Wörndl | Gestaltungsprinzipien für soziale Handlungsräume | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 246 Seiten, Format (B × H): 156 mm x 234 mm

Wörndl Gestaltungsprinzipien für soziale Handlungsräume

Räumliche Konfliktprävention in der stationären Altenhilfe.Mit Gastbeiträgen von Franz Kolland, Rebekka Rohner, Vera Gallistl, Hanna Mayer, Martin Wallner, Sabine Köck-Hódi und Ernst Beneder

E-Book, Deutsch, 246 Seiten, Format (B × H): 156 mm x 234 mm

ISBN: 978-3-7065-6194-5
Verlag: Studien Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Immer mehr Menschen im Dritten und Vierten Lebensalter suchen Wohnformen, die ihre Bedürfnisse und ihre Interaktionsansprüche bestmöglich verbinden. Individuelle Grundrisslösungen und intelligente Gebäude- und Informationstechnologien helfen zwar dieses Ziel zu erreichen, sind jedoch nicht immer ausreichend. Als Alternative zu individuellen Wohnformen sollte das institutionelle Wohnen für Menschen mit Unterstützungsbedarf einen sicheren und geschützten Rahmen bieten. Die Sehnsucht nach selbstbestimmtem Leben besteht auch im Alter, das Leben in institutionellen Gemeinschaften verursacht jedoch konflikthafte Interaktionen. Architektur ist dabei mitbestimmender Faktor.

