E-Book, Deutsch, Band 48, 100 Seiten
Reihe: Mami Bestseller
Mami Bestseller 48 - Familienroman
E-Book, Deutsch, Band 48, 100 Seiten
Reihe: Mami Bestseller
ISBN: 978-3-7409-5822-0
Verlag: Kelter Media
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Autoren/Hrsg.
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»Nun machen Sie schon Schluß, Fräulein Nordberg, Sie müssen doch nicht immer die letzte sein«, mahnte der Chef der Gregori-Werke, als er das Vorzimmer betrat, in dem seine Sekretärin und rechte Hand noch immer an der Schreibmaschine saß. Norika Nordberg setzte gerade noch das obligatorische »Mit freundlichen Grüßen« unter den Geschäftsbrief und zog das Blatt dann aus der Maschine. »Ich habe nur noch die Auftragsbestätigung für die Firma Krone geschrieben«, erwiderte sie aufatmend und lächelte. »Außerdem macht es mir nichts aus, mal länger zu bleiben, Herr Gregori.« »Das weiß ich, aber es muß ja nicht zur Regel werden, nicht?« Paul Gregori setzte noch seine Unterschrift unter das Schreiben, das sie ihm vorlegte. »Sicher gibt es für eine junge Frau wie Sie doch jemanden, der auf Sie wartet«, setzte er hinzu. Niemanden! wäre es Norika beinah entfahren, doch sie schluckte es hinunter und schüttelte nur den Kopf. »Machen Sie sich deswegen nur keine Sorgen, Herr Gregori.« Sie stülpte die Haube über ihre Maschine und machte mit wenigen flinken Handgriffen Ordnung auf ihrem Schreibtisch. Niemals hinterließ sie ihren Arbeitsplatz unaufgeräumt, mochte es noch so spät sein. Fast gerührt nahm Paul Gregori auch das, wie so oft, zur Kenntnis. die Nordberg war eine Perle, da gab es nichts! Sie war nicht nur eine gute, umsichtige und gewissenhafte Sekretärin, sondern darüber hinaus auch noch ein überaus nettes, sympathisches Mädchen, das er ausgesprochen gut leiden mochte. Im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin, die zwar auch tüchtig, aber menschlich überhaupt nicht auf seiner Wellenlänge gelegen hatte. Und das war schließlich auch wichtig, wenn man tagaus tagein ständig miteinander arbeitete. Galant half Paul Gregori, ein stattlicher grauhaariger Endfünfziger, seiner Sekretärin in den Mantel. »Übrigens gibt es noch eine Neuigkeit«, sagte er, als Norika sich gerade verabschieden wollte. »Mein Sohn kommt nächste Woche aus Paris zurück und hat sich entschlossen, nun seinen Platz in der Firma einzunehmen.« Erschrocken sah Norika ihren Chef an. »Heißt das etwa, daß Sie in den Ruhestand treten wollen?« »Aber nein«, beruhigte er sie schmunzelnd, »so alt fühle ich mich nun doch noch nicht. Aber es wird Zeit, daß Mark sich allmählich – ich betone allmählich – auf die Übernahme vorbereitet, finde ich. Solange ich kann, werde ich ihm noch zur Seite stehen, aber ein bißchen Entlastung könnte ich doch gebrauchen, meine ich. Außerdem tut es jeder Firma gut, wenn frisches Blut hineinkommt und neue Impulse gibt. Mein Sohn hat schließlich als Textilingenieur nicht nur eine solide Ausbildung, sondern durch seine Auslandsaufenthalte in England und Frankreich in den Betrieben meiner dortigen Geschäftsfreunde eine Menge dazugelernt. Sie wissen ja, heutzutage, wo die Konkurrenz groß ist, darf man nicht stagnieren.