Wege aus der Krise – Ein Kompass für Europa
E-Book, Deutsch, 288 Seiten
ISBN: 978-3-86248-912-1
Verlag: FinanzBuch Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Doch nicht nur der Streit über die zukünftige Ausrichtung Europas droht das große Friedensprojekt zu zerstören. Terrorangriffe, Flüchtlingskrise, wirtschaftlicher Niedergang und eine Zentralbank, die Amok läuft – selten fand sich Europa mit so vielen Baustellen konfrontiert. Die Politik scheint unfähig, die dringend notwendigen Reformen anzupacken, stattdessen investiert sie wertvolle Ressourcen in bloßen Machterhalt oder teure Wahlgeschenke.
Doch wie kann Europa gegenüber der globalen Konkurrenz künftig bestehen? Wie können die inneren und äußeren Spannungen, die Europa bedrohen, abgebaut werden? Wie entfesselt man Europa, um die digitale Revolution zu bestehen? Und was können die Bürger dafür tun?
Gottfried Heller, Ulrich Horstmann und Stephan Werhahn zeigen Wege aus der Krise hin zu einem neuen Europa, das den Herausforderungen unserer Zeit gewachsen ist.
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Europa der Marktwirtschaften – Hat die Ordnungspolitik eine Chance?
(Ulrich Horstmann, Stephan Werhahn) Europa ist in wirtschaftlicher Hinsicht vielgestaltig. Wir sprechen daher in unserem Steinbeis-Institut auch von einem »Europa der Marktwirtschaften«. Das »bunte Bild der Vielfalt« zeigt, dass es zwar einen gemeinsamen Markt, aber eben keine einheitliche europäische Marktwirtschaft gibt. Allein der Vergleich der drei ökonomisch wichtigsten drei Staaten Europas macht dies offensichtlich: So ist die Marktwirtschaft in Großbritannien tendenziell freier und liberaler konzipiert, Interventionen werden im Gegensatz zu Richtlinien der Regierungen in unserem Nachbarland Frankreich abgelehnt. Zentrale Planungsansätze sind für Frankreich typisch und traditionell verankert. Die ausgeprägtere Staatslenkung wurde bereits im Zeitalter des Merkantilismus unter Jean-Baptiste Colbert32 verwirklicht. In seiner Amtszeit wurden Infrastrukturinvestitionen gefördert, Schutzzölle eingeführt und Monopole eingerichtet. Zur Finanzierung des aufwendigen Hoflebens, der Verwaltung und des Heeres wurden hohe Steuern erhoben. Es sind nicht nur Sozialisten, die dieses Modell auch für Europa als richtig erachten. So erklärte der frühere französische Staatspräsident Sarkozy vor dem Europaparlament am 21. Oktober 2008: »Die Eurozone [kann] ohne eine klar identifizierte Wirtschaftsregierung nicht fortfahren«.33 Und wie sieht es in Deutschland aus? Den ursprünglichen Vorstellungen einer Sozialen Marktwirtschaft, wie sie in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg konzipiert und bis 1966, dem Jahr des politischen Abgangs Ludwig Erhards, verwirklicht wurde, wird kaum mehr entsprochen. Trotz zwischenzeitlicher Lippenbekenntnisse von Politikern aus allen politischen Lagern bewegt man sich immer weiter davon weg. Das deutsche Wirtschaftssystem ist derzeit allenfalls noch eine »gelenkte Marktwirtschaft«. Deutschland ist damit kein Vorzeigeland für Ordnungspolitik mehr, sondern bewegt sich in der EU vielleicht noch im oberen Mittelfeld. Per saldo sind in Nordeuropa und in angelsächsisch geprägten Staaten ordnungspolitische Vorstellungen nach wie vor maßgebend (in der folgenden Liste als regelbasierter Politikstil bezeichnet), während im Süden eher ein situativ angepasstes Vorgehen zu beobachten ist. Die staatlichen Verwaltungsstrukturen sind geringer ausgeprägt, wie das Beispiel Griechenland zeigt. Das geht dann so weit, dass viel zu wenig Steuern eingenommen werden. Es bestehen nicht einmal die notwendigen Verwaltungsstrukturen, um eine Besteuerung durchzuführen (von einer fairen Lastenverteilung ganz zu schweigen). Diejenigen, die dazu wirtschaftlich gut in der Lage wären, entziehen sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung (z. B. durch Wohnsitzverlagerung ins Ausland). Die Bürger verhalten sich bei der Umgehung von Steuerzahlungen solidarisch, sie sind staatskritischer als im Norden und beuten ihn noch gezielter aus. Das führt dann dazu, dass der private Reichtum in südeuropäischen Ländern relativ größer ist als im Norden mit effizient arbeitenden Steuerbehörden und staatsloyaleren Bürgern. Die deutlich höheren Schwarzarbeitsquoten (Anteil am BIP) in Südeuropa bestätigen das Bild einer größeren Staatsferne in romanisch geprägten Staaten. Wirtschafts-system Staatsquote 2014 (in %) Währung Politikstil (regelbasiert/ situativ) zentralistisch/ föderal Schwarzarbeitsquote 2015 (Anteil am BIP in %) Belgien (gelenkte) Marktwirtschaft 55,1 Euro regelbasiert föderal 16,2 Bulgarien staatsgelenkte Marktwirtschaft 42,1 Lew situativ eher zentralistisch 30,6 Dänemark Marktwirtschaft 56,0 Dänische Krone regelbasiert eher föderal 12,0 Deutschland (gelenkte) Marktwirtschaft 44,3 Euro regelbasiert föderal 12,2 Estland Marktwirtschaft 38,0 Euro regelbasiert eher zentralistisch 26,2 Finnland Marktwirtschaft 58,3 Euro regelbasiert eher föderal 12,4 Frankreich staatsgelenkte Marktwirtschaft (Industriepolitik) 57,5 Euro situativ zentralistisch 12,3 Griechenland Marktwirtschaft (mit schwacher Verwaltung) 49,9 Euro situativ eher föderal 22,4 Irland Marktwirtschaft 38,2 Euro regelbasiert eher zentralistisch 11,3 Italien gelenkte Marktwirtschaft 51,2 Euro situativ eher föderal 20,6 Kroatien Marktwirtschaft 48,2 Kuna situativ eher föderal 27,7 Lettland Marktwirtschaft 37,3 Euro regelbasiert eher föderal 23,6 Litauen Marktwirtschaft 34,8 Euro regelbasiert eher zentralistisch 25,8 Luxemburg Marktwirtschaft 42,4 Euro regelbasiert eher zentralistisch 8,3 Malta Marktwirtschaft 43,1 Euro situativ eher zentralistisch 24,3 Niederlande Marktwirtschaft 46,2 Euro regelbasiert eher...