von Vogel | Happy (ohne) End | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 368 Seiten

von Vogel Happy (ohne) End

E-Book, Deutsch, 368 Seiten

ISBN: 978-3-522-65302-2
Verlag: Planet! in der Thienemann-Esslinger Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Französisch?! Eigentlich hat Julia überhaupt keine Lust darauf, erst recht nicht auf den Schüleraustausch! Nur wegen ihrer wirklich schlechten Französischnote lässt sie sich dazu überreden.
Doch dann kommt alles anders und ihre Austauschpartnerin Renée entpuppt sich als Junge! Als ziemlich süßer sogar …
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Ein Franzose kommt selten allein Ich kaue auf meinem Bleistift herum und lese die Aufgabe in meinem Mathebuch zum dritten Mal durch: x2 + 2x - 24 = 0. Normalerweise löse ich diese Popelgleichungen im Schlaf, aber heute kann ich mich einfach nicht konzentrieren. Keine Chance! Ich knalle das Mathebuch zu und schaue auf die Uhr: kurz vor fünf. Noch eine Stunde. Mist, eigentlich wollte ich mit den blöden Hausaufgaben längst fertig sein. Aber wenn Mathe schon nicht klappt, brauche ich mit dem Französischaufsatz gar nicht erst anzufangen. Dabei wäre das die perfekte Einstimmung auf die nächsten zehn Tage: bonjour, bonsoir, bonne nuit – Französisch rund um die Uhr. Bei dem Gedanken daran wird mir ganz schlecht, und ich frage mich zum hundertsten Mal, warum ich mich überhaupt für diesen bescheuerten Frankreich-Austausch angemeldet habe. Ich hasse Französisch! Fremdsprachen sind eben nicht mein Ding. Mit Englisch komme ich noch einigermaßen klar, aber auf Französisch reagiere ich seit der Sache mit Mama total allergisch … Das hat auch die Hinrich inzwischen gemerkt. Allerdings hat sie es etwas anders ausgedrückt, als sie mir die letzte Französischarbeit zurückgegeben hat, die ich mal wieder total in den Sand gesetzt hatte: »Deine Stärken liegen wohl eher auf dem mathematischen und naturwissenschaftlichen Gebiet, meine liebe Julia.« Das kann sie laut sagen! Und was nützt mir der Subjonctif bei meinen Untersuchungen zum Verhalten von Flüssigkeitstropfen? Genau: überhaupt nichts! Deshalb habe ich mich auch erst stur gestellt, als die Hinrich damit anfing, dass der Austausch »einfach optimal ist, um einen Zugang zur französischen Sprache und Kultur zu finden«. Ich und ein Zugang zur französischen Sprache und Kultur? Vergiss es! Aber dann hat Karlchen, auch Herr Karlhorst genannt und mein Physiklehrer, mir eines Tages die Bewerbungsunterlagen für Jugend forscht in die Hand gedrückt: »Du solltest noch ein paar andere Einflussfaktoren für die Tropfenbildung untersuchen und auf jeden Fall die Chaostheorie berücksichtigen, dann könntest du durchaus Chancen haben. Allerdings müsstest du erst mal eine vernünftige Auswertung deiner bisherigen Untersuchungsergebnisse machen. Das bedeutet eine Menge zusätzlicher Arbeit für dich. Aber bei dir läuft ja in den anderen Fächern alles glatt, oder? Sonst könnte ich so ein zeitintensives Projekt nämlich nicht befürworten …« Offensichtlich unterhalten sich Karlchen und die Hinrich nicht allzu oft. Tja, damit war mein Schicksal besiegelt, und das Hilfsprogramm »Wie rette ich meine Französischnote« trat mit sofortiger Wirkung in Kraft. Punkt 1: Nachhilfe nehmen. Punkt 2: Jeden Tag eine Stunde Grammatik büffeln. Punkt 3: Für den Frankreich-Austausch anmelden. Die Hinrich hat sich gar nicht mehr eingekriegt, als ich ihr mein Anmeldeformular in die Hand gedrückt habe. Wahrscheinlich dachte sie, ich hätte es mir dank ihrer tollen Überzeugungsarbeit anders überlegt: »Das wirst du bestimmt nicht bereuen, Julia!