« »Ich weiß. Und ich kenne keinen Chef, der für Neues aufgeschlossener wäre als Sie, Herr Gregori«, antwortete Norika aus ehrlichem Herzen. »Ich habe mich zumindest immer bemüht«, sagte Gregori bescheiden. »Aber mein Sohn ist viel mehr auf dem laufenden als ich, das ist doch ganz klar. Sie brauchen also nicht zu erschrecken, Fräulein Nordberg, ich brauche Sie noch eine geraume Weile. Und mein Sohn, das darf ich auch als Vater sagen, ist ein umgänglicher Mensch und bestimmt keiner von denen, die, wenn sie erst einmal das Sagen haben, das Unterste nach oben krempeln und alles anders machen wollen, glauben Sie mir.« »Jedenfalls freue ich mich für sie, daß Sie Ihren Sohn nun wieder bei sich haben werden«, lächelte Norika warm. »Ich auch, Fräulein Nordberg. Es hat Mark gutgetan, sich anderswo umzuschauen, aber nun bin ich froh, daß er sozusagen seßhaft werden will. Immerhin ist er zweiunddreißig, und ich meine, da wird es höchste Zeit, daß er auch mal ans Heiraten und die Gründung einer Familie denkt.« Gregori schmunzelte. »Meine Frau und ich finden schon lange, daß wir endlich Enkelkinder haben sollten.« »Es wird Ihrem Sohn bestimmt nicht schwerfallen, Ihren Wunsch zu erfüllen«, lächelte Norika und dachte an das Foto des gutaussehenden jungen Mannes, das auf dem Schreibtisch ihres Chefs stand. Persönlich kannte sie Mark Gregori nicht, denn als sie vor drei Jahren in der Firma angefangen hatte, war er schon im Ausland gewesen. Er hatte studiert, war Textilingenieur und volontierte danach in einigen Betrieben, mit denen sein Vater gute geschäftliche Beziehungen unterhielt. Einem jungen Mann wie ihm, Erbe einer gut florierenden Fabrik, die Sport- und Arbeitsbekleidung herstellte, standen doch alle Türen offen. Norika verabschiedete sich von ihrem Chef und ging zum firmeneigenen Parkplatz hinüber, der um diese Zeit fast leer war. Dort wartete ein kleiner Wagen auf sie, den sie vor einem Jahr erstanden hatte. Eigentlich hatte Norika nach dem Abitur studieren wollen. Lehrerin hatte sie werden wollen, denn in Deutsch und Sprachen war sie immer besonders gut gewesen. Aber im letzten Schuljahr war ihr Vater, Justizinspektor von Beruf, nach einer schweren Operation plötzlich gestorben. Die Pension, die ihre Mutter bekam, die daraufhin auch zu kränkeln begann, hatte nicht hin und her gereicht, und so hatte Norika kurz entschlossen eine Sekretärinnenausbildung gemacht, um schneller Geld zu verdienen. »Laß uns doch probieren, ob es nicht doch geht, daß du studierst«, hatte ihre Mutter immer wieder gemeint, aber Norika hatte so getan, als mache ihr der Verzicht nicht viel aus. »Auch als Sekretärin habe ich mit Sprachen zu tun, wenn ich Auslandspost beantworte, und ein guter Schreibstil ist auch wichtig. Wer weiß denn überhaupt, ob ich wirklich eine gute Lehrerin geworden wäre«, hatte sie jedesmal geantwortet. In ihrem Kursus schloß sie als eine der Besten ab, und eine Stellung hatte sie auch sofort bekommen. Ihre Mutter hatte sich sehr gefreut, daß sie von Herrn Gregori gleich als Chefsekretärin eingestellt worden war und sich in der Firma sehr wohl fühlte. Vor einem Jahr war sie ebenfalls gestorben, und Norika, die keine Geschwister gehabt hatte, stand nun ganz allein, bewohnte noch immer die elterliche Wohnung am Stadtrand. Das allerdings würde sich demnächst ändern, denn sie hatte eine kleinere, aber hübschere und modernere Wohnung gefunden, die auch