E-Book, Deutsch, Band 667, 64 Seiten
Wenn Liebe vergeht
E-Book, Deutsch, Band 667, 64 Seiten
Reihe: Die Welt der Hedwig Courths-Mahler
ISBN: 978-3-7517-5412-5
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Ist es da verwunderlich, dass Lüder, der jetzt den wahren Wert Mareikes erkennt, alles versucht, um sie, die er durch eigene Schuld verlor, wiederzugewinnen?
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Wenn Liebe vergeht Mareike nimmt ihr Schicksal in die Hand Finale der großen Roman-Trilogie Erschüttert und verzweifelt erkennt Lüder Kirchner, dass er sein Unglück heraufbeschwor, als er sich von Mareike und seinen Kindern trennte, um Ellen, die junge und strahlend schöne Stenotypistin zu heiraten – eine Frau, die ihn anschließend ruinierte und zum Betrüger werden ließ. Ist es da verwunderlich, dass Lüder, der jetzt den wahren Wert Mareikes erkennt, alles versucht, um sie, die er durch eigene Schuld verlor, wiederzugewinnen? Frau Erna betrachtete ihre Schwiegertochter mit verkniffenem Gesicht. Sie sprach nicht mehr mit ihr. Es war unter ihrer Würde, sich mit solch einer Person abzugeben, aber sie beobachtete sie ganz genau. Nichts entging ihren scharfen Augen, die geringste Nachlässigkeit wurde registriert und abends Simon brühwarm erzählt. »Ich will ja nichts gegen Mareike sagen, mein Junge, aber ...« So wurde er empfangen, Abend für Abend, und wenn es auch nur Kleinigkeiten waren, die sie vorbringen konnte, sie erzählte sie wie Tragödien. Kein Wunder, dass die junge Frau immer nervöser wurde, solange die Alte ihr unverwandt auf die Finger guckte. Mareike zählte das Geld in der Börse und überlegte, was sie alles einkaufen wollte, aber unter dem Blick ihrer Schwiegermutter konnte sie sich nicht konzentrieren. Resignierend griff Mareike nach der Tasche. Sie würde heute wahrscheinlich zweimal gehen müssen, weil sie bestimmt wieder etwas vergaß, und wenn Simon nach Hause kam, hatte seine Mutter wieder etwas zu erzählen. Damals hatte Mareike nicht geahnt, was es hieß, mit solch einer bösen Schwiegermutter unter einem Dach zu wohnen. Voll guten Willens war sie gewesen, als sie Simon Hagen geheiratet hatte, den Mann, den sie nicht liebte, aber brauchte. Und nicht ihn hatte sie bekommen, sondern seine Mutter, eine unerbittliche Hexe, die wie ein Geier darauf wartete, sie zu zerfleischen. Aufatmend verließ Mareike Hagen die Wohnung. Auf der Straße holte sie tief Luft, aber es gelang ihr nicht, befreit zu lächeln. Sie durfte heute nichts vergessen. Was wollte sie denn alles holen? Nudeln, Eier, Zucker, Butter, Bratenfett. Es waren sechs Teile gewesen, doch ihr fiel nicht ein, was fehlte. Gedankenverloren ging Mareike über die Straße und stieß fast gegen einen Mann, der seit drei Stunden hinter einem Hausvorsprung auf sie gewartet hatte. Sie schreckte zusammen, ließ die Tasche fallen und bückte sich gleichzeitig mit ihm. »Ich muss dich sprechen, Mareike«, stieß der Mann hervor und gab ihr die Einkaufstasche zurück. »Was willst du noch von mir, Lüder?«, fragte die junge Frau gepresst. »Wir haben nichts mehr miteinander zu besprechen. Gönn Christine und mir doch den Frieden!« Sie schaute an ihm vorbei und sah doch, wie ärmlich und abgerissen er aussah. Er tat ihr leid, obwohl es Wahnsinn war, diesen Mann noch zu bedauern. Sieben Jahre lang war sie mit ihm verheiratet gewesen, und sie hatte geglaubt, eine glückliche Ehe zu führen, bis er sie und die Kinder eines Tages einer jüngeren Frau wegen verlassen hatte. Der Mann schaute sich gehetzt um. Er wirkte schuldbewusst wie ein Dieb, der die Polizei fürchtete, und so ähnlich fühlte er sich auch. Mareike hielt die Tasche mit der rechten Hand, und dort glänzte Simon Hagens Ring. Sie hatte nach der Scheidung wieder geheiratet, heiraten müssen, weil sie nicht imstande gewesen war, allein für die Kinder zu sorgen. Und Lüder hatte ihr nicht einmal das monatliche Unterhaltsgeld für die Kinder geschickt, alles war für die Ansprüche seiner zweiten Frau verbraucht worden. Nun wollte er rückgängig machen, was geschehen war, er wollte sein Leben dort fortsetzen, wo er es selbst einmal mit brutaler Hand beendet hatte. »Ich muss dich sprechen!«, beharrte er. Seine Augen flackerten wie die eines Irrsinnigen. »Aber wenn man uns sieht ...