Diese Publikation fokussiert den Raum als Komplementärstruktur konflikthafter Verhaltensweisen und zeigt Möglichkeiten auf, dem entgegenzuwirken. Im Mittelpunkt stehen soziale Handlungsräume, in denen Privatheit gelebt, Gemeinschaft gefördert, Begegnung ermöglicht und Gesellschaft erlebt werden kann. Räume, die den Menschen gerecht werden. Der erste Teil der Publikation fokussiert zentrale Inhalte und verdichtet sie zu Grundsätzen. Im zweiten Teil werden acht Gestaltungsprinzipien beschrieben und Interpretationsspielräume aufgezeigt. Um Denkräume zu öffnen, werden im dritten Teil weitere Blickwinkel aufgenommen.
Der Autor Andreas Wörndl definiert den Wert der Privatheit, des Wohnens und den Maßstab häuslicher Proportionen, skizziert soziales Distanzverhalten, beschreibt soziale Distanzzonen und beschreitet einen Weg zwischen theoriegeleiteten Ansätzen und praxisnahen Beispielen.
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2 Territorien
2.1 Einleitung und Vorgehen
In diesem Teil der Publikation verdeutlichen wir die Zusammenhänge des menschlichen Verhaltens gegenüber der Umwelt. Die aus der Problemanalyse identifizierten Bezugspunkte bilden die Basis für die zu diskutierenden Inhalte. Die Beziehungsebenen des Menschen entfalten sich in Verhaltensweisen, die in unterschiedlichen Modellen gegenübergestellt werden. Verletzte Beziehungen bewirken bei den Individuen ein verändertes Verhalten. Konflikthafte Verhaltensweisen können nicht nur gegen die eigene Person oder gegen andere Personen gerichtet sein, sondern auch gegen die physische Umgebung. Dabei ist der territoriale Effekt mit konkreten räumlichen Konsequenzen und Forderungen verbunden. Der Schwerpunkt der theoretischen Auseinandersetzung liegt auf Merkmalen und Hinweisen der Gestaltung, die in unterschiedlichen Modellen und Diskussionsbeiträgen vorgestellt und mit anderen Themen vernetzt werden. Die Begriffsklärung stellt unterschiedliche Positionen zum Thema Territorien vor, wobei ein Bezug zum physisch Konkreten erkennbar wird. Die Mensch-Umwelt-Beziehung involviert die Gestaltungsfähigkeit der Individuen als Kommunikationsmittel und Ausdrucksform ihrer selbst. Gestaltung als individuelle Form des Ausdrucks ist nicht nur in den Literaturgrundlagen eine bestimmende Größe, sondern wird auch in den Interviews mit Expertinnen und Experten deutlich und von diesen als wesentlicher Einflussfaktor in der institutionellen Lebensraumgestaltung gesehen. In einem Exkurs werden die Themen Ortsidentität und Ortsbindung spezifiziert, wobei hier eine räumlich emotionale Ebene erkennbar wird. Ein spezieller Aspekt im Beziehungsgeflecht zwischen Mensch und Umwelt ist das Altern, das aus Sicht der ökologischen Gerontologie Einblicke verschafft. Ein Schwerpunkt dieses Abschnittes ist Privatheit. Der Begriff baut auf den Modellen und Theorien der Privatheitstheoretiker der 1970er Jahre auf. Die dargelegten Argumente bringen einen Einblick in kontrolltheoretische Ansätze und erläutern Privatheitszustände im Kontext des räumlichen Umfeldes. Insgesamt stehen wir vor einer komplexen Themenlage, in der wir den Begriff Privatheit als Grundlage und Triebkraft für soziale Interaktionen zwischen den Individuen und deren räumlicher Umgebung stellen. In direkter Beziehung zu Privatheit steht das Wohnen, das als identitätsbildende Ressource sowohl in philosophischer als auch architekturpsychologischer Hinsicht Beachtung findet. Die soziotechnische Vernetzung unserer Zeit führt in einem Exkurs zu einer Diskussion, in der Privatheit eine andere Bedeutung bekommen muss. Der Begriff des Persönlichen Raumes wird dahingehend erläutert, dass im Modell der interpersonalen Raumdistanzen für den Persönlichen Raum eine personenzentrierte und das Individuum umgebende emotional gebundene Sphäre angenommen wird. In Verbindung mit den räumlich zonierten und konkret messbaren Distanzkategorien nach Hall (1966, 1976) wird der Kommunikationszustand zwischen den Individuen debattiert. Situationsbedingte Interpretationen und Verletzungen des Persönlichen Raumes zeigen Auswirkungen auf alle Beteiligten. Die Regulation der interpersonalen Distanzzonen erfolgt durch Verhaltensänderungen und räumliche Interventionen. Die weitere Diskussion beschreibt das menschliche Territorialverhalten, die Zusammenhänge territorialer Bezüge und eine Gegenüberstellung der Territorialtypologien nach den Modellen von Altman (1970) sowie Lyman und Scott (1967). Beide Modelle gehen von einer Ortsgebundenheit aus, in der – abhängig von der Öffnung des territorialen Szenariums – die Auswirkungen auf das Verhalten der Individuen erläutert werden. Die Schwerpunkte liegen in der Zugangskontrolle nach außen und in der Verhaltenskontrolle nach innen. Territorialität drückt sich in der räumlichen Gestaltung eindeutig aus. Abschließend betrachten wir die Unterschiede zwischen Dichte und Beengtheit und den Effekt auf das Verhalten durch enge-bedingte Stresssituationen. Während Dichte hinsichtlich der räumlichen und sozialen Dimension erfassbar und begreifbar ist, sind die Theorien und Erklärungsmodelle in der Crowdingforschung komplexer und vielfältiger. Die kontrolltheoretischen Ansätze der Privatheitstheoretiker zeigen, dass ein Verlust der Kontrolle über den eigenen Wirkungsbereich ein Auslöser für Stress und stressbedingtes Verhalten ist. Als Beitrag aus der Crowdingtheorie wird das Kontrollmodell von Baron und Rodin (1978) näher beschrieben. Im Mittelpunkt stehen benachteiligte Personengruppen mit eingeschränkten Handlungsspielräumen und reduzierten Verhaltensalternativen. Abschließend wird der räumliche Einfluss auf die Wirkung von Beengungssituationen beschrieben. 2.2 Begriffsbestimmung
