Wikner / Wolfert | Psychologische Selbstbekenntnisse | Buch | 978-3-86300-062-2 | sack.de

Buch, Deutsch, Band 62, 128 Seiten, GB, Format (B × H): 200 mm x 190 mm, Gewicht: 186 g

Reihe: Bibliothek rosa Winkel

Wikner / Wolfert

Psychologische Selbstbekenntnisse

Buch, Deutsch, Band 62, 128 Seiten, GB, Format (B × H): 200 mm x 190 mm, Gewicht: 186 g

Reihe: Bibliothek rosa Winkel

ISBN: 978-3-86300-062-2
Verlag: Männerschwarm, Salzgeber Buchverlage GmbH


Pontus Wikner (1837-1888) war zu seiner Zeit einer der bekanntesten Philosophen Schwedens; zwei seiner Bücher erschienen auch auf Deutsch. Seine "Psychologischen Selbstbekenntnisse" sind die früheste Schilderung und Rechtfertigung einer homosexuellen Identität im nordeuropäischen Raum (W. von Rosen). 1879 abgefaßt und durch mehrere Zusätze bis zu seinem Tod 1888 ergänzt, durfte der Text erst nach dem Tode aller Nachkommen veröffentlicht werden. Die 1971 erschienene Ausgabe wurde bald ins Dänische, Norwegische und Finnische übersetzt und gehört in Nordeuropa längst zum sog. "Homo-Kanon". Mit der vorliegenden Übersetzung wird der Text auch für die kontinentaleuropäische Diskussion um die Herausbildung einer homosexuellen Identität im 19. Jahrhundert zugänglich.

Wikners Selbstbekenntnisse entstanden zeitlich parallel zu Karl Heinrich Ulrichs' "Forschungen über das Räthsel der mannmännlichen Liebe", von denen Wikner, obwohl er die deutsche Spache beherrschte und sogar eine Reise nach Deutschland unternahm, nichts mitbekommen zu haben scheint.

Raimund Wolfert hat seiner Übersetzung eine ausführliche biografische Studie beigegeben. Darin ist auch von den innigen Freundschaften Wikners mit Schülern und Studenten die Rede, die durch seine Briefe und Tagebücher belegt sind, in den Selbstbekenntnissen aber nur in abstrakter Form zur Sprache kommen.
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Es gibt Menschen, welche die Fähigkeit zu einer tiefen, innigen und aufopferungsvollen Liebe besitzen, welche zum Gegenstand dieser Liebe aber allein Wesen ihres eigenen Geschlechts machen können. Es soll Frauen dieser Art geben; ich weiß, dass es solche Männer gibt. Ich bin ein solcher Mann. Diesem Bekenntnis liegt ein Leben in Qual zugrunde.

Meine Liebe umschließt, wie es auch bei der Liebe zu einer Frau der Fall ist, all dies: schwärmerische Innigkeit, poetisches Hochgefühl, ästhetische Verzückung, ein ahnungsvolles Traumleben, ein unaussprechliches Drängen zum Geliebten, einen magnetischen Zauber bei körperlicher Berührung, ein glühendes Begehren nach Umarmungen und Küssen und schließlich ein die gesamte Körperlichkeit durchdringendes und von einem wirklichen Liebesempfinden geadeltes Verlangen nach gegenseitiger Befriedigung des Geschlechtstriebs.

Ich datiere den Beginn dieser Seelenrichtung bereits in meine frühe Kindheit. Schon im Alter von acht Jahren erlebte ich eine schwärmerische Empfindung für einen Knaben. Eine solche wiederholte sich einige Male später um mein elftes Jahr. Letzteres Mal stand sie, obschon mir damals selbst nicht bewusst, in einem dunklen Zusammenhang mit dem erwachenden Geschlechtstrieb. Im Alter von fünfzehn, sechzehn Jahren verspürte ich eine Zuneigung zu einer Reihe von Mädchen - eine wurde später meine Frau -, doch diese Zuneigung war kein süßes Liebesempfinden. Es handelte sich vielmehr um das bewusste und von der Phantasie genährte Bedürfnis, den Geschlechtstrieb zu befriedigen. Als ich in meinem siebzehnten Jahr stand, gewann dieser Trieb in mir die Übermacht: Ich begann, ihn an mir selbst zu befriedigen. Etwas später kam es zu so genannter Sodomiterei (gegenseitige Masturbation) mit einem Gleichaltrigen, wobei ich, jedenfalls beim ersten Mal, der Verführte war. Ihn liebte ich jedoch nicht. Worüber ich spreche, hatte sich zwischen uns nur ein einziges Mal zugetragen, bis ich einige Wochen später jemanden wirklich lieb gewann. Das war ein 14-jähriger Knabe namens Otto. Jetzt im Nachhinein verstehe ich sehr wohl, dass diese Liebe einen verkleideten Geschlechtstrieb in sich barg, doch davon ahnte ich damals nichts: Mein Empfinden ließ mich in den höchsten ätherischen Sphären schwärmen. Schon von Kindheit an sehr religiös gestimmt, wurde ich mit achtzehn Jahren völlig für das Christentum gewonnen. Diese neue Wendung ließ mich Otto vergessen, wenn das nicht vorher schon erfolgt war. Jesus von Nazareth nahm mein Herz ein, und ich kann Gott für kein anderes Glück auf der Welt so sehr danken wie für dieses. Meine Seele wurde von einer hohen und heiligen Liebe erfüllt. Mein erstes Jahr im Zustand der Bekehrung war ohne jeden Vergleich die glücklichste Zeit meines Lebens. Meinem Geschlechtstrieb gab ich während dieser Zeit nicht nach: Ich atmete in einer von lauter Reinheit erfüllten Luft. Mein religiöses Empfinden verschmolz aber unlösbar mit dem zuvor genannten, meinem eigenen Geschlecht zugewandten Liebesempfinden.


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