E-Book, Deutsch, 384 Seiten
ISBN: 978-3-8419-0044-9
Verlag: Edel Books - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
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sechsunddreißig (S. 283-284)
Am nächsten Tag kommt Humble nicht zum Frühstück. Ich setze mich zu Bobby und Johnny, nehme mein Hemd in Empfang, perfekt gefaltet, und lege es über meine Stuhllehne. Ich trinke den ersten »Swee-Touch-Nee«-Tee des Tages und frage, was man mit Humble gemacht hat. »Oh, der ist glücklich. Die haben ihm wahrscheinlich ein paar echt starke Drogen verpasst.« »Was denn zum Beispiel?« »Kennst du dich mit so was aus? Tabletten?« »Klar. Ich bin ein Teenager.« »Also, Humble ist Psychotiker und hat Depressionen«, erklärt Bobby. »Dafür kriegt er SSRI, Lithium, Xanax –« »Vicodin«, sagt Johnny.
»Vicodin, Valium ... der kriegt hier so ziemlich die meisten Sachen in diesem Haus.« »Als sie ihn weggebracht haben, da haben sie ihm dieses ganze Zeugs gegeben?« »Nein, das sind die Sachen, die er regelmäßig bekommt. Wenn sie ihn wegbringen, geben sie ihm Spritzen. Atavan.« »Das kenne ich.« »Tatsache? Das haut dich sofort um. War’s schön?« »Ganz okay. Aber so was möchte ich nicht ständig nehmen.« »Huh. Das ist die richtige Einstellung«, sagt Johnny. »Wir waren mal ein bisschen daneben durch solche Drogen, ich und Bobby.« »Ja, ohne Quatsch«, sagt Bobby. Er schüttelt den Kopf, blickt auf, kaut, und faltet die Hände. »Daneben ist nicht das richtige Wort. Wir waren total weg von diesem Planeten. Vierundzwanzig Stunden am Tag komplett weggetreten. Hab so viele Konzerte verpasst –«
»Das tut mir leid –« »– Santana, Zeppelin, und wie heißt noch mal diese andere Band, mit dem Junkie, Nirvana ... ich hätte Rush sehen können, Van Halen, Mötley Crüe, alle. Damals, als man da noch für zehn Dollar reingekommen ist. Und ich war immer so ein Müllschlucker, dass mir das alles schnuppe war.« »Müllschlucker? Was ist das?« »Einer, der alles schluckt, egal was«, erklärt Bobby. »Gib’s mir, und ich pfeif ’s mir dann rein. Bloß um zu sehen, wie das ist.« Mann. Ich geb zu, das klingt ziemlich reizvoll. Richtig verlockend. Aber vielleicht bin ich gerade deshalb hier, um Leute kennenzulernen, bei denen mir die Lust auf so was vergeht.
»Glaubst du, Humble führt solche Szenen auf, damit sie ihn mit Drogen vollpumpen?« Ich streiche mir Frischkäse auf einen Bagel. Ich lasse mir zum Frühstück jetzt immer zwei Bagel geben; das Beste, was man hier bekommen kann. »Darüber sollte man besser nicht nachdenken«, sagt Bobby. »Oh, da kommt dein Mädchen.« Sie stürmt mit einem Tablett herein, setzt sich in eine Ecke, trinkt ihren Saft und löffelt ihren Haferschleim. Sie wirft mir einen Blick zu.
Ich winke so lässig ich kann, was für die anderen vielleicht wie ein spastisches Zucken aussieht. Ich habe sie seit Sonntag nicht gesehen; keine Ahnung, was sie gestern den ganzen Tag lang gemacht hat. Keine Ahnung, ob sie isst, wenn sie ihr Zimmer nicht verlässt. Genau wie bei Muqtada. Ob man ihr Essen aufs Zimmer bringt? Es gibt hier immer noch so viel, das ich nicht verstehe. »Huh, die ist aber süß«, sagt Johnny. »Hör auf, Mann, sag doch so was nicht. Die ist ja höchstens dreizehn«, sagt Bobby. »Und? Er ist auch höchstens dreizehn.« »Ich bin fünfzehn.«