„My home is my castle“
(englisches Sprichwort) Der Begriff Territorialverhalten kann sowohl bei Tieren wie auch bei Menschen beobachtet werden. Der deutsche Psychologe Gerhard Kaminski (1990) stellt Menschen in Beziehung zur „Welt“, Tiere in Beziehung zur „Umwelt“, wobei Welt mit Offenheit und Umwelt mit (Orts-)Gebundenheit beschrieben wird. Flade (2008) deutet hier einen anderen Zugang an und verwendet den Begriff Ortsbindung in Zusammenhang mit der Beziehung des Menschen zu einem Ort. Beim Begriff Territorialität geht es um Abgrenzung und Kontrolle. Im Gegensatz zum körpernahen Begriff des Persönlichen Raumes ist das Territorium räumlich gebunden und physisch konkret. „Territorialität bezeichnet das Phänomen, dass eine Person oder Gruppe gegenüber anderen Personen oder Gruppen die Verfügbarkeit über Räume für sich reklamiert“ (Flade, 2008, p. 127). Der Besitz von Raum impliziert Macht. Macht darüber, was wann und wie stattfindet oder eben nicht. Ein wesentlicher Aspekt dieser Macht ist Gestaltung. Gestaltung nach eigenen Vorstellungen und Interessen, welche die im Raum befindlichen Menschen, Ressourcen und Aktivitäten miteinschließen (Flade, 2008). Altman (1970) versteht Territorialität als „[…] Aneignung des Raumes zum Zwecke der Zugangskontrolle gegenüber Außenstehenden und der Verhaltenskontrolle gegenüber Innenstehenden. Das heißt, der Besitzer des Territoriums bestimmt darüber, welche Personen es betreten und welche Verhaltensweisen sie dort zeigen dürfen“ (Richter & Christl, 2013, p. 237). Der Mensch hat das Bedürfnis nach Markierung, Abgrenzung und Verteidigung. Dabei stehen Schutz, Intimität und Identitätsbildung im Vordergrund der Überlegungen, die in der Gestaltung sowohl im Innenraum als auch im Außenraum zum Ausdruck gebracht werden (Richter & Christl, 2013). Territoriale Verletzungen und die Missachtung der persönlichen Privatheitsbedürfnisse bilden ein Potenzial für Konflikte. Den ethnologischen Ansatz zum Territorialverhalten verfolgen wir an dieser Stelle nicht weiter. Die konkrete Betrachtung bezieht sich auf die kulturell erworbene und überformte (Altman, 1970) Perspektive, wobei dem gestaltungsperspektivischen Ansatz – Markierung durch Gestaltung – ein besonderer Stellenwert eingeräumt wird. 2.3 Mensch-Umwelt-Beziehung
2.3.1 Mensch und Umwelt
Der Mensch steht im Kontext seiner Umwelt. Hellbrück und Fischer (1999) gliedern die Umwelten in die Kategorien: Natur, Kultur und Zivilisation. Der Begriff „Natur“ umfasst alle organischen und anorganischen Stoffe, die ohne menschliches Zutun existieren oder sich entwickelt haben. Als „Umwelt“ werden alle Prozesse und Räume in ihrer Gesamtheit bezeichnet, wobei eine Wechselwirkung zwischen Natur und Zivilisation als Voraussetzung gilt. Eine Trennung von Subjekt und Außenwelt ist nicht möglich. Umwelt kann daher nicht nur mit Außenwelt in Beziehung gesetzt werden, sondern bedarf eines konkreten Gegenübers. Der Mensch ist Teil der Natur. Auf Grund seiner intellektuellen Fähigkeiten kann der Mensch in die Abläufe der Natur eingreifen und besitzt dadurch eine Sonderstellung. Durch seine Gestaltungsfähigkeit schafft der Mensch seine eigene Umwelt – sein kulturelles Umfeld. Kultur ist Ausdruck der menschlichen Weiterentwicklung. Natur und Kultur bilden gemeinsam die Existenzgrundlage des Menschen. Der im Plural verwendete Begriff „Kulturen“ weist auf eine Unterscheidung dieser Existenzgrundlage hin, die im Sinne eines territorial begrenzten Schaffens in Verbindung mit der geografischen Lage einer Gemeinschaft und deren Geschichte gesehen wird. Die Bezeichnung des Kulturbegriffes lässt sich in die Zeit datieren, in der die Menschen sesshaft wurden. Die Art des menschlichen Zusammenlebens, insbesondere die der sozialen und politischen Strukturen, in Verbindung mit der freien Gestaltung des gemeinschaftlichen Handelns, bildet als Gesamtheit der erreichten Veränderungen die Zivilisation. Eingebunden in die natürliche, kulturelle und soziale Umwelt ist der Mensch sowohl Gestalter als auch Opfer seines Schicksals (vgl. Hellbrück & Fischer, 1999, p. 23 ff.). Umwelten – gebaut oder sozial – lösen Emotionen, individuelle Gefühle und Reaktionen darauf aus. Diese Wahrnehmungen erfolgen emotional, spontan und kognitiv unkontrolliert oder unkontrollierbar. Je nach erlebter Umwelt führen Reaktionen zu Abwehr,...


Mag. arch. Andreas Wörndl MAS, Architekt. Studium der Architektur an der Akademie der Bildenden Künste Wien in der Meisterklasse Timo Penttilä und Massimiliano Fuksas sowie Management sozialer Innovationen an der Akademie für Sozialmanagement in Wien. Seit 2008 Leitung der Projektentwicklung für Bauten des Sozialwesens beim Amt der NÖ Landesregierung, Lehrbeauftragter an der FH Campus Wien Architektur Green Building und der Donau-Universität Krems Health Care Management.


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