E-Book, Deutsch, Band 1, 190 Seiten
Reihe: Die Freundin des Königs
Wirtz Die Freundin des Königs
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7579-4411-7
Verlag: tolino media
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Madame Ange
E-Book, Deutsch, Band 1, 190 Seiten
Reihe: Die Freundin des Königs
ISBN: 978-3-7579-4411-7
Verlag: tolino media
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Die junge Alice reist aus der Gegenwart mit einer Zeitmaschine ins 17. Jahrhundert an den Hof des Sonnenkönigs. Sie gewöhnt sich nur schwer an die Alltagsbedingungen, findet aber neue Freunde. Sie arbeitet sogar direkt für den König und freundet sich darüber mit ihm an. Alicée, wie sie sich in Versailles nennt, findet auch eine neue Liebe. Aber als sie sich in die Giftaffäre rund um die Hexe La Voisin einmischt, macht sie sich hochrangige Feinde. Vor allem die Mätresse des Königs, Madame de Montespan, trachtet ihr nach dem Leben. In großer Gefahr steht sie vor der Frage, ob sie bei ihrer Liebe bleiben oder zurück in die Zukunft, in ihre Zeit fliehen soll. ' ... Einer von Ihnen gab seinem Pferd die Sporen, setzte sich vor die Gruppe und galoppierte direkt auf Alice zu. Er hatte ein zorniges Gesicht und zog seinen Degen. ...'
Manu Wirtz lebt in einer Bücherwelt. Sie ist Kommunikationsdesignerin und gestaltet seit vielen Jahren Bildbände und Romane für Verlage sowie freie Autoren. Daneben schreibt die 1959 in Solingen geborene Autorin Krimis, Kurzgeschichten, Sachbücher und ist Herausgeberin von mehreren Anthologien. Mitglied bei: Mörderischen Schwestern e.V., Literaturwerk Rheinland-Pfalz-Saar e.V., Selfpublisher Verband e.V.
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Ankunft im 17. Jahrhundert
Alices Herz klopfte wild, als sie den Reitersmann auf sich zu galoppieren sah. Ein junges Gesicht unter wehenden dunklen Haaren schaute sie grimmig an. Der Reiter schwang seinen Degen zum Angriff. Alice blickte sich schnell um, suchte Raum zum Ausweichen. Sie stand auf einer Lichtung; bis zu den Bäumen, die ihr Deckung geboten hätten, waren es gut zehn Meter. Keine Chance. Sie setzte ihre Füße im Schritt des Kokutsu Dachi auseinander und winkelte ihre Knie leicht an. Sie spannte ihre Muskeln. Kurz vor ihr schwang der Reiter den Degen zum Schlag. Alice knickte schnell ein und sprang mit einem langen Satz aus der Reichweite der Waffe. Auf den Boden gelandet, rollte sie sich über die Schulter ab und stand gleich darauf wieder auf den Füßen. Ihr Kopf schien vor Schmerzen zu zerbersten, aber das durfte sie jetzt nicht beachten. Der Degen hatte ins Leere geschlagen und das Pferd den Reiter viele Meter weitergetragen. Der junge Mann blickte über die Schulter überrascht zurück. Er zerrte an den Zügeln und bremste scharf ab. Sein Hengst warf den Kopf hoch und die Vorderbeine kamen schlitternd im Waldboden zu stehen. Er sprang vom Pferderücken und kam mit langen Schritten auf Alice zu. Sein Gesichtsausdruck war erbost, die Augenbrauen dicht zusammengezogen. Den Degen hielt er fest in der Hand. „Lass mich in Ruhe. Ich habe dir nichts getan!“, schrie sie ihn an. „Qui es-vous?“, schrie er zurück, „Que êtes-vous ici?“ Alice wunderte sich, dass er französisch sprach, und wiederholte ihren Satz sogleich in der Sprache. Er zögerte einen kleinen Moment, ging dann aber rasch weiter. Der Mann trug ein dunkelgrünes Justaucorps mit breiten Ärmelaufschlägen, aus denen Spitzenmanschetten über die Hände fielen. Darunter eine beige Culotte, die bis zu den Knien reichte, die Füße steckten in schwarzen Lederstiefeln. Er hob den Degen erneut kampfbereit an. Alice setzte ihre Beine in die passende Kampfhaltung und hob die Arme. Sie korrigierte leicht ihr Standbein. Diesmal rief sie ihm direkt auf Französisch zu: „Ich warne dich, fass mich nicht an!