E-Book, Deutsch, Band 2, 312 Seiten
Reihe: Kriegsheim
Yawa Kriegsheim
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7578-3593-4
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Nagende Schuldgefühle
E-Book, Deutsch, Band 2, 312 Seiten
Reihe: Kriegsheim
ISBN: 978-3-7578-3593-4
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
"Verstehst du`s echt nicht? Ich bin das Monster. Ich habe die Kontrolle verloren. Alice` Kräfte waren zu viel für mich. Ich sah nur noch rot und im nächsten Moment- Jede Seele, die nicht beim Einmarsch der Hushen gestorben ist, ist durch meine Hand gestorben!" Wenn die Schuldgefühle einen erst einmal überwältigen, trübt sich der Blick. Man sieht nur noch das eigene "Monster". Ein verhasstes Geschöpf, dessen Dasein aus den Schatten der tiefsten Verzweiflung flüstert. Dabei wollte man doch nach vorn sehen. Dabei wollte man Gemeinsamkeiten suchen. Dabei wollte man den Krieg vergessen ...
Medra Yawa ist eine fantasievolle Berlinerin, die sich als Mutter, Studentin, Angestellte und Autorin durchs Leben hangelt. Zu ihren früheren Werken zählen unter anderem die Merichaven Trilogie, das Kinderbuch über die kleine Wolke Fuji, mehrere Kurzgeschichten bei diversen Verlagen sowie ihre Blogbeiträge die wöchentlich das Licht der Welt erblicken. Für einen knappen Überblick schaut doch mal auf Twitter oder ihrer Webseite vorbei! Dort erscheinen regelmäßig Neuigkeiten über ihr verrücktes Leben und Infos zu Neuveröffentlichungen.
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Kapitel 1: Den Scherbenhaufen zusammenpuzzeln
»Falls sich jemand auf der Insel versteckt hat, würde er sich spätestens nun raus trauen. Kontrolliert nochmal den äußeren Ring. Wir müssen sichergehen, dass wir keinen Macian unbefugt mitgenommen haben«, befahl TJ zum dritten Mal seit dem Angriff, »Ich weiß, es ist nervig. Aber ein blinder Passagier reicht schon aus, um unsere Position zu verraten. Und es gibt nicht mehr viele Orte, wo wir eine fliegende Insel unbemerkt hinblinzeln können.« Murrend verschwanden die Soldaten mit ihren Desson. Für einen Augenblick gestattete sich TJ eine Pause. Er atmete durch, um den Stress abzuschütteln. Erst dann blickte er zu Gakumon hinab. »Wollen wir?« »Ich dachte, du fragst gar nicht mehr«, murrte der Vertraute und erhob sich streckend. Damit war alles gesagt. Gemeinsam verließen sie das Büro des Otou-sans. Nein. Unser neues Büro, korrigierte John leise. Ja. Ihres. Daran müsste sich Tarek gewöhnen. Wie wollen wir es ansprechen? Offen und ehrlich? Oder lieber befehlend, damit RT gar nicht erst auf dieselben dummen Gedanken wie unser anderer Freund kommt? John fühlte wirkte nachdenklich, ehe er antwortete: RT hasst die Macian vielleicht, aber er hält sich an Regeln. Wenn er einen Befehl bekommt, wird er sich diesem nicht einfach widersetzen. Ich sorge mich eher, dass TC sich verplappert. Das wäre wirklich eine Herausforderung. Wenn er sie abschirmte, könnten ihre Eltern sie in die Welt der Hushenpolitik zerren. Wenn er sie sich selbst überließe, könnte er aber nicht rechtzeitig reagieren, falls ihr etwas rausrutschte … Gedankenverloren verschob TJ die Steine an seiner Schlafzimmertür und löste damit den Bannkreis, den er dort hinterlassen hatte, um RT und TC zum Schweigen zu zwingen. Es war nötig gewesen. Sie mussten seine