Yousefi | Irrenhaus der Freiheit | Buch | 978-3-95768-230-7 | sack.de

Buch, Deutsch, 312 Seiten, Format (B × H): 139 mm x 217 mm

Yousefi

Irrenhaus der Freiheit

Mein Weg zwischen den Kulturen
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-95768-230-7
Verlag: Lau Verlag

Mein Weg zwischen den Kulturen

Buch, Deutsch, 312 Seiten, Format (B × H): 139 mm x 217 mm

ISBN: 978-3-95768-230-7
Verlag: Lau Verlag


In seiner aufrüttelnden Autobiografie betrachtet ­Hamid Reza Yousefi Deutschland durch das Denkfenster eines transkulturell geschulten Psychologen. Er führt ein in ­seine Kindheit und in Etappen seiner dramatischen Entwicklung im Iran und in Deutschland. Yousefi skizziert ein völlig neues Bild des Iran, in dem keine Mullahs mit Knüppeln in der Hand herrschen. Er räumt mit festgefahrenen Vorurteilen auf. Unsere Medien­maschinerie ist nach Yousefi voller Iranfeindbilder. ­Yousefi zeigt, wer wir sind. Seine Diagnose ist hart: Wir leben in einer erregten und streitlustigen Gesellschaft mit selbstgerechten Eliten, die glauben, die alleinigen Hüter der Menschenrechte und Freiheit zu sein. Provoziert durch ökonomische Verführungen haben sie uns des kritischen Denkens beraubt. Wir leben in einem Irrenhaus der Freiheit, in dem 'Feuchtgebiete' und 'Dschungelcamp' Kult sind. In unserer verwirrten Öffentlichkeit bilden pathologischer Narzissmus und unerträgliche Überheblichkeit eine grausame Einheit. Mit schwarzer Rhetorik und heuchlerischer Meinungsfreiheit lenken wir das Gehirn der Öffentlichkeit, um den vermeintlichen Feind durch strukturelle Gewalt zu unterwerfen. Gelenkte Gehirne und billige Gutmenschen fühlen sich in diesem Irrenhaus der Freiheit pudelwohl. Sie verjagen jeden Sinn von Familie, Heimat und Identität. Wer sexuelle Abseitigkeit nicht als Freiheit verherrlicht, wird verstoßen. Wer unsere erfundenen Feinde nicht als Tyrannen mitbekämpft, wird aus dem gesellschaftlichen Geschehen ausgeschlossen. Es war einmal: Deutschland war das Land der 'Dichter und Denker'. Diese Nostalgie ist lebendig begraben. Yousefi wendet sich an die deutschen Politiker und Funktionäre: Behebt die eigene verfehlte Bildungspolitik. Findet eine Lösung für den dramatischen Geburtenrückgang. Erschöpft Euch nicht in vernichtenden Kriegen, in denen Ihr die Würde des Menschen mit Füßen tretet. Was habt Ihr mit Eurer Kriegsmaschinerie im Irak, in Afghanistan und in Syrien außer der Ermordung der Menschlichkeit erreicht? Der absurde Feldzug und die Lügenmaschinerie gegen den Iran zeigen ebenfalls selbstverliebte Wirtschaftsinteressen, die Menschenrechte und Freiheit zu hochbrisanten Kampfbegriffen modellieren und ­diese gegen jeden einsetzen, der uns nicht zu Füßen liegt. Herzlich willkommen im Irrenhaus der Freiheit!

'Mit Leib und Seele habe ich versucht, privat und in wissenschaftlicher Hinsicht Brücken zwischen Deutschland und dem Iran zu bauen, obschon ich immer wieder erfahren musste, wie aufreibend und teilweise vergeblich solche Versuche sind.' Hamid Reza Yousefi