“ Er stürzte auf sie zu! Alice drehte sich blitzschnell auf dem Standbein um die eigene Achse. Im Drehen hob sie ihr hinteres Bein hoch und trat ihm damit gegen die Degenhand. Die Waffe flog im hohen Bogen davon und landete auf dem Waldboden. Fassungslos sah der Mann dem Degen hinterher. Alice war wieder auf beiden Füßen gelandet und stellte sich in das Kamae – der Karategrundstellung – auf, die Arme abwehrbereit hochgehoben. „Nochmal zum Mitschreiben: Lass. Mich. In. Ruhe!“, fauchte sie ihn an. Mit einem zornigen Knurren rannte er auf sie zu, die Arme vorgestreckt. Alice schlug einen Arm mit der Handkante seitlich weg und rammte ihm eine Faust in die Bauchmitte, in den Solar Plexus. Ihre Bewegungen waren dabei so schnell und fließend, dass seine Begleiter kaum mitbekamen, was sie machte. Die Männer sahen nur, dass ihr Reiter sich mit einem „Pffft“ vornübergebeugt den Bauch hielt. Sie sprang zur Seite und sah sich misstrauisch um, ob noch jemand angreifen wollte. Alice entfernte sich aus dem Nahkampfbereich. Der Kampf hatte sie erhitzt. Sie zog den Reißverschluss ihrer Steppjacke hinunter und streifte die Jacke von den Schultern. Sie hörte ein verblüfftes Raunen von der Reitergruppe hinter sich. Die Reiter sahen jetzt die Formen einer schlanken, wohlproportionierten jungen Frau. Sie drehte sich zu ihnen um, behielt aber ihren Angreifer im Seitenblick. Mit den langen blonden Haaren und dem klaren, fein geschnittenem Gesicht sah sie für die Männer mit einem Mal sehr attraktiv aus. Nur ihre merkwürdige Kleidung fanden sie ziemlich anstößig. Sie hatten noch nie eine Frau in Jeans, Ankle Boots und T-Shirt gesehen. Laut sprach sie zu den anderen auf Französisch: „Ich bin nicht hier, um irgendjemand etwas zu tun. Ich verteidige mich nur gegen Angriffe. Lasst mich in Frieden. Ich will nichts von euch.“ Der Kämpfer im dunkelgrünen Justaucorps hatte sich inzwischen erholt und startete erneut einen Sprint auf sie zu. „Salaud“, schimpfte er. Es gelang ihm, sie vorne am T-Shirt zu packen. Seine Miene war finster, die Augen waren sturmumwölkt. Alice packte das Revers seiner Jacke und glitt zu Boden, hob das rechte Bein und trat ihm in den Bauch. Dann ließ sie sich auf den Rücken fallen und streckte das Bein, der Körper des jungen Mannes schwebte für einen Moment schwerelos. Das Gesicht über ihr drückte nun Überraschung und Schrecken aus. Mit Schwung warf sie den Kerl durch die Luft auf den Boden. Er überschlug sich und knallte mit lautem „Ufff“ auf dem Rücken. Sofort sprang sie auf. Für einen winzigen Moment sah sie alles doppelt, ihr Kopf würde die Schmerzen nicht mehr lange aushalten. Dann wurde ihre Sicht wieder klar. Der Angreifer am Boden starrte fassungslos in die Baumkronen. „Arrêt“, blaffte sie ihn an. Der Kampf hatte ihr T-Shirt verschoben und zeigte einen hübschen Nabel in einem glatten, athletischen Bauch. Schnell zog sie es wieder runter. Einer der anderen Reiter stieg von seinem Pferd und kam ruhig auf die beiden Kämpfer zu, die Handflächen zu Alice als Friedenssignal erhoben. Er war sehr elegant mit einem blauen Justaucorps und darüber einen braunen Manteau gekleidet und sah unverschämt gut aus. Grundgütiger, McSexy ist hier, dachte sie. Der attraktive Mann hatte eine verblüffende Ähnlichkeit mit einem amerikanischen Schauspieler aus ihrer Lieblings-TV-Serie. Er spielte dort einen Arzt und Frauenhelden. „Aufhören, alle beide“, sagte er zu seinem Begleiter am Boden. Dann drehte er sich zu Alice um. „Wer seid ihr?“, fragte er bestimmt, „Und was macht ihr hier?