zentraler lag. Von dort aus war sie schneller in der Firma, konnte notfalls sogar zu Fuß gehen und war auch schneller in der Innenstadt. Theater, Kino oder Konzertbesuche, die wegen der umständlichen Fahrerei ein bißchen von ihr vernachlässigt worden waren, waren nun leichter zu realisieren. Einen Freund hatte Norika nicht, seit die Sache mit Peter passiert war. Er war Student gewesen, als sie ihn vor einigen Jahren kennengelernt hatte. Für sie war er die große Liebe gewesen, und sie hatte ihm, der nur von einem Stipendium lebte und immer knapp bei Kasse gewesen war, oft hilfreich unter die Arme gegriffen. Waren sie ausgegangen, ins Kino, Theater oder Konzert, dann hatte sie ihn stets eingeladen, oder sie hatte ihm nützliche Geschenke gemacht, auch einmal teure Fachbücher gekauft, die er sich nicht leisten konnte. Sie hatte all das aus Liebe getan, nicht aus Berechnung, mußte aber dann eines Tages erkennen, daß auf seiner Seite Berechnung im Spiel gewesen war. Nach dem Examen, als er dann eine gute Stellung bekam, hatte er sich von heute auf morgen von ihr getrennt und sich mit einem anderen Mädchen, der Tochter eines wohlhabenden Geschäftsmannes verlobt. Diese Enttäuschung hatte Norika im Grunde immer noch nicht überwunden, auch wenn der Schmerz im Laufe der Zeit abgeklungen war. Aber sie war mißtrauisch geworden dem männlichen Geschlecht gegenüber, konnte sich nach diesem Schlag gegen ihr Selbstbewußtsein auch nicht mehr vorstellen, daß ein Mann sie um ihrer selbst willen begehrte. Dazu kam, daß Norika zwar auf ein gepflegtes Äußeres Wert legte, das war sie ihrer Stellung schuldig, aber sie bevorzugte dabei die unauffällige, solide Richtung. Unter ihren Kolleginnen im Büro wurde sie deswegen insgeheim als altjüngferlich belächelt. Man respektierte sie zwar, aber sie war doch ein wenig die Außenseiterin, die bei Gesprächen über Mode und Männer nichts zu sagen wußte. Keiner von den männlichen Mitarbeitern der Firma wäre auf die Idee gekommen, mit ihr zu flirten oder sie einmal einzuladen. Auf Betriebsfesten tanzte man aus Höflichkeit mit ihr, weil sie nun einmal die rechte Hand des Chefs war, aber nicht aus anderen Gründen. Es war nicht so, daß Norika resigniert hatte. Auch sie träumte noch von einer neuen großen Liebe, von einem Mann, der ihre Gefühle so erwiderte, wie sie es sich immer gewünscht hatte. Aber sie hoffte nicht, wie viele ihrer Altersgenossinnen, ihm in einer Diskothek zu begegnen oder an anderen Orten, die junge Leute nun einmal bevorzugten. Sie schaute nicht krampfhaft nach ihm aus, hatte es gelernt mit ihrem Alleinsein fertig zu werden. Nach einem etwas frugalen Mahl, sie hatte vergessen, einzukaufen, setzte sie sich ins Wohnzimmer und nahm ein Buch zur Hand, in dem sie die letzten Tage voller Spannung gelesen hatte. Doch heute konnte sie sich nicht recht konzentrieren und mußte immer wieder an die bevorstehende Veränderung im Betrieb denken. Denn sie war sicher, daß der Eintritt des Juniorchefs manche Veränderungen mit sich bringen würde, und fragte sich beklommen, ob sie nicht auch sie selbst betreffen könnten. * Der nächste Tag im Büro verlief wie immer. Das heißt nicht ganz. Paul Gregori informierte morgens auch seine leitenden Mitarbeiter über die Rückkehr seines Sohnes, und danach sprach sich die...