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Weitere Infos & Material


Prolog

Im Jahr 1976 war ich neun Jahre alt, lebte in Teheran in einer unbeschwerten Welt, spielte mit unseren Nachbarskindern und besuchte mit ihnen die Schule. Schon immer war ich neugierig und stellte viele Fragen, die oft auf Kritik und Unmut meines Vaters gestoßen sind. Er war kein unbedingter Freund des Räsonierens. Der Anblick der herumsitzenden Bettler an den Straßen der Hauptstadt machten mich nachdenklich, doch die Erwachsenen reagierten oft unwirsch und wimmelten mich kurzerhand mit »Was geht dich das an?« ab. Ein Ereignis in Teheran, unweit von unserem Zuhause, versetzte meinem Weltbild den ersten tiefen Riss.
Mein Vater hatte mich losgeschickt, um Obst und Gemüse zu kaufen. Kurz nach meiner Ankunft im Laden ereignete sich auf der Kreuzung ein Unfall. Ein Autofahrer war versehentlich gegen die Richtung einer Einbahnstraße gefahren und hatte dabei den Pritschenwagen unseres alten Gemüsehändlers gerammt, der gerade am Einparken war. Der Fahrer stieg aus, zerrte den Händler aus seinem Wagen, hieb auf ihn ein und beschimpfte ihn mit ausländischem Akzent: »Hurensohn, hast du keine Augen im Kopf?«
Obschon dieser Ausdruck im Iran eine absolut ehrverletzende Beleidigung ist, duckte sich der Gemüsehändler verängstigt und schwieg. Der Zigarettenverkäufer sah mein ungläubiges Entsetzen und raunte mir zu: »Das ist ein Brite.« Ich rannte hinaus, stieß diesen »Briten« an und fragte: »Warum hast du unseren Gemüsehändler geschlagen?« Er griff in seine Tasche, gab mir eine Münze mit der Bemerkung, ich solle mir ein Eis kaufen. Ich nahm das Geld nicht an, lief nach Hause und erzählte den Vorfall meinem Vater. Doch statt mich aufzuklären, gab er mir eine Ohrfeige. Er knurrte, ich hätte mich nicht einmischen sollen. Solche Leute genössen Immunität; sie könnten sich alles erlauben. In diesem Moment war für mich das Verhalten meines Vaters nicht nachvollziehbar.
Diese frühe Erfahrung hat teilweise meine Jugend und später mein intellektuelles Leben geprägt. Immer wieder fragte ich mich, mit welchem Recht dieser Brite, der den Unfall verursacht hatte, sich erlauben konnte, unseren Gemüsehändler derart zu demütigen. Und mir stellte sich die Frage, warum keiner gewagt hatte, ihn auf sein Unrecht hinzuweisen.
Ein positiveres Bild von Menschen anderer Nationen bescherte mir später die Bekanntschaft mit einem Hochschullehrer in unserer Nachbarschaft. Alireza hatte in den 1960er-Jahren in Deutschland Maschinenbau studiert, lebte aber nun mit seiner deutschen Frau und vier Kindern im Iran. Er erzählte viel über die deutsche Geschichte und Gegenwart. Mir empfahl er, die »Kulturgeschichte der Menschheit« von Will Durant zu lesen, der allerdings ein US-amerikanischer Wissenschaftler war. Hieraus gewann ich ein positives Bild über die europäisch-westliche Geistesgeschichte und ein positives Deutschlandbild, was mich später motivierte, das »Land der Dichter und Denker« als Zielland meiner Migration zu wählen.
Inzwischen bin ich seit mehr als 30 Jahren in Deutschland, wo ich meine gesamte wissenschaftliche Ausbildung genießen durfte. Bis dahin bin ich einen langen steinigen Weg gegangen, auf dem ich auf manche Frage meiner Jugend eine Antwort erhielt, andere Fragen aber bis zum heutigen Tag offen sind und der Beantwortung harren. Mit Leib und Seele habe ich versucht, privat und in wissenschaftlicher Hinsicht Brücken zwischen Deutschland und dem Iran zu bauen, obschon ich immer wieder erfahren musste, wie aufreibend und teilweise vergeblich solche Versuche sind. Ernsthaftes Interesse an einem Dialog der Politiker gegenüber dem Iran habe ich bis heute nicht wahrnehmen können.