“ Alice strich über ihre Stirn, die Kopfschmerzen kehrten mit Macht zurück. Sie sah ihm in die Augen. Ein hübsches Grün, wie ein schattiger Waldsee. Trotzdem behielt sie vorsichtshalber ihre Beine in der Karatekampfstellung. „Wo ist hier?“, gab sie zurück. Verblüffung zeichnete sich in dem Gesicht ab. „Ihr wisst nicht, wo Ihr seid?“, fragte er. „Ich weiß nicht einmal, wie ich hierher gekommen bin“, war ihre Antwort. „Ich weiß nur, dass ich entsetzliche Kopfschmerzen habe, die durch Ihren Freund nicht besser geworden sind.“, grollte sie in Richtung des besiegten Kämpfers. Der war inzwischen aufgestanden und schoss wütende Blitze aus seinen Gewitteraugen zurück, während er sich Blätter und Erde von der Jacke wischte. McSexy hatte die Arme ausgebreitet und zeigte auf das Gebiet um sie herum. „Nun, das ist der Wald von Trianon. Wir sind nicht weit vom Schloss Versailles entfernt.“ Alice sah ihn entgeistert an. „Versailles? Frankreich?“, wisperte sie. „Mon Dieu.“ „Was ist euch denn geschehen?“, fragte er. „Das kann ich wirklich nicht sagen. Ich bin hier im Wald aufgewacht, ohne zu wissen, wie ich hierher gekommen bin.“ Vor allem durfte sie nicht verraten, wo sie noch wenige Minuten vorher gewesen war. Er stand etwas ratlos vor ihr. Dann griff er nach seinem Hut und schwenkte ihn mit einer Verbeugung. „Vielleicht fangen wir mit dem Einfachen an. Ihr habt die Ehre mit Antoine Nompar de Caumont, Herzog de Lauzun.“ Er blickte bewundernd an ihrem Körper entlang, vor allem über die Hüften und endlos lange Beine. „Aber hübsche Frauen dürfen mich auch Péguilin nennen.“ Ein charmantes Lächeln umspielte dabei seine Mundwinkel. Alice erlebte den nächsten Schock. Lauzun, ein berühmter Name, der ihr in etlichen Romanen und Geschichtsbüchern begegnet war. Aber dass er wie McSexy aussah, war einfach zu viel. „Und wer seid Ihr?“, fragte er. Alice strich mit beiden Händen die Haare aus ihrem Gesicht; sie brauchte einen kurzen Moment zum Nachdenken. „Mein Name ist Alicée Scolinaire“, knickste sie vor dem Adeligen. Der Name, den sie sich gerade ausgedacht hatte, passte recht gut hierher. Eine französisierte Weise ihres deutschen Namen: Alice Schüller. Der Herzog nickte ihr zu und zeigte dann auf den Kämpfer. „Und dieser ungestüme junge Mann ist Chevalier Jean-Marie d´Assérac, Lieutenant der Garde du Corps du roi. Verzeiht ihm seinen Angriff, er beschützt den König.“ Alicée, wie sie sich jetzt nannte, sah den Angreifer an. Er hatte ein ovales, gut geschnittenes Gesicht mit einem Schopf voller dichter, brauner Haare. Hellgraue Augen blickten sie unter geraden Augenbrauen gereizt an. Seine Lippen waren voll und schön, jetzt aber missmutig zusammengepresst. Er hätte sehr attraktiv sein können, wenn er nicht diese grimmige Miene aufgesetzt hätte. Alicée verzichtete auf einen Knicks, sah ihn nur eisig an und nickte kurz. „Den König?“, wandte sie sich irritiert an den Herzog de Lauzun. Der lächelte die junge Frau an und nickte zu der Reitergruppe hin, die einige Meter weiter wartete. Alicée blickte zu den Männern herüber und wurde blass. Es war unmöglich, Ludwig XIV. in einer Gruppe zu übersehen. Seine majestätische Haltung überstrahlte alle, die ihn umgaben. Er saß auf einem prächtigen Schimmel, der jetzt ungeduldig seine lange hellblonde Mähne schüttelte und auf der Trense kaute. Zaumzeug, Steigbügel und Sattel waren goldverziert, eine Schabracke aus Brokat mit Goldstickereien verwandelte ihn selbst in einen Thron. Der König saß sehr gerade auf dem Pferderücken, die Füße in schwarzen Stulpenstiefeln, die ihm bis über die Knie reichten. Er hielt seine Beine eng am Pferd, die Zügel locker in der Hand. Oberhalb einer roten Brokathose trug er ein königsblaues Justaucorps mit Goldstickereien und breiten Ärmelaufschlägen. Auf der großen Allongeperücke saß ein schwarzer Dreispitz mit weißen...