E-Book, Deutsch, Band 3, 160 Seiten
Reihe: Die Schule der kleinen Ponys
Wer packt hier das Glück bei der Mähne?
E-Book, Deutsch, Band 3, 160 Seiten
Reihe: Die Schule der kleinen Ponys
ISBN: 978-3-7517-1605-5
Verlag: Baumhaus
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Mit vielen fröhlichen bunten Bildern von Nadine Reitz
In dieser Reihe stehen Themen wie Freundschaft, Familie und das Aufwachsen auf einem Gestüt im Fokus. Ein wunderbarer Lesespaß, bei dem man viel über den Umgang mit Pferden und Ponys lernen kann.
Dieser Titel ist bei Antolin gelistet.
Anne Wolff, geboren 1968, lebt seit vielen Jahren abwechselnd in Deutschland und den USA. Schon in der Kindheit mit Pferden aufgewachsen, ritt sie selbst Turniere und besaß Pferde und Ponys. Anne Wolff ist heute als Hundetrainerin, Autorin und Übersetzerin tätig. Sie hat zwei mittlerweile erwachsene Kinder und lebt in Maryland, USA. Nadine Reitz, geboren 1976, verbrachte ihre Kindheit im beschaulichen Vehlefanz in Brandenburg - umgeben von Wiesen, Feldern, Tieren und verzauberten Orten. Sie war schon immer fasziniert von Papier, Farben und Stiften. Seit 2011 arbeitet sie als freie Illustratorin und Grafikerin. Heute lebt sie mit ihrer Familie und drei flauschigen Katern am schönen Niederrhein.
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in dem wir beinahe
einen Tierkindergarten gründen „Nanu, nicht doch!“, keuchte ich und versuchte, die kleine dunkelbraune Stute wegzuschieben, die einen Huf auf meinen Fuß gestellt hatte und es sich dort bequem machte. Nanu ist unsere jüngste Schülerin in der Ponyschule, wir haben sie erst am Ende des Sommers auf die Hausweide geholt. Eigentlich hatte ich ihr die Hufe auskratzen wollen, aber Nanu hatte das gründlich missverstanden. Die Stute mit dem winzigen Stern auf der Stirn schien der Ansicht zu sein, dass man auf drei Beinen als Pony unmöglich sicher stehen konnte. Deswegen hatte sie den Huf schnell aus meinen Händen gerissen und ihn direkt auf meinem Fuß platziert. Als ich sie nun von mir wegschieben wollte, starrte sie mich nur mit ihren riesigen, dunklen, dicht bewimperten Ponyaugen an. „Nanu!“, sagte ich liebevoll. „Du bist zwar noch ein sehr junges Pony, aber doch ganz schön schwer. Das tut weh!“ Ich drückte mit meinem ganzen Gewicht gegen sie, aber Nanu schien immer noch nicht so recht zu begreifen, was ich wollte. Sie rührte sich nicht vom Fleck. „Mädels, ich brauche hier drüben mal Hilfe!“, japste ich meinen Freundinnen zu, die gerade mit ihren eigenen Ponyschülern zum Putzplatz kamen. Charly hatte Flex am Halfter, den frechsten Ponyschüler aller Zeiten. Sarah kümmerte sich heute um unser Vorzeigepony Torpedo, einen braunen Wallach mit weißer Fessel. Die Schule der kleinen Ponys gibt es schon lange, aber Sarah, Charly und ich haben sie erst vor Kurzem übernommen. Zu dritt kümmern wir uns um die Ausbildung der jungen Ponys, die auf unserem Gestüt geboren werden. Das kam so: Meine Mutter Linde hatte sich im Sommer den Arm gebrochen, und als sie merkte, wie gut das mit uns und der Ponyschule klappt, hat sie uns erlaubt weiterzumachen. Aber natürlich hilft sie uns, genau wie unser Stallmeister Eugen oder Sarahs Mutter Andrea, die auf unserem Gestüt als Bereiterin arbeitet. „Leute, schnell!“, jammerte ich und zappelte mit meinem freien Bein herum. Sarah sah, was los war, band Torpedo rasch fest und griff dann nach Nanus Führstrick, um sie von mir herunterzuziehen. Erschrocken machte die Stute einen Satz, bei dem sie alle viere in die Luft streckte, um dann verdutzt wieder auf dem Boden zu landen. Ich rieb mir stöhnend meinen Fuß im Reitstiefel, den ich schnell zurückgezogen hatte. „Siehst du, du schaffst es sogar mit vier Hufen über der Erde!