E-Book, Deutsch, 208 Seiten
Turner Amazing Grace
6. Auflage 2015
ISBN: 978-3-7655-7187-9
Verlag: Brunnen Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
John Newton und die bewegende Geschichte seines weltbekannten Liedes
E-Book, Deutsch, 208 Seiten
ISBN: 978-3-7655-7187-9
Verlag: Brunnen Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Amazing Grace, das Lied mit der eingängigen Melodie, ist außerordentlich populär. Wer weiß jedoch, dass sich hinter dem beliebten Lied eine ganz ungewöhnliche, ja dramatische Geschichte verbirgt? John Newton, der Verfasser, schrieb die Verse vor über 200 Jahren im Rückblick auf sein missratenes Leben. Wer war dieser Mann, der die "erstaunliche Gnade" Gottes so ergreifend rühmte?
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Zwangsrekrutiert
Ich breche von England auf mit der guten Aussicht, mein Glück zu machen und gebe mich der Hoffnung hin, eines Tages in der Lage zu sein, Ihnen einen Heiratsantrag zu machen, wenn Sie bei meiner Rückkehr noch nicht anderweitig gebunden sind. JOHN NEWTON, BRIEF AN MARY CATLETT, 1744 John Newton, ein siebzehnjähriger Seemann, stand im Frühjahr 1743 an Deck eines Schiffs, das vor der Küste Venedigs vor Anker lag. Soeben versank die Sonne hinter dem Horizont. Eine Gestalt trat aus dem Schatten, stellte sich vor ihn hin, hielt ihm einen Ring entgegen und drängte ihn, diesen anzunehmen. Wenn er ihn nähme und in Ehren hielt, würde er Glück und Erfolg im Leben haben. Sollte er den Ring jedoch verweigern oder verlieren, würde er von Unglück und Elend verfolgt werden. Newton nahm die Herausforderung an. Die Vorstellung, Herr über sein Schicksal zu sein, hatte ihn schon immer fasziniert. Als der Überbringer des Rings in den Schatten zurücktrat, kam eine zweite unbekannte Gestalt auf ihn zu. Voller Verachtung sprach sie über die soeben gemachten Versprechungen und beschuldigte Newton, er sei unwissend und naiv. Wie sollte etwas, das so klein und unbedeutend war, Segen hervorbringen? Wie konnte er nur jemandem Vertrauen schenken, der keinerlei Beweise lieferte, dass seine Aussagen der Wahrheit entsprachen? Er gab Newton den Rat, solchem Aberglauben abzuschwören und sich von dem Ring zu trennen. Newton verteidigte sich, doch seine Argumente waren nicht tragfähig, und so zog er den goldenen Ring vom Finger und warf ihn in den Golf von Venedig. In dem Augenblick, als der Ring im Wasser versank, schoss eine Feuerwand um die Stadt herum nach oben und erhellte den nächtlichen Himmel. Es war, als sei ein Mechanismus ausgelöst worden, der eine furchtbare Macht entfesselte. Als er den Ausdruck des Entsetzens auf Newtons schweißüberströmtem Gesicht sah, verriet ihm sein Ankläger mit selbstzufriedenem Grinsen, dass er nicht einfach einen Goldring weggeworfen hatte, der leicht ersetzt werden konnte, sondern all die Gnade, die Gott für ihn bereitgehalten hatte. Nun konnten seine Sünden niemals vergeben werden. John Newton hatte soeben seine einzige Chance zur Erlösung weggeworfen. Als ihm aufging, was er getan hatte, erschien ein dritter Besucher. Sein Gesicht lag im Schatten, sodass Newton nicht erkennen konnte, ob es wieder ein anderer war oder, wie er vermutete, der ursprüngliche Ringträger. Newton bekannte aus freien Stücken, was er getan hatte und dass er auch um die schrecklichen Folgen seines Handelns wusste. Doch der Besucher war überraschenderweise verständnisvoll und fragte ihn, ob er anders handeln würde, wenn er noch einmal die Gelegenheit dazu erhielte. Bevor Newton antworten konnte, sprang der Mann ins Wasser und tauchte mit dem Ring in der Hand wieder auf. Sogleich erloschen die Flammen rund um die Stadt. Der Ankläger, der die ganze Zeit im Hintergrund gelauert hatte, schlich geschlagen davon. Newton fiel ein Stein vom Herzen. Er trat zu dem Mann und wollte den Ring wieder an sich nehmen. Doch dieser zog ihn mit einer raschen Bewegung zurück. »Wenn ich dir diesen Ring wieder anvertraue, würdest du dich sehr bald wieder in dieselbe Bedrängnis bringen. Du schaffst es nicht, den Ring zu behalten, aber ich werde ihn für dich aufbewahren. Wann immer du ihn brauchst, werde ich ihn für dich hervorholen.