Entschlossenheit spüren. Seine Sturheit. Nur so konnte er betonen, dass seine Entscheidungen die unumstößlichen des Otou-sans waren! Damit trat er ein und lehnte sich wie eine Barrikade gegen den Türrahmen. RT blickte unschlüssig rüber. Er wirkte so angespannt. Ob er die ganze Zeit gestanden hatte? Zumindest sah er noch genauso aufgebracht aus wie gestern, als TJ den Bannkreis aktiviert hatte. Ganz im Gegensatz zu TC, die am Nachttisch saß und malte. »Otou-san«, grüßte ihn sein Freund leise. »Ich hoffe, das Warten hat euch nicht ermüdet. Draußen war … nicht wenig los«, bemerkte TJ langsam. »Alles in Ordnung, Otou-san«, erklärte RT sogleich. Nun erst blickte TC auf. Für einen Augenblick strahlte sie. Sie schaute an TJ vorbei. Runzelte die Stirn. Zog die Augenbrauen zusammen. »Wo ist die liebe Macian?« Etwas in ihm spannte sich an. Das Gefühl war ungewohnt. Nicht direkt schlecht. Aber auch nicht gut. Dabei mussten ihm jedoch die Gesichtszüge entglitten sein, denn ihr Bruder sprang sofort vor und riss dabei das Papier aus TC's Händen. »Sie hat es nicht so gemeint, TJ. Wirklich. Ich-« Das Bild, rief John plötzlich aus und so konzentrierte sich Tarek lieber darauf. »Was ist das?«, er forderte seinen Freund mit einer Geste auf, ihm das gemalte Kunstwerk zu reichen. »Nicht so wichtig«, RT's Hände spannten sich an und ein kleiner Blitz zuckte auf, »Kindermalereien.« »Kindermalereien, die du nicht zerstören wirst«, erklärte TJ so bestimmt, dass er sich endlich selbst für den Otou-san halten konnte. Langsam wanderte das Bild in seine wartende Hand. Es war krakelig. Aber dennoch gut erkennbar. Da standen Personen auf einem Dach. Eine von ihnen hatte die Arme ausgestreckt und wirre Linien schwirrten um sie herum. »Warum hast du das gemalt, TC?«, fragte er das Mädchen und ignorierte RT, der unschlüssig auf der Stelle tanzte. Selbst dessen Vertraute wirkte verunsichert, so wie sie zwischen allen hin und her sah. »Ich habe es für sie gemalt. Für MA oder so. Weil sie so lieb ist«, antwortete das Kind strahlend. TJ nickte. Nachdenklich starrte er sie an. Vier Jahre alt und obwohl sie inmitten des Krieges aufwuchs, hasste sie niemanden bedingungslos. Sie sah noch nicht in jedem Macian ein Monster. Wieso? TC hat Maggie bestimmt an Lisa erinnert. Es ist gut möglich, dass sie sich genauso um RT’s Schwester gekümmert hat, oder? Vielleicht hat TC so in Mag eine Mutter gefunden, die ihr sonst verwehrt bleibt?, vermutete John ungehört. Das war gar nicht so abwegig … »Bitte …TJ. Sie ist meine Schwester. Wenn sie-« »TC steckt in weitaus weniger Schwierigkeiten als du«, unterbrach er seinen Freund und trat vor, um das Bild zurückzugeben, »Male noch ein bisschen. Wir brauchen nicht mehr lange, ja?« »Schimpfst du mit RT?«, fragte sie zaghaft und aufgeregt flatterte ihr Vertrauter Chou auf. Der Schmetterlingdesson wirbelte ungehalten umher. Wie ein kleiner Orkan. »Das zeigt sich erst noch. Mach dir keine Gedanken«, behauptete er und wank seinen Freund nach nebenan. Eilig folgte dieser ihm in die angrenzende Bibliothek. Aus dem Augenwinkel konnte er Gakumons spitze Ohren erkennen. Das Gespräch würde ihm nicht leicht fallen. »Tür zu«, befahl er, sobald sie außer Sicht waren. Zusätzlich legte er sein Zentrip vor sich auf das Lesepult. Es war als Zeichen gemeint. Eine simple Geste, die sein Verzicht auf jegliche Magie darstellte. Denn obwohl er seine Athame jederzeit ergreifen konnte, so war sie ja absichtlich abgelegt worden. Und ohne sie säuselte sein Chakra ungebremster durch ihn hindurch. Als er sich umdrehte, fing er RT's überraschten Blick auf. Dennoch erwiderte der andere nichts. Stattdessen kam er der Aufforderung schweigend nach und legte sein eigenes Zentrip in die Hände seiner Vertrauten. »Ich …weiß nicht, was sie dir gesagt hat, aber-« »Wer?