« Na ja, da bin ich anderer Meinung … Ich packe die Schulsachen weg und räume meinen Schreibtisch auf. Heute kriege ich sowieso nichts mehr auf die Reihe. Außerdem müssen wir bald los – der Zug mit den Franzosen soll um 18:05 Uhr am Bahnhof ankommen. Hoffentlich ist meine Französin nicht so eine hohlköpfige Tussi wie die Mädels aus meiner Klasse, die nichts als Klamotten, Lidschatten in Neonfarben und irgendwelche idiotischen Typen im Kopf haben. Zehn Tage mit einem französischen Möchtegern-Model – der absolute Albtraum! Vielleicht habe ich ja Glück, und sie hat es sich im letzten Moment anders überlegt. Das wär’s doch! Riesiges Interesse schien sie zumindest nicht zu haben, da sie auf den Brief, den wir als besonders realitätsnahe Hausaufgabe an unsere Austauschpartner schreiben sollten, nicht geantwortet hat. Vielleicht hat sie das Foto von mir abgeschreckt, weil sie sofort erkannt hat, dass ich mit Schminken und trendy Klamotten nichts am Hut habe. Bei dem Gedanken, dass die ominöse Renée Richard (der perfekte Name für ein Möchtegern-Model, würg!) vielleicht gar nicht im Zug sitzt, sondern zu Hause in Paris geblieben ist, hebt sich augenblicklich meine Laune. Aber trotzdem müssen wir zum Bahnhof fahren, und ich gehe ins Bad, um mich fertig zu machen. Das geht ziemlich schnell: Haare kämmen, Pferdeschwanz machen, Brille putzen (eine dumme Angewohnheit von mir, ich mach das mindestens hundertmal am Tag). Das ist mein ganzes Styling-Programm – schließlich kann ich mit meiner Zeit was Besseres anfangen, als stundenlang im Bad rumzuhängen. Als ich in die Küche komme, sitzt meine Schwester Nina am Tisch und löffelt einen Joghurt. »Willst du etwa so zum Bahnhof?«, fragt sie entgeistert und erstarrt mitten in der Bewegung. Nina ist zwar erst elf, kennt sich aber mit den neuesten Schminktechniken und Klamottentrends besser aus als jede ausgebildete Stylistin. »Na klar«, antworte ich und streiche zufrieden mein Lieblings-T-Shirt über der Jeans glatt. Zugegeben, die Sachen sind nicht mehr ganz neu, und die Jeans ist vom vielen Tragen auch schon ziemlich abgewetzt – aber ich sehe überhaupt nicht ein, warum ich für Renée Richard von meinen üblichen Kleidungsgewohnheiten abweichen sollte. »Mann, die tragen in Paris bestimmt alle total coole Klamotten. Da fährt die doch gleich wieder nach Hause, wenn sie dich so sieht!«, sagt Nina. Kleine Schwestern sind manchmal eine echte Zumutung. »Das wäre sowieso das Beste«, murmele ich. »Wie sie wohl aussieht?«, plappert Nina weiter. »Ob sie mir was mitbringt? Du hast ihr doch geschrieben, dass du eine Schwester hast, oder? Wann müssen wir eigentlich los?« Bei mir schrillen die Alarmglocken. »Wir? Wieso wir? Glaub bloß nicht, dass du mitkommst!«, stelle ich sofort klar. Nina und ihr Geplapper sind so ziemlich das Letzte, was ich jetzt gebrauchen kann. Ich bin schließlich auch ohne sie schon genervt genug! »Klar komme ich mit«, sagt Nina seelenruhig. »Papa hat’s erlaubt.« Na toll! Paps kann Nina einfach nichts abschlagen. Er lässt sich jedes Mal von ihrer »Ich bin so klein, mein Herz ist rein«-Nummer einwickeln. Apropos: Wo steckt er überhaupt? Langsam müssen wir wirklich los. Damit wir Renée (und die vielen Koffer, die sie vermutlich mitbringt) abholen können, wollte Paps extra den Laden früher dichtmachen. Was nicht weiter schlimm ist, weil manchmal sowieso tagelang kein Kunde in Paps’ Antiquariat kommt. Alte Bücher sind eben nicht gerade der Verkaufsschlager. Ich rufe im Laden an – wahrscheinlich sitzt Paps mal wieder über irgendeiner verstaubten Erstausgabe von 1865 und hat die Zeit vergessen. »Was, schon so spät?