« Als Newton viele Jahre später über diesen eindrucksvollen Traum nachdachte, erkannte er die geistliche Allegorie darin. Es handelte sich um die Geschichte seines Lebens – die goldene Gabe des Evangeliums, die er als Kind empfangen, aber angesichts von Spott und verlockenden Argumenten aufgegeben hatte, die zerstörerischen Folgen dieser Entscheidung und schließlich die Möglichkeit eines Neubeginns. Dieser Traum war so etwas wie eine letzte Warnung gewesen, das erkannte er im Rückblick. Damals jedoch hatte er ihn nur als eine beunruhigende und anschauliche Vision angesehen. Immerhin war sie so eindrucksvoll gewesen, dass er ein paar Tage lang nicht schlafen und essen konnte; aber sie hatte nicht die Macht, seinen moralischen und geistlichen Niedergang aufzuhalten. Dieses Traumerlebnis hatte Newton tatsächlich, als er auf einem Schiff im Mittelmeer war, das erst vor kurzem in Venedig vor Anker gelegen hatte. Das Bild des Rings, der ins Wasser geworfen wurde, hatte höchstwahrscheinlich mit einer Zeremonie zu tun, die alljährlich in Venedig stattfand, die sposalizio del mare. Geschmückte Barkassen voller Edelleute stachen in See, um einen geweihten Ring ins Wasser zu werfen. Es war die symbolische Ehe von Stadt und Meer, denn die Bewohner Venedigs wussten um die Abhängigkeit ihrer Stadt von der umgebenden See. Es war dringend notwendig, auf gutem Fuß mit dem Element zu stehen, das der Stadt Reichtum bringen, sie aber auch fortspülen konnte. Newton hat niemals erwähnt, ob er diese Zeremonie, die regelmäßig am Himmelfahrtstag stattfand, selbst beobachtet hat. Vielleicht hat er auch nur in Venedig davon gehört, oder er kannte Canalettos Gemälde Der Buzentaur kehrt am Himmelfahrtstag zur Mole zurück, das erst dreizehn Jahre zuvor fertiggestellt worden war. Auf jeden Fall kannte er das Ritual, denn er erwähnte es später in einem Brief, wobei er von einer »törichten Zeremonie oder Hochzeit zwischen der Republik und der Adria« sprach. Newton war am 24. Juli 1725 im Londoner Stadtteil Wapping in der Nähe des Towers zur Welt gekommen. Jene Gegend am Nordufer der Themse wurde von der damals florierenden britischen Schiffsindustrie beherrscht. Fünf Jahre zuvor beschrieb Stows überarbeiteter Survey of London Wapping als eine Gegend, in der »hauptsächlich Seeleute und Händler wohnen, die mit Waren für die Ausstattung von Schiffen und Seeleuten handeln. Die Häuser stehen dicht an dicht, und es leben viele Menschen dort, denn die Gegend hat dank des menschlichen Fleißes sehr gewonnen.« Newtons Vater, der ebenfalls mit Vornamen John hieß, war einer dieser Seeleute. Er arbeitete als Kapitän auf verschiedenen Handelsschiffen, die in den Mittelmeerländern Geschäfte machten. Solche Reisen dauerten bis zu drei Jahren. Obwohl er von Jesuiten in Spanien erzogen worden war, war er nach Aussage seines Sohnes nicht von der Religion beeinflusst und gab sich ziemlich aufgeblasen und unnahbar. Newtons Mutter Elisabeth schien das genaue Gegenteil gewesen zu sein. Sie war zart und introvertiert, eine gläubige Christin, die zu nonkonformistischen Versammlungen in der nahegelegenen Grave Lane ging. Kapitän Newton war so oft unterwegs, dass Johns frühe Erziehung fast ausschließlich in den Händen seiner Mutter lag. Aufgrund ihrer christlichen Überzeugung hatte seine moralische und geistliche Förderung für sie oberste Priorität. Im Alter von vier Jahren konnte er bereits Englisch lesen, und ein Jahr später lernte er auch noch Latein. Sie träumte davon, dass ihr Sohn einmal ein Prediger wie ihr Pastor werden sollte, Dr. David Jennings. Weil sie aber nicht der anglikanischen Kirche, der »Kirche von England«, angehörte, wusste sie, dass ihr Sohn sich nicht an einer englischen Universität einschreiben konnte. So sollte er wie Dr. Jennings die Universität in St. Andrews in Schottland besuchen. Elisabeth Newton vertraute auf den Vers in den Sprüchen Salomos: »Gewöhne einen Knaben an seinen Weg, so lässt er auch nicht davon, wenn er alt wird.« Bevor John Newton sprechen konnte, predigte Dr. Jennings über diesen Vers aus 1. Chronik 29: »Und meinem Sohn Salomo gib ein rechtschaffenes Herz.« »Habt ihr jemals von ganzem Herzen dieses Gebet für eure Kinder gebetet?«, fragte er die Gemeinde. »Herr, schenk ihnen ein rechtschaffenes Herz. Welchen Mühen habt ihr euch unterzogen, um sie in den guten Wegen der Heiligung zu unterweisen und zu lehren …? Seid ernsthaft und beharrlich, fleht Gott täglich an um die Seelen eurer lieben Kinder. Erbittet von ihm, dem Gott der Gnade, dass er euren Kindern ein rechtschaffenes Herz schenkt.« Elisabeth las ihrem Sohn Geschichten aus der Bibel vor, bis sie ihm so vertraut waren wie die Geschichten, die sein Vater von seinen Seereisen erzählte. Um ihm die darin enthaltenen Lehren einzuprägen, prüfte sie sein Wissen mit den 107 Fragen und Antworten des Kleinen Westminster Katechismus. Frage 1: Was ist das höchste Ziel des Menschen? Antwort: Das höchste Ziel des Menschen ist, Gott zu verherrlichen und sich für immer an ihm zu erfreuen. Frage 2: Welche Regel hat Gott uns gegeben, um uns darin zu leiten, ihn zu verherrlichen und uns an ihm zu erfreuen? Antwort: Das Wort Gottes, das aus den Schriften des Alten und Neuen Testaments besteht, ist die einzige Regel, die uns darin leitet, wie wir ihn verherrlichen und uns an ihm erfreuen können. Sie brachte dem Jungen auch Kinderverse von Isaak Watts bei, der zufällig ein Freund von Dr. Jennings war. Wie jeder, der neue geistliche Lieder schreibt, hatte auch Watts das Gefühl, dass die bereits...