E-Book, Deutsch, 352 Seiten
van de Rijt / Plooij Oje, ich wachse!
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-641-20572-0
Verlag: Goldmann
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Von den acht "Sprüngen" in der mentalen Entwicklung Ihres Kindes während der ersten 14 Monate und wie Sie damit umgehen können
E-Book, Deutsch, 352 Seiten
ISBN: 978-3-641-20572-0
Verlag: Goldmann
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Die acht großen Entwicklungssprünge in der geistigen und körperlichen Entwicklung eines Babys gehen mit viel Unruhe und Geschrei einher und bringen Eltern zuweilen an den Rand der Verzweiflung.
Dieser Ratgeber zeigt, wie Eltern sich und ihren Kindern helfen können, die herausfordernde Zeit der ersten 14 Lebensmonate gut zu überstehen.
Dr. Hetty van de Rijt studierte Psychologie und Anthropologie. Die Logopädin und Sprachpädagogin spezialisierte sich auf die Sprachentwicklung von Babys zwischen 0 und 2 Jahren.
Autoren/Hrsg.
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EIN KLEINER SCHRITT ZURÜCK UND EIN SPRUNG NACH VORN
Kinder wachsen von einem Tag zum anderen aus ihren Kleidern heraus.« Diese Volksweisheit wurde lange Zeit als Unsinn abgetan. Doch es verbirgt sich ein Funke Wahrheit dahinter. Kinder wachsen in Schüben. Längere Zeit geschieht wenig bis gar nichts. Und dann auf einmal wachsen sie viele Millimeter in einer Nacht. Auch die geistige Entwicklung von Kindern verläuft in Sprüngen. Untersuchungen an Kindern von eineinhalb bis 16 Jahren haben gezeigt, dass solche Sprünge mit Hirnstromveränderungen einhergehen, die man in einem EEG feststellen kann. Auch bei Babys unter eineinhalb Jahren hat man bis jetzt sieben Altersstufen entdeckt, in denen Gehirnveränderungen stattfinden. In jeder dieser Stufen ist festzustellen, dass die Entwicklung des Babys einen deutlichen Sprung macht. Aber in der geistigen Entwicklung von Babys gibt es noch mehr Sprünge. Diesen Sprüngen ist man bis heute jedoch noch nicht mit Hirnuntersuchungen nachgegangen. Sprünge in der geistigen Entwicklung gehen nicht immer einher mit Wachstumsschüben. Letztere sind zahlreicher. Auch Zähne kommen zu anderen Zeiten durch als in denen, in denen Babys einen Sprung in ihrer geistigen Entwicklung machen. Was geschieht, wenn die geistige Entwicklung Ihres Babys einen Sprung macht?
Bei jedem Sprung entwickelt sich im Baby plötzlich und sehr schnell etwas Neues. Fast immer geschieht das in seinem Nervensystem und beschert dem Baby eine neue Fähigkeit. Wie etwa die Fähigkeit, gewisse »Muster« wahrzunehmen. Die bricht etwa um die achte Woche herum durch. Solch eine neue Fähigkeit beeinflusst das gesamte Verhalten des Babys. Sie verändert und verbessert alles, was es bis dahin konnte, und versetzt das Baby in die Lage, neue Dinge zu lernen. Das kommt beispielsweise zum Ausdruck in einer plötzlichen Aufmerksamkeit für erkennbare »Muster«, wie etwa Dosen im Supermarktregal oder die Zweige kahler Bäume, die sich im Winter gegen den Himmel abheben. Ein ganz anderes Beispiel ist, dass Ihr Baby von diesem Alter an seine Körperhaltung kontrollieren kann. Auch das ist eine Art von »Muster«, nur dass es in diesem Fall nicht außerhalb, sondern innerhalb des Körpers wahrgenommen wird. Woran Sie erkennen, dass die Entwicklung einen Sprung macht
Mühevolle, weinerliche Perioden sind die »Visitenkarte« eines solchen Sprungs. Ihr Baby ist anstrengender und schwieriger, als Sie es gewohnt sind. Viele Eltern machen sich dann Sorgen. Sie fragen sich, ob ihr Baby krank sein könnte. Oder sie ärgern sich, weil sie nicht verstehen, warum es so garstig ist. In welchem Alter die schwierigen Phasen beginnen
Die schwierigen Phasen werden bei allen Babys im selben Alter beobachtet. Es sind acht in den ersten vierzehn Monaten. Anfangs sind sie kürzer und folgen schneller aufeinander. Dieser Grafik können Sie entnehmen, wann die schwierigen und wann die unkomplizierten Phasen beginnen
Sie erleben jetzt sehr wahrscheinlich eine Phase, in der Ihr Baby relativ pflegeleicht ist.
