Wessel / Grän / Pakleppa | Wiesn-Liebe | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 288 Seiten

Wessel / Grän / Pakleppa Wiesn-Liebe

Liebesgeschichten zum Oktoberfest

E-Book, Deutsch, 288 Seiten

ISBN: 978-3-88769-827-0
Verlag: konkursbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



„Ich kann nur sagen: Lesen Sie‘s und dann ist der Inhalt in verschiedener Variation zur Nachahmung
sehr empfohlen.“ (Dr. Gabriele Weishäupl,Wiesn-Chefin)
"Eine vielstimmige Liebeserklärung!" (SZ)

Liebesgeschichten rund ums Münchner Oktoberfest.Die Sehnsucht ist es, die alljährlich sechs Millionen Menschen aus aller Welt auf das größte Volksfest der Welt treibt: das Münchner Oktoberfest. Sie reisen an aus Australien und Neuseeland, aus China und aus Arkansas, aus Pfaffenhofen und Oberammergau, aus Schwabing und aus Solln, und alle aus dem einen Grund: Sie sind auf der Suche. Nach Höhepunkten auf dem Riesenrad, Hitze im Bierzelt und warmer Haut im Gedränge. Nach dem Blitzen der Lichter, dem Rausch von Geschwindigkeit und Bier, nach Kicks wie der Hinrichtung beim "Schichtl-Kabarett" und dem Absturz im "Free Fall" und – nach Liebe. Sei sie kurz wie eine Achterbahnfahrt oder glitschig wie das Rutschen auf dem Teufelsrad, sei sie tief und innig oder verrucht und böse. Wer zur "Wiesn" geht, ist bereit. Für alles.
Wie die Liebe auf dem Oktoberfest anfangen, enden, weitergehen, ausbleiben kann, das beschreiben bekannte Münchner Autorinnen und Autoren und Wiesn-Schausteller, sowie die Wiesn-Reporterin (7 Jahre lang) der Süddeutschen Claudia Wessel.
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Asta Scheib, Himmel. Blau. Chaos.
Jelena stemmte die hölzerne Jalousie hoch, die ihr Badezimmer verdunkelte. Die alten grünen Holzstäbe ächzten, doch schließlich gaben sie den Blick frei auf die betauten Büsche und Blumen des kleinen Gartens, die einen ganz besonderen Duft ausströmten, den Jelena liebte und den sie vermisste, wenn sie an einem Ort aufwachte, der nicht den grünen Dämmer ihres Zuhauses hatte. An Sommertagen, wenn es richtig heiß war, hielt die Jalousie die größte Hitze ab und man konnte den ganzen Tag das Fenster offen lassen. Jelena sah zufrieden zum Himmel hinauf, der so blau zu werden versprach wie am gestrigen Tag. Auch die Wettervorhersage hatte strahlendes Wetter versprochen. Schließlich war Oktoberfest. Anstich im Schottenhamel. Für Jelena das Fest aller Feste. Sie wusste nicht, wann das angefangen hatte, dass sie das Oktoberfest kaum erwarten konnte. Früher war sie mit den Eltern und den Großeltern auf die Wiesn gegangen. Sie hatte alle Fahrgeschäfte ausprobieren dürfen, auf die sie Lust hatte. Besonders die Großeltern wollten Jelena und ihrem Bruder die schönste Wiesn bescheren. Kauften gebrannte Mandeln und Magenbrot, alle bekamen Schweinsbraten oder Gegrilltes und zum Schluss gingen sie gemeinsam zum Teufelsrad. Aber nur der jüngsten Generation zuliebe. In Wahrheit machte sich nämlich niemand in Jelenas großer Familie etwas aus der Wiesn. Ihr Vater nicht, auch nicht der Onkel, obwohl beide noch gar nicht so alt waren. Gerade mal vierzig. Jelenas Bruder besaß zwar eine richtige Lederhose mit Hemd und Trachtenjoppe, er ging auch mit seinen Spezln auf die Wiesn, war aber nicht verrückt auf das Fest wie Jelena. Für sie war die Wiesn eine Bühne, ein immerwährendes Lustspiel, bei dem sie sich mit Trachtenklamotten verkleiden konnte, in denen sie noch ungenierter als sonst ihre Wirkung auf andere ausprobierte. Ging Jelena einmal quer über die Wiesn, hatte sie Blicke und wortlose Versprechen eingesammelt und ausgeteilt. Nirgends sonst fühlte sie sich so frei, lebte sie so unbeschwert in ihrem Körper, tanzte mit ihm im berauschenden Duft des Festes. Wo nur Vera blieb? Jelena steckte den Kopf aus