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E-Book, Deutsch, 244 Seiten

Wirth / Pinwinkler Behörde. Wissensspeicher. Serviceeinrichtung

Das Österreichische Patentamt 1899–2024
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7065-6437-3
Verlag: Studien Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Das Österreichische Patentamt 1899–2024

E-Book, Deutsch, 244 Seiten

ISBN: 978-3-7065-6437-3
Verlag: Studien Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Das Österreichische Patentamt ist die wichtigste österreichische Einrichtung im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und erfüllt zahlreiche Aufgaben. Diese reichen von den behördlichen Tätigkeiten im Patent-, Marken- und Design- bzw. Musterschutz bis zur Mitwirkung an der nationalen Gesetzgebung und der Arbeit in europäischen bzw. internationalen Organisationen. Sie umfassen aber auch Beratung und Service sowie die Förderung des Innovationsgeistes. Zudem stellt das Amt seit jeher einen bedeutenden Wissensspeicher und eine zentrale Infrastruktur für die Forschung, Wirtschaft und Industrie dar.
Mit seiner Eröffnung im Jahr 1899 blickt das Österreichische Patentamt 2024 auf eine 125-jährige Entwicklung zurück, die die vorliegende Studie erstmals auf einer breiten empirischen Basis nachzeichnet. Dieses Buch geht der Geschichte des Amtes von den ersten Diskussionen zur Etablierung eines gewerblichen Erfinderschutzes bis in die Gegenwart nach und spannt somit einen Bogen von der Monarchie bis ins 21. Jahrhundert. Besonders ausführlich wird dabei die Zeit des Nationalsozialismus beleuchtet. Eine große Beachtung finden – neben einer Darstellung der Tätigkeiten im zeitlichen Verlauf, der räumlichen Situierung u.v.m. – aber auch der Beitrag von Frauen im gewerblichen Rechtsschutz sowie die vielfältigen internationalen Bezüge.

