E-Book, Deutsch, 360 Seiten
Acksteiner Herzen im Sturm der Gezeiten
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7557-8815-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman
E-Book, Deutsch, 360 Seiten
ISBN: 978-3-7557-8815-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Während seines Reha-Aufenthaltes auf Borkum lernt Alexander Johanna kennen und lieben. Obwohl er vor den Trümmern seiner Ehe steht fährt er zurück nach Wiesbaden zu seiner Tochter. Johanna bleibt nur die Hoffnung, dass Alexander, in den sie sich ebenfalls Hals über Kopf verliebt hat, sein Versprechen hält und zurück zu ihr und Benny - ihrem vierbeinigen Weggefährten - auf die Insel kommt. Ob das allerdings passiert und ob Alexander in Wiesbaden alles aufgibt, das wird die Zukunft zeigen. Zumal dort seine Frau und Tochter auf ihn warten.
Barbara Acksteiner ist in Bad Harzburg geboren. Dort lebt sie seit ihrer Geburt. Sie schreibt seit Jahrzehnten Geschichten, Gedichte, Drabble, Elfchen und Haikus. In diversen Anthologien sind bereits Texte von ihr veröffentlicht worden. Inzwischen sind von ihr einige Bücher erschienen.
Autoren/Hrsg.
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Kapitel eins
Auf Borkum
Nun war er schon seit fast vier Wochen hier, auf Borkum. Und das, obwohl nur drei eingeplant waren. Doch dann bekam er von den Ärzten eine Woche Nachschlag aufs Auge gedrückt. Alexander erhob sich aus dem Cocktailsessel, öffnete die Balkontür und trat hinaus auf den kleinen Balkon. Er setzte sich auf den Plastikstuhl, der dort zum Verweilen für die Patienten stand. Während er dasaß und über die Brüstung hinaus aufs Meer schaute, fielen ihm zig Dinge ein. Dinge, die er eigentlich lieber vergessen würde, nicht erlebt und durchgemacht hätte. Doch das, was einmal war, zählte im Leben nicht mehr. Genau genommen müsste er dankbar sein, dass es ihm besser ging. Dafür, dass er leichter atmen konnte, weil er wieder Luft bekam und dass die erfolgten Therapien erste Erfolge zeigten. Aber würde es auch so bleiben, wenn er wieder zu Hause wäre? Wenn er nicht mehr die jodhaltige Seeluft einatmen könnte? Wenn die täglichen und abwechslungsreichen Heilbehandlungen wegfallen würden? Außerdem hatte das Hochseeklima ihm, seiner Lunge, den Bronchien und seiner Seele gutgetan. Aus diesen Gründen würde er am liebsten hierbleiben. Mit jeder Stunde, jedem Tag, jeder Woche, wurde ihm das bewusster. Doch je mehr Zeit verging und je schneller die Wochen ins Land zogen, die er auf Borkum, zunächst widerwillig, verbrachte, umso heimischer, wohler und gesünder fühlte er sich hier. Und weil das so war, schossen Alexander Gedanken durch den Kopf, die er zwar für völlig absurd hielt, die ihm aber immer besser gefielen. Aus diesem Grund überlegte er auch, ob es rein aus gesundheitlichen Gründen nicht folgerichtig wäre, wenn er sich auf der Insel eine Wohnung suchen oder sogar ein Haus kaufen würde. Gut, er müsste Hessen den Rücken kehren und einen Neubeginn wagen. Quasi, ganz neu durchstarten. Doch wollte er sich das in seinem Alter wirklich antun? Wäre das nicht der helle Wahnsinn? Eine hirnverbrannte Idee? Eine Kurzschlusshandlung? Alexander horchte in sich hinein. Während sein Herz schrie: Mach es! Los, auf was wartest du, brüllte der Verstand: Lass es! Unsicherheit beschlich