Ihr Baby klammert nun möglicherweise mehr.
Wenn Ihr Baby mit etwa 29 bis 30 Wochen besonders klammert und sich weinerlich und launisch zeigt, muss dies kein Anzeichen für einen weiteren Sprung sein. Es hat lediglich entdeckt, dass die betreuende Person weggeben und es allein zurücklassen kann. So seltsam es auch klingen mag: Das ist ein Fortschritt! Das Kind lernt nun etwas über Entfernungen und eignet sich damit eine neue Fertigkeit an.
Ungefähr in dieser Woche ist sehr wahrscheinlich eine »stürmische Zeit« zu erwarten.
Um diese Woche herum ist Ihr Baby sehr wahrscheinlich »der Sonnenschein im Haus«. Ist Ihr Baby zwei Wochen zu spät geboren, dann beginnen sie zwei Wochen früher. Kam es vier Wochen zu früh auf die Welt, fangen sie vier Wochen später an. Auch dieser Unterschied weist darauf hin, dass jeder Sprung stark mit dem Hirnwachstum des Babys verbunden ist. Kein einziges Baby entkommt dem Tanz Alle Babys machen diese schwierigen Phasen durch. Ein unkompliziertes, ruhiges Baby genauso wie ein schwieriges, temperamentvolles. Ein temperamentvolles Baby hat sogar deutlich mehr Schwierigkeiten als ein ruhiges. Und seine Mutter oder sein Vater daher auch. Ein solches Baby verlangt ohnehin nach mehr Aufmerksamkeit, fordert aber noch eine Extraportion, wenn sich so ein Sprung ankündigt. Es zeigt das größte »Bedürfnis nach Mama«, die meiste Lernbegier, und es hat die heftigsten Konflikte mit seinen Eltern. Es ist nicht angenehm, haben Sie Mitleid!
Ihr Baby erschrickt vor so einem Sprung. Er stellt seine vertraute Welt auf den Kopf. Das ist eigentlich ganz verständlich: Stellen Sie sich einmal vor, Sie würden auf einem fremden Planeten erwachen. Auf einmal ist alles ganz anders. Was würden Sie tun? Würden Sie ruhig weiterschlafen? Nein. Hätten Sie großen Appetit? Nein. Würden Sie sich an eine vertraute Person klammern wollen? Ja. Und genau das ist es, was Ihr Baby tut. Ihr Baby kehrt zurück zu seiner sicheren Basis
Sie kennt es am besten. Mit Ihnen ist es am längsten und am intimsten vertraut. Seine Welt steht auf dem Kopf, und es versteht nicht, was los ist. Es schreit und liegt am liebsten den ganzen Tag lang in Ihren Armen. Wenn es älter ist, tut es alles, um in Ihrer Nähe bleiben zu können. Es hält Sie manchmal fest, um nicht mehr loszulassen. Es will wieder wie ein kleineres Baby behandelt werden. Kurzum, es sucht nach dem Altvertrauten. Für Ihr Baby verkörpert dieser Platz bei Ihnen Sicherheit. Man könnte sagen: Es kehrt dorthin zurück, wo sein Leben begann. Sie stellen fest, dass es mehr kann als früher
Weil Ihr Baby plötzlich so schwierig ist, sind Sie besorgt. Oder Sie sind irritiert durch das Gequengel. Sie wollen wissen, was los ist. Automatisch beobachten Sie Ihr Baby intensiver. Sie wollen, dass es sich wieder normal benimmt. Und dann entdecken Sie, dass es eigentlich viel mehr weiß, als Sie dachten. Dass es probiert, Dinge zu tun, die Sie noch nie bei ihm gesehen haben. Sie sehen, dass Ihr Baby einen Sprung in seiner Entwicklung gemacht hat. Eine neue Fähigkeit: eine neue Welt