« Unwillkürlich schaute Mareike über die Schulter zurück. Ihre Schwiegermutter schien manchmal durch Wände und um Ecke herum schauen zu können. »Guten Morgen«, grüßte sie eine Nachbarin mit gezwungenem Lächeln. Die Frau wohnte im gleichen Hause und hatte sie hier mit einem Mann zusammen stehen sehen. Mareike wusste, was das bedeutete. »Wir dürfen nicht miteinander sprechen«, flüsterte sie erstickt. »Hör mir zu, es dauert ja nicht lange. Es tut mir alles so leid. Es war damals verrückt von mir, dass ich Ellen geheiratet habe. Sie taugt nichts, sie hat mich ruiniert.« Mareike presste die Lippen aufeinander. Wollte er etwa noch von ihr bedauert werden? Sie hatte ihm von Anfang an gesagt, dass das Frauenzimmer keinen Schuss Pulver wert war, die kleine Stenotypistin, die sich an den verheirateten Prokuristen herangemacht hatte. »Mareike, ich möchte wiedergutmachen ...« Sein Blick brannte auf ihrem Gesicht. Es war ungeheuer wichtig, die richtigen Worte zu finden, er musste sie überzeugen, dass sie zusammengehörten. »Komm weiter, wir können hier nicht stehen bleiben. Ich muss einkaufen, meine Schwiegermutter wird mich fragen, wo ich so lange gewesen bin.« »Sag, du hättest beim Krämer warten müssen. Willst du eben mit zu mir kommen? Ich hab ein Zimmer, dort können wir ungestört sprechen.« »Wir haben nichts mehr miteinander zu besprechen. Vergiss nicht, dass ich verheiratet bin.« »Ja, mit Simon. Sag mir nicht, er bedeutet dir etwas. Ich weiß, dass du lügst. Du hast ihn genommen, um versorgt zu sein.« Mareike warf abweisend den Kopf in den Nacken. »Du brauchst es mir nicht zu bestätigen, ich weiß es selbst.« Sie gingen nebeneinander die Straße entlang, schon längst lagen die vertrauten Geschäfte hinter Mareike. Neben ihr ging der Mann, dem sie sieben Jahre lang vertraut hatte, der Vater ihrer Kinder, mit dem sie glücklich gewesen war. Was wollte er von ihr? »Ellen hat die Scheidung eingereicht. Ich bin froh darüber. Und dann bin ich frei.« Fragend schaute er sie von der Seite an. Was sollte seine geschiedene Frau darauf schon antworten? Sie ging etwas schneller, ein Zeichen ihrer Erregung. »Ich hab gedacht, wenn wir beide dann ... und Christine ... Ich meine, ich bin doch schließlich ihr Vater. Wir könnten wieder heiraten.« Abrupt blieb Mareike stehen. »Ich bin verheiratet«, erinnerte sie ihn rau. »Das hast du anscheinend vergessen.« »Du könntest dich doch scheiden lassen. Simon ist kein Mann, der zu dir passt. Und ich glaube nicht, dass er dir Schwierigkeiten machen wird.« »Du hast nichts dazu gelernt, Lüder, du denkst nur an dich. Du suchst jemanden, der dir preiswert den Haushalt führt und dir ein gemütliches Heim schafft. Die Frau war ich einmal. Ich denke nicht mehr daran, Dienstmädchen zu spielen. Deine Ellen hat dir bestimmt niemals die Schuhe geputzt, die war nicht so dumm wie ich. Und jetzt denkst du, die Mareike war gar nicht so schlecht. Vergiss nicht, dass du mich schamlos betrogen hast. Niemals kehre ich zu dir zurück. Niemals!« Ein paar Passanten warfen ihr verblüffte Blicke zu. In ihrer maßlosen Erregung hatte sie lauter gesprochen, als es nötig gewesen wäre. Lüder starrte auf die Spitzen seiner abgetretenen Schuhe. »Ich versteh, dass du mich so anfährst.« »Ach, du verstehst das!«, blaffte Mareike ihn an. »Wie freundlich von dir, mich zu verstehen. Aber ich verstehe dich auch, Lüder, und deshalb danke ich für dein Angebot. Du bist mir nicht gut genug. Einem Mann wie Simon kannst du nicht das Wasser reichen. Er sieht nicht so gut aus wie du, aber auf ihn kann ich mich verlassen. Und darauf kommt es an, nur darauf. Im Übrigen habe ich keine Zeit mehr.« »Halt!« Lüder hielt sie am Mantel fest. »Wir müssen in Ruhe darüber sprechen, ich meine, das ist doch eine wichtige Angelegenheit.« »Vielleicht für dich, für mich nicht. Du solltest dich schämen, einer Ehefrau einen Heiratsantrag zu machen. Was für eine Unverschämtheit überhaupt!« »Aber Mareike!« Lüder Kirchner war ehrlich entsetzt. Mit solch einer scharfen Antwort hatte er nicht gerechnet. »Denk doch auch Christine. Du weißt doch, wie sie an mir hängt.« »Gehangen hat«, verbesserte Mareike ihn bitter. »Deine Tochter ist mit ihren knapp acht Jahren nicht mehr so dumm, wie du glaubst. Sie weiß jetzt ziemlich genau, was sie von dir zu halten hat. Man hat ihr erzählt, was damals geschehen ist, die nette Geschichte vom Vater, der sie achselzuckend verließ, weil er eine jüngere Frau gefunden hatte. Sie weiß auch, dass ihr Vater kein Geld für sie übrig hatte. Erwartest du, dass sie dich dafür liebt?« »Schrei doch nicht so.« »Lass mich allein. Ich kann dich nicht mehr sehen, Lüder. Jetzt, wo du unten bist, besinnst du dich auf mich. Jetzt bin ich dir wieder gut genug. Aber man kann die Zeit nicht...