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Weitere Infos & Material


1. Von den Privilegiengesetzen zum Patentgesetz 1897
Maria Wirth Chronologie:
19.03.1474: In Venedig wird das erste bekannte Patentgesetz erlassen. 25.05.1624: In England wird das Statute of Monopolies verabschiedet. 10.04.1790: In den USA wird das erste bundesweite Patentgesetz erlassen. Ein erstes Patentamt folgt 1802. 07.01.1791: In Frankreich wird ein Patentgesetz erlassen. 22.01.1810: Hofkammer-Dekret über die Ertheilung ausschließlicher Privilegien. 06.11.1815: Eröffnung des k. k. Polytechnischen Instituts in Wien. Es fungiert als Vorläufer des k. k. Patentamtes. 08.12.1820: Kaiserliches Patent über die Verleihung ausschließlicher Privilegien auf Entdeckungen, Erfindungen und Verbesserungen im Gebiethe der Industrie. 31.03.1832: Kaiserliches Patent über die Verleihung ausschließender Privilegien. 08.05.1848: Gründung des Handelsministeriums als Ministerium für Ackerbau, Handel und Gewerbe. 15.08.1852: Patent, mit dem ein neues Privilegiengesetz erlassen wird. 01.10.1852: In England tritt ein neues Patentgesetz in Kraft. Gleichzeitig wird ein Patentamt eröffnet. 04.-09.08.1873: Erster Weltpatentschutzkongress im Rahmen der Wiener Weltausstellung. 25.03.1877: In Deutschland wird das erste einheitliche Patentgesetz beschlossen, das in der Fassung vom 7.4.1891 eine Vorbildfunktion für Österreich hat. Dem Gesetz folgt noch im selben Jahr die Gründung des Kaiserlichen Reichspatentamtes in Berlin. 05.-17.09.1878: Zweiter Weltpatentschutzkongress in Paris. 05.12.1882: Wilhelm Exner bringt seinen ersten Antrag zu einer Reform des Privilegienwesens im Abgeordnetenhaus des Reichsrates ein. Weitere Anträge folgen 1886 und 1891. 20.03.1883: Pariser Konvention zum Schutz des gewerblichen Eigentums. 1893: Das Bureaux Internationaux Réunis pour la Protection de la Propriété Intellectuelle (BIRPI, Vorläufer der WIPO) nimmt seine Arbeit auf. 27.12.1893: Eine Änderung des Zoll- und Handelsbündnisses mit Ungarn macht den Weg frei zur Änderung des Privilegienrechts in der österreichischen Reichshälfte der k. u. k. Monarchie. 11.01.1897: Das österreichische Patentgesetz wird erlassen. Das Österreichische Patentamt wurde auf Basis des Patentgesetzes 1897 errichtet. Es wurde am Ende eines Jahrhunderts ins Leben gerufen, in dem die Frage des Erfindungsschutzes – wie in vielen anderen Staaten – auch im Habsburgerreich ständig an Bedeutung zugenommen hatte. Der Hintergrund hierfür war die auf technischen Innovationen basierende Industrialisierung, die an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert auch die Habsburgermonarchie erreicht hatte und die die Patentfrage international betrachtet zu einem der wichtigsten wirtschaftspolitischen Themen des 19. Jahrhunderts machte. 1.1. Begrifflichkeiten und Systeme im Erfindungsschutz
Der moderne Erfindungsschutz ist aus dem Privilegienwesen früherer Jahrhunderte hervorgegangen. Zudem ist er eng mit der Ausbildung von Systemen verbunden, die sich mit der Frage der Neuheit beschäftigen, da einer der wichtigsten Grundsätze im Erfindungsschutz ist, dass Patente nur für neue Erfindungen erteilt werden. Bevor im Folgenden auf die historische Entwicklung bis zum Beschluss des Patentgesetzes 1897 eingegangen wird, soll daher eine kurze Einführung in die verwendeten Termini und maßgebenden Systeme im Erfindungsschutz erfolgen. Die ersten rechtlichen Regelungen, die ab der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert im Habsburgerreich entstanden und dem Patentgesetz 1897 vorausgingen, betrafen sogenannte „Privilegien“ bzw. „ausschließliche Privilegien“. Wichtig ist dabei, dass der Begriff „Privileg“, der aus dem Mittelhochdeutschen stammt und so viel wie „Vorrecht“ bedeutet, bis ins 19. Jahrhundert hinein für Erfinderrechte verwendet wurde, aber nicht ausschließlich für diese stand. Vielmehr bezeichnete ein Privileg ganz allgemein ein vom Herrscher verliehenes Ausschließlichkeitsrecht bzw. Monopol, wie etwa ein Alleinverkaufsrecht, die exklusive Befugnis zum Betrieb einer Fabrik (Fabriksprivileg) oder die Konzession zum Betrieb einer Eisenbahn.2 Im folgenden Kapitel sind – wenn nicht anders benannt – jedoch Erfindungsprivilegien gemeint, wenn von Privilegien die Rede ist. Der Begriff Patent, der auf das Lateinische „patere“ zurückführbar ist und so viel wie „sich erstrecken“, „sich ausdehnen“ oder „offen liegen“ bedeutet, etablierte sich in der k. u. k. Monarchie hingegen erst im 19. Jahrhundert für den Erfindungsschutz. In der Rechtssprache setzte er sich erst endgültig mit dem Patentgesetz 1897 durch, auch wenn der Begriff „Privileg“ für den Erfindungsschutz schon längst nicht mehr als zeitgemäß