ihn. Alexander dachte mit Schrecken daran, dass er die verbleibenden Tage, die er noch auf Borkum sein würde, bereits an einer Hand abzählen konnte. Sein Reha-Aufenthalt neigte sich allmählich dem Ende zu. Plötzlich erinnerte er sich an ein Gespräch, dass er Daheim mit dem Arzt seines Vertrauens geführt hatte. Sein Doc hatte ihm vor Monaten unmissverständlich klar gemacht, dass seine Lunge schwer geschädigt sei und dass er einiges in seinem Leben ändern und auch aufgeben müsste. Und damit sollte er sofort beginnen, wenn er noch einige Jahre länger und vor allen Dingen beschwerdefreier leben wollte. Sein Arzt war es auch, der ihm dringend zu einem Reha-Aufenthalt riet, weil es Alexander gesundheitlich gar nicht gut ging. Nur der Not gehorchend hatte er dem Vorschlag, einen stationären Reha-Antrag bei seiner Krankenkasse einzureichen, zugestimmt. Ausschlaggebend war für ihn gewesen, dass seine Reha auf einer Ostfriesischen Insel erfolgen sollte. Auf einer, die ihm genügend Abstand zum Alltag ermöglichte. Eine Insel, die fernab vom Festland lag. Weil Alexander gefiel, was sein Arzt ihm sagte und ihn dadurch motivieren konnte, unterschrieb er den Reha-Antrag. Nach dem Gespräch mit seinem Arzt vergingen einige Wochen. Dann, endlich lag das Antwortschreiben seiner Krankenkasse in seinem Briefkasten. Erleichtert war Alexander, als er las, dass sie das Okay zu einer stationären medizinischen Rehabilitation gab. Jetzt konnte er befreit aufatmen. Schon wenige Tage später wurde ihm der Termin mitgeteilt, wohin es ging und wann er sich auf Borkum in der Reha-Klinik einzufinden hätte. So blöd es auch klingen mochte, er freute sich inzwischen sogar auf seine Kur. Alexander versuchte die Gedanken an das, was war, auszublenden, indem er aufs Meer blickte. Doch so richtig wollte es ihm nicht gelingen. Ja, früher hatte er mehrmals Urlaub an der Nordsee gemacht. Er liebte das Meer und die unendliche Weite des nicht enden wollenden Horizontes. Und nun lag es wieder vor ihm. Er konnte in den letzten drei Wochen den Wellen zuhören, wie sie geräuschvoll dem Strand entgegensausten. Er sah den kreischenden Möwen zu, wenn sie am Himmel ihre Runden drehten und dabei aufmerksam alle Leute beobachteten, die am Strand ihre Fischbrötchen essen wollten. Und ja, er lachte sich jedes Mal schlapp darüber, wenn die gierigen, saufrechen Möwen zum Sturzflug ansetzten, um den Menschen die leckeren Fischbrötchen aus ihren Händen zu stibitzen. All das hatte er während der Zeit seines Aufenthaltes auf Borkum mehrfach beobachtet. Alexander musste grinsen. Mein Gott, wie sehr hatte er sich doch zunächst gegen eine Reha gesträubt! Und jetzt? Wo war die Zeit geblieben? Wehmut erfasste ihn, wenn er ans bevorstehende Kofferpacken dachte. Sein Blick galt immer noch dem Meer. Heute war es ruhig. Aber das änderte sich hier sehr schnell. Das wusste er nur allzu gut. Er schaute auf seine Armbanduhr. Oh Schreck! Durch die Grübelei war die Zeit nur so an ihm vorbeigerast. Alexander verließ schnellstens den Balkon, schloss die Balkontür und packte seine sieben Sachen zusammen, die er für die anstehende Therapie benötigte. In zehn Minuten musste er bei seiner nächsten Anwendung sein. Wassergymnastik. Alexander nannte es jedoch nasses Ausdauertraining. Im Schweinsgalopp begab er sich in