«, unterbrach er seinen Freund schroff. Nervös sah dieser beiseite. Die Namen lagen auf der Hand. Wenngleich RT nicht alle Ichs der Macian kannte. »Sie … Sie nutzt dich nur aus … Ich meine, sie ist …«, er wedelte hilflos mit den Händen umher. »Sie ist eine Macian, die ich vor Jahren gezeichnet habe«, offenbarte TJ sicher und verschränkte die Arme vor der Brust, »Mag war eine Überlebende vom Massaker bei Shanai. Einen Ort, den mein Vater angriff. Erinnerst du dich? Und trotzdem ist sie auf RS' Bitten und Drängen und Was-weiß-ich-für-Lügen eingegangen. Sie ist zur Einweihung gekommen, weil er sie dazu überredet hat. Sie hat den Angriff der Macian bemerkt, als wahrscheinlich nicht einmal unser Dimen den Blick in den Himmel gelenkt hätte. Sie hat alle gewarnt und sie hat die anderen Macian verdrängt, damit wir nicht nur gefahrlos die Insel wegblinzeln konnten, sondern sogar noch keine blinden Passagiere hatten. Und nun nenne mir deine Einwände bitte mit jedem noch so kleinen Detail, wenn du das Echo vertragen kannst.« Woah. Also, ich bin auch sauer, aber gegen dich käme ich nicht an, lenkte John plötzlich ein, Hörst du dir überhaupt zu? Wir klingen, als ob wir ihn gleich zerreißen. Ich dachte, wir erklären es lieber? Bei den Vorurteilen? Wir können ihn nicht über ein paar Wochen nach Kriegsheim schicken, bis sich sein Horizont erweitert. RT kommt schon damit klar, dass wir etwas direkter mit ihm umgehen. Direkter? Moment, seine zweite Seele wurde leiser, Du ziehst nicht TC mit rein, oder? Zur Antwort zuckte sein Chakra ein wenig auf und eilig drängte er John zurück. Tarek musste tun, was nötig war! »Sie ist eine Macian«, erwiderte RT zögerlich, »Selbst wenn du sie gezeichnet hast und sie geholfen hat … Wer sagt dir, dass sie dich nicht ausnutzt? Ich meine …«, unschlüssig zeigte er auf seine Vertraute, »Genso und Mutter sind Spezialisten, was Illusionen angeht. Ich muss wissen, wovon ich rede. Was, wenn sie nur ein Trugbild von sich erschaffen hat, mit der sie dich blendet und-« »Und auch RS?« Stille. Kopfschüttelnd lehnte sich TJ gegen das Pult: »RS war die letzten Wochen als Hutan unterwegs. Er hat sie beobachtet. Also, unter anderem. Ich habe sie Teil seiner Mission gemacht, damit er ihr nichts antut, weil-«, seine Stimme versagte ihm. Tarek ordnete seine Gedanken neu. Wieso waren ihm die Worte bei seinem anderen Kollegen so viel leichter über die Lippen gekommen? Warum nun nicht mehr? »RS? Unser RS?«, fragte RT so fassungslos, als hätte er die Zerstreuung seines Otou-sans nicht bemerkt. »Ja. Verrückt, oder?«, ein sanftes Lächeln schlich sich auf TJ’s Lippen. Er dachte an Kriegsheim zurück. Mag war so besorgt gewesen. Selbst, als er ihr den Yubiwa angeboten hatte, dachte sie zuerst an sein Wohl. Sie dachte immer zuerst an alle anderen. Deswegen musste er zuerst an sie denken. »Ich...