empfunden wurde. Zunächst benannte das Wort „Patent“ schlicht eine obrigkeitliche Bekanntmachung mit Publizitätscharakter bzw. einen „offenen Brief“, der allgemeingültige Anweisungen enthielt. Er war somit eine Mitteilung des Herrschers an seine Untertan:innen und wurde in früheren Zeiten – auch im Privilegienwesen – im Zusammenhang mit obrigkeitlichen Verordnungen, Gesetzen oder Urkunden verwendet.3 Die sich im historischen Verlauf entwickelnden Systeme in Hinblick auf eine Neuheitsprüfung unterscheiden sich im Wesentlichen dadurch, ob die Neuheit der Erfindung vor der Erteilung des Patentes geprüft wird oder erst dann, wenn diese von Dritten infrage gestellt wird. Zu ihnen gehören das Anmelde-, Vorprüfungs- und Aufgebotssystem, die sich wie folgt charakterisieren lassen: Das Anmeldesystem (mit oder ohne Prüfung der formellen Voraussetzungen) beruht auf dem Grundsatz, dass Patente ohne vorherige Untersuchung der Neuheit einer Erfindung erteilt werden, wenn die entsprechenden gesetzlichen Vorgaben erfüllt werden, und dass die Neuheitsprüfung erst im Streitfall nach der Patenterteilung erfolgt. Beim Vorprüfungssystem wird hingegen kein Patent erteilt, wenn nicht vorher von Amts wegen festgestellt wurde, dass die angemeldete Erfindung neu und patentfähig ist. Das Aufgebotssystem, das ebenfalls zu den prüfenden Systemen gezählt werden kann, sieht schließlich vor, dass die angemeldete Erfindung vor der Patenterteilung veröffentlicht wird. Damit wird den Mitbewerber:innen die Gelegenheit gegeben, Einsprüche zu erheben, wenn es der Erfindung ihrem Kenntnisstand nach an der Patentierfähigkeit mangelt bzw. die Erfindung bereits ausgeübt wird.4 In der Reformdebatte des 19. Jahrhunderts spielten die skizzierten Systeme eine große Rolle, weshalb sie im Laufe des folgenden Kapitels eine immer stärkere Aufmerksamkeit finden werden. 1.2. Von den ersten Erfinderprivilegien zum Privilegiengesetz 1810
Die Vergabe von Erfindungsschutzrechten reicht weit in die Geschichte zurück. Zwar sind aus der Antike so gut wie keine Beispiele für den Schutz des geistigen Eigentums überliefert. Aus dem Spätmittelalter und der frühen Neuzeit sind aber im deutschen Sprachraum bereits erste Privilegien, Schutzbriefe oder „Erfinderfreiheiten“ auf lokaler und Reichsebene bekannt, die (primär im Bereich der „Wasserkünste“ zur Entwässerung von Bergwerken) auf technischen Innovationen aufbauen konnten. Gleiches gilt für die kulturell und wirtschaftlich hoch entwickelten italienischen Stadtstaaten der Renaissance, die mit dem Venezianischen Patentgesetz von 1474 auch das erste bisher bekannte „Patentgesetz“ hervorbrachten bzw. erstmals ein Regelwerk für die Vergabe von Schutzrechten auf Erfindungen inklusive der nötigen Voraussetzungen und Wirkungen festschrieben.5 Im vorindustriellen, wirtschaftlich gegenüber dem Kontinent noch rückständigen England wurden Privilegien oder Monopole sowohl als Schutzversprechen für Handwerker vom Kontinent als auch für Erfindungen im eigenen Land vergeben. Unter Elisabeth I. und ihrem Nachfolger Jakob I. nahm ihre Vergabe – fernab von Wirtschaftsförderung und Erfindungsschutz – aber in einem Umfang zu, der zu einem umfassenden „Günstlingssystem“ führte, gegen das sich das Statute of Monopolies 1624 wendete. Dieses oftmals als zweites „Patentgesetz“ bezeichnete Regelwerk zielte somit primär darauf ab, alle bestehenden exklusiven Kaufs-, Verkaufs-, Herstellungs-, Ausübungs- und Verwendungsrechte aufzuheben und für die Zukunft zu verbieten. Es enthielt aber auch einen Passus, der alle zukünftigen Erfindungen von der Anwendbarkeit der Monopolakte ausnahm und legte mit der Praxis, die ihm folgte, den Grundstein für die Entwicklung des englischen Patentrechtssystems. Ab 1750 machten der Wechsel von Holz- zu Steinkohle sowie eine Reihe großer Erfindungen, die den Betrieb von Dampf-, Werkzeug-, Spinn- und Webmaschinen ermöglichten und Fortschritte in den Verarbeitungsprozessen der Eisen- und Stahlindustrie brachten, England zum Mutterland der Industrialisierung.6 Die amerikanischen Kolonien, die ebenfalls zu den früh...


Maria Wirth, Dr. phil., ist Zeithistorikerin mit den Forschungsschwerpunkten Österreichische Zeitgeschichte im internationalen Kontext, Umgang mit der NS-Vergangenheit, Demokratie- und Rechtsgeschichte, Universitäts- und Institutionengeschichte sowie Biografieforschung.
Alexander Pinwinkler, Priv.-Doz. Dr. phil., ist Zeithistoriker mit den Forschungsschwerpunkten Österreichische Zeitgeschichte im internationalen Kontext, Nationalsozialismus und Erinnerungskulturen, Universitätsgeschichte und Geschichte der Demographie und Bevölkerungswissenschaften.



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