder an die Wanne trat. Eddie überlegte einen Augenblick. Dann holte er ein kleines Geldbündel aus der Tasche, zog die einzigen zwei Zwanzigdollarscheine raus und streckte sie Dominguez hin. »Kauf deiner Frau was Schönes«, sagte Eddie. Dominguez schaute das Geld an, lächelte breit und sagte: »Mensch, Mann, ist das dein Ernst?« Eddie drückte Dominguez das Geld in die Hand. Dann ging er hinaus, nach hinten auf den Lagerplatz. Vor Jahren hatte jemand ein kleines »Angelloch« in das Holz der Strandpromenade geschnitten, und Eddie hob den Plastikdeckel ab. Er zog an der Nylonschnur, die 25 Meter weit ins Meer hinausreichte. Das Stück Mortadella hing immer noch dran. »Ist was dran?«, schrie Dominguez. »Sag, dass was dranhängt!« Eddie fragte sich, wie dieser Junge so optimistisch sein konnte. An dieser Angel war nie was dran. »Eines Tages«, schrie Dominguez, »fangen wir einen Heilbutt!« »Jaja«, murmelte Eddie, obwohl er wusste, dass man einen so großen Fisch nie durch ein so enges Loch kriegen würde. Noch sechsundzwanzig Minuten zu...


Albom, Mitch
Mitch Albom, Jg. 1958, schrieb den Weltbestseller Dienstags bei Morrie (1997). Das Buch verkaufte sich außergewöhnlich gut, nachdem es von Oprah Winfrey in Oprah’s Book Club vorgestellt worden war. Die Fernsehverfilmung mit Hank Azaria und Jack Lemmon war der meistgesehene Fernsehfilm 1999 in den USA.
Sein Roman Die fünf Menschen, die dir im Himmel begegnen (2005) war ebenfalls ein New York Times-Bestseller. Auch dieser Roman wurde für das US-Fernsehen verfilmt, mit Jon Voight in der Hauptrolle.
Mitch Albom tritt regelmäßig in Fernsehsendungen auf. Seine eigene Radioshow wird in Detroit ausgestrahlt. Albom ist neben Stephen King Mitglied der Rockband The Rock Bottom Remainders, deren Musiker allesamt Schriftsteller sind. Bevor er Journalist wurde, war er als Amateurboxer, Nachtclubsänger und Pianist tätig. 2011 wurde er mit der Ehrendoktorwürde der Michigan State University ausgezeichnet.
Mitch Albom gründete verschiedene Hilfsorganisationen in seiner Heimatstadt Detroit und weltweit, so nach dem verheerenden Erdbeben in Haiti 2010 die Have Faith Haiti Mission.


Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.