In meiner ersten Heimat stoße ich auf Kritik, wenn ich zu bedenken gebe, wir sollten die westliche Kultur als erstrebenswert betrachten. Deutschland sei weder ein Schlaraffenland noch Dreh- und Angelpunkt der Weltzivilisation, sondern ein Land, das durch Ordnung und Disziplin groß geworden sei. In Deutschland schüttelt man den Kopf, wenn ich sage, der Iran habe sich trotz Sanktionen in ein prosperierendes Land verwandelt, oder wenn ich widerspreche, dort herrsche nicht das repressive Unrechtsregime, wie es hier meist dargestellt wird.
In deutschen Medien wird kein gutes Haar am Iran gelassen. Wer positiv über dieses Land spricht, muss Mut haben, vieles zu riskieren. Mut, mit dem Vorwurf zu leben, ein »Regime« von Dämonen zu unterstützen. Mut, sich dem Vorwurf auszusetzen, die Marionette eines »Unrechtsregimes« zu sein. Mut, einem Land nahezustehen, in dem es anscheinend nur politischen Fanatismus und Repression gibt. Mut, als Verschwörungstheoretiker stigmatisiert zu werden. Mut, sich der Beobachtung des Verfassungsschutzes auszusetzen. Mut, Politikern und Journalisten zu widersprechen.
Wissen Sie, was mein Problem ist? Mein Problem ist, viele positive Dimensionen in meiner ersten Heimat Iran zu sehen und diese darstellen zu wollen. Es gehört doch zur Redlichkeit, die Dinge so darzustellen, wie ich sie als Insider erfahre. Was wird mit mir, wenn ich die Sachverhalte so darstelle, wie es die Politik in diesem Land von mir und anderen verlangt? Ich bin doch kein Nachplapperer, keine leere Hülle, sondern ein denkendes Wesen.
An verschiedenen Fronten habe ich um meine Identität zu kämpfen. Trotz meines langen Aufenthaltes hier gelte ich bestenfalls als »angepasster Ausländer«. Es mag sein, dass ich an bekannten Orten mit vertrauten Menschen als Einheimischer wahrgenommen werde, doch einige Straßen weiter, muss ich mir die Frage gefallen lassen, woher ich komme und wo ich so gut die deutsche Sprache gelernt hätte. Diese und ähnliche Erlebnisse haben in mir eine Zerrissenheit ausgelöst und die Bemühungen um Integration als Seifenblase erscheinen lassen. Es ist nicht einfach, das Gefühl zu haben, immer unterwegs sein zu müssen und nirgendwo anzukommen. Das macht müde und bringt manche an den Rand der Resignation. Mich hat dieser Zustand aber motiviert, immer weiter zu reflektieren, Wege der Besserung zu suchen.
Der kundige Leser mag vorausahnen, dass manches in diesem Buch hart dargestellt ist. Häufig wird sich das Thema um Sachverhalte drehen, die ihm ungewohnt, vielleicht sogar falsch erscheinen. Wir machen uns vieles einfach, indem wir Meinungen, die unserer Gesinnung zuwiderlaufen, als Verschwörungstheorie stigmatisieren. Dabei ist doch gerade das die Aufgabe des Denkens, nicht alles kritiklos hinzunehmen.
Dieses Werk ist eine Mischung aus meinem biografischen und intellektuellen Werdegang. Das nimmt Einfluss auf meinen Erzählstil. In biografischen Teilen versuche ich, den Leser auf eine schlichte Weise an meinem wendungsreichen Leben teilhaben zu lassen. Hier kommen teilweise anekdotenhafte Erzählungen zusammen, die meine innersten Gefühle darstellen. Damit wollte ich es nicht bewenden lassen, sondern weitergehen und dem Leser die Theorien anvertrauen, die ich im Laufe meines Studiums und meiner beruflichen Laufbahn formuliert habe. Die Art der Dramaturgie und Darstellung zeigen Schwierigkeiten, mit denen ich in Deutschland konfrontiert war, und wie ich zu dem geworden bin, der heute diese Zeilen schreibt.
Sie können mich verstehen, denn ich setze als Leserinnen und Leser dieses Buches solche Menschen voraus, die von mir keine Geschichten aus »1001 Nacht« erwarten, sondern mich durch die Welt meiner gelebten Erfahrungen begleiten möchten. Für eine beidseitige Aufklärung möchte ich mich einsetzen und Unrecht nennen, um auf einer neuen Basis meinem Wunsch nahezukommen, Deutschland und den Iran miteinander in einen fruchtbaren Dialog zu bringen. Meiner Intention nach möchte ich, trotz mancher Enttäuschung und manchem Rückschlag, völkerverständigend zwischen den beiden Ländern unterwegs sein.

