E-Book, Deutsch, 128 Seiten
Reihe: TKKG Junior
E-Book, Deutsch, 128 Seiten
Reihe: TKKG Junior
ISBN: 978-3-440-50741-4
Verlag: Kosmos
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
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GESPENSTERGESCHICHTEN
»Sie meinen, dann können wir nicht auftreten?«, fragte Klößchen. »Wir wollen ja genau dieses Bild schauspielerisch umsetzen«, erklärte die Lehrerin. Da Frau Sommer erst neu im Internat angefangen hatte, sollte die Aufführung nun in kürzester Zeit auf die Beine gestellt werden. Karl hatte vorgeschlagen, ein Tableau Vivant, also ein lebendes Bild darzustellen. Sie wollten ein barockes Gemälde nachspielen und so den Zuschauern das Leben der Menschen im Barock näherbringen. »Ich habe so eine Ahnung«, raunte Karl den anderen zu und ließ Ben und Nick dabei nicht aus den Augen. »Mist, ich hatte mich so auf den Auftritt gefreut«, fluchte Gaby. Nick zwinkerte Ben zu. Das war Karl nicht entgangen. »Wisst ihr, wo das Gemälde ist?« Ben konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Gaby baute sich vor den beiden auf. »Sagt uns sofort, wo das Bild ist!« © COMICON S.L./Beroy + San Julian/Kosmos »Ich dachte, ihr seid so tolle Spürnasen«, entgegnete Ben. Karl und seine Freunde waren nicht nur zusammen in der Theater-AG, sondern hatten auch einen Detektivclub gegründet und nannten sich TKKG. Dank Gabys Vater, der Kriminalkommissar war, hatten die Detektive einen guten Draht zur Polizei. »Ben und Nick, ihr seid von der Theater-AG suspendiert«, verkündete die Lehrerin. »Und ihr bekommt einen Eintrag ins Klassenbuch.« Nick zuckte die Schultern. »Alles klar, danke.« Ben überlegte kurz. »Sie können uns doch nicht einfach rausschmeißen!« »Warum sollte ich mit euch arbeiten, wenn ihr euch die ganze Zeit nur lustig macht und unsere Requisiten versteckt?«, entgegnete Frau Sommer. »Aber der Eintrag ins Klassenbuch ist nicht okay«, protestierte Ben. »Doch, finde ich schon.« Die Lehrerin klappte das Buch auf und legte es auf den Tisch. Sie drückte auf den Kuli und begann zu schreiben. »Und wenn ihr das Bild nicht sofort rausrückt, bekommt ihr einen weiteren Eintrag.« »Bei drei Einträgen fliegen sie von der Schule«, flüsterte Tim Karl ins Ohr. »Na gut.« Ben deutete auf einen blauen Müllsack hinter der Bühne. Tim schnappte sich den Sack und zog das Gemälde heraus. Frau Sommer klappte das Klassenbuch zu. »Gut, danke, Ben und Nick. Ihr dürft jetzt gehen.« »Punkt für Frau Sommer«, raunte Klößchen seinen Freunden zu. »Ja, aber dass sie nicht weiß, wann das Barock angefangen hat, ist schon komisch«, wisperte Karl. »Komm, Ben, dann können wir endlich zocken.« Nick zog Ben am Ärmel. »So spät am Nachmittag wollen hier doch sowieso nur Streber und komische Vögel rumhängen.« Als Ben und Nick abgezogen waren, kam Klößchen noch mal auf die Gespenstersache zu sprechen. »Und was ist das nun für eine Geschichte mit dem Schulgespenst?« Frau Sommer zuckte die Schultern. »Ich bin ja auch neu an der Schule und weiß nichts darüber.« Philip kam mit weiteren Stühlen auf die Bühne. »Es wurde das erste Mal 1959 gesichtet. Angeblich hat es mal einen sehr gemeinen Schuldirektor so erschreckt, dass der schreiend aus der Schule gerannt und nie wiedergekommen ist«, wusste er. »Klingt doch nach einem lieben Gespenst«, sagte Gaby und knuffte Klößchen in die Seite. »Und warum haben wir davon noch nie gehört?«, fragte Klößchen mit verschränkten Armen. »Fünftklässler will man vielleicht schonen«, vermutete Johanna, die eine Staffelei auf die Bühne stellte. »Was soll das Gespenst denn so anstellen?«, wollte Gaby wissen. »Es geistert vor allem nachts durch den Keller«, berichtete Johanna. »Und manchmal erschreckt es Menschen.« »Das ist aber unheimlich«, murmelte Klößchen. »Und gar nicht lieb. Ich brauch mal Nervennahrung.« Er suchte seine Hosentaschen ab. »Mist, in der Hose aus dem Fundus hab ich ja gar keine Schokolade«, fiel ihm ein. © COMICON S.L./Beroy + San Julian/Kosmos »Frau Sommer, brauchen Sie uns noch?«, fragte die Abiturientin. »Wir haben nämlich eine kleine Überraschung, die wir vorbereiten wollen.« Frau Sommer überlegte einen Moment. »Nein, geht ruhig. Ich möchte nachher noch mal kurz mit euch sprechen.