dem Badezimmerfenster und schaute zum Gartentor. Sie glaubte, Veras Schritte auf dem Gehsteig herankommen zu hören. Jelenas Herz klopfte vor Freude. Sie wollten sich aufmascheln, Vera und sie! Wenn sie wollten, konnten sie aussehen wie Zwillinge. Beide hatten braunes, gesträhntes Haar, das sie meist lang bis auf den Rücken trugen. Ihre dunklen Augen schminkten sie nach demselben System: viel Kajal, noch mehr Wimperntusche. Dunklen und hellen Lidschatten. Jelena und Vera waren noch nicht allzu lange gute Freundinnen. Veras Freund hatte sie sitzen lassen und sich Jelena zugewandt. Zu der Zeit lebte Vera noch am Ostbahnhof, sie kannte Jelena gar nicht, die in der Renatastraße wohnte. Dennoch war Vera so verletzt und wütend, dass sie Jelena die Schuld an ihrer Verzweiflung gab. Als Veras Familie in die Jagdstraße zog, stellte sie Jelena vergammelte Schweinsfüße vor die Tür. Das trieb sie so lange, bis Jelenas Vater die Geduld verlor und die stinkenden Teile zurücktrug in die Jagdstraße. Vera war dann eines Tages mit Blumen vor der Tür gestanden und dann hatten die beiden Mädchen gemerkt, wie gut sie einander gefielen. Inzwischen verbrachten sie viel Zeit zusammen und vor allem versuchte jede, die Schönheit der anderen noch mehr hervorzuheben. So, als könnten sie an ihr eigenes Aussehen nicht glauben. Lieber frisierte eine die andere, umrandete sorgfältig die Augen, tupfte Puder auf die Jochbeine. Keine der beiden verfügte über ein großes Taschengeld. Sie brachten dennoch mit viel Fantasie auf Jelenas kleiner Nähmaschine ihre gesamte Garderobe auf den neuesten Stand. Was hatten sie vorher gemacht, ohne einander? Das wurden sie manchmal gefragt und dann lachten sie und waren verlegen. Jelenas jetziger und Veras früherer Freund war für ein Jahr auf eine Karibikinsel, seine Heimat, zurückgegangen. Am Flughafen waren beide stumm vor Trauer gewesen. Ein alter Herr, der neben Jelena zurück zum Ausgang strebte, sagte zu ihr, dass sie nicht betrübt sein solle. „Nicht traurig sein. Ein so schönes Mädchen. Sie müssen die jungen Männer gegeneinander ausspielen.“ Jelena hatte ihn sich daraufhin zum ersten Mal angesehen. Er war ziemlich groß, ging etwas gebückt und roch sehr gut nach einem herben Parfüm. Wie er sie anschaute aus seinen grünen, klugen Augen, war Jelena auf seltsame Weise getröstet gewesen. Befreit. Irgendwie. Sie fand den Mann zwar etwas frivol, aber doch ungewöhnlich, und sie musste immer mal wieder an ihn denken. Das Schloss der Gartentür schrammte mit einem hellen Ton gegen den Pfosten. Jelena hörte den raschen Schritt Veras, die über die Terrasse hereinkam. Vera hatte nur drei Minuten zu laufen, bis sie bei Jelena in der Renatastraße war. „He, wieso bist du im Schlafanzug?“, rief Jelena und Vera berichtete atemlos, dass sie total verschlafen habe und daher direkt aus dem Bett hergerannt war. „Bloß zwei Männer haben mich gesehen, aber die haben ganz schön blöd geschaut.“ Die beiden Mädchen gingen ins Badezimmer, das für eine Altbauwohnung ziemlich geräumig war. Jelena hatte in die große Wanne schon Wasser einlaufen lassen. Der Duft nach Vanille, Jelenas derzeitiger Lieblingsduft, erfüllte den Raum. Sie hatten Platz genug, um in der Wanne zu hocken und einander die Haare zu waschen. Mit Kopfmassage, klar. „Aaah, toll, du machst das klasse. Aber jetzt ist gut, jetzt bist du dran.“ In das nur kurz angetrocknete Haar flochten sie sich gegenseitig Zöpfe. Jelena legte ihren Zopf wie einen Kranz um den Kopf, Vera ließ ihre beiden Zöpfe hängen, die sie mit braunen Gummis unsichtbar verschloss. Sie sahen einander im Spiegel an. „Wie toll du aussiehst.“ – „Selber toll.“ – „Ach, Quatsch!