Prolog

Im Jahr 1976 war ich neun Jahre alt, lebte in Teheran in einer unbeschwerten Welt, spielte mit unseren Nachbarskindern und besuchte mit ihnen die Schule. Schon immer war ich neugierig und stellte viele Fragen, die oft auf Kritik und Unmut meines Vaters gestoßen sind. Er war kein unbedingter Freund des Räsonierens. Der Anblick der herumsitzenden Bettler an den Straßen der Hauptstadt machten mich nachdenklich, doch die Erwachsenen reagierten oft unwirsch und wimmelten mich kurzerhand mit 'Was geht dich das an?' ab. Ein Ereignis in Teheran, unweit von unserem Zuhause, versetzte meinem Weltbild den ersten tiefen Riss.
Mein Vater hatte mich losgeschickt, um Obst und ­Gemüse zu kaufen. Kurz nach meiner Ankunft im Laden ereignete sich auf der Kreuzung ein Unfall. Ein Autofahrer war versehentlich gegen die Richtung einer Einbahnstraße gefahren und hatte dabei den Pritschenwagen unseres alten Gemüsehändlers gerammt, der gerade am Einparken war. Der Fahrer stieg aus, zerrte den Händler aus seinem Wagen, hieb auf ihn ein und ­beschimpfte ihn mit ausländischem Akzent: 'Hurensohn, hast du keine ­Augen im Kopf?'
Obschon dieser Ausdruck im Iran eine absolut ehrverletzende Beleidigung ist, duckte sich der Gemüsehändler verängstigt und schwieg. Der Zigarettenverkäufer sah mein ungläubiges Entsetzen und raunte mir zu: 'Das ist ein Brite.' Ich rannte hinaus, stieß diesen 'Briten' an und fragte: 'Warum hast du unseren Gemüsehändler geschlagen?' Er griff in seine Tasche, gab mir eine Münze mit der Bemerkung, ich solle mir ein Eis kaufen. Ich nahm das Geld nicht an, lief nach Hause und erzählte den Vorfall meinem Vater. Doch statt mich aufzuklären, gab er mir eine Ohrfeige. Er knurrte, ich hätte mich nicht einmischen sollen. Solche Leute genössen Immunität; sie könnten sich alles erlauben. In diesem Moment war für mich das Verhalten meines Vaters nicht nachvollziehbar.
Diese frühe Erfahrung hat teilweise meine Jugend und später mein intellektuelles Leben geprägt. Immer wieder fragte ich mich, mit welchem Recht dieser Brite, der den Unfall verursacht hatte, sich erlauben konnte, unseren Gemüsehändler derart zu demütigen. Und mir stellte sich die Frage, warum keiner gewagt hatte, ihn auf sein Unrecht hinzuweisen.
Ein positiveres Bild von Menschen anderer Nationen ­bescherte mir später die Bekanntschaft mit einem Hochschullehrer in unserer Nachbarschaft. Alireza hatte in den 1960er-Jahren in Deutschland Maschinenbau studiert, lebte aber nun mit seiner deutschen Frau und vier Kindern im Iran. Er erzählte viel über die deutsche Geschichte und Gegenwart. Mir empfahl er, die 'Kulturgeschichte der Menschheit' von Will Durant zu lesen, der allerdings ein US-amerikanischer Wissenschaftler war. Hie­raus gewann ich ein positives Bild über die europäisch-westliche Geistesgeschichte und ein positives Deutschlandbild, was mich später motivierte, das 'Land der Dichter und Denker' als Zielland meiner Migration zu wählen.
Inzwischen bin ich seit mehr als 30 Jahren in Deutschland, wo ich meine gesamte wissenschaftliche Ausbildung genießen durfte. Bis dahin bin ich einen langen steinigen Weg gegangen, auf dem ich auf manche Frage meiner Jugend eine Antwort erhielt, andere Fragen aber bis zum heutigen Tag offen sind und der Beantwortung harren. Mit Leib und Seele habe ich versucht, privat und in wissenschaftlicher Hinsicht Brücken zwischen Deutschland und dem Iran zu bauen, obschon ich immer wieder erfahren musste, wie aufreibend und teilweise vergeblich solche Versuche sind. Ernsthaftes Interesse an einem Dialog der Politiker gegenüber dem Iran habe ich bis heute nicht wahrnehmen können.
In meiner ersten Heimat stoße ich auf Kritik, wenn ich zu bedenken gebe, wir sollten die westliche Kultur als erstrebenswert betrachten. Deutschland sei weder ein Schlaraffenland noch Dreh- und Angelpunkt der Weltzivilisation, sondern ein Land, das durch Ordnung und Disziplin groß geworden sei. In Deutschland schüttelt man den Kopf, wenn ich sage, der Iran habe sich trotz Sanktionen in ein prosperierendes Land verwandelt, oder wenn ich widerspreche, dort herrsche nicht das repressive Unrechtsregime, wie es hier meist dargestellt wird.