die Umkleide des Hallenschwimmbades. Kurz darauf stand er dann zusammen mit allen anderen Leidensgenossen im Wasser und versuchte die Gymnastik-Übungen nachzumachen, die der Therapeut am Beckenrand stehend ihnen vormachte. Nachdem Jochen seine Patienten mächtig malträtiert hatte, entließ er sie hinterher völlig ausgepowert aus dem Wasserbecken. Schwer atmend, mit tropfender Badehose und mit Badelatschen an seinen Füßen schlappte Alexander zunächst unter die Dusche. Gründlich duschte er sich ab. Und erst, als er sich vom scheußlichen Geruch des Chlorwassers entledigt fühlte, rubbelte Alexander seinen Körper trocken. Danach suchte er die Umkleidekabine auf. Fertig umgezogen schnappte er sich seine nassen Klamotten und verließ geschniegelt und gebügelt in flotter Freizeitgarderobe die Kabine. Gutgelaunt und inzwischen nur so vor Kraft strotzend eilte Alexander zurück in sein Zimmer. Dort angelangt blieb ihm nur eine kurze Pause zum Verschnaufen. Denn er wollte pünktlich zum Mittagessen im Speisesaal sein. Fix legte er seine nasse Badehose und die Handtücher im Bad über den Heizkörper und setzte sich anschließend, stolz auf sich selbst, auf sein Bett. Zufrieden war er, weil er auch diesmal den Anweisungen von Jochen, seinem Therapeuten, Folge leisten konnte. Mittlerweile schaffte er sogar alle Wassergymnastik-Übungen mitzumachen, ohne dass er vorzeitig das Training abbrechen musste. Wenn Alexander hingegen an die ersten Tage zurückdachte … Bereits nach wenigen Minuten blieb ihm die Puste weg. Das Atmen fiel ihm schwer, der Husten verschlimmerte sich und dann half nur eins: Abbruch! Raus aus dem Becken. Frustriert, kraftlos und nach Luft ringend musste er noch vor zwei Wochen aufgeben. Besonders schlimm war es allerdings, wenn er beim Verlassen des Wassers die mitleidigen Blicke der anderen Reha-Leutchen hinter seinem Rücken spürte. Doch das gehörte Gott sei Dank der Geschichte an. Ihm ging es gut, besser! Und dass die Reha zu einem gesundheitlichen Erfolg für ihn wurde, dafür waren maßgebend seine Therapeuten verantwortlich. Auch wenn er nicht daran zu glauben wagte, insgeheim hatte er jedoch darauf gehofft. … jeden Tag ein bisschen mehr. Das Telefon klingelte. Alexander stand vom Bett auf, ging zum Telefon und hob den Hörer ab. „Guten Tag, ja bitte?“ „Hey Alex, wir gehen jetzt essen. Kommst du?“ „Ach, du bist es, Bea. Ich bin auf dem Sprung. Wo ist denn Bernd? Den habe ich heute noch gar nicht gesehen.“ „Bernd steht neben mir. Alles paletti. Dann sehen wir uns also gleich bei Tisch?“ „Ja, bis gleich! Was gibt’s denn zu essen, Bea?“ „Keine Ahnung. Noch nicht geguckt. Tschau!“ „Bye, wir sehen uns.“ Das Gespräch war beendet und Alexander legte den Hörer auf. Danach verließ er abermals sein kleines Reich und ging hinunter in den großen Speisesaal. Bevor er ihn betrat, las er zuvor was auf der Speisekarte stand, die an der Wand angepinnt war. Heute konnte er zwischen folgenden Speisen wählen: Pellkartoffeln mit Kräuterquark oder Gemüse-Nudelauflauf mit Käse überbacken. Als Wunsch-Dessert gab es: Obstsalat mit Sahne oder Schokoladenpudding mit Vanillesoße. Damit war Alexander zufrieden. Er entschied sich sehr schnell für Pellkartoffeln mit Kräuterquark und wählte für den Nachtisch Obstsalat, jedoch ohne Sahne. Die Tür zum Speisesaal stand...