“, wandte ich mich an die junge Stute. „Was ist dann so schlimm am Hufe auskratzen?“ Nanu schaute mich wieder treu an, und ich musste lachen. „Sie ist ja noch so klein“, sagte ich. Tatsächlich war Nanu mit ihren zwei Jahren fast ausgewachsen, aber sie sah noch ein bisschen komisch aus, vorn etwas größer als hinten, mit einem zu dicken Kopf und langen Beinen. Wie alle unsere Fohlen war sie seit ihrer Geburt bisher Tag und Nacht mit anderen Ponys auf der Weide gewesen. Jetzt war sie in einem Alter, in dem wir langsam mit der Ponyschule anfangen konnten. Allerdings würden wir sie noch nicht reiten, dafür war es viel zu früh. Aber zur Pferdeausbildung gehören ja noch viel, viel mehr Sachen. Die jungen Ponys müssen daran gewöhnt werden, sich ruhig führen zu lassen oder stillzustehen. Sie lernen den Tierarzt kennen und den Hufschmied. Und vieles mehr. Charly musterte die kleine Stute. „Irgendwie muss ich bei Nanu immer an ein Kindergartenkind denken. Man kann ihr einfach nicht böse sein.“ „Es sei denn, sie steht gerade auf meinem Fuß“, sagte ich und kraulte Nanu hinter den Ohren, was sie besonders liebt. Sie streckt dann immer genüsslich ihren Kopf nach vorn, und ich hätte mich nicht gewundert, wenn sie geschnurrt hätte. Aber das machen nur Mintis Katzenkinder, von denen zwei sich gerade um eine Bürste in meiner Putzbox stritten. „Vielleicht sollten wir neben der Ponyschule noch einen Tierkindergarten aufmachen“, überlegte Charly grinsend, die bemerkte, wohin mein Blick gegangen war, und fing an, Flex zu putzen. Der hübsche silberfarbene Connemara spielte dabei mit seinem Anbindestrick, aber immerhin machte er keine Anstalten, sich mal wieder selbst loszubinden, was sonst immer seine liebste Übung war. „Oh Gott, bloß nicht auch noch einen Kindergarten“, erwiderte Sarah. Auch sie hatte inzwischen begonnen, Torpedo zu putzen. „Leute, überlegt doch mal, was wir alles zu tun haben: Das Gestütsfest vorbereiten, unsere Ponyschüler, unsere eigenen Pferde und nicht zu vergessen: die Schule.“ Charly und ich nickten einhellig. Die Zusatzaufgabe in Deutsch hatte uns fast eine Stunde gekostet. Was glaubt ihr, wie viele Adjektive gibt es wohl zum Thema Wald? Wir hatten irgendwann alles Mögliche aufgeschrieben. Hier mal eine Auswahl: Danach wollten wir eigentlich raus zu den Ponys und den Rest der Hausaufgaben abends machen, aber Mama, die in ihrem Büro arbeitete und uns am Fenster vorbeistürmen sah, hatte ihren Standpunkt leider sonnenklar gemacht: erst alle Hausaufgaben – dann Ponyschule. Oh, wie sehr sehnte ich mich nach den Sommerferien zurück. Da hatten Sarah und ich und schließlich auch Charly, als sie aus dem Urlaub kam, so viel Zeit gehabt! Nicht, dass ihr mich falsch versteht – ich mag Schule, immerhin treffe ich all meine Freundinnen dort. Nur könnten es ein bisschen weniger Stunden sein, oder wie seht ihr das? Und dann noch die ganzen Hausaufgaben … Sarah holte Torpedos Sattel aus der Sattelkammer und legte ihn dem Wallach auf. Ein Windstoß fegte über den Hof und wirbelte ein paar Strohhalme auf. Ich zog den Reißverschluss meiner Fleecejacke höher. Die letzten Tage war es kühler geworden, der Himmel war grau, und man merkte, dass es auf den Herbst zuging. „Meint ihr, unsere Ponys finden auch, dass wir zu strenge Lehrerinnen sind?