Jede neue Fähigkeit ermöglicht es Ihrem Baby, Neues zu lernen. Es erwirbt Fertigkeiten, die es vor diesem Alter nicht lernen konnte, so oft Sie es mit ihm vielleicht auch schon geübt haben. Sie könnten jede neue Fähigkeit vergleichen mit einer neuen Welt, die sich ihm eröffnet. In dieser Welt gibt es viel zu entdecken. Einiges ist neu, einiges bekannt, aber deutlich verbessert. Jedes Baby setzt seine eigenen Schwerpunkte – entsprechend seiner Veranlagung, seinen Vorlieben und seinem Temperament. Das eine schaut sich alles mal an und probiert es dann aus. Das andere ist von einer einzigen Sache ganz hingerissen. Jedes Baby ist anders. Helfen Sie Ihrem Baby beim Lernen
Sie sind in der Lage, Ihrem Baby das nahezubringen, was in seiner Reichweite ist und was zu seiner Persönlichkeit passt. Sie kennen Ihr Kind am besten. Deshalb können Sie, besser als irgendjemand sonst, aus ihm herausholen, was in ihm steckt. Nicht nur Ihr Baby setzt Schwerpunkte. Auch Sie gehen mit auf Entdeckungsreise. Einiges wird Sie weniger interessieren. Anderes ganz besonders. Denn auch jedes Elternpaar ist anders. Gleichzeitig können Sie als Erwachsene Dinge anbieten, die Ihr Baby übersieht. Und Sie können ihm helfen, etwas zu entdecken, das es selbst übersehen hat. Mit Ihrer Hilfe lernt es müheloser, besser und vielseitiger. Konflikte mit Ihrem Baby
Wenn Ihr Baby etwas Neues lernt, bedeutet das oft, dass es eine alte Gewohnheit ablegen muss. Wenn es laufen kann, darf es nicht erwarten, dass man es noch so oft trägt. Wenn es erst mal krabbeln kann, kann es seine eigenen Spielsachen heranholen. Nach jedem Sprung kann ein Baby mehr. Und es wird selbstständiger. Wenn Baby und Eltern das klar wird, macht das beiden gelegentlich zu schaffen. Darum kommt es in dieser Phase auch oft zu Verärgerung und Streit. Die Wünsche von Eltern und Baby stimmen nicht überein. Die unbeschwerte Phase: kurze Ruhe nach dem Sprung
Die schwierige Phase ist so plötzlich vorbei, wie sie begonnen hat. Für die meisten Mütter und Väter beginnt dann eine Zeit der Entspannung. Das Baby ist selbstständiger geworden. Es ist schwer damit beschäftigt, das, was es neu gelernt hat, auch anzuwenden. Und es ist fröhlicher. Doch: Die Ruhe ist nur von kurzer Dauer. Schon bald kündigt sich der nächste Sprung an. Ihr Baby ist ein Schwerstarbeiter. Geplante Spielstunden sind unnatürlich Wenn Ihr Baby selbst entscheiden darf, wann es welche Aufmerksamkeit will, werden Sie schnell feststellen, dass das von Woche zu Woche variieren kann. Bei jedem Sprung macht das Baby die folgenden Phasen durch: – Das Bedürfnis nach der Nähe seiner Mutter, seines Vaters. – Das Bedürfnis, mit seiner Mutter, mit seinem Vater neue Dinge zu lernen. – Das Bedürfnis, selbstständig zu sein. Deshalb sind »geplante« Spielstunden unnatürlich. Im hektischen Amerika wurde der Begriff »quality time« geprägt. Dabei handelt es sich um Zeiten, die...