« »Alles klar!«, sagte Philip. Er lächelte TKKG an. »Viel Spaß bei der Probe.« »Danke.« Tim sah sich um. »Wo sind denn Max und Li, die wollten doch auch mitmachen?« »Die lernen noch zusammen für eine wichtige Arbeit«, wusste Gaby. »Dann lasst uns ohne die beiden mit der Probe beginnen«, entschied Frau Sommer. Karl hatte bereits wieder sein Handy in der Hand. Klößchen linste über Karls Schulter. »Was brauchen wir denn noch für Requisiten, um das Bild lebendig darzustellen?« »Ich suche gerade im Internet nach Infos zu dem Gespenst«, gab Karl zu. »Ihr glaubt das doch nicht wirklich?«, fragte Gaby überrascht. »So was wird doch immer wieder erzählt«, behauptete Tim. »Na ja.« Klößchen zog seine langen Strümpfe hoch. »Wenn schon mehrere Leute dem Gespenst begegnet sind, ist vielleicht was Wahres dran«, wisperte er. »Oje, hoffentlich kann ich überhaupt nachts noch schlafen.« »Du kannst ja abends eine Schutzmauer aus Schokoladentafeln um dein Bett bauen«, schlug Tim vor. Klößchens Vater Hermann Sauerlich war der bekannteste Schokoladenfabrikant der Millionenstadt. Klößchen war darüber sehr glücklich, denn Schokolade liebte er fast so sehr wie seine Freunde. »Die Mauer würde Klößchen im Nu einreißen«, lachte Gaby. »Er würde sie einbeißen«, korrigierte Tim. »Ihr kennt mich einfach sehr gut«, lachte Klößchen. Dann wurde er wieder ernst. »Vielleicht können wir der Gespenstersache mal nachgehen.« »Aber das fällt nicht in unseren Kompetenzbereich«, wandte Karl ein. »Wir sind doch keine Geisterjäger.« »Stimmt, wir haben ein Gespenst, das es vermutlich gar nicht gibt, und keinen Kriminalfall«, sagte Tim. »Na und?«, entgegnete Klößchen. »Seid doch nicht so unkreativ.« Frau Sommer klatschte in die Hände. »Kommt, jetzt müssen wir aber mal anfangen.« Die Lehrerin hielt den verzierten Goldrahmen hoch. Auf dem Bild war eine adlige Gesellschaft abgebildet, die an einem Tisch saß. Tim ging näher an das Gemälde ran. »Es gibt keine einzige Speise mit Schokolade.« Er überlegte. »Klößchen, gut, dass du zu der Zeit noch nicht gelebt hast. Wie muss das gewesen sein, so ganz ohne Schokolade?« »Melonen und Ananas sehe ich aber schon«, sagte Klößchen. »Und in Deutschland wurde auch die erste Schokolade bereits im 17. Jahrhundert hergestellt.« »Das wusste ich gar nicht«, gab Karl zu. »Echt nicht?«, wunderte sich Gaby, denn Karl wusste sonst alles. Und wenn doch nicht, dann konnte er sich jegliche Informationen in Sekundenschnelle beschaffen. »Gäbe es das Schulfach Schokolade, ich hätte eine Eins mit Schokosternchen«, kicherte Klößchen. © COMICON S.L./Beroy + San Julian/Kosmos »Was meint ihr denn, worüber die Menschen sich damals unterhalten haben?«, fragte die Lehrerin und legte das Bild ab. »Wenn ihr das Gemälde lebendig darstellt und ihr zu den Personen aus dem Bild werdet, müsst ihr ja auch sprechen.« Sie packte einen Krug aus. »Der ist auch ein Original aus der Zeit.« Vorsichtig stellte sie ihn auf den Tisch. »Sehr wertvoll, das gute Stück.« »Es ist schon richtig cool, dass wir die Dinge aus der Barockausstellung als Requisiten verwenden dürfen«, freute sich Gaby. Sie näherte sich dem Bild. »Also, auch wenn viele Leute sehr arm waren, sehen die Menschen hier so aus, als hätten sie gute Laune.« Karl setzte sich an den Tisch und nahm den dunkelgrünen Krug in die Hand. »Setz dich, meine Teuerste«, sagte er mit verstellter Stimme zu Gaby. »Darf ich dir reinen Wein einschenken?« »Ja, gar nicht schlecht«, lachte Frau Sommer. Da war ein lautes Rumpeln zu hören. TKKG sahen sich erschrocken an. »Was war das denn?«, fragte Tim. »Und woher kam es?«, überlegte Karl. »Klang ein bisschen so, als würde jemand Altglas entsorgen«, fand Gaby. Wieder ertönte das Geräusch. Sie liefen zu einem der bodentiefen Fenster und blickten auf den Schulhof. »Ich sehe nichts. Nur Ben und Nick, die gerade wieder in die Schule reingehen.« Klößchen stellte sich so dicht an die Scheibe, dass er sie mit der Nase berührte. »Vielleicht war es das Gespenst?« Karl schüttelte den Kopf. »Dafür gibt es sicher eine ganz irdische Erklärung.« »Irdisch?«, fragte Klößchen. »Das kommt von ›Erde‹«, erklärte Karl. »Es bedeutet, dass es eine logische Erklärung ist«, klinkte sich...