In deutschen Medien wird kein gutes Haar am Iran gelassen. Wer positiv über dieses Land spricht, muss Mut haben, vieles zu riskieren. Mut, mit dem Vorwurf zu leben, ein 'Regime' von Dämonen zu unterstützen. Mut, sich dem Vorwurf auszusetzen, die Marionette eines 'Unrechtsregimes' zu sein. Mut, einem Land nahezustehen, in dem es anscheinend nur politischen Fanatismus und Repression gibt. Mut, als Verschwörungstheoretiker stigmatisiert zu werden. Mut, sich der Beobachtung des Verfassungsschutzes auszusetzen. Mut, Politikern und Journalisten zu widersprechen.
Wissen Sie, was mein Problem ist? Mein Problem ist, viele positive Dimensionen in meiner ersten Heimat Iran zu sehen und diese darstellen zu wollen. Es gehört doch zur Redlichkeit, die Dinge so darzustellen, wie ich sie als Insider erfahre. Was wird mit mir, wenn ich die Sachverhalte so darstelle, wie es die Politik in diesem Land von mir und anderen verlangt? Ich bin doch kein Nachplapperer, keine leere Hülle, sondern ein denkendes Wesen.
An verschiedenen Fronten habe ich um meine Identität zu kämpfen. Trotz meines langen Aufenthaltes hier gelte ich bestenfalls als 'angepasster Ausländer'. Es mag sein, dass ich an bekannten Orten mit vertrauten Menschen als Einheimischer wahrgenommen werde, doch einige Straßen weiter, muss ich mir die Frage gefallen lassen, woher ich komme und wo ich so gut die deutsche Sprache gelernt hätte. Diese und ähnliche Erlebnisse haben in mir eine Zerrissenheit ausgelöst und die Bemühungen um Integration als Seifenblase erscheinen lassen. Es ist nicht einfach, das Gefühl zu haben, immer unterwegs sein zu müssen und nirgendwo anzukommen. Das macht müde und bringt manche an den Rand der Resignation. Mich hat dieser Zustand aber motiviert, immer weiter zu reflektieren, Wege der Besserung zu suchen.
Der kundige Leser mag vorausahnen, dass manches in diesem Buch hart dargestellt ist. Häufig wird sich das Thema um Sachverhalte drehen, die ihm ungewohnt, vielleicht sogar falsch erscheinen. Wir machen uns vieles einfach, indem wir Meinungen, die unserer Gesinnung zuwiderlaufen, als Verschwörungstheorie stigmatisieren. Dabei ist doch gerade das die Aufgabe des Denkens, nicht alles kritiklos hinzunehmen.
Dieses Werk ist eine Mischung aus meinem biografischen und intellektuellen Werdegang. Das nimmt Einfluss auf meinen Erzählstil. In biografischen Teilen versuche ich, den Leser auf eine schlichte Weise an meinem wendungsreichen Leben teilhaben zu lassen. Hier kommen teilweise anekdotenhafte Erzählungen zusammen, die meine innersten Gefühle darstellen. Damit wollte ich es nicht bewenden lassen, sondern weitergehen und dem Leser die Theorien anvertrauen, die ich im Laufe meines Studiums und meiner beruflichen Laufbahn formuliert habe. Die Art der Dramaturgie und Darstellung zeigen Schwierigkeiten, mit denen ich in Deutschland konfrontiert war, und wie ich zu dem geworden bin, der heute diese Zeilen schreibt.
Sie können mich verstehen, denn ich setze als Leserinnen und Leser dieses Buches solche Menschen voraus, die von mir keine Geschichten aus '1001 Nacht' erwarten, sondern mich durch die Welt meiner gelebten Erfahrungen begleiten möchten. Für eine beidseitige Aufklärung möchte ich mich einsetzen und Unrecht nennen, um auf einer neuen Basis meinem Wunsch nahe­zukommen, Deutschland und den Iran miteinander in einen fruchtbaren Dialog zu bringen. Meiner Intention nach möchte ich, trotz mancher Enttäuschung und manchem Rückschlag, völkerverständigend zwischen den beiden Ländern unterwegs sein.


Hamid Reza Yousefi, geboren 1967 in Teheran/Iran, ist Professor für Psychologie der Kommunikation und interkulturelle Philosophie. Er ist Psychologischer Psychotherapeut mit Schwerpunkt 'Sucht'. Yousefi lebt seit 32 Jahren in Deutschland und ist Gründungspräsident des 'Instituts zur Förderung der Interkulturalität' und Herausgeber des 'Jahrbuchs Psychotherapie'. Studiert hat er in Trier Philosophie, Pädagogik und Psychologie, wo er in Philosophie promoviert wurde, habilitiert hat er sich in Koblenz. Seine Arbeitsgebiete umfassen neben der Psychotherapiewissenschaft, ­stützenden Psychotherapie und Grundfragen der Ethik, Menschenrechte und Toleranz auch Supervision und Psychoonkologie. Seine neueren Publikationen sind 'Perspektive für eine globale Philosophie', 'Kampfplätze des Denkens', 'Psychotherapie­wissenschaft im 21. Jahrhundert: Zur Notwendigkeit einer kontextuellen Psychotherapiepraxis' und 'Hermeneutik der Kulturen und ihr Einfluss auf das Unbewusste'.



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