E-Book, Deutsch, Band -, 186 Seiten
Urban Dithmarschen
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7578-7013-3
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Eine mittelalterliche Bauernrepublik
E-Book, Deutsch, Band -, 186 Seiten
Reihe: Edition Dithmarscher Landeskunde
ISBN: 978-3-7578-7013-3
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Das erste Buch über Dithmarschen im Mittelalter aus der Feder eines amerikanischen Wissenschaftlers liegt jetzt in deutscher Übersetzung vor. Der Autor geht der interessanten Fragestellung nach, aus welchen Gründen die Dithmarscher jahrhundertelang der Fürstenherrschaft widerstehen konnten, während dies anderen bäuerlichen Gesellschaften nicht gelang.
William Lawrence Urban studierte von 1957 bis 1964 Geschichte an der Universität von Texas Austin und von 1964 bis 1965 an der Universität in Hamburg. Von 1978 bis 2016 war er Professor am Monmouth College in Monmouth, Illinois. In seinem Vorwort beschreibt er, wie es zu diesem Buch gekommen ist.
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Vorwort
Dieses Buch wurde prinzipiell für die breite Öffentlichkeit geschrieben. Für Mediävisten und Historiker der Reformationszeit mag es interessant sein, weil es die einzige Übersicht über die Geschichte Dithmarschens in englischer Sprache ist. Abgesehen von den Fußnoten richtet sich der schmale Band jedoch nicht in erster Linie an ein wissenschaftliches Publikum. Eine populäre Geschichte des Mittelalters zu schreiben, stellt die Autoren vor ein gewaltiges Problem. Im Gegensatz zur evolutionären, geordneten Entfaltung der antiken oder modernen Geschichte ist die mittelalterliche Ära chaotisch. Von den Blutfehden der Merowinger bis zum Rittertum, von den Feuerstellen der Awaren über die Klöster in Cluny oder Citeaux bis zu den soliden Bürgerhäusern der hanseatischen Kaufleute, vom Heiligen Bonifatius bis zu Johannes Hus, sie alle waren Teil des vielfältigen und bunten Wandteppichs des mittelalterlichen Lebens. Viele Autoren konzentrieren sich auf die Aspekte der jeweiligen Epoche, die am weitesten verbreitet sind und die den größten Einfluss auf die moderne Geschichte als Schlüssel zum Verständnis dieser Welt hatten. Dies ist der Ansatz der „westlichen Zivilisation“ - man hält sich an die zentralen Themen (in der Regel dem Entstehen von Institutionen und die Handlungen großer Monarchen) und widersteht entschieden der Versuchung, in die lokale Geschichte oder spezielle Studien abzuschweifen. Ihre leichte Verständlichkeit ist der Vorzug dieser Methode, ihr Nachteil, dass sie in die Irre führt. Die Vereinfachung der Komplexität des mittelalterlichen Lebens impliziert, dass der Stereotyp die allgemeingültige Praxis war, während der Stereotyp in Wirklichkeit eine Mischung aus gängigen Praktiken ist, die an vielen verschiedenen Orten befolgt wurden, aber vielleicht nie irgendwo in reiner Form zusammen existierten. Wie funktioniert dieser Ansatz in der Praxis? Selbst Historiker haben es schwer genug, das Mittelalter zu verstehen. Um diese Welt für diejenigen verständlich zu machen, die mit der Epoche nicht vertraut sind, müssen sie eine komplexe Palette ländlicher Lebensformen auf einige wenige Grundformen herunterbrechen: Leibeigene, freie Bauern, Hirten, Vögte, Adlige, Priester, Mönche und so weiter. Damit diese in den verfügbaren Platz eines Lehrbuchs passen, reduzieren Mediävisten diese Gruppen oft auf eine noch einfachere Formel: Adlige, Bauern und Geistliche. Infolgedessen findet die überwiegende Mehrheit der Amerikaner das mittelalterliche Leben nicht nur langweilig, sondern glauben, dass es einheitlich, unveränderlich und rückständig war. Allerdings war es eher Vielfalt als Eintönigkeit, die diese Zeit auszeichnete.1 Europäer begreifen eine bestimmte Gemeinschaft als individuelles Wesen. Sie sind stolz auf die Besonderheiten der Geographie, der Kultur und der Persönlichkeit einer jeden Gemeinschaft. In der Tat ist jede Region einzigartig, aber einige Regionen sind interessanter als andere. Dieses Buch will versuchen, ein einzigartiges bäuerliches Gemeinwesen zu beschreiben und im Lichte ihrer Geschichte einige der Probleme zu untersuchen, mit denen alle bäuerlichen Gemeinwesen im gesamten mittelalterlichen Europa konfrontiert waren. Dithmarschen war kein gewöhnliches Gemeinwesen. Seine Gesellschaft und ihre Regierungsform widersprachen fast jeder Verallgemeinerung, die in amerikanischen Lehrbüchern über das Mittelalter gemacht wird. In mancher Hinsicht war es sogar ein moderner Staat, besonders in der Bildung von Institutionen zum Deichbau, zur Selbstverteidigung und zur Selbstverwaltung. In anderer Hinsicht war es ziemlich rückständig. Zum Beispiel erlaubten die Dithmarscher bis ins 16. Jahrhundert hinein die Vererbung allein durch die männliche Linie, während die Franken und Burgunder diese Praxis schon tausend Jahre früher aufgegeben hatten. Nicht jede mittelalterliche Gemeinschaft wich so stark vom normalen Entwicklungsmuster der westlichen Zivilisation ab wie die von Dithmarschen, doch