“ Sie vermieden es, einander anzusehen. Passierte es doch, brachen sie in Lachen aus. Auf YouTube hatte Jelena die üblichen Wiesnhits heruntergeladen. Während sie sich eincremten, sangen sie vom Sternenhimmel, und hey, so a schöner Tag und was geht ab. Dann zogen sie ihre Dirndl an und verdammt, es krachte so richtig krass in den Nähten. Bei beiden. Vera bekam kaum noch Luft, als Jelena ihren Reißverschluss mit Gewalt hochzurrte, und sie kannte auch mit Jelena kein Erbarmen, denn bei ihr war der Reißverschluss an der Seite und sie musste mühsam den Bauch einziehen. O Gott, und das den ganzen Tag! Nie mehr Eis, Kinder-Pinguí und Milchschnitte. Nie mehr. Drei Dirndl-Variationen besaß Jelena. Ein altes, bodenlanges von ihrer Mutter, Tegernseer Tracht, aber längst wieder Mode. Auch ein grünes, ganz knappes Mieder hing am Schrank, dazu ein grünblauer Rock und eine blaue Schürze. Jelenas Favorit in diesem Jahr aber war das lila Dirndl aus knisternder Seide. Der Ausschnitt ließ nichts zu wünschen übrig und der Rock war so kurz, dass Jelenas braune Beine nur spärlich bedeckt waren. „Du brauchst dringend Strümpfe“, meinte Vera, doch Jelena gab vor, keine passenden zu haben. Ihre Beine waren vom Urlaub noch braun, sollte sie die vielleicht mit Strümpfen bedecken? Die neuen knappen Ballerinas hätten sowieso keine gestrickten Dirndlstrümpfe in sich aufnehmen können. Nun kam noch das Gesicht dran. Sie würden beide eine ganz helle Grundierung nehmen, dann erst hellen Lidschatten auf die Augen tun und darüber ganz dunklen. Und jede Menge Wimperntusche. Sie verglichen die Länge und Dichte ihrer Wimpern. Jelena meinte, Vera habe die schönsten, doch Vera fand, dass Jelenas Wimpern zwar nicht sehr dicht, dafür aber wunderbar lang seien. Sie tuschten, trennten, tuschten, trennten. Ihnen konnte nicht mal ein Bobbi Brown etwas vormachen. Sie kannten alle Tricks, schminkten aber nur die Augen. Auf die Wangen und die Lippen kam ein wenig Gloss. Vera erzählte, dass sie im Fasching ihren Bruder geschminkt habe, der sich als Marktfrau verkleidet hatte. Das Schwesterchen hatte jeden Schritt genau beobachtet. Hatte wissen wollen, was Vera da machte und hatte alles dem Vater gemeldet, der im Wohnzimmer Zeitung las. „Was kriegt der Jakob jetzt?“ – „Lidschatten“, hatte Vera gesagt. Die Kleine hatte dem Vater zugerufen: „Jetzt kriegt der Jakob Gliedschatten!“ – „Seitdem redet unsere gesamte Familie von Gliedschatten, wenn man sich schminkt“, lachte Vera. „Himmel, es ist ja gleich acht!“, rief Jelena. „Um halb sechs war ich doch schon hier!“ – „Wir haben eben zu lange gebraucht für’s Aufbrezeln“, meinte Jelena zufrieden. Sie nahmen widerwillig ihre Taschen, die ihnen lästig waren. Aber schließlich brauchten sie Hausschlüssel, Geld, Puder, Lippenstift und Parfüm – es ging nicht anders. Jetzt aber raus, sie waren um neun Uhr vor dem Schottenhamel mit ihren Freunden verabredet. Vera hatte Kniestrümpfe an, Jelena fuhr die Kälte des Herbstmorgens an ihre nackten Beine und sie sehnte die Tram herbei, die gleich kommen würde und geheizt war. An der Haltestelle standen schimpfende Leute, die vergeblich warteten. Die Tram war ausgefallen und Jelena und Vera machten sich auf den Weg zur Hackerbrücke, wo Olli und Sven warten würden. Jelena fror jämmerlich und sie hörte die Ermahnungen ihrer Mutter und vor allem ihrer Großmutter, die ihr immer Vorträge hielt über die Schäden an Blase und Nieren, die Jelena sich zufügen würde. „Wart nur, wenn du Probleme mit den Nieren kriegst oder chronische Blasenentzündung“ – das predigte die Großmutter jedes Mal, wenn sie Jelena ohne ausreichend warme Kleidung antraf. Und das war meistens der Fall. Jelena hasste es, in warme Strumpfhosen eingesperrt und mit dicken Jacken vermummt zu werden. „He, du musst doch frieren wie verrückt“, sagte plötzlich Vera, doch Jelena rannte umso...


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