«, fragt er, als ich ihn an unsere Verabredung erinnere. »Bin gleich da!« Dann kann’s ja losgehen! Im Auto redet Nina ohne Pause davon, was sie Renée alles fragen und erzählen will. Wenigstens eine, die sich auf unseren Besuch aus Frankreich freut. Paps und ich kommen, wie gewöhnlich, überhaupt nicht zu Wort. Das lässt mich heute aber völlig kalt, denn so kann ich wenigstens noch das eine oder andere Stoßgebet losschicken, dass ich von der bevorstehenden Franzosen-Invasion vielleicht doch verschont bleibe. Am Bahnhof drängelt sich schon die halbe Klasse. Frau Hinrich ist natürlich auch da, strahlt über das ganze Gesicht und geht von einem Elternpaar zum anderen. Ich ziehe Paps in die entgegengesetzte Richtung und stelle mich mit ihm und Nina möglichst unauffällig an den Rand des Bahnsteigs. Leider nicht unauffällig genug: Frau Hinrich hat uns entdeckt und stürmt auf Paps zu. Sie schenkt ihm ihr sonnigstes Lächeln und hört gar nicht mehr auf, seine Hand zu schütteln: »Herr Jacoby, ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr ich mich freue, dass Julia nun doch bei unserem Austauschprogramm mitmacht. Ich bin mir ganz sicher, dass sich das sehr positiv auf ihre Motivation und ihre Leistungen auswirken wird – zumal sie ja in allen anderen Fächern wun-der-bar zurechtkommt. Sie können wirklich stolz auf Julia sein …« Blablabla – wenn Frau Hinrich einen ihrer Redeanfälle bekommt, kann man nur noch auf Durchzug schalten. Armer Paps, er zieht ein Gesicht wie beim Zahnarzt. Leute, die zu viel reden, können bei ihm richtige Panikattacken auslösen. Vielleicht sollte ich ihm helfen, aber Frau Hinrich scheint sowieso fast fertig zu sein: »… dürfte Julia eigentlich bald keine Probleme mehr haben. Zumal sie ja auch eine enge persönliche Beziehung zu Frankreich hat.« Na super! Absolut perfekt! Volltreffer! Vielen Dank, Frau Hinrich, Sie sind wirklich der sensibelste Mensch, den ich kenne! Paps lächelt etwas verkrampft, nimmt seine Brille ab und putzt eifrig daran herum. Und was heißt hier überhaupt enge persönliche Beziehung? Nur weil meine Mutter sich von diesem französischen Möchtegern-Herzensbrecher und seinem »Isch liebe disch«-Gequatsche hat einwickeln lassen und mit dem Typ nach Frankreich durchgebrannt ist, habe ich noch lange keine Beziehung dazu – im Gegenteil! Ich lass mich schließlich nicht mit teuren Luxusurlauben in Jacques’ Villa an der Côte d’Azur kaufen wie mein Schwesterherz. Nicht mit mir, ma chère Maman! So einfach geht das nicht. Allerdings muss ich zugeben, dass Nina schon jetzt besser Französisch spricht als ich … Zum Glück hat Frau Hinrich ein neues Opfer entdeckt und ist weitergezogen, bevor sie in noch mehr Fettnäpfchen treten kann. Paps sieht richtig geschafft aus, und mir...


von Vogel, Maja
Maja von Vogel wurde 1973 geboren und wuchs im Emsland auf. Sie studierte Deutsch und Französisch in Münster und Göttingen, lebte ein Jahr in Paris und arbeitete als Lektorin in einem Kinderbuchverlag, bevor sie sich 2002 als Autorin und Übersetzerin selbstständig machte. Heute lebt Maja von Vogel mit ihrer Familie in Nordwestdeutschland.


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