“, fragte Sarah nachdenklich. „Niemals“, erwiderten Charly und ich wie aus einem Mund, und obwohl man sich nicht selbst loben soll, glaube ich doch, dass das stimmt. So etwas wie Strafarbeiten funktioniert bei Ponys nicht. Das hatten wir erst vor Kurzem an unserem Ponyschüler Goldtänzer gesehen, einem Pferd, das seine früheren Besitzer zum Reiten gezwungen hatten. Jetzt ging es ihm etwas besser, aber behutsam mussten wir immer noch sein. Nur Mama ritt ihn, und wir gönnten ihm ganz viele Pausen auf der Weide. Ich klopfte Nanu den Hals und stellte mich dann wieder an ihre Seite. „Okay, meine Kleine“, sagte ich. „Versuchen wir es noch einmal.“ Diesmal ließ ich den Hufauskratzer liegen und strich nur sanft mit meiner Hand von oben nach unten das Bein entlang. So bereitet man Pferde darauf vor, damit sie einen Huf hochheben. Anschließend kann man den Dreck daraus entfernen. Ich streichelte immer wieder in die gleiche Richtung, bis Nanu tatsächlich reflexartig ihren Huf unter der Berührung hob. Sofort kramte ich ein Leckerli aus meiner Tasche und lobte sie ausgiebig. „Du bist die Feinste“, sagte ich. „So ein kluges, kleines Mädchen! Das ist großartig.“ Sarah kicherte und setzte ihren Reithelm auf die wilden dunklen Locken. „Übertreibst du jetzt nicht ein bisschen? Die Klügste ist sie glaube ich nicht.“ Ich musste lachen. „Da hast du wahrscheinlich recht. Aber es kann ja nicht jeder ein Dr. Paul sein.“ Beim Klang seines Namens hob Dr. Paul seinen Kopf. Er graste am Grünstreifen neben der Ponyschulwiese. Mein Pony mit der hellbraunen Farbe, schwarzer Mähne und Schweif ist tatsächlich das klügste Pferd, das das Winter-Gestüt jemals hervorgebracht hat. Das finden sogar meine Eltern, Sarahs Mutter und Eugen, die allesamt sehr erfahrene Pferdemenschen sind. Er ist exakt so alt wie ich und macht manchmal Sachen, die uns alle erstaunen. „Das ist kein Pony, das ist ein Professor“, sagt unser Stallmeister manchmal, wenn Dr. Paul mal wieder geduldig die Ponyherde zusammentreibt oder einen Streit unter seinen jungen Artgenossen schlichtet. Außerdem passt er immer auf seinen Menschen auf – es gibt keine Situation, in der ich mich nicht auf Dr. Paul verlassen kann. In unserer Familie geht er ein und aus – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. „Seid ihr so weit, Mädels?“, fragte Sarah. Sie hatte Torpedo inzwischen eine einfache, weich gepolsterte Trense angelegt. Ich nickte, nahm Nanu an den Führstrick und lenkte sie hinter Torpedo zur Ponyschulwiese. Diese Wiese mit Turngeräten ist nur ein kleiner Teil unseres ziemlich großen Gestüts mit Reithalle, Dressurviereck, einem Großpferdestall, einer Scheune mit zwei Wohnungen (wo Eugen, Andrea und Sarah wohnen), einem Haus (für Papa, Mama, meinen großen Bruder Ben, unsere beiden Hunde Dober und Dexter und mich) und natürlich jeder Menge Weiden und Wiesen. Irgendwann hat Mama angefangen, die Wiese für den Unterricht zu nutzen, weil sie sicher eingezäunt ist und direkt an den Reitplatz grenzt. Und inzwischen nennt sie jeder Ponyschulwiese, obwohl wir sie natürlich auch für andere Sachen benutzen. „Warte, ich schließe das Tor“, sagte Charly, die mit Flex das Schlusslicht bildete. Charly hat erst in den Sommerferien angefangen zu reiten, nachdem ihre Eltern es vorher nie erlaubt hatten. Aber sie ist ein Naturtalent und eigentlich die Einzige, die mit unserem Ausbrecherkönig Flex umgehen kann. Er liebt Charly heiß und innig und tut ganz viel für sie, während Sarah und ich bei ihm verzweifeln. Da Charly noch auf Dr. Paul reiten übte, machte sie heute mit Flex erst einmal Zirkusübungen vom Boden aus, für die er auch sehr begabt...