viele wichen deutlich davon ab. Für Historiker ist eine zu starke Vereinfachung heute weniger ein Problem als noch vor einer Generation, als sich die Schulbücher mehr auf die Politik als auf die Gesellschaft konzentrierten. (Die Annales-Schule hat die Sozialgeschichtsschreibung geprägt.) Trotzdem werden Dithmarschen und die anderen Bauerngemeinden an der Nordsee in den Schulbüchern selten erwähnt. Möglicherweise ist dies eine verdiente Auslassung, denn diese Siedlungen waren im Gesamtschema der europäischen Geschichte nicht besonders wichtig. Mit zwei bemerkenswerten Ausnahmen (die Schlachten von Bornhöved und Hemmingstedt) waren ihre Handlungen nur von lokaler Bedeutung. Selbst Zeitgenossen, die von Dithmarschen gehört hatten, wussten wenig darüber. Dennoch ist Dithmarschen für uns nicht uninteressant. Dort lernten freie Menschen, sich selbst zu regieren, als der Trend in Richtung Adelsherrschaft ging. Als andernorts Bauernmilizen im Kampf nahezu nutzlos waren, verteidigten sich die Dithmarscher erfolgreich. Dieser Umstand wirft Fragen auf: Warum konnte sich Dithmarschen politisch und gesellschaftlich so lange behaupten? Warum ging es als Freistaat schlussendlich unter? Stand das blinde Schicksal allen freien Gemeinschaften entgegen? Gab es für die mittelalterliche Gesellschaft nur eine Zukunft: die großen despotischen Monarchien, die am Ende doch triumphierten? Der Ursprung dieses Buches Dieses Buch hat seine Wurzeln im wahrsten Sinne des Wortes an der Universität Hamburg in den Jahren 1964-1965, als ich die pensionierte Lehrerin Maria Krüger kennenlernte. Sie war dithmarscher Abstammung und bewirtete meine Frau und mich oft zum Tee, mit Keksen und Geschichten aus ihrer Heimat. Auf ihre Anregung hin las ich später in der Bibliothek der Universität von Kansas einige Romane mit dithmarscher Bezügen. Von dort aus gelangte ich zu den Werken der seriösen Historiker und stellte fest, dass die Beschreibungen der Schriftsteller über Dithmarschen und seine Menschen keine Übertreibungen waren. Ich hatte das Glück, die Länder nördlich der Elbe bereisen zu können. Nachdem ich dreimal Deutschland mit dem Fahrrad durchquert hatte, lebte ich fast ein Jahr lang in Hamburg und in der Nachbarstadt Ahrensburg. Das gab mir das notwendige Selbstbewusstsein, um einen sehr groben Entwurf dieses Manuskripts zu schreiben, bevor ich mich der Überarbeitung und Fertigstellung meiner Dissertation zuwandte, die 1975 als The Baltic Crusade erschien. Im gleichen Jahr erhielt ich ein Fulbright-Hayes-Forschungsstipendium für ergänzende Studien am Johann-Gottfried-Herder-Institut und der Philipps-Universität in Marburg/Lahn. Es ergab sich für mich die Gelegenheit, Dithmarschen in diesem Sommer zweimal und 1976 erneut zu besuchen. In den Jahren 1976/77 gewährte mir die University of Chicago ein Teilzeit-Fakultätsstipendium für Recherchen in ihrer Hauptbibliothek, der Regenstein Bibliothek, um mein Manuskript in Diskussion mit Prof. Karl Morrison weiterzuentwickeln. Im Herbst 1982 stellte mir das Monmouth College eine studentische Hilfskraft, Janet Fox, zur Verfügung, die das Manuskript zur Bearbeitung in den Computer tippte. Im Sommer und Herbst 1983 war ich dann mit Hilfe eines Stipendiums des Deutschen Akademischen Austauschdienstes und eines Sabbaticals des Monmouth College wieder in Marburg/Lahn. Damals war Professor Walther Lammers so freundlich, das Manuskript zu lesen und mit mir bei sich zu Hause zu besprechen. Seine Unterstützung und Freundschaft habe ich sehr zu schätzen gewusst. Im Januar 1988 begann ich mit Hilfe meiner Frau und einer neuen studentischen Schreibkraft, Kris Wang, einen zweijährigen Bearbeitungsprozess. Kaum ein Satz blieb unverändert. Nachdem ich schließlich von Daryl Carr und Marta Tucker in der Benutzung von PageMaker unterwiesen worden war, bereitete ich das Manuskript während meines Sabbaticals im Frühjahrssemester für die Veröffentlichung vor. Im Juni 1990 machten meine Frau und ich eine Autotour durch Dithmarschen, um Orte zu besuchen, die ich zuvor ausgelassen hatte. Im Herbst 1990 stellte das Monmouth College ein weiteres kleines Stipendium zur Verfügung, um die Kosten für die Vorbereitung des Manuskripts auf die Veröffentlichung zu decken, und Erik Midelfort (mit dem ich das dithmarscher Projekt in der Vergangenheit schon mehrmals besprochen hatte) antwortete auf meine Bitte um eine abschließende Lektüre mit mehreren hilfreichen Kommentaren zum Text. Viele Menschen und unterschiedliche Institutionen haben zu diesem Werk beigetragen: die Universitäten in Hamburg, Marburg/Lahn und Chicago, das Monmouth College, Freunde, Verwandte, Akademiker und Studenten. Am hilfreichsten war meine Frau Jackie, deren sorgfältiges Lektorat im Frühjahr und Sommer 1990 die Fertigstellung des endgültigen Manuskripts ermöglichte. Ich wünschte, es wäre möglich, meine Dankbarkeit gegenüber all jenen Personen zu bekunden, die mir auf die eine oder andere Weise geholfen haben. Doch im Laufe der Jahre sind es so viele geworden, dass ich sie jetzt unmöglich alle nennen...